Meckenheim: Widerstand fängt im Kleinen an - die Tragödie des U-Bootkommandanten Oskar Kusch
Der Widerstand in Nazideutschland und dessen langwierige und oft schwierige Aufarbeitung nach dem zweiten Weltkrieg war ein spannendes Thema, zu dem Oberstleutnant a.D. Hans-J. Unger eingeladen hatte. Als Referenten konnte der Regionalbeauftragte der KERH Bonn dieses Mal Fregattenkapitän a.D. Heinrich Walle begrüßen. Walle hat Geschichte und katholische Theologie studiert. Während seiner Dienstzeit wurde er viele Jahre am Militärgeschichtchen Forschungsamt verwendet, hatte er exklusiven Zugang zu vielen Dokumenten und Gerichtsakten zum Fall des U-Bootkommandanten Oskar Kusch, aber auch Gelegenheit, mit Zeitzeugen zu sprechen.
Die Umstände dieses bemerkenswerten Falles der Militärjustiz von 1944 und die dann erfolgte Bearbeitung durch die Gerichte der jungen Bundesrepublik von 1950 beschäftigte ihn über Jahre. Das Ergebnis seiner Recherchen zu diesem Thema veröffentlichte er 1995. Durch seine Recherchen konnte erstmals der Beweis geführt werden, dass die Militärjustiz 1944 keineswegs unabhängig war, wie sie nach dem Krieg versuchte Glauben zu machen. „Hier gelang erstmalig der Beweis, dass die Justiz unter dem starken Einfluss der NSDAP stand“, stellte er im Vortrag klar.
Oskar Kusch wurde im Mai 1944 zum Tode verurteilt, weil er in der Offiziersmesse des U-Bootes ein Hitlerbild mit der Bemerkung „Hier wird kein Götzendienst betrieben“ entfernen ließ. Er war ein anerkannter, guter militärischer Vorgesetzter und hoch dekorierter Soldat, der seit seiner Jugend der NSDAP kritisch gegenüberstand. Aus der verbotenen bündischen Jugend kommend, suchte er von patriotischen Motiven geleitet, aber auch um sich dem Zugriff der NS-Funktionäre zu entziehen, den Weg in die Marine.
„Besonders dramatisch an dieser Geschichte ist, dass Kusch letztlich zwei Mal zum Tode verurteilt wurde. 1944 mit Hinrichtung am 12.05.44 und in dem Rehabilitierungsverfahren 1950“ so Walle. Das Verhalten der Richter in der damals noch jungen Bundesrepublik und wie sie nur Ihre Auffassung bestätigende Zeugen im Rehabilitierungsverfahren zuließen, kann man als ein zweites Todesurteil bezeichnen“ so der Autor weiter. Letztlich gelang 1996 durch die Unterstützung einer FDP-Abgeordneten aus Schleswig-Holstein die volle Rehabilitierung von Oskar Kusch. Inzwischen wird er wieder als das, was er war, gesehen und erinnert: Ein Vorbild an Charakter und Teil des Widerstandes. Seine historische Bedeutung liegt vor allem darin, dass er kein Einzelfall war, erläuterte der Historiker. In der abschließenden Diskussion wurde mit nachdenklich machenden Hinweisen die Brücke von der Geschichte zur Gegenwart geschlagen.