Gleichstellungsbeauftragte und Gleichstellungsvertrauensfrauen trafen sich zur Fachtagung beim DBwV
Die Gleichstellungsbeauftragten und Gleichstellungsvertrauensfrauen trafen sich in Berlin und sprachen über Themen wie Diskriminierung, Personalbindung und Kinderbetreuung.
Berlin. Personal, Telearbeit, Kinderbetreuung und viele weitere Themen standen bei der Fachtagung der Gleichstellungsbeauftragten und Gleichstellungsvertrauensfrauen in der Bundeswehr in Berlin auf der Tagesordnung. Geleitet wurde die Tagung, die vom 30. September bis 01. Oktober stattfand, von Oberstabsfeldwebel Sascha Altenhofen, Vorsitzender des Fachbereichs Beteiligungsrechte im DBwV.
Zu Beginn der Tagung berichtete Ministerialrat Thomas Glose, der in der Abteilung P III 6 des Verteidigungsministeriums für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf/Dienst in der Bundeswehr zuständig ist. Sein erstes Thema war das ortsunabhängige Arbeiten: Derzeit gibt es 26.000 Vereinbarungen zum Ortsunabhängigen- bzw. Telearbeiten. „Das sind etwa 10 Prozent der Bundeswehrangehörigen“, sagte Glose. Der Anteil der zivilen Beschäftigten, die Telearbeit machen, sei deutlich höher als der Anteil der Soldatinnen und Soldaten. Für das Telearbeiten müssen verschiedene Voraussetzungen stimmen. „Zum einem muss natürlich der Dienstposten telearbeitsfähig sein. Auch persönliche Voraussetzungen müssen erfüllt werden, dazu gehört zum Beispiel die Selbstorganisation“, erklärt Glose. Inzwischen sei auch Telearbeiten aus dem EU-Ausland möglich.
Kinderbetreuung für die Litauenbrigade
Ein zweites wichtiges Thema in MinR Gloses Vortrag war die Kinderbetreuung – die oftmals eine große Herausforderung darstellt. „Oft mangelt es an der Infrastruktur oder an den Fachkräften“, berichtete Glose. Zudem stimmen die Betreuungszeiten oft nicht mit den Dienstzeiten der Eltern überein. „Ein weiteres Problem entsteht beim Pendeln, wenn der Dienstort und Wohnort nicht übereinstimmen“. Denn Eltern haben nur in ihrer Kommune einen Anspruch auf einen Kitaplatz, weshalb die Bundeswehr oft Plätze in Einrichtungen kauft. „Die jeweiligen Standortbeauftragten sollten die Situation beobachten und bei Bedarf an das BMVg melden“, riet Glose. Ziel soll es unter anderem sein, dass es in Zukunft auch an den Lehrstandorten eine Kinderbetreuung gibt.
Im Verteidigungsministerium wird sich derzeit auch mit der Kinderbetreuung für die Brigade in Litauen beschäftigt: „Der Plan ist, zwei Kindertagesstätten in Vilnius und Kaunas zu bauen“, erklärt Glose. Dies kann aber noch dauern. „Im Moment gibt es Belegplätze in zwei Kitas in Vilnius und Kaunas“, sagte Glose. Für Schulen soll ebenfalls gesorgt werden. „Es soll die Möglichkeit geben, dass die Kinder von Bundeswehrangehörigen in Litauen von der Grundschule bis zum Abitur dort in die Schule gehen können“, so Glose. Der Schulabschluss entspräche dem deutschen Recht und wird demnach auch in Deutschland anerkannt.
Personallage wird trotz vieler Bewerbungen nicht besser
„Die Bundeswehr kann und muss im Licht des Krieges in der Ukraine ihre Aufwuchsfähigkeit weiter unter Beweis stellen“, sagte Brigadegeneral Mario Thieme, Abteilungsleiter IV Personalführung Unteroffiziere und Mannschaften im Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr (BAPersBw). In seinem Vortrag ging es vor allem um die Personalstärke der Bundeswehr.
Noch in diesem Herbst sollen 4.000 neue Soldatinnen und Soldaten eingestellt werden. „Doch die Personallage wird nicht besser“, sagte Thieme. Das läge vor allem am demografischen Wandel. „Die Einstellung zum Beruf hat sich verändert. Hinzu kommt, dass junge Menschen heutzutage deutlich mehr Angebot und eine Vielzahl an alternativen auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt haben“, so Thieme. Auch durch den Wegfall der Wehrpflicht kommen immer weniger junge Menschen zur Bundeswehr.
46.000 bis 47.000 Bewerbungen in 2024
Die gute Nachricht: Im Jahr 2024 sind die Bewerbungen wieder hoch gegangen. „Es sind deutlich mehr als im vergangegen Jahr“, sagte Thieme. Laut der Prognose wird für das Jahr 2024 mit 46.000 bis 47.000 Bewerbungen gerechnet. Zum Vergleich: 2023 gingen 43.195 Bewerbungen bei der Bundeswehr ein. Trotz der vielen Bewerbungen hat die Bundeswehr immer noch Personalmangel. „Es müssen auch genügend Leute eingestellt werden“, sagte Thieme. Um genügend Personal zu haben, müssten zwischen 20.000 und 22.000 Menschen eingestellt werden.
Mindestens genau so wichtig sei die Personalbindung. „Die Leute müssen gehalten werden“, so Thieme. Gerade am Anfang der Ausbildung sei die Abbrecherquote hoch. Die Personalbindung müsse in der Truppe vor Ort stattfinden. „Dort muss Personal gezielt angesprochen werden. Außerdem müssen wir Fachkräfte gezielt ansprechen“, sagte Thieme. „Denn kaum jemand hat so viele Ausbildungsplätze wie die Bundeswehr.“
Aktuelle Lage zum AEZ sowie zum Artikelgesetz Zeitenwende
Der Vorsitzende des Fachbereichs Besoldung, Laufbahn- und Haushaltrecht, Oberstleutnant i.G. Dr. Detlef Buch, ließ es sich nicht nehmen, der Fachtagung beizuwohnen und darüber hinaus auch zur aktuellen Lage zum AEZ sowie zum Artikelgesetz Zeitenwende vorzutragen. Dr. Buch schilderte den Teilnehmerinnen die Herausforderungen seines Fachbereichs in der vor ihm liegenden Zeit. Dabei skizzierte er unter anderem die Kosten der verfassungskonformen Alimentation, um was es dabei überhaupt geht und welche Lösungsansätze seitens BMI und BMF vorliegen. Detlef Buch machte die verbandlichen Erfolge im Zuge der langen Verhandlungen deutlich, wie z.B. der Erhalt des Familienzuschlags Stufe I + II, den Einbezug von Versorgungsempfängern sowie die Zahlung auch an Patchworkfamilien. Das neue Artikelgesetz zur Stärkung der Einsatzbereitschaft des Personals in der Zeitenwende rundete den Vortrag von Detlef Buch ab. Insgesamt 13 Artikel mit ca. 30 Maßnahmen gilt es zu beraten, darunter Arbeitszeitgesetzgebung, berufsbedingte Mobilität, Besoldung, Versorgung und auch laufbahnrechtliche Fragen sowie Fürsorgefragen.
Chancengerechtigkeit und Vielfalt im GB BMVg
Stabskapitänleutnant Holger Flick, aus der Abteilung P III 4 für Chancengleichheit und Vielfalt im Verteidigungsministerium, sprach unter anderem über Diskriminierung: „2020 berichteten rund 21 Prozent der Frauen, dass sie innerhalb eines Jahres mindestens einmal Diskriminierungserfahrungen gemacht haben“, sagte Flick. Diese Zahl zeige deutlich, dass Frauen in der Bundeswehr benachteiligt sind. Der Frauenanteil sei immer noch zu gering. „Es braucht nicht nur mehr Soldatinnen, sondern auch mehr Frauen in den zivilen Bereichen“, so Flick.
Kernaufgabe seiner Abteilung sei vor allem, sich ein Lagebild machen und Führungskräfte zu sensibilisieren, was die Diskriminierung betrifft. Hinzu kommen Studien und Fokusbefragungen. „Chancengleichheit und Vielfalt müssen zu einem strategischen Dauerauftrag im Verteidigungsministerium werden“, so Stabskapitänleutnant Flick.
Hinweisgeberstelle der Bundeswehr
Zum Abschluss des ersten Tages berichtete Regierungsdirektorin Jennifer Schiestel von der Arbeit der Hinweisgeberstelle der Bundeswehr, im Zentrum der Inneren Führung. Seit dem 1. Oktober 2023 ist diese eingerichtet. Ein Grund zum Feiern, besteht sie doch seit nunmehr einem Jahr. Angehörige der Bundeswehr können sich sowohl namentlich als auch anonym an die HGSBw wenden, um potenzielle Verstöße im Sinne des HinSchG zu melden, über die sie im beruflichen Kontext Informationen erlangt haben und die das öffentliche Interesse schädigen können. Die Hinweisgeberstelle ist für das Vergaberecht und Dienstpflichtverletzungen zuständig.
„Uns erreichen hauptsächlich Straftaten oder Verletzungen der EU-Richtlinien“, sagte Schiestel. Ein Hinweis erfolgt meist anonym. „Wir sind per E-Mail oder auch am Telefon erreichbar“, so Schiestel. Nach spätestens drei Monaten gibt es von den Mitarbeitern der Hinweisgeberstelle eine Rückmeldung. „Oft leiten wir die Hinweise an die zuständigen Inspekteure oder an die Staatssekretäre weiter, die diese dann weiterbearbeiten“, sagte Schiestel. Gemäß § 5 HinSchG sind Meldungen von Verstößen, welche die nationale Sicherheit, den Schutz wesentlicher Sicherheitsinteressen sowie den Schutz von Verschlusssachen betreffen, ausdrücklich ausgenommen.
Gewinnung von Offizierinnen
Der zweite Tag der Fachtagung begann mit einem Vortrag von Brigadegeneral Frank Reiland. Brigadegeneral Reiland ist Abteilungseiter III, Personalführung Offiziere im BAPersBw. Auch in Reilands Abteilung sei der demografische Wandel spürbar: „Immer mehr junge Menschen machen Abitur und steigen in die Offizierslaufbahn ein. Das ist erstmal eine gute Nachricht und zeigt, dass die Bundeswehr wachstumsfähig ist“, so der Brigadegeneral. Auf der anderen Seite führe dies dazu, dass sich weniger Leute in den Mannschaftslaufbahnen bewerben.
Ein weiteres wichtiges Thema in Reilands Abteilung ist der Frauenanteil unter den Offizieren: „Der liegt derzeit bei etwa 15 Prozent“, so Reiland. Junge Offizierinnen müssten direkt an den Offiziersschulen herangezogen werden. „Dort sollen sie mit Dienstälteren Offizierinnen ins Gespräch kommen. Wir wollen gezielt werben und gezielt einladen“, erklärte Reiland. Ziel sei auch eine individualisierte und lebensphasenbezogene Personalentwicklung.
Rechtsentwicklung SGleiG
Rechtsanwalt Burkhard Kötke, der in der Rechtsabteilung des DBwV unter anderem für die Beteiligungsrechte der Gleichstellungsbeauftragten zuständig ist, berichtete über die aktuellen Rechtsentwicklungen. „Das Soldatinnen- und Soldatengleichstellungsgesetz ist gerade reformiert wurden“, sagte Kötke. Darin wird auch festgehalten, dass es längere Zeiten ohne Gleichstellungsbeauftragte an den Standorten geben kann. Oft sei es jedoch schwierig, jemanden für den Posten der Gleichstellungsbeauftragte zu finden. „Tritt niemand zur Wahl an, oder wird niemand gewählt, kann die Dienststelle jemanden benennen. Aber natürlich nur wenn diejenige auch zustimmt“, erklärt Kötke. Auch die Teilnehmerinnen berichteten, dass es oft schwierig sei jemanden für den Posten zu finden. Auch die Position der Stellvertreterin sei oft schwierig zu besetzen.
Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten der Bundeswehr
Zu den Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten und ihren Stellvertreterinnen gehört vor allem die berufliche Förderung, die Vereinbarung von Familie, Pflege und Dienst sowie der Schutz vor Belästigung und sexueller Belästigung. Sie wirkt bei allen personellen, organisatorischen und sozialen Maßnahmen ihrer Dienststelle mit.
Zum Ende der Tagung waren sich alle Teilnehmerinnen einig, dass im kommenden Jahr 2025 die Fachtagung mit Gleichstellungsbeauftragten und Gleichstellungsvertrauensfrauen in der Bundeswehr fortgesetzt wird.