NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg (l.) und Verteidigungsminister Boris Pistorius bei Air Defender 2023 im Eurofighter-Cockpit. Foto: NATO

20.06.2023
dpa/yb

Pistorius bei Air Defender 2023: Freiheit muss verteidigt werden

Kampfflugzeuge fliegen donnernd über den Militärflugplatz Jagel. Boris Pistorius besucht dort mit dem NATO-Generalsekretär das laufende Großmanöver von Luftstreitkräften über Deutschland. Beide setzen auf militärische Abschreckung.

Jagel. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sehen das westliche Bündnis mit der laufenden Großübung Air Defender 2023 deutlich gestärkt. Freiheit und Sicherheit müssten hart erarbeitet und im Zweifel auch verteidigt werden, „weil die Bedrohung unserer Sicherheit wieder real ist“, sagte Pistorius am Dienstag bei einem Besuch auf dem Militärflugplatz Jagel, einem Drehkreuz des Manövers. Die Auswirkungen auf den zivilen Flugverkehr seien bislang geringer als erwartet. Nach Angaben aus der Luftwaffe waren bislang etwa 20 Prozent der festgestellten Verspätungen im zivilen Flugbetrieb auf die Militärübung zurückzuführen, umgelegt auf jeden Flug seien das 15 Minuten.

Reaktion auf einen fiktiven Angriff aus dem Osten

Air Defender 2023 ist die bislang größte Verlegungsübung von Luftstreitkräften seit Gründung der NATO. An der Übung nehmen noch bis Freitag, 23. Juni, unter deutscher Führung 25 Nationen mit 250 Flugzeugen und 10.000 Soldaten teil. Mit einem fiktiven Szenario wird im Luftraum über Deutschland trainiert, wie das westliche Verteidigungsbündnis auf den Angriff eines östlichen Bündnisses reagiert und dabei bereits vom Gegner besetzte Gebiete zurückerobert.
 

Pistorius dankte allen beteiligten Partnernationen. „Erst das Vertrauen der Partnernationen und ihre Teilnahme machen Air Defender 2023 zu dem, was es ist: ein starkes Signal der Geschlossenheit, ein starkes Signal der Entschlossenheit, ein starkes Signal der Einsatzbereitschaft und der engen transatlantischen Verbindungen.“

Fast 1300 Flüge seit Beginn der Übung

Am Dienstag starteten wieder Kampfflugzeuge von dem Fliegerhorst in Schleswig-Holstein. Über dem Norden Deutschlands wurden der Kampf gegen gegnerische Flugzeuge, die Evakuierung eigener Bodentruppen sowie sogenannte Luftnahunterstützung trainiert, im Südwesten der Kampf gegen feindliche Luftabwehrstellungen und Kommandoposten – insgesamt mit etwa 200 Übungsflügen an diesem Tag. Seit dem Beginn am 12. Juni gab es knapp 1300 Flüge.

Stoltenberg begrüßte in Jagel, dass Deutschland vom kommenden Jahr an das NATO-Ziel von Verteidigungsausgaben in Höhe von zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes erreichen werde und auch angekündigt habe, der Ukraine weitere Flugabwehrraketen für das System Patriot zu liefern. „Das wird Leben retten“, sagte er.

Starker Bund zwischen Europa und den USA

Air Defender 2023 demonstriere den starken Bund zwischen Europa und den USA, sagte Stoltenberg. Die Übung sende die klare Botschaft, dass die NATO bereit sei, jeden Zentimeter des Bündnisgebietes zu verteidigen. Stoltenberg: „Wir machen das nicht, um einen Konflikt zu provozieren, sondern um einen Konflikt zu verhindern. Solange jeder möglicher Gegner weiß, dass die NATO insgesamt da ist und schnell mit Luftstreitkräften verstärken kann, wird es keinen Angriff geben.“

Pistorius betonte, die Übung sei schon 2018 auf den Weg gebracht worden, vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Doch zeigten die Bündnispartner jetzt Verteidigungsbereitschaft. „Russland dürfte eine Menge unternehmen, um zu sehen und zu hören, was hier vor sich geht“, sagte Pistorius.

Der Minister war erst am Vortag in Frankreich zu Gesprächen über Fragen der europäischen Luftverteidigung, die Deutschland mit der „European Sky Shield Initiative“ (Essi) sowie dem Kauf des weitreichenden israelischen Raketensystems Arrow 3 voranbringen will. Der französische Präsident Emmanuel Macron hat sich dem mit seinem Land nicht angeschlossen. Paris wirkte zwischenzeitlich verärgert.

Kein Dissens mit Frankreich

Pistorius sagte in Jagel, es gebe keinen Dissens mit Frankreich über das Ziel einer europäischen Luftverteidigung und Rüstungsindustrie. „Die andere Frage ist, was passiert bis dahin“, sagte er. „Also die Auffassung von Macron scheint die zu sein, wir sind nicht so in Eile, dass wir jetzt auf Brückentechnologien setzen müssen, sondern wir können warten, bis das fertig ist, was wir in Europa entwickeln. Davon sind wir und etliche andere nicht überzeugt.“

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