Rund 240 Delegierte des Landesverbands West tagen zurzeit in Bad Neuenahr/Ahrweiler Foto: DBwV/Bombeke

Rund 240 Delegierte des Landesverbands West tagen zurzeit in Bad Neuenahr/Ahrweiler Foto: DBwV/Bombeke

09.05.2017
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„Innere Führung hat nicht versagt, sondern Menschen haben Fehler gemacht“

Bad Neuenahr/Ahrweiler. Der zweite Tag der Landesversammlung West in Bad Neuenahr/Ahrweiler stand ganz im Zeichen des Rechenschaftsberichts des Landesvorsitzenden und des Grundsatzreferats des Bundesvorsitzenden. Oberstleutnant André Wüstner blickte auf die Arbeit des Bundesvorstands in den vergangenen dreieinhalb Jahren zurück, ging aber auch auf die jüngsten Ereignisse rund um den Fall des unter Verdacht des Rechtsextremismus stehenden Franco A. ein.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hatte der Bundeswehr pauschal Führungs- und Haltungsschwäche vorgeworfen – ein Vorwurf, der nicht nur aus Sicht des DBwV unhaltbar war: Es hatte aus allen Ecken und Enden Kritik an den Äußerungen der Ministerin gehagelt. Dass von der Leyen später vor Führungskräften der Streitkräfte ihre eigenen Aussagen bedauerte, begrüßte der Bundesvorsitzende. Wüstner stellte klar: „Differenzierung auf der Grundlage von Fakten sind aktuell entscheidend.

Und überhaupt: Nicht die Innere Führung an sich hat versagt, sondern Menschen haben Fehler gemacht - damit sollte eine Organisation umgehen können. Nebenbei: Haltung hat etwas mit Halt geben und Einhalt gebieten zu tun. Und beides erkenne ich aktuell nur bedingt seitens des Verteidigungsministeriums."

Zuvor war der Verbandschef auf die aktuelle Situation der Streitkräfte eingegangen. Er erläuterte die Ausgangslage und das Agieren des Bundesvorstands in den vergangenen Jahren. Von der Kommunikation der sicherheitspolitisch grundlegenden Lageänderung in Politik und Gesellschaft bis hin zur Refokussierung auf die Landes- und Bündnisverteidigung. Elementar war die Erstellung des Weißbuchs 2016, um nach einer verfehlten Bundeswehrreform endlich wieder das ´Wozu Bundeswehr' herauszuarbeiten. Jetzt müsse über die aktuell in Arbeit befindliche Konzeption der Bundeswehr die richtigen Konsequenzen folgen.

„Das aktuell größte Problem ist allerdings nicht, dass wir ein paar Panzer oder ein Schiff zu wenig haben. Das Problem ist der Wissensverlust, den wir in der Bundeswehr seit Umsetzung der Neuausrichtung zu beklagen haben. Das ist der größte Schaden, der sich auch gerade jetzt durch eine Art Orientierungslosigkeit in den Streitkräften bemerkbar macht “, sagte Wüstner. „Wir werden jedenfalls nicht zulassen, dass das diesbezüglich politische Versagen auf dem Rücken der Menschen der Bundeswehr ausgetragen wird!"

Im Detail erläuterte er, wie der DBwV in den unterschiedlichen Handlungsfeldern agiert hat und wie aktuell die Zusammenarbeit mit den Parteien in Vorbereitung auf deren Wahlprogramm und weiterführend auf einen nächsten Koalitionsvertrag vonstattengeht. Im Sinne des Grundsatzes „Wer am besten plant, kann am freiesten entscheiden“, laufen die Vorbereitungen für all das, was der DBwV nach einer Bundestagswahl angehen wird.

„Wir sind erfolgreich und werden gemeinsam erfolgreich bleiben, weil unsere Verbandsarbeit sich an zwei Zielen ausrichtet: erstens sozialer Fortschritt und zweitens einsatzbereite Streitkräfte - und beides mit den Menschen im Mittelpunkt“, so Wüstner. „Wer 60 Jahre DBwV reflektiert, wer unsere Arbeit bewertet, wer nicht nur in den letzten Tagen unser Agieren erlebt hat, der weiß, weshalb das Motto im Jahr der Hauptversammlung erneut unterstreicht, was wir sind: Unabhängig - Bewährt - Erfolgreich! Und das auf der Grundlage von Kameradschaft, Kollegialität und Solidarität als unschlagbare Gemeinschaft", so Wüstner abschließend.

Neben der politischen Arbeit in Berlin war die Optimierung der Mitgliedergewinnung und -bindung eine der großen Aufgaben des amtierenden Bundesvorstands in den vergangenen Jahren. Eine herausfordernde Aufgabe, die erfolgreich bewältigt wurde: In nur knapp zwei Jahren stieg der Mitgliederbestand um rund 9000 auf aktuell über 199.000. „Das haben wir auch unseren vier starken, gut funktionierenden Landesverbänden zu verdanken“, sagte Wüstner.

Aber auch der Bundesvorstand habe seine Präsenz in der Fläche nahezu verdreifacht – „ein wichtiger Faktor für den Mitgliederzuwachs“, so der Verbandschef. „So lange wir uns unseren Basisbezug erhalten, uns die Bereitschaft zur Anpassung und unsere Unabhängigkeit bewahren, mache ich mir keine Sorgen um die Zukunft unseres Verbands“, sagte Wüstner.
„Ein Blick über den Tellerrand reicht und wir sehen, wie sich andere Verbände oder Gewerkschaften kaum noch aus ihrer Verkrustung lösen können. Das ist neben unserer professionellen Arbeit auch ein Grund, weshalb sich viele Menschen umorientieren und sich uns anschließen.“

Auch der Landesvorsitzende hatte sein Augenmerk auf den Mitgliederbestand gelegt. Tatsächlich können andere Gewerkschaften von solchen Zahlen nur träumen: Der Organisationsgrad konnte seit 2015 von 66 auf 71 Prozent gesteigert werden. „Der Erfolg darf uns alle mit Freude und Stolz erfüllen, aber er darf uns nicht übermütig werden lassen“, warnte Oberstleutnant a.D. Thomas Sohst. Der Chef des Landesverbands West ermunterte die Delegierten, gemeinsam alle Anstrengungen weiter voranzutreiben. Wichtig sei es dabei, die Ziele des Verbands übergreifend anzugehen, so dass alle Mitglieder von den Erfolgen profitieren: Seien es Soldaten oder Zivilbeschäftigte, Aktive oder Ehemalige.

Von großer Bedeutung sei es, vor Ort aktiv zu sein, betonte Sohst und nannte die Zielgruppentagungen des DBwV als eines von vielen wirksamen Instrumenten. „Stetige Reflexion, aber auch Mut neue Wege zu beschreiten, ohne zu vergessen, woher man kommt, das ist das Erfolgsrezept des DBwV“, so Sohst. Noch zielgruppenorientierter als bisher müsse sich der Verband im Bereich der Zivilbeschäftigten engagieren, sagte Sohst. „Die Zivilbeschäftigten müssen im Landesverband West zunehmend ein Gesicht bekommen“, so der Landesvorsitzende. Neben der Mitgliederbindung und -gewinnung nannte Sohst die politische Arbeit als zweite Säule des Verbands – auch auf regionaler Ebene. „Lobbyarbeit findet auch an der Basis statt – reden Sie mit Ihren Politikern vor Ort“, appellierte Sohst an die Delegierten und verwies dabei ebenso auf die laufende Kampagne "Aus der Deckung in den Wahlkampf".

Der Nachmittag des zweiten Tages gehörte dann wieder den Delegierten aus den Kameradschaften: Die acht Bezirke wählten ihre Delegierten zur Hauptversammlung im November in Berlin. Anschließend informierten die Vorstände der Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche sowie der Ehemaligen, Reservisten und Hinterbliebenen über aktuelle Entwicklungen in ihren Bereichen, bevor es im Weiteren in die Antragsberatungen ging. Dabei wurde wie am Vortag bis spät gearbeitet und diskutiert, sei es beispielsweise über angepasste Laufbahn- und Besoldungskonzepte oder organisatorische Herausforderungen. Vom Mannschaftsdienstgrad bis zum General oder vom Arbeitnehmer bis zum Ministerialdirektor - der DBwV hat eben alle im Blick, was im Zuge der Beratungen eindeutig zu erkennen war.  

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