Oberstleutnant Rüdiger Spohr im Interview
Er ist ein „Überzeugungstäter“ in Sachen Beteiligungsrechte und steht an der Spitze des Hauptpersonalrats beim Bundesministerium der Verteidigung: Oberstleutnant Rüdiger Spohr. Im Mai gibt er nach den Neuwahlen den Staffelstab weiter. Wir befragten ihn zur Bedeutung der Personalvertretung, zur Bilanz der auslaufenden Amtsperiode und zu den Zukunftsperspektiven.
Die Bundeswehr: Wie sind Sie zur Personalratsarbeit gekommen?
Oberstleutnant Rüdiger Spohr: 1997 wurde meine Dienststelle, die Schule für Feldjäger und Stabsdienst in Sonthofen auch für die Soldaten personalratsfähig. In dieser „Geburtsstunde“ wurde ich ordentliches Mitglied in der Gruppe Soldaten bis zu meiner Versetzung im März 2000. Nach meiner Rückkehr an die Schule im Jahr 2003 sprachen mich vor den anstehenden vorgezogenen Neuwahlen Personalratsmitglieder an, ob ich mir nicht vorstellen könne, für den PersRat zu kandidieren. Zu diesem Zeitpunkt war ich als Truppenfachlehrer Psychologie und Methodik tätig; der alte PersRat-Vorsitzende ging in den Ruhestand und man suchte einen neuen Kandidaten, der sich zutraute in diese Fußstapfen zu treten. Mein großes Glück war die uneingeschränkte Unterstützung durch den alten PersRat, Schulführung und Wählerschaft. So begann am 15. Oktober 2003 meine bis heute andauernde Arbeit für die Interessenvertretung.
Warum sind Sie für den DBwV in die Vertretungsgremien eingezogen?
Ich bin „Überzeugungstäter“ – die Ziele des Verbands sind modern, die Menschen in der Bundeswehr mit ihrer besonderen Aufgabe werden geschätzt und gerade dort, wo es zur Zeit immer wieder notwendig scheint, ist unser Verband präsent und konfliktfähig. Von der ersten Minute an war meine Mitgliedschaft im DBwV eine Basis für alle Aktivitäten bis in das höchste Amt des Vorsitzenden HPR. Waren die Wahlen in 2003 und 2008 an der Schule noch Personenwahlen, so wurden die in die Stufenvertretungen BPR und HPR dann von der großartigen Unterstützung durch die Truppenkameradschaft am Standort, den Landesverband Süddeutschland und späterhin durch die Verbandsführung geprägt.
Was konnte der HPR in der jetzt ablaufenden Amtsperiode für die Bundeswehrangehörigen bewegen?
Eines unserer Kernthemen war es, Geschlossenheit als Gremium darzustellen. Über die Statusgruppen hinaus war es uns wichtig im laufenden Reformprozess, der Attraktivitätsagenda und dem Alltag einer „Bundeswehr im Einsatz“ die Wertschätzung des Einzelnen als Baustein im Ganzen nicht aus den Augen zu verlieren. Manches ging dabei recht geräuschlos, ohne fundamentale Außenwirkung vonstatten. Unsere steten kritischen Hinweise zur Auslagerung Personalabrechnung und Travelmanagement haben zumindest eine Veränderung herbeigeführt. Die Verhandlungen zum Leistungsentgelt für unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer waren zäh, zeitraubend, aber am Ende doch tragfähig. Das Thema Arbeitszeit wird in seiner Komplexität statusgruppenübergreifend weiter bearbeitet werden. Bei dem großen Fehl an Nachwuchs für die Bundeswehrfeuerwehr gibt es zumindest durch die Erhöhung der Stellenzahl und Dotierung Licht am Ende des Tunnels. Betreuung und Fürsorge für alle Angehörigen und Ehemaligen ist mit einer neuen Teilkonzeption auf eine solide Grundlage gestellt. Das nur als kleinen Auszug unzähliger Aktivitäten unseres Teams HPR, wobei ich betonen möchte, dass keines dieser Themen abgeschlossen ist.
Was sagen Sie all denen, die meinen, eine Einsatzarmee brauche keine Personalvertretung?
Ich möchte betonen, dass gerade eine Einsatzarmee starke Interessenvertretungen braucht. Beteiligung stellt das Fundament für das Verstehen der Besonderheiten unseres Dienstes dar. Ich glaube, gerade hier lag ein Grundgedanke der „Macher“ zur Inneren Führung. Das Spezielle unseres Berufs bringt Herausforderungen, Sorgen und Nöte mit sich, um die es sich zu kümmern gilt. Jeder Angehörige dieser Bundeswehr hat es verdient, dass man ihn ernst nimmt, gerade wenn er seine Bereitschaft dazu erklärt hat, sein Leben für unser Land einzusetzen. Nicht jeder ist aber dazu in der Lage und verfügt über das Wissen, sich mit seinen Fragen an die richtige Stelle zu wenden. Dazu gehört Vertrauen und manchmal auch das Quäntchen Mut. Die Interessenvertretungen bieten sich da als ein vertrauensvoller Partner an.
Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für den im Mai zu wählenden Hauptpersonalrat?
Ich könnte es mir jetzt einfach machen! Verzugslos weitermachen mit den Punkten, die auf unserer Agenda stehen. Aber … es wird einen Generationswechsel im HPR geben. Einige „Alte“ gehen in den Ruhestand, beziehungsweise treten nicht mehr zur Wahl an. Das bedeutet: Ein Gremium muss sich finden, die Ausschuss- und Arbeitsgruppenorganisation muss stimmig werden und die berühmten „Netzwerke“ sind neu aufzubauen. Trotz allem! Viel Zeit bleibt dem neuen Vorstand nicht. Die unglaubliche Geschwindigkeit politischer Veränderungen, die Auswirkungen auf unser Land und damit auch auf die Bundeswehr haben, wird dem Gremium HPR keine noch so kleine Pause gönnen. Aber ich bin sehr optimistisch; alle Beteiligten an der Zusammensetzung des neuen Teams HPR werden die richtige Wahl treffen.