Der Bundesvorsitzende Oberst André Wüstner führte bei den Königsbronner Gesprächen 2025 in das zweite Panel ein. Thema: „Lastenverschiebung statt Lastenteilung – eine neue Sicherheitsarchitektur für Europa?“ Foto: Whitney Bründler

Der Bundesvorsitzende Oberst André Wüstner führte bei den Königsbronner Gesprächen 2025 in das zweite Panel ein. Thema: „Lastenverschiebung statt Lastenteilung – eine neue Sicherheitsarchitektur für Europa?“ Foto: Whitney Bründler

24.03.2025
Ik/ok

Mehr Lastenverschiebung für den Erhalt des transatlantischen Bündnisses?

Bei den 12. Königsbronner Gesprächen, an denen auch der Bundesvorsitzende Oberst André Wüstner teilgenommen hat, standen erwartungsgemäß Europas Sicherheitspolitik und die transatlantischen Beziehungen im Fokus.

„Wir sind an einem Wendepunkt in der Sicherheits- und Außenpolitik! Die Erwartungen an Deutschland sind hoch, eine Führungsrolle zu übernehmen“, so Dr. Christoph Heusgen, der kürzlich ausgeschiedene Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, in seiner Eröffnungsrede. Grundlage von Sicherheit und Wohlstand sei die Westbindung Deutschlands und das transatlantische Bündnis mit den USA, welches unter Trump 2.0 auf dem Prüfstand steht.

Diese Situation kam nicht überraschend. Bereits mit der Annexion der Krim 2014, dem großangelegten Einmarsch Russlands in die Ukraine 2022 und der NATO-Forderung nach Zwei-Prozent-Verteidigungsausgaben war klar: „Deutschland und Europa sind gefordert, mehr für die eigene Sicherheit zu tun.“ Die Politik war dazu bisher nicht bereit. Die europäischen Länder reagierten unterschiedlich auf die Bedrohungen Russlands: Während die Nordic Baltic Countries für ein starkes, verteidigungsfähiges Europa eintreten, wird Deutschland als zögerlich wahrgenommen.

Die Europäische Union hat erkannt: „Wir Europäer müssen unser Schicksal in die eigene Hand nehmen!“ Deutschland als ökonomisch stärkstes europäisches Land im Zentrum Europas habe dabei eine besondere Verantwortung. Heusgen sieht im Verhältnis Deutschland-Frankreich unter Einbeziehung Großbritanniens den Schlüssel für ein starkes Europa und plädiert für die Aufrechterhaltung der Beziehungen zu den USA.

Die Rolle der USA - wie geht es weiter?

In ihrer Einleitung zum ersten Panel stellte Christina Lewinksy (Welt TV) fest, dass Deutschland und Europa unvorbereitet auf die zweite Präsidentschaft von Trump seien. Uneinigkeit verhindere konkrete Verteidigungsausgaben trotz verfügbarer 800 Milliarden Euro. Eine neue Balance im Verhältnis zu den USA sei nötig. Christoph Heusgen, Rieke Havertz (Die Zeit) sowie die CDU-Außenpolitiker Peter Beyer und Roderich Kiesewetter diskutierten, wie Europa sich zwischen Trump und Putin positionieren sollte. Einigkeit herrschte darüber, dass beide Großmächte kein Interesse an einem starken Europa haben und die regelbasierte Ordnung durch das Recht des Stärkeren ersetzen wollen. Havertz betonte Trumps erratischen Politikstil, der keine klare Strategie erkennen lasse und auf schnelle Erfolge setze. Dafür nehme er die Annäherung an Russland in Kauf. Ob dies Russland von China entfremden soll, bleibe unklar.

Europa und Deutschland müssen ihre Stärken erkennen und nutzen. „Europa kann so stark sein wie die USA und andere Großmächte“, so Kiesewetter. Er sieht keine Alternative zur nuklearen Teilhabe, im Zweifel auch als europäische Lösung. Beyer fordert eine Stärkung des europäischen Pfeilers innerhalb der NATO und betont die Notwendigkeit einer wehrhaften Gesellschaft, die Verantwortung für ein Leben in Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung übernimmt. Diskutiert wurde in diesem Kontext die Reaktivierung der Wehrpflicht, ein Pflichtjahr für Deutschland, aber auch ein freiwilliges Gesellschaftsjahr. Die Politik müsse hier eine Entscheidung treffen. „Tue etwas für Dein Land bedeutet auch, in die eigene Zukunft zu investieren“, so Beyer. Angesichts der enormen Verteidigungsausgaben sind nicht zuletzt effiziente Strukturen und politische Führungskraft entscheidend.

Eine neue Sicherheitsarchitektur

Oberst André Wüstner betonte in seinem Impuls, dass das Weißbuch von 2016 bereits die Fokussierung auf Bündnis- und Landesverteidigung forderte, doch viele Impulse seitdem verpufft seien. Der Bundesvorsitzende des DBwV lobte, dass Politik die Bedrohung durch Russland als Gefahr für den Frieden und die Stabilität in Europa erkannt hat. Sicherheit werde inzwischen als gesamtstaatliche Aufgabe verstanden. Eine wehrwillige und resiliente Gesellschaft sei entscheidend. „Wer verteidigungsfähig ist, schreckt ab, wer es nicht ist, lädt ein!“, so Wüstner.

Generalleutnant a.D. Ben Hodges hob die Bedeutung der deutsch-amerikanischen Beziehungen hervor, die sein Wirken stark geprägt haben. Der ehemalige Oberkommandierende der US-Streitkräfte in Europa äußerte Besorgnis über einen möglichen Rückzug der USA aus Europa und aus der NATO und riet Europa, eigene Verteidigungsfähigkeiten auszubauen. Dies erfordere nicht nur mehr Geld. Potential sieht er u.a. in der Einbindung von Universitäten in militärische Forschung, erleichterte Rüstungsproduktion sowie in der Priorisierung von Munitionsexporten zugunsten eigener Bedarfe und für die Ukraine.

Der General betonte die Notwendigkeit, Deutschlands Rolle als NATO-Drehscheibe und die Luftverteidigung auszubauen. Hodges glaube zwar nicht an einen vollständigen Austritt der USA aus der NATO, appellierte jedoch eindringlich an die transatlantischen Partner: „We never give up on you – please don’t give up America now.” In diesem Sinne riet er auch von der Schaffung einer europäischen Armee ab. Man habe mit der NATO etablierte Strukturen und Verfahrensweisen. Eine Dopplung könnte man sich schlichtweg nicht leisten.

Marco Gumbrecht (Airbus Defence) wünscht mehr Freiheit bei der Produktion von Rüstungsgütern und Erleichterungen für Systemzulassungen. Es gehe darum, systemische Abhängigkeiten wie bei Starlink zu reduzieren. Dr. Sarah Kirchberger (ISPK) plädiert für eine Lastenteilung zwischen europäischen Ländern und eine stärkere Rüstungskooperation, wozu Änderungen der EU-Regulierungen im Rüstungs- und IT-Bereich nötig wären, ggf. in einer Koalition der Willigen. Katja Christina Plate (KAS Auslandsbüro Rumänien) betonte die Bedeutung eines gemeinsamen Vorgehens Europas in Verteidigungsfragen. Sie sieht darin eine Voraussetzung, südeuropäische Länder für die Haltung Osteuropas zur Aufrüstung zu sensibilisieren.

Dr. Hans-Peter Bartels schloss die Diskussionen mit der Feststellung, dass die Politik unter Trump Europas Bewusstsein für seine Stärken gestärkt habe. Deutschland, die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt, müsse mehr Verantwortung und Führung übernehmen. Dies bedeute neben höheren Verteidigungsausgaben auch eine größere Bundeswehr mit bis zu 250.000 Soldaten. Es brauche die Wehrpflicht, die gesetzlich bereits möglich ist, so Bartels. Mit Blick auf die Präsidentschaft von Trump zeigte Bartels Vertrauen in die amerikanische Gesellschaft und äußerte sich zuversichtlich: „Wir werden noch lange beste Freunde sein.“

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