US-Präsident Donald Trump, hier bei seiner Reise nach Israel, wird zum ersten Mal an einem Nato-Gipfel teilnehmen Foto: dpa

US-Präsident Donald Trump, hier bei seiner Reise nach Israel, wird zum ersten Mal an einem Nato-Gipfel teilnehmen Foto: dpa

24.05.2017
mkl/dpa

Nato-Gipfel: Welche Forderungen bringt Trump mit nach Brüssel?

Brüssel. Es hätte ein gemächlicher Feiertag werden können, doch Christi Himmelfahrt 2017 bietet in Brüssel internationale Spitzendiplomatie in maximaler Ereignisdichte. Der Besuch von US-Präsident Donald Trump beim Nato-Gipfel steht dabei naturgemäß im Mittelpunkt – schließlich hatte sich der Milliardär einst zu der Bemerkung hinreißen lassen, die Nato sei „obsolet“. Zwar hat er inzwischen verbal ein wenig abgerüstet, bezeichnet das Militärbündnis gar als „wichtig“. Trotzdem blicken alle gespannt auf seinen Auftritt.

Das hat auch damit zu tun, dass die Europäer genau wissen, was Trump von ihnen erwartet: mehr Geld in die Nato zu investieren. Zwei Prozent des BIP soll jedes Mitgliedsland jährlich für Verteidigung ausgeben, so ist es vereinbart. Doch kaum ein Land hält sich daran, Deutschland eingeschlossen.

Bleibt es bei dieser grundsätzlichen Forderung – oder hat Trump einmal mehr ganz neue Ideen im Gepäck? Um 10.00 Uhr – und damit vor dem eigentlichen Gipfel - trifft er zunächst EU-Ratspräsident Donald Tusk und Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, die er in einem Interview im Januar noch zu verwechseln schien. Mit ihnen hat er sich einen Mix aus Themen vom Freihandel, über den Klimaschutz bis zum Atomdeal mit dem Iran vorgenommen.

Während Trump sich danach bereit macht für ein Mittagessen mit dem neuen französischen Präsidenten Emmanuel Macron, bearbeiten Juncker und Tusk gemeinsam den nächsten großen Krisenherd: das Verhältnis der EU zur Türkei. Sie treffen um 13 Uhr den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, mit dem es vom Flüchtlingspakt bis zum EU-Beitritt ebenfalls Großthemen zu klären gilt.

Gut möglich, dass dabei auch die bilateralen Spannungen zwischen Deutschland und der Türkei zur Sprache kommen: Erst kürzlich hatte die Türkei eine Reise von Bundestagsabgeordneten zum Stützpunkt Incirlik untersagt, auf dem auch Bundeswehr-Soldaten stationiert sind. Seither kokettiert die Regierung offen mit einem Abzug der „Tornados“, die für die internationale Koalition gegen die Terrormiliz IS Aufklärungsbilder liefern.

Noch am Mittwoch war es zu weiteren Spannungen gekommen. Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) warf der Regierung in Ankara vor, ein „Einreiseverbot“ gegen Parlamentsvizepräsidentin Claudia Roth und drei weitere Abgeordnete verhängt zu haben. Dies sei ein „schwerwiegender Vorgang“, sagte er während seiner China-Reise in Peking. Die weiteren Gespräche würden dadurch nicht erleichtert.

Die Grünen-Politikerin Roth und drei weitere Abgeordnete wollten Gespräche in Ankara, Istanbul und Diyabakir führen. Nachdem die türkische Seite ihnen klar gemacht hatte, dass sie unerwünscht sind, sagten sie die Reise ab. „Es handelt sich hier um ein Einreiseverbot für die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags“, sagte Gabriel sichtlich verärgert.

Die EU kann kein Interesse an einer weiteren Eskalation haben. Gut möglich also, dass Juncker und Tusk die Gelegenheit nutzen, Erdogan auch in dieser Sache ins Gewissen zu reden.

Stoltenberg will Kampf gegen IS ausbauen


Trump wiederum begibt sich zu dem Ereignis, das eigentlicher Anlass seiner Reise in die europäische Hauptstadt war: das Nato-Spitzentreffen im neuen Hauptquartier des Bündnisses im Nordosten Brüssels. Das wie ein Flugzeughangar anmutende Gebäude ist zwar noch nicht ganz bezugsbereit, wird aber symbolisch bereits eröffnet, zumal Staats- und Regierungschefs sowie Minister aus allen 28 Nato-Staaten zusammenkommen.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg ließ am Mittwoch auf einer Pressekonferenz schon einmal durchblicken, dass er so schnell nicht von der Türkei als Partner abrücken will – im Gegenteil. Ein angepeilter Beschluss des Gipfels ist es, den Awacs-Einsatz für die internationale Koalition gegen die Terrormiliz IS auszuweiten. Auch ein formaler Beitritt der Nato in die „Anti-IS-Koalition“ wird diskutiert. Er gehe zumindest davon aus, dass die über den türkischen Nato-Stützpunkt in Konya laufende Operation mit Radarflugzeugen künftig zusätzliche Aufgaben übernehme werde, so Stoltenberg, der erst kürzlich in einem Interview mit der „Bild“ auch Stellung zu den Vorkommnissen in der Bundeswehr genommen hatte.

In Bezug auf den Fall des mutmaßlich rechtsextremen Franco A. sagte Stoltenberg, es gebe „keinen Platz für Extremisten in Nato-Truppen“. Sorgen mache er sich nicht, auch ein Haltungsproblem könne er nicht erkennen. „Ich habe eine Menge deutscher Soldaten in Auslandseinsätzen getroffen: Das sind beeindruckende Menschen. Professionell, sehr gut ausgebildet, verantwortungsvoll. Ich habe großes Vertrauen in die deutsche Truppen“, sagte er.

Um 16.15 Uhr enthüllt Trump gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel Denkmale im neuen Hauptquartier, die Stücke des World Trade Centers und der Berliner Mauer integrieren. Bei der Gelegenheit soll Trump auch ein kurzes Grußwort halten, die Kanzlerin ebenfalls. Merkel könnte bei dieser Gelegenheit auch ihrerseits noch Erdogan treffen, um die Irritationen zwischen den Ländern abzubauen. Danach folgen um 17.00 Uhr das eigentliche Nato-Treffen und anschließend ein Abendessen, bevor Trump Richtung Sizilien zum G7 aufbricht und Merkel zurück nach Berlin fliegt.

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