Kampfflugzeug der Bundeswehr vom Typ Tornado für Aufklärungsflüge steht auf der Air Base in Al-Asrak (Jordanien). Foto: Jens Büttner/dpa

Kampfflugzeug der Bundeswehr vom Typ Tornado für Aufklärungsflüge steht auf der Air Base in Al-Asrak (Jordanien). Foto: Jens Büttner/dpa

19.08.2019
DBwV

Deutschland ohne Strategie im Nahen und mittleren Osten!?

Berlin. Zur Stunde macht sich die neue Chefin selbst ein Bild: Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer besucht die deutschen Soldaten im Nahen und Mittleren Osten. Von Jordanien aus fliegen Tornados zur taktischen Luftaufklärung oder das Tankflugzeug des Typs Airbus A310, zuletzt auch der A400M. Im Zentralirak erfolgt die Ausbildung von irakischen Sicherheitskräften, in Erbil werden kurdische Offiziere geschult. Wie es in der Region allerdings weitergehen soll, darüber herrscht Unklarheit: Soll das Mandat fortgesetzt werden? Müssen wir es anpassen? Eine Diskussion, die viel zu spät geführt wird. Unsere Kameraden, aber auch Diplomaten, Entwicklungshelfer und internationale Partner erwarten endlich Antworten!

Als Ende 2018 die Amerikaner ihren geplanten Abzug aus der Region bekannt gaben, waren viele in Regierung und Parlament zu Recht empört. Klar ist: Keinesfalls darf ein Machtvakuum in der Region entstehen. Wer sich jedoch nur über die US-Regierung empört, aber sich ansonsten aus der Verantwortung stiehlt, untergräbt Vertrauen und riskiert das Wiedererstarken des IS mit all den negativen Folgen auch für und in Deutschland.

Es wird höchste Zeit, dass die Bundesregierung – und hier zuvorderst das Außenministerium – unser Parlament und die Öffentlichkeit über den strategischen Ansatz für die Region informiert. Beinahe drängt sich nämlich der fatale Eindruck auf, dass es überhaupt keinen gibt. Augenscheinlich herrscht eine Art Strategielosigkeit, ist die Bundesregierung bei der Entwicklung einer besseren Strategiefähigkeit noch nicht richtig vorangekommen. Anders ist die Unsicherheit in der Bewertung der Vorfälle in der Straße von Hormus oder der jetzt erst beginnenden, viel zu späten Diskussion über das deutsche Engagement im Nahen Osten kaum zu erklären!

Militärisch liegen die Dinge auf der Hand: Die Aufklärung über der Region ist von enormer Bedeutung. Ohne Aufklärung ist keine eigenständige Bewertung möglich, erst recht können dann keine weiteren Handlungsoptionen entwickelt werden. Deutschland muss daher ein Interesse daran haben, dass zumindest diese Fähigkeit vor Ort gewährleistet bleibt. Unsere eigene taktische Luftaufklärung ist aktuell nahezu ein Alleinstellungsmerkmal vor Ort und damit eine höchst einsatzrelevante Fähigkeit. Und entgegen der Erwartungen vor einem Jahr ist der Bedarf aufgrund des versteckten Agierens des IS im Untergrund nicht gesunken, sondern gestiegen. Unsere Kameraden in der Luftwaffe sagen: Wenn sich keine andere Nation findet, können sie das weiterhin stemmen – gerne auch mit dem Eurofighter statt des Tornados.

Außenminister Heiko Maas (SPD) nannte den Einsatz im Juni während seines Besuchs vor Ort „zurzeit noch absolut unabdingbar“. Er führte weiterhin aus, Deutschland wolle „den Wiederaufbau des Iraks weiter unterstützen“. Nun, die Sicherheitslage hat sich seitdem keinesfalls verbessert. Deshalb braucht es endlich Antworten auf die Frage nach dem Wie und der strategischen Einordnung. Denn ohne Strategie ist alles wertlos.

Es macht fassungslos, dass Politik wieder nur im Kern die Debatte über die militärischen Entwicklungen führt, anstatt den Blick auf das Ganze zu richten. Folglich fehlen die langen Linien einer Strategie. Leidtragende bleiben die einzelnen Soldaten, Diplomaten oder Entwicklungshelfer vor Ort.

Keine Frage: Die Lage ist komplex. Das Thema Atomabkommen mit dem Iran, das Ausbalancieren von sunnitischen und schiitischen Interessen. Die Konflikte in Syrien und im Jemen. Die Spannungen mit dem Iran in der Straße von Hormus, die Instabilität des Iraks, die Interessen und Einflussnahmen einzelner Mächte: Alles hängt zusammen. Deshalb ist eine Idee, eine Strategie für die Region so wichtig. Und genau deshalb müssen wir sie einfordern. Denn die großen Linien hängen zuletzt immer auch mit dem scharfen Ende unseres Berufs zusammen. Ob für Parlament, Öffentlichkeit oder uns Soldaten – alle benötigen eine Antwort auf die Fragen nach dem Wie und Wofür.

 

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