Pauschalverdacht verbietet sich
Kiel. Mit einem Festakt im Marinestützpunkt feierte die Standortkameradschaft Kiel ihr 60-jähriges Bestehen. Dort wurde die Gruppierung auch am 1.Februar 1957 gegründet und ist damit eine der ältesten Standortkameradschaften im Deutschen BundeswehrVerband (DBwV). Das Jubiläum bot Anlass zurückzuschauen und zugleich einen Blick auf die aktuellen Vorgänge in Bundeswehr und Politik zu werfen.
Führen statt verwalten
Dies tat der Bundesvorsitzende nach seinem Dank an die ehrenamtlichen Mandatsträger dann auch. Oberstleutnant André Wüstner betonte, dass der Gesprächsfaden mit Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen nicht abreißen wird, deren Entschuldigung für ihre negativen Pauschalaussagen über die Bundeswehr begrüßte er aber ausdrücklich. „Dass Extremismus und Radikalismus in den Streitkräften nichts zu suchen haben ist keine Frage“, machte der Bundesvorsitzende dazu deutlich.
„Was sie bekannten Vorfälle betrifft, ist es gut, dass der Bundesanwalt ermittelt, aber wir müssen nun warten, was tatsächlich herauskommt“, führte der Stabsoffizier weiter aus. In diesem Zusammenhang kritisierte er nicht fundierte Aussagen von Politikern und Medien, unter anderem über angebliche rechtsradikale Netzwerke: „Auch wenn man seine Aussagen hinterher bedauert, bleiben diese in der Welt.“ Wüstner empfiehlt deshalb in der jetzigen Situation allen „ruhig und sachlich“ zu bleiben. Eines machte er jedoch deutlich: Es muss in der Bundeswehr wieder mehr geführt als verwaltet werden.“
Wüstner bezeichnete die Entwicklung des Verbandes seit der Gründung 1956 als „Erfolgsgeschichte“: „Heute ist der DBwV die Interessenvertretung der Menschen in der Bundeswehr, als Experte auf allen Ebenen gut vernetzt und etabliert sowie als Beistand und fachkundiger Ansprechpartner bei seinen 200.000 Mitgliedern geschätzt.“
Einsatz für die Menschen
Der Bundesvorsitzende an die Kieler StoKa gerichtet weiter: „Ohne die enormen Leistungen der Kameradschaften wäre der Erfolg unseres Verbandes gar nicht möglich. Sie sind am Puls der Truppe, sie leisten die Arbeit an der Basis, sie sind das Fundament unseres gemeinsamen Wirkens…Lassen sie uns gemeinsam stolz sein auf das Erreichte und motiviert für das Kommende.“
Die Politik war bei der Veranstaltung durch Bundes-, Landes- und Kommunalpolitiker vertreten, darunter der Kieler Bundestagsabgeordnete Thomas Stritzl und der schleswig-holsteinische Landtagspräsident Klaus Schlie. Neben örtlichen Kommandeuren und Dienststellenleitern der Bundeswehr waren viele Pensionäre vertreten, darunter der ehemalige Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr, Generalleutnant a.D. Friedrich Riechmann.
Der Vorsitzende der StoKa, Stabsbootsmann Rene Sirock, lobte in seiner Begrüßung „60 Jahre Einsatz für die Menschen in der Bundeswehr, für deren Familien und Hinterbliebenen durch die ehrenamtlichen Mandatsträger des Verbandes“. Zur StoKa Kiel gehören derzeit zehn Truppenkameradschaft und vier Gruppierungen der Ehemaligen, Reservisten und Hinterbliebenen (ERH) mit insgesamt mehr als 2.500 Mitgliedern.
Gelebte Demokratie
Landtagspräsident Schlie bescheinigte der Standortkameradschaft und dem ganzen BundeswehrVerband, dass es keine Nebensächlichkeit sei, sich für die Menschen in der Bundeswehr einzusetzen, „ganz im Gegenteil“. Zur aktuellen politischen Lage und der Berichterstattung über die Bundeswehr in den Medien stellte der Politiker fest: „Menschen unter Pauschalverdacht zu stellen verbietet sich… Wenn es Fehlverhalten gibt müssen Ross und Reiter genannt werden.“
Stadtpräsident Hans-Werner Tovar betonte die enge Verbindung zwischen der Landeshauptstadt Schleswig-Holsteins und der Marine. „Die Standortkameradschaft trägt maßgeblich dazu bei, dass sich die Soldatinnen und Soldaten in unserer Stadt wohlfühlen… Es ist gut, dass es Ehrenamtlich gibt, die sich für ihre Kameradinnen und Kameraden einsetzten, auch wenn es darum geht, schwierige Einsätze aufzuarbeiten.“
Der Bundestagsabgeordnete Stritzl erinnerte an seine Mitgliedschaft im Bundesvorstand des Verbandes, dem er in seiner Zeit als Grundwehrdienstleistender angehört hatte: „Eine gute, spannende und lehrreiche Zeit.“ Dem Deutschen BundeswehrVerband ging es stets um die Menschen… Dabei waren und sind die Standortkameradschaften wie die in Kiel an vorderster Front,…sie sind enorm dicht an den Menschen und Ausdruck gelebter Demokratie in unseren Streitkräften.“
Im Rahmen Festaktes nahm Wüstner die Ehrung von Kapitänleutnant a.D. Paul Müggenburg vor. Der pensionierte Marineoffizier gehört der Interessenvertretung der Menschen in der Bundeswehr seit 60 Jahren an, genauso lange wie es die feiernde Standortkameradschaft Kiel gibt. Ein würdiger Anlass für den Bundesvorsitzenden, um Müggenburg für seine Treue zum DBwV auszuzeichnen.