Hans-Georg Blonn, Heiko Tadge, Minister Grant Hendrik Tonne und der Stellvertretende Standortälteste und Kommandeur des örtlichen Feldwebelanwärter/Unteroffizieranwärterbataillons 2 (v.l.) Foto: LV Nord

Hans-Georg Blonn, Heiko Tadge, Minister Grant Hendrik Tonne und der Stellvertretende Standortälteste und Kommandeur des örtlichen Feldwebelanwärter/Unteroffizieranwärterbataillons 2 (v.l.) Foto: LV Nord

22.01.2018
jf

Dolchstoß statt Verbesserung?

Celle. Dass die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und die Bundeswehr in den Sondierungsverhandlungen zur Bildung einer neuen Regierung in Berlin so gut wie keine Rolle spielten, hat der Vorsitzende des Deutschen BundeswehrVerbandes (DBwV) bereits scharf kritisiert. So wie Oberstleutnant André Wüstner sieht es auch der gleichrangige Heiko Tadge: „…was bislang sondiert wurde, wäre aus meiner persönlichen Bewertung bei einer eins zu eins Übernahme in einen Koalitionsvertrag für die Bundeswehr eine Katastrophe!“

Der Vorsitzende der Standortkameradschaft Celle fand beim dreizehnten gemeinsamen Neujahrsempfang der Celler Standortkameradschaft des DBwV und der örtlichen Kreisgruppe des Verbandes der Reservisten der Deutschen Bundeswehr (VdRBw) deutliche Worte zu den Verhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD.  Der Stabsoffizier verwies in Sachen Finanzen unter anderen auf die Kernaussagen des letzten Weißbuches und die Zielvorgaben der NATO sowie auf den 2017 erarbeiteten Entwurf zur Konzeption und dem Fähigkeitsprofil der Bundeswehr.

Höchste Zeit

Tadge dazu: „Und nun? Die Ergebnisse der Sondierungsgespräche sind für die Bundeswehr ein Dolchstoß! Statt des im Minimum benötigten Anstiegs von insgesamt neun Milliarden Euro in den kommenden vier Jahren, zusätzlich zum 51.Finanzplan, soll der der Einzelplan 14 (Verteidigung, d.Red.) lediglich um rund eine Milliarde steigen – eine weitere Milliarde ist für Öffentliche Entwicklungsarbeit vorgesehen. Das wird verheerende Folgen haben.“

Der Oberstleutnant verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass von der Milliarde für die Bundeswehr, auf vier Jahre aufgeteilt, lediglich jeweils 250 Millionen Euro verbleiben würden. „Nicht einmal die steigenden Betriebsausgaben sind so zu decken.“ Darüber hinaus machte er deutlich, dass der DBwV darauf besteht, die Ergebnisse der Tarifverhandlungen für den Öffentlichen Dienst auf die Besoldungs- und Versorgungsempfänger zu übertragen: „Und wer weiß, dass ein Prozent Gehaltssteigerung cirka 155 Millionen Euro im Jahr ausmacht, kann sich vorstellen, wie schnell die vorgesehenen 250 Millionen verbraucht sind.“

Der Vorsitzende der Standortkameradschaft sagte im Hinblick auf derzeitige und kommende Herausforderungen weiter: „Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee und wir sind loyal. Aber es wird höchste Zeit, dass Auftrag und Mittel endlich in Einklang gebracht werden! Dazu müssen die personellen sowie materiellen Lücken schnellstmöglich aufgefüllt und die entsprechende Modernisierung endlich angegangen werden! Sollte der nächste Koalitionsvertrag wirklich festschreiben, dass der Verteidigungshaushalt lediglich um eine Milliarde bis 2021 erhöht wird, wird sich die Wiederherstellung der vollen Einsatzbereitschaft bis auf den Sankt-Nimmerleinstag hinausschieben.“

Anerkennung und Achtung

Stabsunteroffizier der Reserve Hans-Georg Blonn ging als Vorsitzender der Kreisgruppe des VdRBw vor den rund 200 Gästen auf den Stellenwert der Reservedienstleistenden für die Bundeswehr ein: „Neben der Erhaltung und der Sicherung des Friedens haben wir als Reservisten auch die Aufgabe, das Ansehen der Bundeswehr in der Öffentlichkeit zu fördern und die vielfältigen Aufgaben der Truppe zu vertreten.“ Blonn bemängelte dazu „das freundliche Desinteresse der Bevölkerung“ und forderte: „Der Beruf des Soldaten muss wieder Anerkennung und Achtung in der Bevölkerung finden.“

Als Ehrengast trat Grant Hendrik Tonne ans Mikrophon. Der 41-jährige Sozialdemokrat, seit dem letzten Jahr Niedersächsischer Kultusminister, fand schnell den richtige Ton: „Ein Kultusminister bei der Bundeswehr – ein gewagtes Experiment.“ Tonne ging in seinen Ausführungen auf die Krisen in vielen Ländern ein und folgerte aus Sicherheitsgründen daraus, „dass die Bundeswehr die notwendige Ausstattung braucht.“  Dringenden Nachholbedarf sieht er auch im Bildungsbereich, damit „unabhängig von der Herkunft Chancengleichheit hergestellt werden kann“.

Der Minister verwies auf zu wenige Lehrer und die schlechte Unterrichtsversorgung der Schüler. Mit Blick auf die stark theoretische Diskussion über Letztere führte er aus: „Ich glaube aber, dass auch der Bundeswehr ideologische Debatten nicht fremd sind.“ Sorgen äußerte er auch, den anwesenden Soldaten nicht unbekannt, über die Qualität des zur Verfügung stehenden Nachwuchses. Tonne forderte eine bessere Ausstattung der Schulen mit Personal und Material sowie der erforderlichen Infrastruktur – Notwendigkeiten, die eins zu eins auf die Streitkräfte übertragen werden können. Erfüllen kann sie, in beiden Bereichen, nur die Politik.

Qualifizierter Nachwuchs

Im Hinblick auf die unterschiedlichen Bildungssysteme und Prüfungen in den 16 Bundesländern, die viele Soldatenfamilien  wiederholt spüren, stellte er fest, dass es „mehr Bildungsgerechtigkeit“ braucht. Die Zuständigkeit der Länder für diesen Bereich und der damit verbundene Wettbewerb müssen Tonnes Ansicht nach bestehen bleiben. Unabhängig davon sollten Abschlüsse und einige andere Dinge in Deutschland allgemein gültig und vergleichbar werden.

Tadge dankte dem Kultusminister für seine Rede und bat ihn augenzwinkernd, die Kinder an den Schulen gut auszubilden, damit auch die Bundeswehr qualifizierten und engagierten Nachwuchs bekommt. Der Vorsitzende der Standortkameradschaft beendete die Veranstaltung mit der Einladung zum traditionellen Erbseneintopf.

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