Stabshauptmann Martin Vogelsang hat sich mit dem mobilen Arbeiten arrangiert. Foto: DBwV/Hahn

Stabshauptmann Martin Vogelsang hat sich mit dem mobilen Arbeiten arrangiert. Foto: DBwV/Hahn

04.08.2020
Stabshauptmann Martin Vogelsang

Digitalisierung der Personalratsarbeit

Die weltweite Covid-19-Pandemie hatte auch Auswirkungen auf die Arbeit der Personalvertretungen. Einiges konnte organisatorisch geregelt werden, doch für anderes musste sogar das Bundespersonalvertretungsgesetz geändert werden. Der Deutsche BundeswehrVerband hatte dabei eine federführende Rolle eingenommen, doch der Teufel steckt im Detail.

Von der Maßnahme der Auflockerung war in erster Linie die Präsenz der Mitglieder bei den Sitzungen der Personalvertretungen, das entscheidende Instrument der Personalratsarbeit, betroffen. Besonders stark waren hier die Gremien im Verteidigungsressort eingeschränkt, die durch die drei Statusgruppen (Arbeitnehmer, Beamte und Soldaten) wesentlich größer sind als in anderen Ressorts. Was auf örtlicher Ebene noch möglich ist, stellt die Stufenvertretungen fast vor unlösbare Aufgaben. Entsprechende Räumlichkeiten, um die Abstandsregeln und Hygienevorschriften einhalten zu können, sind kaum verfügbar. Dienstliche Tagungsmöglichkeiten sind in den vergangenen Jahren aus Sparzwang deutlich reduziert worden und wenn die freie Wirtschaft ebenfalls die Tore schließt, dann war es das mit der Personalratssitzung.

Hinzu kommt, dass es auch die Gesundheit der ehrenamtlichen Mitglieder in den Personalratsvertretungen zu schützen galt. Das maßgebliche Personalvertretungsgesetz von1974 ist im Allgemeinen in der Anwendung des technischen Fortschritts schon grenzwertig, aber in solchen Ausnahmesituationen wie Corona waren den Personalvertretungen die Hände gebunden. Es drohte in einigen Bereichen die völlige Handlungsunfähigkeit.

Willkommen im 21. Jahrhundert
Hier war der Gesetzgeber gefragt. Unter dem Druck, in diesem Jahr die Wahlen der Personalräte in allen Bundesbehörden durchführen zu müssen, während eine flächendeckende Briefwahl aufgrund des geltenden Gesetzes nicht angeordnet werden durfte, mussten die Wahlordnung und das Gesetz schnellstmöglich geändert werden. Hier war der DBwV mit dem Fachbereich Beteiligungsrechte ein maßgeblicher Taktgeber, und mit dieser Unterstützung wurde der politische Druck erhöht. Bei dieser Gelegenheit wurde gleich die Nutzung von elektronischen Verfahren, der papierlosen Organisation und von modernen Kommunikationsmitteln in diese Gesetzesänderung mit eingebaut. Da das Ganze rückwirkend in Kraft gesetzt wurde, konnten die großen Gremien nunmehr tätig werden und die Personalräte waren wieder handlungsfähig.

Beteiligung aus dem Homeoffice heraus
Auch wenn zwischen der Personalvertretung und der Dienststellenleitung ein gutes Verhältnis herrscht, gibt es Situationen, in denen man ein Gericht um die Klärung eines Sachverhalts bemühen muss. Einen solchen Fall gab es zwischen dem Hauptpersonalrat beim Bundesministerium der Verteidigung. Um die gesetzlichen Fristen einzuhalten, blieb nur die Möglichkeit einer Telefonkonferenz (Telko) mit 57 angemeldeten Teilnehmern. Zurecht war man skeptisch, ob es gelingen würde, mit einer derartigen Anzahl von Personen einen recht verzwickten Sachverhalt behandeln zu können und am Ende zu einem Ergebnis zu kommen. Hierzu bedarf es (viel) Zeit und absoluter Disziplin der Teilnehmer.

Die Einladung zur Telko wurde versandt, die Tagesordnung mit erklärenden und begründenden Unterlagen folgte und so konnten grundsätzliche Fragen bereits im Vorfeld geklärt werden. Dann ging es um die Wurst. Der wichtigste Hinweis ist in solchen Fällen, das Mikrofon im Telefon auf „stumm“ zu schalten. So vermeidet man unbewusste Kommentierungen, störende Nebengeräusche oder spontane emotionale Reaktionen für die Zuhörerschaft. Da man sehr konzentriert sein muss, erleichtert die Einhaltung dieser zentralen Vorgabe die Durchführung einer Telko. Nach der namentlichen Abfrage der Teilnehmer, folgten der Sachverhalt, der Meinungsaustausch und am Ende die namentliche Abstimmung. Es bietet sich an, mehrere Protokollführer mit einzubinden, die den Sitzungsleiter unterstützen können.

Auch im Fall einer technischen Störung kann ein Beauftragter des Plenums auf einem zweiten Kommunikationsweg das eine oder andere Mitglied wieder „abholen“. Zusammenfassend, mit Disziplin, guter Vorbereitung und Zeit, kann die Beteiligung auch auf diese Weise gewährleistet werden. Im geschilderten Fall darf man zurecht stolz auf diejenigen sein, die diesen wichtigen Punkt für die Menschen in der Bundeswehr geregelt haben!

Der DBwV ist bei der Ausrichtung auf die Zukunft mittendrin
Niemand wird so in den Arbeitsalltag ins Büro zurückkehren wie er diesen verlassen hat. Mit den gemachten Erfahrungen kann man in die Zukunft gehen. Diese Erkenntnis hat sich schon bei vielen verfestigt.

Der längst überfällige Abschied von der Präsenzkultur in vielen Bereichen der Bundeswehr ist unumkehrbar. Die COVID-19-Pandemie bietet auch Chancen, die man jetzt nutzen sollte. An Beschäftigung und Bearbeitung von Themen mangelt es den Bundeswehrbechäftigten nun wirklich nicht und gelten für alle die Grundsätze der Vereinbarkeit von Familie und Dienst, dasgilt natürlich auch für Mitarbeitervertretungen. Neben der Telko sollten allerdings vorrangig Videotelefonkonferenzen  zum Einsatz kommen. Es ist sinnvoller und zielführender, die Reaktionen seines Gegenübers wahrnehmen zu können. Das erhöht auch gleichzeitig die Akzeptanz der neuen Verfahren.

Es kann und sollte nicht alles über den virtuellen Weg erfolgen. Das virtuelle Verfahren ersetzt nicht die notwendigen Erörterungen von komplexen Sachverhalten vor, während und nach einer Präsenzpersonalratssitzung. Hochgerechnet auf die Anzahl üblicher Tagesordnungspunkte in einer Stufenvertretung würde eine solche Personalratssitzung dann mehrere Wochen andauern.

An Präsenzsitzungen muss daher festgehalten werden, um einen aktiven Austausch und die Diskussionskultur zu pflegen. Allerdings sind künftig Durchführungen von Anhörungen oder Ausschusssitzungen durchaus unter Nutzung neuer Kommunikationstechniken vorstellbar.

Grundsätzlich hat die Situation gezeigt, dass das Arbeiten aus dem Homeoffice eine Alternative für zahlreiche Beschäftigte in der Bundeswehr ist.  

Was wird gefordert?
Mit den gemachten Erfahrungen aus dem Homeoffice, mit Telefon- und/oder Videokonferenzen geht nun der Umbau der aktuellen Arbeitswelt einher. Auch der DBwV wird für die Menschen in der Bundeswehr Forderungen artikulieren und an vorderster Front kämpfen, um hier eine Veränderung von Arbeitsplatzumgebungen zu erwirken und sich für die Erhöhung der Quote des mobilen ortsunabhängigen Arbeitens einzusetzen. Es wird zunächst darum gehen, die VPN-(Virtuelles Privates Netzwerk)-Zugänge sowie die Bandbreite für die Menschen in der Bundeswehr zu erhöhen. Die technische Ausstattung der Arbeitsplätze ist entsprechend vom nicht mobilen Arbeitsplatz-PC auf Notebooks umzustellen. Die SINA (Sichere Inter-Netzwerk Architektur), die zur Verarbeitung von sensiblem Datenmaterial in unsicheren Netzen entwickelt wurde, ist auszubauen beziehungsweise zu beschaffen.

Der Umbau der neuen Arbeitswelt hat auch positive Effekte für die Menschen in der Bundeswehr. Denn die Nutzung des Homeoffice bringt in erster Linie eine Zeitersparnis für die Beschäftigten beim tagtäglichen Pendeln zur Dienststelle und den Wegfall des Stresses durch Rush Hour oder Parkplatzsuche und kann sich als moderner und innovativer Arbeitgeber zugleich umweltschonend zeigen. Die gewonnene Zeit kommt dann der Bearbeitung von Vorgängen zugute.

Negativen Entwicklungen zeitnah entgegensteuern
Der komplette Umbau hat auch Konsequenzen, daher ist eine Dienstvereinbarung zum Homeoffice aus unserer Sicht unumgänglich. Die Einführung von Vertrauensarbeitszeit in Teilbereichen ist sicherlich sinnvoll, birgt doch Gefahren. Es passiert oft, dass im Home Office plötzlich Mütter oder Väter, die Teilzeitjobs und Homeoffice haben, anfangen, nachts um 23 Uhr zu arbeiten. Das ist das berühmte „Work-Life-Blending“, bei dem Arbeit und Freizeit verschwimmen. Dies muss sich in einem vorbestimmten Rahmen bewegen. Auch hier wird sich der DBwV unmittelbar mit einbringen. Selbst- und Fremdausbeutung frühzeitig zu erkennen und direkt entgegenzuwirken, ist das Gebot der Stunde. Vielleicht sind gerade deshalb die Arbeitszeit- oder Aktivitätenerfassung am Notebook der neue Heilsbringer.

Manchmal ist es hilfreich, es schwarz auf weiß zu haben, wieviel man gearbeitet hat. Dann mal das Handy in einen anderen Raum legen und weder sich oder seinem Chef noch etwas beweisen zu müssen, gibt ein gutes Gefühl. Hier gilt es, für die Menschen in der Bundeswehr eine gesunde Balance zwischen den Bedenken aufgrund des Datenschutzes und dem Wohl des Beschäftigten zu finden. Diesen Zielkonflikt zwischen Schutz vor Selbst- und Fremdausbeutung sowie der Erfassung und Auswertung von Daten der Aktivitäten der Mitarbeiter zu lösen, fordert uns intelligente Lösungen ab. Der DBwV nimmt diese Herausforderung gerne an!

Mit Rat und Hilfe stets an Ihrer Seite!

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