Im ZDF-Morgenmagazin forderte Oberst André Wüstner eine auskömmliche jährliche Erhöhung des Verteidigungsetats. Foto: Screenshot

Im ZDF-Morgenmagazin forderte Oberst André Wüstner eine auskömmliche jährliche Erhöhung des Verteidigungsetats. Foto: Screenshot

22.07.2024
jun

Wüstner: Sich die Augen zuhalten, reicht nicht!

Verteidigungsminister Boris Pistorius kämpft selbst in der Sommerpause des Parlaments für mehr Geld in seinem Etat: Das wird auch Thema bei seinen Besuchen bei der Truppe sein. Auch Kanzler Olaf Scholz wird diese Woche zu Gast bei den Streitkräften sein, allerdings an anderen Standorten als sein Minister. Das Ringen um mehr Geld für die Bundeswehr ist ebenso eine Aufgabe für den Bundesvorsitzenden Oberst André Wüstner, der dafür in der Öffentlichkeit streitet. Gefragt wird er auch zur Zukunft der transatlantischen Beziehungen. Mit dem Rückzug von US-Präsident Joe Biden, einem überzeugten Transatlantiker, suchen viele nach Antworten. Einige hat der Bundesvorsitzende im ZDF-Morgenmagazin gegeben.

Wüstner sagte im ZDF: „Keine Frage, die US-Präsidentschaftswahlen werden für die internationale Sicherheitsordnung von großer Bedeutung sein, wobei wir in Deutschland und Europa unabhängig vom Ausgang der Wahlen schon heute ableiten können, dass wir deutlich mehr für Verteidigung und damit Abschreckung tun müssen.“

Europa muss mehr investieren

„Wer drei Schritte zurück von der Lagekarte macht, der erkennt, dass die USA innerlich zerrissen und die Demokratie in einem fragilen Zustand ist. Vor allem müssen wir endlich anerkennen, dass die US-Bürger nicht länger gewillt sind, auf Kosten ihres prekären Gesundheits- oder Bildungssystems Unmengen an Geld in die Verteidigung Europas zu pumpen. Es braucht eine andere Lastenteilung innerhalb der NATO und insbesondere Deutschland muss als größtes Land in Europa entsprechend seiner Rolle und Verantwortung mehr in die gesamtstaatliche Sicherheitsvorsorge investieren“, macht der Bundesvorsitzende deutlich.

Der geplante Mini-Aufwuchs im Einzelplan 14 für Verteidigung – nur 1,25 Milliarden Euro mehr sind geplant – hat nicht nur die Truppe schockiert und den DBwV alarmiert, er ist auch innerhalb der Koalition umstritten: „Boris Pistorius wollte 6,7 Milliarden Euro mehr. Ab 2028 müsste der Verteidigungshaushalt auf 94 Milliarden Euro aufwachsen, geplant sind wieder nur 80 Milliarden“, rechnet Oberst André Wüstner vor. Der Bundesvorsitzende erklärt zudem: „Mit der Einbringung des Sondervermögens von 100 Milliarden Euro im Jahr 2022 war von Anfang an klar, dass mit jedem Großprojekt, aber auch mit Blick auf weitere NATO-Zusagen die Betriebskosten im Einzelplan 14 steigen werden.“ Werde dies nicht mit einer auskömmlichen jährlichen Erhöhung des Etats abgebildet, müsse Boris Pistorius auf Kosten der Verteidigungsfähigkeit in seinem Etat strecken, schieben oder streichen.

Frieden und Freiheit sind bedroht

Wüstner: „Die Mittel für die Betriebskosten der Bundeswehr reichen schon heute nicht, um ausreichend und schnell Ersatzteile oder Munition zu beschaffen. Darüber hinaus kann die Bundeswehr weder im Bereich Personal zeitgerecht befördern noch Soldaten auf Zeit weiterverpflichten. In diesen Zeiten ist dies ein untragbarer Zustand, der die Truppe an der Politik zweifeln und verzweifeln lässt. Es sind unsere Soldatinnen und Soldaten, die seit zwei Jahren nahezu rund um die Uhr das Beste aus der prekären Situation machen, in die uns die Politik der letzten zehn Jahre geführt hat.“

Verteidigungsminister Pistorius, so stellte der Bundesvorsitzende im Gespräch klar, habe keine Freude am Aufwuchs des Verteidigungsetats: „Der Minister kennt ebenso die Herausforderungen in anderen Politikfeldern. Da er sich aber täglich mit der Bedrohungslage auseinandersetzt, mit Russlands brutalem Krieg in der Ukraine, um dessen Cyber-Angriffe und Desinformationskampagnen in Deutschland weiß und nicht zuletzt erkannt hat, dass Putin seine Angriffsfähigkeiten mit Hilfe einer unter Hochdruck laufenden Kriegswirtschaft ausbaut, kämpft er zurecht um mehr Haushaltsmittel. Das macht der Minister nicht aus Spaß, sondern weil er unseren Frieden in Freiheit bedroht sieht.“

Erkenntniswende ist noch nicht in allen Köpfen angekommen

Kurz nach der zweiten Invasion russischer Truppen mit dem Ziel der Vernichtung der Ukraine im Februar 2022 hat der Bundesvorsitzende eine Vielzahl von Gesprächen mit Kabinettsmitgliedern sowie Bundestagsabgeordneten geführt. Dabei, so sagt er, habe er oft gehört, dass viele Politiker nichts von der mangelhaften Befähigung zur Landes- und Bündnisverteidigung oder den leeren Munitions- und Ersatzteillagern gewusst hätten. „Wer aber heute noch behauptet, dass er trotz der Fortschritte in der Amtszeit von Boris Pistorius nicht um die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit weiß, der will es schlicht nicht wissen und wird damit seiner Verantwortung für das Thema Gesamtverteidigung in keinster Weise gerecht“, sagt Oberst André Wüstner.

Jeder wisse, so der Bundesvorsitzende, dass die aktuelle Regierung aufgrund der Lage und der Zusammensetzung in der Koalition keine leichte Aufgabe habe. „Aber in einigen Parteien und Fraktionen hat die herausragende Rede des Kanzlers zur Zeitenwende am 27. Februar 2022 noch immer zu keiner Erkenntniswende geführt. Einige Politiker agieren wie kleine Kinder: Sie halten sich mit den Händen die Augen zu und hoffen, niemand kann sie sehen und alles wird wieder gut, ohne dass sie dafür Handeln müssen. Doch so ist es eben nicht.“

„Eines kann ich versprechen“, sagt der Bundesvorsitzende klar und deutlich: „Der DBwV wird nicht nachlassen, neben den Bundestagsfraktionen auch – wie zuletzt in Bayern – Landtagsfraktionen mit den sicherheitspolitischen Herausforderungen dieser Zeit zu konfrontieren. Das Schlafwandeln einzelner können wir nicht mehr akzeptieren. Wir müssen wachrütteln und das besser heute als morgen“, so Wüstner.

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