Stabsfeldwebel Thomas Schwappacher bei der Vorbereitung der Personalratssitzungen. Foto: DBwV/Hahn

Stabsfeldwebel Thomas Schwappacher bei der Vorbereitung der Personalratssitzungen. Foto: DBwV/Hahn

14.09.2020
Thomas Schwappacher

Die Beteiligung in Zeiten von Corona

Die Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen im Zuge der Sars-COVID-19- Pandemie hat auch die Mitarbeitervertretungen in der Bundeswehr getroffen. Im Folgenden gibt der Vorsitzende des Bezirkspersonalrates beim Kommando Streitkräftebasis (BPR beim KdoSKB), Stabsfeldwebel Thomas Schwappacher, einen Einblick in die Herausforderung für die Menschen in der Bundeswehr auch unter erschwerten Bedingungen, die Beteiligungsrechte wahrzunehmen zu können.

Als Ende letztens Jahres die ersten Meldungen in den Nachrichten über ein neues Sars-Virus in China veröffentlicht wurden, war dies für die meisten Menschen in Deutschland un Europa eine Meldung über ein Ereignis, das keinen Einfluss auf das eigene Leben haben wird. Selbst als es die ersten Fälle in Deutschland gab, haben die meisten Menschen die Gefahr unterschätzt. Erst als im März die Fallzahlen nach oben gingen, musste man sich mit der ganz individuellen Gefahr auseinandersetzen. Durch die Maßnahmen der Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den Landesregierungen sowie die getroffenen Maßnahmen für die Menschen in der Bundeswehr kam das Thema Sars-COVID-19 auch bei allen Beteiligungsgremien an. Als Vorsitzender des Bezirkspersonalrates beim Kommando Streitkräftebasis hatte ich noch zur Sitzung im März eingeladen. Diese fand dann – unter Beachtung sämtlicher Abstandsregeln und Hygienemaßnahmen – in verkürzter Form noch statt. Doch nach dieser Sitzung musste die Arbeitsweise des Vorstands und des Gremiums grundlegend angepasst werden, was durch die bereits vorhandenen mobilen IT-Ausstattungen zum Glück für den Vorstand einfach zu organisieren war. Gerade zu Beginn war der Zugang zum Bundeswehrnetz anfangs nicht einfach, was durch versetzte Arbeitszeiten gelöst wurde. Die spätere Erhöhung der Internetzugänge machte dann ein Arbeiten aus dem Homeoffice von zu Hause möglich.

Zum Wohle der Bundeswehrbeschäftigten

Eine Durchführung der Gremiumssitzung mit allen Mitgliedern war jedoch nicht möglich. Also mussten von Mitte März bis Mitte Juni drei Monate lang ohne eine Präsenzsitzung die Beteiligungsrechte zum Wohle der Beschäftigten im Organisationsbereich des Kommandos Streitkräftebasis weiterhin wahrgenommen werden. Ein schwieriges Unterfangen, da die Möglichkeit zur elektronischen Einsichtnahme in die Vorgänge den Austausch von Meinungen und Argumenten in einer Diskussion mit Menschen im selben Raum nicht ersetzen kann. Erst recht nicht in einem großen Gremium wie dem BPR beim KdoSKB. Während dieser Zeit sind zahlreiche Befehle, Weisungen und Handlungshilfen nur vorläufig in Kraft gesetzt worden, um für das Führungspersonal und die Bundeswehrbeschäftigten die benötigte Handlungssicherheit zu schaffen. Dies gelang nur durch die Disziplin der Personalratsmitglieder in der überwiegenden Anzahl der Fälle. Dort, wo es Unklarheiten oder Fragen gab, wurden diese aufgegriffen und eine schnellstmögliche Klärung herbeigeführt. Darüber hinaus gab es aber auch erheblichen Beratungsbedarf für die rund 140 örtlichen Personalräte im Organisationsbereich SKB. Sehr häufig musste der Vorstand zu den Themenfeldern Arbeitszeit, Bereitschaft und Erholungs-/Sonderurlaub beratend tätig werden. Die Arbeit im Vorstand hat sich in dieser Zeit erheblich verändert: Man kommuniziert anders und teilweise intensiver per E-Mail, Telefon oder mit einem Messenger. Dadurch passieren auch ab und an Fehler, eben weil die elektronischen Hilfsmittel den persönlichen Kontakt niemals ersetzen können. Dies muss man akzeptieren und versuchen, durch Aufarbeitungen die Fehlerquote möglichst gering zu halten.

Besonders unbefriedigend sind die Situationen, wenn in Telefongesprächen mit Personalratsvorsitzenden vor Ort versucht wird, zu beraten und zu unterstützen, diese jedoch häufig selbst keine mobile IT-Ausstattung zur Verfügung haben. Auf die Weise ist es kaum möglich, begründende Unterlagen oder Handlungshilfen zu übermitteln. Für diese Mitarbeitervertretungen ergab sich eine weitere, besonders schwerwiegende Herausforderung – der Kontakt zu den anderen örtlichen Personalratsmitgliedern. Dieser war zeitweise fast unmöglich. Zwar gab es immer Möglichkeiten, Informationen zur Verfügung zu stellen und zu beraten, doch manchmal konnte einfach nur zugehört werden.

Ängste und Befürchtungen

Viele Menschen in der Bundeswehr, die während der kurzfristigen Zwangspause zu Hause blieben, mussten sich selbstständig mit aktuellen Informationen versorgen. Hier konnten zum Teil die Netzwerke des Deutschen BundeswehrVerbandes (DBwV) aushelfen. Entweder über die Kameradschaften vor Ort (wobei auch diese von Kontakt- beziehungsweise Ausgangsbeschränkungen betroffen waren), der DBwV-Webseite – auf der schnellstmöglich Themenfelder eingestellt wurden – oder im internen Bereich für Mitglieder, wo Informationen von hauptamtlichen Mitarbeitern und Mandatsträgern zur aktuellen Lage veröffentlicht wurden.

Auch gab es Ängste und Befürchtungen bei vielen Beschäftigten. Dabei ging es bei den Menschen zum Teil um die Existenzängste aufgrund der Befürchtung, den Arbeitsplatz zu verlieren, finanzielle Einbußen, weil das Aufgabengebiet nicht Homeoffice-fähig war oder keine IT-Ausstattung zur Verfügung stand sowie die Sorge, dass Zeitgutschriften oder Erholungsurlaub nicht ausreichen, diese Zeiten aufzufangen. Denn keiner wusste, wie lange diese besondere Zeit noch anhält. Auch hier galt es für die Menschen in der Bundeswehr ein offenes Ohr zu haben, sie zu beraten und zu unterstützen. Gerade durch das DBwV-Fachpersonal – egal ob ehren- oder hauptamtlich – konnten viele Bedenken aus der Welt geschafft werden.

Herausforderungen

Aktuell ist mit Sicherheit der Mangel an Hardware sowie die limitierte Server-Kapazität die größte Herausforderung bei der Telearbeit und beim mobilen Arbeiten. „Es wäre sinnvoll im Nachgang zu Corona die IT-Konzepte der einzelnen Dienststellen zu überarbeiten und die Ausstattung mit Rechnern unter anderen Aspekten neu zu betrachten“, meint auch Regierungsamtsrätin Indre Bonesteel, Gruppensprecherin der Beamtengruppe im Bezirkspersonalrat der Streitkräftebasis. Vor allem wäre eine grundsätzliche Ausstattung der Mitarbeiter mit Hardware, die das sogenannte mobile Arbeiten II ermöglicht, sinnvoll. Damit wäre ein phasenweises ortsunabhängiges Arbeiten für die Angehörigen der Bundeswehr jederzeit in Absprache mit den Vorgesetzten und bezogen auf die reale Arbeitssituation möglich.

Hinzu kommt, dass in manchen Bereichen der Bundesrepublik Deutschland der Ausbau des Internets noch nicht so weit vorangeschritten ist. Die jetzige Situation hat gezeigt, wie wichtig die Netzanbindung für eine funktionierende Gesellschaft ist. Für Eltern und Schüler, Mitarbeiter und Firmen sind eine gute Internetanbindung und natürlich funktionierende Hardware essenziell in einer Krise! Hier müssen sich Deutschland und die Bundeswehr schnellstmöglich weiterentwickeln.

Welche Vorgänge und Maßnahmen durch mobiles Arbeiten ersetzt werden können, muss jede Dienststelle (je nach Auftrag) für sich treffen. In Bereichen, in denen der persönliche Kontakt zum Aufgabengebiet gehört, wie zum Beispiel in der Personalratsarbeit, in der Ausbildung oder im Truppendienst, ist dieses kaum umsetzbar. Leider wird dieses jedoch auch in Bereichen, die für dieses Thema prädestiniert wären, teilweise kategorisch abgelehnt, weil die Vorgesetzten eine Präsenzkultur pflegen. Oftmals fehlt auch das Vorstellungsvermögen für die Möglichkeiten, die sich dank der heutigen Technik bieten. Viele kreative Lösungen, die man in den letzten Wochen und Monaten gefunden hat, führen vielleicht zu einer geänderten Betrachtungsweise.

Nachteile und Gefahren

Es besteht einerseits die Gefahr der möglichen Überlastung der Menschen in der Bundeswehr durch die fehlenden Abgrenzung zwischen Dienst und Freizeit. Die Übergänge werden schnell fließend, und wenn jemand permanent erreichbar ist, dann stellt sich nie das Gefühl des „Feierabends“ und das damit verbundene Abschalten ein.

Auch ein erhöhtes Arbeitsaufkommen und der Wunsch, dieses schnell zu bewältigen, kann schnell in eine Überforderung führen, zumal das Korrektiv eines Kollegen oder Vorgesetzten fehlt. Andererseits findet auch eine schnelle Loslösung aus dem sozialen Verband des Arbeitsumfeldes statt. Der Austausch beschränkt sich auf das Dienstliche und die Nuancen des sozialen Miteinanders werden nicht mehr betrachtet. Man löst sich aus dem Verbund und das Zugehörigkeitsgefühl zur Arbeit und zur Dienststelle geht schnell verloren. Dies sollte nie aus den Augen verloren werden, meint auch Indre Bonesteel.

Zusammengefasst

Die  Telefonkonferenzen zwischen dem Vorstand des Hauptpersonalrats beim Bundesministerium der Verteidigung und den Vorständen der Bezirkspersonalräte führten dazu, dass aktuelle Informationen von der Leitung des Verteidigungsministerium an die Stufenvertretungen  schnell weitergeleitet werden und auf diesem Weg auch über die Herausforderungen in den einzelnen Organisationsbereichen transportiert werden konnten. So sind Probleme teilweise schnell gelöst wurden. Auch wenn man sich nun langsam in Richtung Normalbetrieb bewegt, sollte man die Erkenntnisse des „Corona-Notbetriebes“ analysieren und diese vielleicht auch in den Normalbetrieb übertragen. So wie in der Streitkräftebasis, ging es in fast allen anderen Personalräten der Bundeswehr in den letzten Monaten etwas unkonventioneller zu. Aber alle haben die besondere Situation erkannt und das Beste für die Menschen in der Bundeswehr getan.

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