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26.07.2017
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Das Gesetz ist da, die Umsetzung wurde eingebremst

Das neue Soldatenbeteiligungsgesetz ist am 2. September 2016 in Kraft getreten. Damit wurde eine wichtige Forderung aus der 19. Hauptversammlung des Deutschen BundeswehrVerbands, die Stärkung soldatischer Beteiligungsrechte, vom Gesetzgeber erfüllt. Eingebunden in diesen Prozess waren alle mit dem Vorgang befassten amtlichen Stellen, einschließlich FüSK sowie die Sachbearbeiter der Teilstreitkräfte und Bundesämter. Man hätte annehmen können, dass die amtliche Übersetzung dieses deutlich formulierten Gesetzes nicht lange auf sich warten lässt. Doch Personalräte und Vertrauenspersonen, aber auch Disziplinarvorgesetzte, die bekanntlich auf Augenhöhe partnerschaftlich agieren sollen, mussten bisher einen langen Atem aufbringen.

Allein bis zum in Kraft treten der Wahlverordnung zum Soldatinnen- und Soldatenbeteiligungsgesetz (SBGWV) sind knapp neun Monate ins Land gegangen. Die Truppe stand bereit und gut organisiert und in den Startlöchern, wurde aber eingebremst. Es wird wohl bis zur dunklen Jahreszeit dauern, ehe die neuen Vertrauenspersonenausschüsse bei den Truppenkommandos gewählt werden.

Die Neufassung der ZDv 1472-1 – „Soldatische Beteiligung in der Bundeswehr“, auf die die Truppe dringend angewiesen ist, steht bislang noch aus. Der ursprüngliche Plan, zeitgleich oder wenigstens zeitnah mit der Novellierung des SBG die SBGWV und die ZDv 1472-1 zu erneuern, ist an der Uneinigkeit derjenigen gescheitert, die bereits am Entstehungsprozess beteiligt waren. Die beteiligten Gremien haben dabei lediglich auf die Umsetzung des Gesetzes in der gewollten Form beharrt. Der FüSK und die verantwortlichen Mitgestalter aus den TSK und OrgBereichen scheinen dabei zu sein, den Gesetzgeberwillen neu zu interpretieren. Dadurch wird die Umsetzung und Anwendung des Gesetzes in der Truppe erheblich erschwert – sowohl bei Vorgesetzten und Beteiligungsgremien als auch bei den Vertrauenspersonen. Im täglichen Dienst stellen sich viele Fragen in der Beteiligung, auf die die alte Version der ZDv 1472-1 keine Antwort haben kann.

Es wäre nur sinnvoll, das geltende Recht aus dem Gesetz rasch 1:1 umzusetzen – schließlich geht es um das Personal und um die sich neu ergebenden Schutzrechte. Der Werdegang dieser Zentralen Dienstvorschrift erinnert an einen Marathon, der Mitte des letzten Jahres gestartet ist und dessen Zielgerade immer noch nicht zu erkennen ist.

Nachdem sich die Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche in einer vierten Runde erneut zum fachlichen Austausch zusammengefunden haben, könnte ein neuer Entwurf  der ZDv 1472-1 den Erlasshalter des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg), P III 4, im August erreichen. Dort sollte die ZDv 1472-1 in die Beteiligung beim Hauptpersonalrat (HPR) und Gesamtvertrauenspersonenausschuss (GVPA) gelangen.

Das allerdings dürfte auch nicht leicht werden, wenn es weiterhin in Kernbereichen der Beteiligungsrechte bei so stark abweichenden Vorstellungen des BMVg einerseits und des GVPA sowie des HPR andererseits bleibt. Die Verzögerungen liegen dabei nicht in der Verantwortung der Beteiligungsgremien. Die ZDv war bisher in drei Mitzeichnungsrunden unter Beteiligung von Mitgliedern des HPR und GVPA – ohne dass eine finale Einigung über die Fassung der ZDv erzielt werden konnte. Die vierte Mitzeichnungsrunde läuft zurzeit, zum Zeitpunkt der Drucklegung war noch keine Einigung in Sicht. Ein strittiger Punkt war unter anderem die Frage, ob eine Vertrauensperson in einem einfachen Disziplinarverfahren beziehungsweise bereits im Vorfeld zur Hauptverhandlung in einem gerichtlichen Disziplinarverfahren als Zeuge vernommen werden kann oder ob sich die Vertrauensperson in diesem Stadium des Verfahrens auf eine Schweigepflicht nach § 2 Abs. 2 SBG berufen kann. Auch steht zur Diskussion, ob bei Personalmaßnahmen eine doppelte Beteiligung der Vertrauensperson stattfindet oder nicht. Beteiligung in beide Richtungen ist ja die tatsächliche Stärkung der Rechte, auch wenn es für die Personalführung schwieriger wird.

Es bleibt abzuwarten, ob bei den debattierten Themen eine Einigung gefunden werden kann, damit die ZDv im nächsten Schritt in die Verbändebeteiligung gelangt. Die handelnden amtlichen Aktiven müssen sich jedenfalls fragen lassen, warum ein komplexes Gesetzgebungsverfahren mit politischem Beistand zur Schaffung des neuen SBG von Start zu Ziel so schnell gelingen konnte, die Ausführungsbestimmungen aber derart schleppend zu Lasten der Truppe gestaltet wurden. Vielleicht hätte man doch die Zusammensetzung der BMVg AG zum Soldatenbeteiligungsgesetz mit Verbändepräsenz beibehalten sollen, einschließlich des gemeinsamen Wunschs, den erlangten Verbesserungen Nachhaltigkeit zu beschaffen.

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