Michael L. (r.) hat eine neue berufliche Perspektive in der Justivollzugsanstalt Bremervörde gefunden. Foto: BFD Wilhelmshaven

Michael L. (r.) hat eine neue berufliche Perspektive in der Justivollzugsanstalt Bremervörde gefunden. Foto: BFD Wilhelmshaven

17.09.2024
BFD Wilhelmshaven

Unversehrtheit-Kontrolle statt Morgenappell

Zum Gespräch in der Jugendvollzugsanstalt Bremervörde ging es für den BFD Job-Service Wilhelmshaven. Der ehemalige Soldat Michael L. hat hier im Januar seinen Vorbereitungsdienst als Justizvollzugsbeamter begonnen. Ihm und Ausbildungsleiter Hamann schaute der BFD über die Schultern.

Beruflicher Tapetenwechsel

Ursprünglich hatte Michael L. Zerspanungsmechaniker gelernt, war in seinem Beruf aber nicht glücklich und kam so zur Bundeswehr. „Eigentlich wollte ich nur vorübergehend als Freiwilligen Wehrdienst Leistender bei der Bundeswehr bleiben. Dann hat es mir aber doch so gut gefallen, dass ich kurzerhand für acht Jahre unterschrieben habe.“

Kurz vor Dienstzeitende stand Michael wieder vor der Frage, wo die berufliche Reise hingehen sollte. Im öffentlichen Dienst wollte er gern bleiben, „nicht zuletzt wegen der Sicherheit und Pensionsansprüchen“, gibt er offen zu. Auf den Beruf des Justizvollzugsbeamten ist er durch seinen BFD-Berater aufmerksam gemacht geworden. „Das hatte ich gar nicht auf dem Schirm!“

Der BFD hat den Kontakt zur JVA Bremervörde hergestellt, so dass sogar recht kurzfristig ein Berufsorientierungspraktikum für Michael organisiert werden konnte. Das Praktikum bestärkte ihn in seiner Berufswahl und er konnte einen realistischen Eindruck über den Berufsalltag eines Justizvollzugsbediensteten gewinnen. „Es ist viel mehr Verwaltungs-Papierkram als ich dachte, aber trotzdem sehr interessant und vielseitig“, sagt er schmunzelnd.

Kurz nachdem er das Praktikum beendet hatte, bekam er auch schon die vorläufige Einstellungszusage.

„Mehr als nur Tür auf, Tür zu, Guten Morgen und Gute Nacht“

In den ersten anderthalb Monaten der Ausbildung lernen die Anwärterinnen und Anwärter zunächst alle Abteilungen der JVA kennen, um einen Überblick zu erhalten und die Organisationsstruktur innerhalb der Anstalt kennen zu lernen. Hier gibt es einige Besonderheiten: Im Januar 2013 hat die JVA Bremervörde als erste teilprivatisierte Justizvollzugseinrichtung in Niedersachsen ihren Dienstbetrieb aufgenommen. Sie verfügt lediglich über 300 Haftplätze ist damit die kleinste Anstalt in Niedersachsen. „Jede Vollzugsanstalt ist anders und unterscheidet sich je nach Größe, Haftbereiche und Organisation dementsprechend von den anderen. Da muss man sich erstmal einen Überblick verschaffen“, erklärt Herr Hamann.

Am besten gefällt Michael die Arbeit in den Hafthäusern. „Da ist man immer am Menschen. Man weiß nie wie der Gefangene drauf ist, bevor man die Tür aufschließt. Die Stimmung kann am nächsten Tag vielleicht ganz anders sein als am Abend zuvor, zum Beispiel durch Konflikte mit Familie und Freunden draußen. Darauf muss man reagieren können“, meint Michael.
 
Der Tag im Hafthaus beginnt um sechs Uhr mit der sogenannten Unversehrtheit-Kontrolle der Häftlinge. Das heißt, die Bediensteten schließen jede Zelle auf und kontrollieren die körperliche Unversehrtheit der Häftlinge. „Geweckt werden sie nicht. Wie sie ihre Stunde morgens nutzen, ist ihnen selbst überlassen. Frühstücken, waschen, anziehen. Das Frühstück wird am Vorabend mit dem Abendbrot zusammen ausgegeben. Manche geben dann auch verschiedene Anträge ab“, berichtet Herr Hamann.

Um 7 Uhr werden die Häftlinge dann zum sogenannten „Arbeiter-Übermarsch“ abgeholt und in ihren jeweiligen Arbeits- oder Therapiegruppen begleitet.

„Wir sind hier im Behandlungsvollzug tätig“, erklärt Herr Hamann. Die Gefangene können sich hier bei Bedarf aus- und weiterbilden. Es gibt Angebote zur Aufarbeitung von Suchtproblematiken und Therapien für viele weitere Bereiche.

Während die Häftlinge bei der Arbeit sind, prüfen und bearbeiten die Mitarbeitenden unter anderem die gestellten Anträge. „Das können beispielsweise Anträge auf eine ärztliche Untersuchung sein oder aber auf einen Listen-Einkauf, eine Besuchserlaubnis“, erläutert Michael L. Feste Pausenzeiten gibt es nicht für die Mitarbeitenden, ähnlich wie in anderen Berufen mit Bereitschaftsdienst. „Natürlich darf Michael in sein Brötchen beißen, aber grundsätzlich gilt: Wenn er ranmuss, dann muss er ran. Dann muss das Brötchen beiseitegelegt werden“, sagt Herr Hamann.

Viel mehr als ein Brötchen dürfen die Mitarbeitenden während ihrer Schicht auch nicht mit sich führen. „Wir haben keine Waffen am Mann. Handys sind auch nicht erlaubt. Nichts was vom Häftling geraubt werden kann. Wenn es brenzlig wird, dann werden die Kollegen über den Alarmknopf verständigt“, erklärt Herr Hamann.

Was Mitarbeitende mitbringen sollten

So ist der Dienst als Justizvollzugsbeamter sicherlich nichts für jedermann. Die Bediensteten tragen eine große Verantwortung und müssen stets einen kühlen Kopf bewahren. „In meiner Bundeswehr Zeit hieß es: „Gelände lesen“; jetzt heißt es: „Personen lesen“. Man darf auch keine Angst haben vor den Gefangenen und vor allem darf man sich nicht provozieren lassen“, erklärt Michael.

„Selbstständiges und eigenverantwortliches Handeln sind wichtig. Wichtig ist auch, dass man die nötige Disziplin und Motivation besitzt, sich selbst Wissen anzueignen, beispielsweise wenn man mit ausländischen Behörden zu tun hat; die haben andere Gesetze und Regeln“, erläutert Herr Hamann. „Generell braucht man Empathie und den Willen, sich auch mal mit anderen Kulturen auseinander zu setzen. Das gehört mit dazu. Genauso die Bereitschaft, am Wochenende und an Feiertagen zu arbeiten“, fügt er noch hinzu. Ein Praktikum vorab ist definitiv eine gute Möglichkeit, um sicher zu gehen, dass man die richtige Berufswahl getroffen hat. Für Michael L. steht jedoch zweifelsfrei fest: Er hat die richtige Entscheidung für seine berufliche Zukunft getroffen.

 

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