Die Teilnehmer der Tagung in Berlin mit der Bundestagsabgeordneten Heidtrud Henn von der SPD, die auch im Verteidigungsausschuss sitzt Foto: DBwV/Kleinemas

Die Teilnehmer der Tagung in Berlin mit der Bundestagsabgeordneten Heidtrud Henn von der SPD, die auch im Verteidigungsausschuss sitzt Foto: DBwV/Kleinemas

03.07.2017

Ansprechpartner im Einsatz: Tut nicht weh, bringt aber viel!

Berlin. Ein Auslandseinsatz ist ja an sich schon strapaziös genug. Wenn dann auch noch die Rahmenbedingungen schlecht sind, zum Beispiel die Internet- oder Telefonverbindung nach Hause einfach nicht funktioniert oder der geplante Rückflug aus dem Einsatz mal wieder nach hinten verschoben wird – dann kommt schnell Frust auf. Damit die Soldatinnen und Soldaten mit solchen Problemen nicht alleine stehen, hat der DBwV ein System aus Ansprechpartnern eingerichtet, die vor Ort wie Vorsitzende einer Kameradschaft agieren: Sie organisieren Veranstaltungen, beraten die Mitglieder und kümmern sich um deren Probleme.

Weil die Anforderungen an die Ansprechpartner aber natürlich ganz speziell sind, veranstaltet der DBwV regelmäßig Tagungen, auf denen sich Ansprechpartner mit Mandatsträgern und dem Beauftragten für die Auslandseinsätze austauschen – wie kürzlich in Berlin. Zwölf Kameraden trafen sich unter Leitung von OTL Josef Rauch, stellvertretendem Landesvorsitzenden Süddeutschland, und dem Beauftragten des DBwV für die Ansprechpartner im Einsatz, OStFw Stefan Weyer. Dabei waren die unterschiedlichsten Einsatzgebiete vertreten: von Kabul über Dschibuti bis in den Kosovo.

Rauch erinnerte in seiner Begrüßung zunächst daran, wie dramatisch sich die sicherheitspolitische Lage zuletzt geändert hat. Vor allem das Verhalten Russlands mache ihm Sorge, so Rauch: „Im Weißbuch von 2006 stand noch: Von Russland geht keine Gefahr mehr aus. Jetzt sehen wir, dass die Vorwarnzeit für einen neuen Krieg unter 10 Jahren liegt“. Alle Armeen in Europa hätten ihre Ressourcen heruntergefahren – jetzt habe man Russland eben nicht mehr viel entgegenzusetzen. Rauch spannte weitere große Linien, ging auf die geplante Neuorientierung der Bundeswehr zur Landes- und Bündnisverteidigung sowie die Umsetzung der Trendwenden ein.

So waren die Teilnehmer sensibilisiert für den Höhepunkt des ersten Tages: Die Diskussion mit Heidtrud Henn von der SPD, die als Mitglied des Bundestages auch dem Verteidigungsausschuss angehört. Und die Kameraden sparten nicht an unangenehmen Fragen: Wie hält es die SPD denn nun mit den Rüstungsausgaben? Warum wird so wenig über sicherheitspolitische Themen debattiert? Henn gab offenherzig und bar der Parteilinie Antworten.

Zunächst aber berichtete sie von ihren eigenen Ambitionen, als junge Frau Soldatin zu werden – was damals noch nicht möglich war. „Ich bin ein echter Panzerfreak“, gestand sie, und hatte die Teilnehmer damit gleich auf ihrer Seite. Da ihr nun eine Karriere bei der Bundeswehr nicht möglich war, habe sie beschlossen, sich als Politikerin um diesen Bereich zu kümmern. „Mich ärgert, dass wir Soldaten in Kriegsgebiete schicken, aber in Deutschland niemand darüber redet. Hier bei uns ist immer alles in Ordnung“, sagte sie.

Deshalb habe sie sich angewöhnt, Besuchergruppen in Berlin immer auch zu Einrichtungen wie dem Wald der Erinnerung zu schicken, damit auch für bundeswehrferne Menschen deutlich wird, was Soldaten leisten. Dennoch gab sie einen guten Überblick, was mit ihrer Partei derzeit zu machen sei: Eine Erhöhung der Ausgaben ja, das Erreichen des Zwei-Prozent-Ziels der Nato eher nein. Trotzdem sagte sie: „Sicherheit kostet Geld, und das müssen wir ausgeben. Man hat abgebaut und abgebaut, aber jetzt wird die Welt schlechter, die Einsätze häufen sich. Wir müssen aufrüsten, denn mit dem, was wir haben, können wir wenig anfangen.“

Henn ging es auch um die entscheidende Frage: Wie kann die Bundeswehr junge Menschen freiwillig gewinnen? Deutlich kritisierte sie die teils halbherzigen Auftritte der Truppe bei Karrieremessen. Dort gibt sie sich bisweilen als Interessierte aus, um einfach mal zu testen, wie sie beraten wird. Ihr Fazit: Viele der angebotenen Maßnahmen seien einfach nicht wirklich einladend, die Vertreter vor Ort nicht richtig motiviert.

Henn berichtete von ihren eigenen Besuchen in den Einsatzgebieten, von Erbil, Gao und Koulikoro. Dort, kritisierte sie, würden deutsche Soldaten in ungeschützten Fahrzeugen herumgefahren. „Das geht gar nicht!“, so Henn. Auch für Gao fand sie deutliche Worte: „Das ist ein ganz schreckliches Lager. Wir können froh sein, dass der IS offenbar nicht in der Lage ist, seine Raketen besser auszurichten.“ Solche Worte hört man in dieser Offenheit selten aus der Politik.

Kein Wunder, dass Tagungsleiter Rauch lobende Worte für Henn fand: „Sie tragen das Herz am rechten Fleck, und Ihre Stimme wird fehlen“ – Henn wird nicht noch einmal für den Bundestag kandidieren.

Angesichts solcher Probleme in den Einsatzländern kann man die Bedeutung der DBwV-Ansprechpartner gar nicht hoch genug einschätzen. Das hob auch Andreas Steinmetz, 2. Stellvertreter des Bundesvorsitzenden, in seiner Rede hervor. Steinmetz ist innerhalb des Bundesvorstands für die Auslandseinsätze verantwortlich.

„Der DBwV war im Einsatz noch nie so gut aufgestellt wie jetzt“, sagte er, „dieses System ist ein Riesengewinn für uns. Deshalb danke ich Ihnen für Ihre Bereitschaft, denn das ist nicht selbstverständlich.“ Der DBwV bestückte noch nie so viele Auslandseinsätze mit Ansprechpartnern wie zurzeit. Auch die unterschiedlichen Stehzeiten und unterschiedliche Endsendetermine mit kurzem Vorlauf führten dazu, dass der DBwV darauf reagierte und - in der Verantwortung des LV Süddeutschland - die Betreuung in einem Pilotprojekt optimiert.

Denn: Der DBwV benötigt immer dringend Ansprechpartner, wie auch der Beauftragte Weyer noch einmal betonte: „Wir sind froh, wenn sich auch direkt aus den Einsatzgebieten Interessenten melden. Wir können nie genug Ansprechpartner haben, ich habe noch nie einen abgewiesen.“ Auch Rauch schlug in diese Kerbe: „Sprecht Leute an, macht klar: Es tut nicht weh, aber es nützt unseren Soldaten, wenn sie wissen, dass da jemand ist, der etwas für mich tun kann“.

Und der vielleicht auch fernab der Heimat einfach mal erklärt, wie der DBwV abseits der Kameradschaften – namentlich im politischen Berlin – agiert. Hierzu gab Fritz von Korff, Abteilungsleiter Politik im DBwV, einen umfassenden Überblick. Er erläuterte das Zusammenspiel von Lobbyisten und Politikern, warb aber gleichzeitig um Verständnis, dass sich nicht jedes Verbandsthema sofort auf der politischen Agenda wiederfindet: „Um die Aufmerksamkeit der Abgeordneten wird heftig gerungen. Verteidigungspolitik ist ein Spartenthema, also eines von vielen“. Wenn es um die Verteilung des Geldes geht, hätten auch andere Fachpolitiker häufig gute Argumente.

Trotzdem stellte von Korff zufrieden fest, wie sich die Wahrnehmung der Bundeswehr in der Politik gewandelt hat. „Es ist verstanden worden, dass die Bundeswehr gebraucht wird, es ist verstanden worden, dass investiert werden muss. Die Reputation ist gut!“

Am Beispiel verschiedener Gesetze erläuterte von Korff, wann der Verband mit welchen Maßnahmen aktiv wird, um maximalen Erfolg bei den Gesetzgebungsverfahren zu erzielen. Sein Credo dabei: Nicht nur fordern, sondern die Lösung gleich mit anbieten! „Deshalb glaubt man uns, dass wir wirklich wissen, worum es geht und dass wir  das große Ganze im Blick haben anstatt nur in Gruppenegoismen zu verfallen.“

An Ende der Tagung stellte OTL Josef Rauch fest: „Der DBwV lebt vom Mitmachen, die Mitglieder wollen den Verband erleben.“ Zumindest die Teilnehmer des Workshops in Berlin dürften nach so viel Input nun keine Schwierigkeiten mehr haben, weitere Interessenten für das Amt als Ansprechpartner im Einsatz zu gewinnen.


 

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