Rassistische und frauenfeindliche Kommentare auf WhatsApp? Als Beamter charakterlich ungeeignet
Entlassung aus dem Polizeidienst wegen der Verteilung von nationalistischen und rassistischen Kommentaren und Bildern in einer kameradschaftlichen WhatsApp-Gruppe –Verwaltungsgericht (VG) Freiburg (Breisgau), Beschluss vom 19.10.2020 – 3 K 2398/20
Das VG Freiburg entschied, dass die Entlassung eines Polizeibeamten auf eine fehlende charakterliche Eignung infolge einer Mitgliedschaft in einer kameradschaftlichen WhatsApp-Gruppe, in welcher rassistische und nationalistische Kommentare und Bilder geteilt werden, gestützt werden kann.
Der Antragssteller wurde als Polizeimeisteranwärter unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf bei der Polizei eingestellt. Im Rahmen seiner Ausbildung wurde festgestellt, dass der Antragssteller neben weiteren Klassenkameraden Mitglied einer WhatsApp-Gruppe war, in der nationalsozialistische, antisemitische, rassistische, gewaltverharmlosende und -verherrlichende sowie frauenverachtende Kommentare und Bilder geteilt wurden. Nach Bekanntwerden des Chats sollte der Antragssteller mit Ablauf des Monats April 2020 aus dem Dienst entlassen werden. Gegen die Entlassung und die Anordnung des sofortigen Vollzugs der Entlassung legte der Antragssteller zunächst Widerspruch und anschließend Klage ein. Der Antragssteller trug im Wesentlichen vor, er habe keine Nachrichten gepostet und sei nicht aktiv in der Gruppe gewesen, die Beiträge der anderen Gruppenmitglieder habe er nicht genau gelesen. Jedenfalls sei er mit dem Inhalt nicht einverstanden gewesen.
Auf Vorbildfunktion verwiesen
Das VG Freiburg hielt die Entlassung des Antragsstellers aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf für rechtmäßig. Ein sachlicher Grund für die Entlassung sei gegeben, wenn berechtigte Zweifel bestehen, ob der Beamte die persönliche und fachliche Eignung für ein Amt in der angestrebten Laufbahn besitze. Der Antragssteller habe mit seiner aktiven Teilnahme an dem Chat antisemitisches und auch frauenfeindliches Gedankengut gebilligt und toleriert. Es bestünden damit erhebliche Zweifel an seiner charakterlichen Eignung als Polizeianwärter. Der Antragssteller sei zwar keine treibende Kraft oder Gruppenadministrator im WhatsApp-Chat, jedoch in dieser aktiv gewesen. Er habe mit seiner Teilnahme an diesem Chat antisemitisches und frauenfeindliches Gedankengut zumindest toleriert. In Anbetracht seiner Vorbildfunktion als angehender Polizeibeamter habe er sich von den Inhalten im Chat ausdrücklich distanzieren und diesen sofort verlassen müssen. Dass er den Chat nicht verlassen habe, zeige, dass der Antragssteller fremdenfeindliches Verhalten unterstütze und billige. Es fehle ihm daher an der geforderten Loyalität, Zuverlässigkeit sowie der notwendigen Dienstauffassung und es bestehe die Gefahr, dass der Antragssteller die unmittelbaren Kollegen verfassungsfeindlich beeinflusse.
Es sei dem Dienstherrn daher – unter Berücksichtigung der charakterlichen Eignung des Antragsstellers – nicht zuzumuten gewesen, den Antragssteller weiter im Dienst und damit als Repräsentant der Polizei zu beschäftigen. Die Entlassung sei rechtmäßig vollzogen und der Antragssteller aus dem Polizeidienst zu entlassen gewesen.
Besondere Treue zum Dienstherr
Die Entscheidung zeigt, dass unabhängig von der aktiven Teilnahme in einem Gruppenchat, in dem nationalistische und rassistische Inhalte geteilt werden, bereits die Gruppenmitgliedschaft unter Duldung der geteilten Inhalte ausreichend sein kann, die charakterliche Ungeeignetheit eines Beamten zu dokumentieren, welches eine sofortige Entlassung aus dem Dienst begründen kann. Insbesondere für den Bereich der Bundeswehr, in dem eine besondere Treue sowohl des Soldaten als auch des Beamten zum Dienstherrn gefordert wird, dürfte diese Entscheidung von Bedeutung sein und ermahnt zu umsichtigem Handeln auch in einem nicht unmittelbar zum Dienst zählenden Bereich. Eine Parallele lässt sich gleichfalls zu den Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes ziehen, da auch sie zumindest einer allgemeinen Treuepflicht gegenüber ihrem Arbeitgeber unterliegen und ein vorgenanntes Verhalten wenigstens abmahnungs-, wenn nicht sogar kündigungsrelevant sein kann.