Der DBwV-Bundesvorsitzende hielt beim Empfang des Wehrbeauftragten eine engagierte Rede Foto: Bundestag/Anke Jacob

Der DBwV-Bundesvorsitzende hielt beim Empfang des Wehrbeauftragten eine engagierte Rede Foto: Bundestag/Anke Jacob

22.06.2017
fvk

HALTUNG ist das Stichwort!

Berlin. Er gehört zu den schönen Pflicht-Terminen für uns: Der alljährliche Empfang des Wehrbeauftragten. Auch in diesem Jahr hatte der Bundesvorsitzende Oberstleutnant André Wüstner Gelegenheit, zu den vielen Gästen aus Bundeswehr, Parlament und Regierung zu sprechen.
Wüstner unterstrich dabei, wie viel Positives in dieser Legislaturperiode schon erreicht werden konnte, allen Turbulenzen dieser Zeit zum Trotz.

Bereits am Montag hatte er bei einem „Berliner Abend“ der Ministerin und dem Parlament gegenüber seinen Dank zum Ausdruck gebracht. Ein weiteres wesentliches Thema von Wüstners Rede war die innere Lage der Bundeswehr. Seit Ende Januar rumort es da enorm. Beginn war die Berichterstattung im Fall Pfullendorf – seither schlagen sämtliche Sensoren höchsten Alarm. Die Vertrauenskrise nahm ihren Lauf, befeuert durch die Vorfälle von Sondershausen und Illkirch, die Kommunikation des BMVg und die entsprechende Medienberichterstattung.

Der DBwV war der erste, der vom Verteidigungsministerium eine differenzierte Betrachtung und Einordnung der Geschehnisse verlangte. Leider ist beides bis heute ausgeblieben. Man informierte zwar den Verteidigungsausschuss, nicht aber die Truppe.

Die Belastung durch die Auftragslage steigt stetig


In dieser Lage wenden sich die Menschen der Bundeswehr an uns, ihren Verband. „Wie soll ich auf Fragen von unterstellten Soldaten antworten, wenn ich selbst keine Information bekomme? Die Medienlage kann doch nicht zu 100% die Sachlage sein?“, schrieb ein Bataillonskommandeur. Ein Kamerad: „Der Soldatenberuf ist ein höchst politischer Beruf, wir müssen das, was passiert, auch einordnen können. Doch kann ich das wegen der fehlenden Informationen nicht!“

Auch auf den bisher abgehaltenen drei Landesversammlungen wurde das Thema „Vertrauen“ diskutiert. Für den DBwV selbst eigentlich nichts neues, weshalb wir beim letzten Verbandstag die „Trendwende Vertrauen“ vom Ministerium eingefordert haben. Bei unseren Versammlungen beschrieben Führungskräfte aller Hierarchieebenen die riesige Lücke zwischen der Kommunikation der richtig herbeigeführten Trendwenden einerseits und der fehlenden Wirksamkeit anderseits. Das ist besonders bitter angesichts steigender Belastung durch die Auftragslage.

Und die Belastung steigt weiter, denn ausgerechnet die „Trendwende Personal“ entzieht der Truppe zunächst Führungskräfte für die zu füllende Ausbildungsorganisation. Auch so können Fehler entstehen, aber es kommt darauf an, wie man mit Fehlern umgeht – Stichwort Fehlerkultur. Hier gilt: Wer nach Schuldigen sucht, wird die Fehler nicht finden! Aktionismus ist jedenfalls fehl am Platze.

Im Gegenteil: Eine zügige Abfolge von Workshops, beispielsweise zur Überarbeitung des Traditionserlasses, erweckt kein Vertrauen. Bei all den Vorhaben zur Stärkung der Inneren Führung, der Überarbeitung des Traditionserlasses sowie der Wehrdisziplinarordnung muss mit Ruhe und Gelassenheit agiert werden. Das, sowie eine verbesserte Kommunikation samt Umgang miteinander, erzeugt das so dringend notwendige Vertrauen!

Und was die Innere Führung anbelangt, ist wirklich Reflektion notwendig. Was darf man als Staatsbürger in Uniform sagen und was nicht. Was ist politisch opportun und angemessen, was nicht? Führt Schönrederei nicht zu weiterer Politikverdrossenheit? Wird so nicht dem Vertrauensverlust in unsere Institutionen Vorschub geleistet?

Vertrauen kann man nicht entpersonalisieren


Wir wissen:  Es gibt für keine Statusgruppe in Deutschland eine gesetzlich so eindeutig formulierte Treuepflicht wie für Soldaten. Aber der steht allerdings auch eine Treuepflicht des Dienstherrn gegenüber. Jeder Soldat weiß genau, dass er in Erfüllung dieser Treuepflicht gegebenenfalls den höchsten Preis zu zahlen hat. Wer fragt, worin denn die Gegenleistung des Dienstherrn besteht, den verweisen wir gern auf das Drama von Heinrich von Kleist: "Der Prinz von Homburg".

Dies ist zunächst eine Parabel über die Aufklärung, aber sicher auch ein Lehrstück über das soldatische Befehlsrecht. Demnach ist es wenig zielführend, einen Befehl nur aufgrund eines gesetzlichen Zwangs zu befolgen; das Abgeforderte muss eigene Handlungsmaxime werden, man muss den Befehl als eigenen wollen.

Dies ist allerdings keine Frage des Verständnisses vom Befehlsinhalt, sondern eine Frage des unbedingten Vertrauens in den Vorgesetzten. Es ist die vornehmste Pflicht aller Vorgesetzten bis hin zur Bundesministerin, Vertrauen in eigene Anordnungen zu erzeugen. Das beinhaltet im Einzelfall auch, sich schützend vor die eigenen Mitarbeiter zu stellen und darauf hinzuweisen, dass Fehler nur intern und nach den dafür vorgesehenen Regularien bewertet werden.

Vertrauen kann man nämlich nicht entpersonalisieren und in ein "Compliance Management System" überführen. Betriebliches Gesundheitsmanagment, Diversity-Strategie oder Soldatenarbeitszeitverordnung sind alles wichtige Dinge, keine Frage. Wer aber glaubt, nur mit systemischen Maßnahmen das für uns so elementare Vertrauen zu gewinnen und damit auch der Treuepflicht des Dienstherrn nachzukommen, wird nie verstehen, wie die Bundeswehr und insbesondere Streitkräfte funktionieren.

Die vollständige Rede des DBwV-Bundesvorsitzenden beim Jahresempfang des Wehrbeauftragten dokumentieren wir hier.

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