Persönlicher Ehrgeiz, Konzentration und Aufopferung
Brigadegeneral Markus Kurczyk führt seit September 2016 die Abteilung Ausbildung Streitkräfte im Kommando Streitkräftebasis. Er beantwortete im Interview mit "Die Bundeswehr" Fragen zum Spektrum des Sports in der Bundeswehr sowie zur Spitzensportförderung
Herr Kurczyk, Welche unterschiedliche Facetten hat das Thema Sport in der Bundeswehr?
Brigadegeneral Markus Kurczyk: Der Themenbereich Sport in der Bundeswehr deckt ein breites Spektrum unterschiedlicher Ausprägungen ab. Um den heutigen Anforderungen an die Streitkräfte mit ihren vielen unterschiedlichen Zielgruppen Rechnung tragen zu können, schlägt der Sport in der Bundeswehr einen weiten Bogen vom Breitensport und präventiven Gesundheitssport über militärisches Fitnesstraining bis hin zur Sporttherapie nach Einsatzschädigung. Darüber hinaus möchte ich auf die Spitzensportförderung der Bundeswehr hinweisen, mit der wir uns seit Ende der 1960er Jahre als stärkste Säule des Förderkonzepts des Deutschen Hochleistungssports höchst erfolgreich etabliert haben.
Wie spielen diese Facetten zusammen, also wie profitieren beispielsweise die Military Fitness sowie der Sport einsatzversehrter Soldaten von der Spitzensportförderung?
Die Vorbildfunktion der Sportsoldatinnen und -soldaten ist definitiv auch ein Impulsgeber für den Dienstsport. Sportliche Erfolge auf nationalem und internationalem Niveau haben aber nicht nur eine motivierende Wirkung, sondern sind immer das Ergebnis von persönlichem Einsatz, Konzentration und Aufopferung, Kennzeichen höchster Professionalität.
Diese Erkenntnis wollen wir künftig auch in den Dienstsport und das militärische Fitnesstraining verstärkt einfließen lassen und beispielsweise den Einsatz hauptamtlicher Trainerinnen und Trainer statt bisher nebenamtlicher Übungsleiterinnen und -leiter noch weiter forcieren.
In enger Kooperation mit dem Deutschen Behindertensportverband haben wir auch die Teilhabe von einsatzversehrten Soldatinnen und Soldaten sowohl am Dienstsport als auch an der Spitzensportförderung intensiv vorangetrieben. So trainieren diese bereits im dienstlichen Behindertensport unter der Anleitung von „Übungsleitern Behindertensport“. Und auch eine leistungssportliche Perspektive mit Teilnahme an paralympischen internationalen Wettkämpfen ist gegeben.
Wie haben sich die sportlichen Fähigkeiten der Soldaten, aber auch das Angebot des Dienstherrn in puncto Sportmöglichkeiten in den letzten Jahren verändert?
Mit den sich verändernden Einsätzen der Bundeswehr muss sich auch der Dienstsport entwickeln. Die Forderungen im Bereich der körperlichen Leistungsfähigkeit wurden – auch unter dem Aspekt der Fürsorge – deutlich stärker als bisher an den Einsatzrealitäten ausgerichtet. Seit 2013 werden Soldatinnen und Soldaten im Lehrgang „Ausbilder Militärische Fitness“ dazu befähigt, das Training auf die Optimierung soldatischer Leistung und Fertigkeiten auszurichten. Ferner ist ein Test zur Überprüfung der militärischen Fitness Gegenstand einer wissenschaftlichen Studie, deren Ergebnisse ich mit Spannung erwarte.
Warum gehört die Sportförderung zu den Aufgaben der Streitkräfte und welche Ziele werden damit verfolgt?
Die Spitzensportförderung geht auf einen Beschluss des Deutschen Bundestags von 1968 zurück. Die Bundeswehr setzt seitdem die Zielsetzungen mit insgesamt 15 Sportfördergruppen und nahezu 800 geförderten Spitzensportlerinnen und -sportlern um. Oberstes Ziel ist hierbei, die erfolgreiche Repräsentanz Deutschlands bei internationalen Wettkämpfen zu gewährleisten und unseren Spitzensportlerinnen und -sportlern ein optimales Training für die Wettkampfvorbereitung, in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und seinen Spitzenverbänden, zu ermöglichen.
"Die Forderungen im Bereich der körperlichen Leistungsfähigkeit wurden deutlich stärker als bisher an den Einsatzrealitäten ausgerichtet. Unsere Spitzensportler müssen auf Weltniveau und verdammt gut sein, um in die Förderung aufgenommen zu werden."
MARKUS KURCZYK
Als größter Förderer des Hochleistungssports in Deutschland sind wir uns aber auch unserer Verantwortung für unsere Athletinnen und Athleten bewusst und legen im Sinne einer „dualen Karriereplanung“ seit jeher Wert auf die karrierebegleitende sowie qualifizierende Aus-, Fort- und Weiterbildung. Deshalb unterstützen wir sie bei der beruflichen Lebensplanung nach der aktiven Karriere, übrigens auch in Zusammenarbeit mit dem DOSB sowie mit der Stiftung Deutsche Sporthilfe. Einer weiteren Öffnung des breiten Angebots des Arbeitgebers Bundeswehr gilt mein besonderes Interesse.
Die Bundeswehr wirbt mit der Vereinbarkeit von sportlicher Laufbahn und Berufsausbildung. Welche Rahmenbedingungen werden hier für die Spitzensportler geschaffen?
Die Bundeswehr ist von Anbeginn an ein starker und verlässlicher Partner in der Sportförderung und bietet vielen Athletinnen und Athleten die wertvolle und sichere Basis, sich als Sportsoldatin oder -soldat sowohl sportlich als auch beruflich optimal entwickeln zu können. Die Möglichkeit einer karrierebegleitenden Ausbildung und bei Eignung sowie Wunsch auch einer Karriere bei der Bundeswehr nach dem Sport sind nur einige Beispiele.
Welche Anteile der militärischen Ausbildung erhalten die Spitzensportler?
Spitzensportlerinnen und -sportler werden zunächst als Freiwillig Wehrdienst Leistende für elf Monate eingestellt. Damit durchlaufen die Sportsoldatinnen und -soldaten zunächst eine spezielle, reduzierte Grundausbildung von zwei Monaten Dauer. Erst bei einer Übernahme in das Dienstverhältnis Soldat beziehungsweise Soldatin auf Zeit nehmen die Sportsoldatinnen und -soldaten an einer Laufbahnausbildung teil.
Die Ausbildung wird, wo immer möglich, zeitlich mit dem internationalen Wettkampfkalender abgestimmt. Sie absolvieren modifizierte Lehrgänge an der Sportschule der Bundeswehr sowie an der Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr.
Unter welchen Voraussetzungen wird ein Sportler in die Spitzensportförderung der Bundeswehr aufgenommen?
Eine Bundeskaderzugehörigkeit in den olympischen, nichtolympischen und paralympischen Sportarten ist die Grundvoraussetzung. In den olympischen Sportarten gibt es dann noch Heraushebungen wie Olympia- und Olympiaperspektivkader. Da kommt man aber schon sehr ins Detail.
Kurz gesagt: Unsere Spitzensportlerinnen und -sportler müssen auf Weltniveau und verdammt gut sein, um in die Förderung aufgenommen zu werden. Gleiches gilt natürlich auch für die grundsätzlich jahresweisen Dienstzeitverlängerungen. Selbstverständlich zählt der Anspruch „Weltspitze“ auch für unsere Sportsoldatinnen und -soldaten in den militärspezifischen Sportarten!
Welche Möglichkeiten haben ehemalige Spitzensportler für die Zeit nach der Sportkarriere innerhalb der Bundeswehr?
Generell können Spitzensportlerinnen und -sportler im Anschluss an ihre Karriere innerhalb der Bundeswehr übernommen werden. Dies liegt in unserem Interesse und kann, je nach Bedarf, als Berufssoldat, Soldat auf Zeit oder im zivilen Bereich geschehen. Bei entsprechender Ausbildung ist sowohl ein Wechsel der Laufbahn als auch der Verwendung möglich. Wir haben da Beispiele, bei denen dies sehr gut umgesetzt wurde.
Natürlich bieten sich Perspektiven innerhalb der Regeneration des Führungspersonals der Sportfördergruppen an. Darüber hinaus wollen wir aber noch sehr viel individueller Spitzensportlerinnen und -sportler auf Grundlage ihrer Potenziale enger an uns binden und denken auch über weitere nutzbare berufliche sowie akademische Qualifizierungen für die Karriere bei uns nach.
Ferner unterstützen wir auch die Traineroffensive des Deutschen Sports mit bis zu 50 Dienstposten für Trainerinnen und Trainer mit Bundesaufgaben. Diese sind jedoch nicht „on top“, sondern gehen zu Lasten der Obergrenze von 744 Förderplätzen, die wir für den Deutschen Olympischen Sportbund und seine Spitzenverbände zur Verfügung stellen.