Bagdad blockiert Gabriel-Besuch bei Bundeswehr im Kurdengebiet
Berlin. Die irakische Regierung hat Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) einen Besuch im autonomen Kurdengebiet verweigert und damit für einen Eklat gesorgt. Gabriel reagierte nach einem Bericht des „Spiegel“ mit einer Absage der kompletten Reise, die für Anfang November geplant war. Auch eine Intervention von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei Regierungschef Haider al-Abadi half nicht weiter.
Der Vorfall ist besonders heikel, weil im Nordirak 140 deutsche Soldaten stationiert sind, die Gabriel damit nicht besuchen konnte. Die Bundeswehrtruppe bildet kurdische Soldaten für den Kampf gegen die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) aus. Gabriel ist in der Bundesregierung der federführende Minister für die Mandatierung der Bundeswehreinsätze. Und er stimmt als Abgeordneter im Parlament über die Missionen mit ab.
Nach einem Besuchsverbot für Bundestagsabgeordnete im türkischen Incirlik hatte die Bundesregierung die dort stationierten Soldaten abgezogen und nach Jordanien verlegt. Regierung und Opposition bestehen einhellig darauf, dass Abgeordnete Soldaten im Einsatz besuchen können müssen, weil sie die Entscheidung über teils lebensgefährliche Missionen treffen.
Die Grünen sprachen von einem „Affront“ gegen Gabriel, die Linke äußerte dagegen Verständnis für die Haltung Bagdads. Die Kurden hatten im September in einem Referendum mit großer Mehrheit für die Unabhängigkeit vom Irak gestimmt. Daraufhin isolierte die Zentralregierung die Region und rückte in Gebiete vor, die zuvor unter Kontrolle der Kurden waren.
Gabriel, der nur noch geschäftsführend im Amt ist, wollte sich ein Bild von der Lage machen und dafür sowohl Bagdad als auch die Kurden-Hauptstadt Erbil besuchen. Die Zentralregierung signalisierte ihm vor der Reise laut „Spiegel“ aber, dass der Besuch unerwünscht sei. Das Auswärtige Amt wollte den Bericht am Donnerstag nicht kommentieren. Auch von der irakischen Regierung war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.
Die erste Beratung über eine dreimonatige Verlängerung des Einsatzes im Nordirak fand am Mittwoch im Bundestag statt. Gabriel setzte sich dabei für eine Fortsetzung ein: „Eine Beendigung zum jetzigen Zeitpunkt würde das Signal senden, dass wir den Irak sich selbst überlassen“, sagte der Minister, der seit Konstituierung des Bundestags im Oktober nur noch geschäftsführend im Amt ist.
Die Abstimmung über die vorübergehende Verlängerung des Einsatzes soll Mitte Dezember stattfinden. Im März muss der Bundestag dann erneut entscheiden. Ursprünglich war man davon ausgegangen, dass es bis dann eine neue Regierung gibt. Nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen ist das jetzt wieder unklar.
Der Linken-Abgeordnete Alexander Neu nannte die Blockade des Gabriel-Besuchs bei den Kurden durch die irakische Regierung „mehr als verständlich“. „Angesichts deutscher Waffenlieferungen und Ausbildung kurdischer Kräfte durch Deutschland ist die kurdische Seite militärisch derart gestärkt worden, dass sie ihre Sezessionsambitionen selbstbewusster formulieren“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
Die Grünen-Verteidigungsexpertin Agnieszka Brugger zeigte sich dagegen besorgt. „Das ist angesichts der sehr schwierigen Lage im Irak ein nicht nachvollziehbarer Affront, insbesondere da Sigmar Gabriel sich mit dieser Reise für Vermittlung und Versöhnung zwischen den verschiedenen Gruppen im Irak eingesetzt hat“, erklärte sie.