Fritzlar: „Dienst an der Gesellschaft“ war Diskussionsstoff
In neuem Format organisierte die Standortkameradschaft Fritzlar ihr diesjähriges Sommerfest. Dem geselligen Teil stellten die Organisatoren diesmal zum Auftakt eine Diskussionsrunde zum brandaktuellen Thema „Dienst an der Gesellschaft“ voran. Nach einer kurzen Begrüßung des Kommandeurs Kampfhubschrauberregiment 36, Oberst Sönke Schmuck, übernahm der Vorsitzende Ehemalige im Landesvorstand West, Oberstabsfeldwebel a.D. Rudolf Schmelzer, die Moderation der „bunt gemischten“ Diskussionsrunde. Den Einstieg machte Schmelzer über das aktuelle Kriegsgeschehen in der Ukraine und stellte die Frage in den Raum, „ob die Gesellschaft in Deutschland widerstandsfähig genug sei im Sinne der Verteidigungsfähigkeit“. Schnell herrschte in der Runde Einigkeit dass Bundeswehr und andere Organisationen im Bereich Katastrophenschutz angesichts der aktuellen sicherheitspolitischen Lage und dem notwendigen Schutz von sicherheitsgefährdeter Infrastruktur zusätzlichen Personalbedarf haben.
Auch herrschte Einigkeit darüber, dass eine Form der Wehr- oder Dienstpflicht sinnvoll ist so Rudi Schmelzer, der die Diskussion immer wieder auf die Frage lenkte, ob ein Pflichtdienst eine Form von Zwangsarbeit sei. Eine Frage die durchaus berechtigt scheint, wie sich im Laufe der Diskussion herausstellte. Stephan Grüger, sicherheits- und bundeswehrpolitischer Sprecher der hessischen SPD-Landtagsfraktion, gab zu bedenken, dass das Grundgesetz einem allgemeinen und verpflichtenden Dienst an der Gesellschaft entgegenstehe, weil darin Zwangsarbeit verboten sei. Die Wehrpflicht sei eine explizit genannte Ausnahme vom Verbot der Zwangsarbeit. Er forderte im gleichen Atemzug eine Reaktivierung der der Wehrpflicht so Schmelzer, der im weiteren auch von den Meinungen anderer Diskussionsteilnehmern berichtet. Demnach führte auch der zweite Stellvertretende DBwV Bundesvorsitzende, Oberstleutnant i.G. Marcel Bohnert aus, dass auch geltendes EU-Recht aus seiner Sicht dagegen spreche. Bohnert betonte zudem einmal mehr die Notwendigkeit eines Wehrdienstes, angesichts der sicherheitspolitischen Bedrohung durch Russland.
„Wir werden bereits angegriffen“, warnte Bohnert und nannte beispielhaft Spionage, Sabotage und Desinformationskampagnen. „Das hat nichts mit Zwangsarbeit zu tun, sondern stärkt unsere Demokratie“ befand hingegen Christine Ziegler, die für die CDU im hessischen Landtag sitzt. Und weiter „Meine Partei strebt eine schrittweise Rückkehr zur Wehrpflicht an“. Sie sieht am Anfang eine Kontingentwehrpflicht, bei der alle Männer und Frauen gemustert werden. Eingezogen sollen nur so viele werden wie gut und sinnvoll ausgebildet werden können. Später soll dann nach ihrer Vorstellung ein verpflichtendes Jahr für die Gesellschaft folgen. Der Einsatz für die Gesellschaft ist keine Zwangsarbeit – das hat man doch auch während der Pandemie gesehen“, war auch die Meinung von Oberstleutnant a. D. Wolfgang Eifler, der Vorsitzender der Gemeinschaft der Heeresflieger Fritzlar ist. Bei der Wehrpflicht habe es damals allerdings die Wehrgerechtigkeit gefehlt, gab er zu bedenken. Von außerhalb der Truppe steuerte Manfred Lau, DRK-Kreisgeschäftsführer, eine wichtige Erkenntnis bei. Er berichtete von den Problemen, Ehrenamtliche zu finden. Aus den Kriegsdienstverweigerern habe man damals viele gute und engagierte Ehrenamtliche gewinnen können. Doch nun suche man dringend Unterstützung – dies sah er auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung. Alles in allem eine kontrovers geführte Diskussion, die sicherlich im sich anschließenden geselligen Veranstaltungsteil bei Gegrilltem und kühlen Getränken noch für Gesprächsstoff sorgte.