Wüstner: „Unabhängig – Bewährt - Erfolgreich“
Dahlewitz. Langsam nimmt die 20. Hauptversammlung (HV) im November Konturen an: Nach den Landesverbänden Nord und West ist nun auch der LV Ost zu seiner Antragsversammlung zusammengekommen. Im brandenburgischen Dahlewitz haben mehr als 200 stimmberechtige Mitglieder aus fünf Bezirken nicht nur über mehr als 200 Anträge zu beraten, sie wählen auch 31 Delegierte für die HV sowie 20 Mitglieder in den Koordinierungsausschuss, der die beschlossenen Anträge mit denen der anderen Landesverbände abgleicht, in Form bringt und sie inhaltlich bis zur Abstimmung auf der HV betreut.
Zunächst einmal aber stand voll und ganz die mit Spannung erwartete Rede des Bundesvorsitzenden André Wüstner im Mittelpunkt. Kein Wunder, schließlich vergeht derzeit kaum ein Tag, an dem in den Medien nicht über die Bundeswehr berichtet wird: Erst der vermeintliche Skandal in einer Kaserne in Pfullendorf, dann der Fall um den mutmaßlich rechtsextremen Franco A. in Ilkirch. In beiden Fällen war der DBwV in der öffentlichen Wahrnehmung so präsent wie kein anderer Verband.
Und so schilderte der Bundesvorsitzende den Delegierten das Vorgehen des Verbandes – und gab einen detaillierten Einblick in die tägliche Lobbyarbeit. Sein Fazit: „Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler, das ist überall so. Entscheidend aber ist die Frage: Wie gehen wir mit Fehlern um? Und da finde ich das Vorgehen der Ministerin mehr als fragwürdig.“
Insbesondere die undifferenzierte und pauschalisierende Darstellung der Vorfälle seitens des Ministeriums bewertete der Bundesvorsitzende als falsch. „Der dadurch erzeugte Imageschaden, der sich selbst im Deutschlandtrend mit einem Minus von zehn Prozentpunkten beim Vertrauen in die Bundeswehr auswirkte, ist für eine Freiwilligenarmee eine Katastrophe. “
Durch das Durchstechen von Informationen aus laufenden Ermittlungen sei ein katastrophales und unzutreffendes Bild der Bundeswehr in der Öffentlichkeit entstanden. Noch unverständlicher sei, dass sich die entlastenden Ergebnisse aus den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hechingen inklusive der Einstellungsverfügung kaum in der ministeriellen Kommunikation wiederfanden. „Sicherlich kam es zu Verfehlungen, die auch disziplinar geahndet wurden, aber Vorfälle, die die Bundeswehr als ,chauvinistische Männergesellschaft´ darstellen, die sich an ,sexuellen-sadistischen Ausbildungspraktiken´ ergötzt, sind mehr als fehl am Platz!“, so Wüstner.
Wüstner lobte zwar auch von der Leyens Einsatz für die Bundeswehr, insbesondere die Einleitung der Trendwenden Material, Personal und Haushalt, aber das Agieren der letzten Wochen hätte vielen Menschen der Bundeswehr nahezu den Boden unter den Füßen weggerissen.
Aber, und auch das betonte Wüstner: Es bringt ja nichts, nur zu motzen. Das bewegt nichts nach vorne! „Wir könnten täglich innerhalb von Minuten für eine Schlagzeile in den Medien sorgen. Aber damit verändern wir nichts, schon gar nicht im Sinne unserer Mitglieder. Und gemessen werden wir nicht an Schlagzeilen, sondern an der Umsetzung der Beschlüsse der letzten Hauptversammlung“, sagte Wüstner und erhielt mit dieser Auffassung breite Zustimmung seitens des Auditoriums.
An dieser Stelle schloss sich der Kreis zur Landesversammlung, denn Wüstner dankte nicht nur den vielen Mandatsträgern, er forderte jeden einzelnen Delegierten auf, in seinem Bereich dafür zu werben, aktiv zu werden. Jedes Mitglied könne seinem Bundestagsabgeordneten schreiben und Fragen zur Sicherheitspolitik oder zu sozialen Rahmenbedingungen stellen. „Es ist die Gemeinschaft, die Druck ausübt, Knoten löst und so am Ende zum Erfolg führt“, so Wüstner.
Um die Gemeinschaft im Landesverband Ost jedenfalls muss sich Wüstner keine Sorgen machen. Denn der Landesvorstand hatte in seinem Rechenschaftsbericht äußerst positive Zahlen zu vermelden. So hatte der LV zum Stichtag genau 28.144 Mitglieder, das entspricht einem Zugewinn von 3000 Mitgliedern seit dem letzten Bericht. Die Zahl der Mitglieder wuchs demnach in allen Bezirken, auch das Zusammenspiel von Trukas und Stokas wurde gelobt.
Überhaupt scheinen sich im Osten mehr Mitglieder denn je auch für die unterschiedlichen Verbandsthemen zu interessieren. So hob der Vorstand eine Reihe von Veranstaltungen hervor – von den Zielgruppentagungen bis zu den Veranstaltungen am Standort -, die im wahrsten Sinne des Wortes „boomen“. Für besonders bedeutsam wird aus Sicht des Landesvorstandes erachtet, dass es nach wie vor gelingt, Menschen Laufbahn- und Statusgruppenübergreifend zusammenzubringen – über alle Altersbänder hinweg.
Auch auf Bundesebene ist der Trend positiv. Rund 10.000 neue Mitglieder habe der Verband in der aktuellen Amtszeit dazugewonnen, berichtete Wüstner. „Als wir damals gesagt haben, wir wollen den Trend umkehren, die Mitgliederzahl trotz einer kleiner werdende Bundeswehr steigern, haben uns viele belächelt“, so der Verbandschef. Er habe daraus die Erkenntnis gewonnen, dass sich auch Ideen, die zunächst utopisch erscheinen, umsetzen ließen. „Man darf nur die Zuversicht nicht verlieren“, sagte Wüstner.
Alle waren sich einig: Der DBwV kann stolz sein auf seine Arbeit und das seit mehr als 60 Jahren. Optimierung und Modernisierung sind nach wie vor im DBwV auf der Agenda und Schlüssel für verbandspolitische Erfolge, genauso wie für die gestiegenen Mitgliederzahlen. „Das ist nicht die Leistung von Einzelnen, es ist dem breiten Engagement aller zu verdanken. Auch wenn wir uns selbst und unser Handeln immer wieder kritisch hinterfragen müssen, können wir stolz darauf sein, was wir als große Gemeinschaft, aktive oder ehemalige, Soldaten oder zivile Beschäftigte, in punkto Interessenvertretung leisten“, sagte Wüstner.
„Das Motto passt: 1. Unabhängig: wie wir auch in den letzten Wochen im kritischen Umgang mit der Ministerin wieder unter Beweis stellten. 2. Bewährt: seit über 60 Jahren als starke Gemeinschaft. 3. Erfolgreich: wenn wir auf die Umsetzung der Beschlüsse der Hauptversammlung blicken. Das soll uns erstmal einer nachmachen “, so Wüstner, bevor er die Programmatik für die Bundestagswahl und Ideen für einen künftigen Koalitionsvertrag referierte. Es ist wie im Fußball: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel und so hat der DBwV die nächste Legislaturperiode bereits zielorientiert im Blick um das zu leben, was in der Verbands-DNA hat: gestalten statt verwalten!
Damit traf er im Osten natürlich einen Nerv. Denn wenn alle Teilnehmer eines immer wieder betonten, dann war es der besondere Zusammenhalt und das spezielle Gemeinschaftsgefühl in diesem Landesverband. Und so wird die Versammlung in Dahlewitz zwar eine kleine, aber dafür umso entschlossenere Schar an Delegierten zur Hauptversammlung schicken.