«Noch einige Lücken»: Nato macht Druck wegen Afghanistan-Aufstockung
Hinter geschlossenen Türen wird um Beiträge, Geld und Kontingente gefeilscht. Die Nato will mehr Soldaten nach Afghanistan schicken, doch klaffen noch Lücken. Von der Leyen reagiert darauf reserviert.
Brüssel - Auf Deutschland und andere Nato-Staaten steigt der Druck, im kommenden Jahr mehr Soldaten nach Afghanistan zu schicken. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg machte am Donnerstag (9. November 2017) nach einem Verteidigungsministertreffen deutlich, dass für die geplante Verstärkung des Ausbildungseinsatzes noch immer nicht genügend geeignete Kräfte zur Verfügung stünden.
«Einige Länder haben neue Ankündigungen gemacht», sagte er. «Es gibt aber noch immer einige Lücken.»
Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen äußerte sich zurückhaltend, schloss ein zusätzliches Engagement aber nicht aus. «Im letzten Jahr, als andere ihre Truppenzahlen reduziert haben, da hat Deutschland aufgestockt um 20 Prozent», sagte die CDU-Politikerin. Sie sehe die Bundeswehr deswegen nicht «in erster Reihe» bei der Aufstockung.
Details der aktuellen Truppenplanungen blieben auch am Donnerstag unklar. Stoltenberg sagte lediglich, dass sich nach derzeitigem Stand 27 Staaten an der Verstärkung des Einsatzes beteiligen wollten und dass die Zahl der Soldaten in Afghanistan von rund 13.000 auf rund 16.000 steigen werde.
Deutschland wird nach Angaben aus Bündniskreisen zu den 27 Ländern gezahlt, die ein verstärktes Engagement zugesagt haben. Dieses soll aber zunächst nur im Rahmen der sogenannten Mandatsobergrenze erfolgen, die eine Entsendung von bis zu 980 Soldaten erlaubt.
Informationen der Deutschen Presse-Agentur zufolge will Deutschland Experten für eine Führungskräfte-Akademie der afghanischen Sicherheitskräfte in Kabul zur Verfügung stellen. Dafür müssten dann aber wohl deutsche Soldaten aus dem Norden Afghanistans abgezogen werden.
Die Nato-Mission Resolute Support (RS) hat Anfang 2015 die langjährige Vorgängermission ISAF abgelöst. Unter ISAF haben Nato-Soldaten in Afghanistan auch gekämpft - unter RS dürfen sie nur noch «trainieren, assistieren und beraten». Der größte Teil der deutschen Soldaten ist im Norden in Masar-i-Scharif eingesetzt, wo sie das deutsche Lager verwalten, das als Basis für den Einsatz anderer Nationen sowie für Spezialkräfte dient. Für den eigentlichen Beratungseinsatz stehen derzeit weniger als 100 Soldaten zur Verfügung.
Hintergrund der Pläne zur Aufstockung ist das Wiedererstarken der radikalislamischen Taliban und die Expansion der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in dem Land. Nach Angaben aus Bündniskreisen werden die USA zumindest vorerst mit etwa 2.500 bis 2.800 Soldaten einen Großteil der Verstärkung stellen. Andere am Einsatz beteiligte Länder haben demnach insgesamt lediglich 700 bis 800 zusätzliche Soldaten versprochen.
Ob Deutschland im kommenden Jahr auch mehr Soldaten nach Afghanistan schicken wird, ist auch wegen der noch nicht abgeschlossenen Regierungsbildung nach der Bundestagswahl unklar. Unter den «Jamaika»-Parteien ist der Afghanistan-Einsatz umstritten. So lehnten die Grünen eine Aufstockung bislang entschieden ab.
Wie lange der Afghanistan-Einsatz noch dauern wird, ist offen. «Wir werden solange bleiben, wie wir es für notwendig erachten», sagte Stoltenberg am Donnerstag.