Kommandeure und Dienststellenleiter aus allen Regionen des Landesverbands kamen zum Informationsaustausch zusammen. Foto: Arleth

Kommandeure und Dienststellenleiter aus allen Regionen des Landesverbands kamen zum Informationsaustausch zusammen. Foto: Arleth

03.03.2020
Gerald Arleth

Kommandeurtagung West – im Zeichen der Einsatzbereitschaft

Bad Neuenahr. Gespannte Ruhe herrscht im Gartensaal des Hotel Steigenberger in Bad Neuenahr-Ahrweiler, als der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestags, Wolfgang Hellmich, spricht. Kommandeure und Dienststellenleiter aus dem gesamten Landesverband West folgten der Einladung zur Kommandeurtagung, um sich zum aktuellen Thema Einsatzbereitschaft auszutauschen.

Ende Februar traf Landesverbandsvorsitzender Oberstleutnant a.D. Thomas Sohst Kommandeure seines Landesverbands  (LV) zum Informationsaustausch. „Die große Anzahl an Teilnehmern interpretiere ich als Form der Wertschätzung des DBwV und die Tatsache, dass ich wieder Kommandeure bis in die Generalsebene begrüßen darf, macht mich stolz. Es zeigt, dass wir mit unserem Informationsmix einen Nerv getroffen haben“, so Sohst bei der Begrüßung der rund 50 Teilnehmer aus allen Regionen des Landesverbands (Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Hessen).

Zum Einstieg in die Tagung stellte Sohst die Informationslandschaft des LV West vor. Zielgruppentagungen beispielsweise für Disziplinarvorgesetze, Kompaniefeldwebel oder Soldaten auf Zeit gehören seit Jahren zum bewährten Tagungsformat für Mitglieder. Die unmittelbare Information und der Austausch untereinander sei der wichtigste Anlass, regelmäßige Zielgruppentagungen durchzuführen“, betonte Sohst.

Vorsitzender des Verteidigungsausschusses zu Gast

„Die Bundeswehr wird einsatzbereit – Informationen aus dem deutschen Bundestag“ war Leitthema des Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses. Wolfgang Hellmich (SPD) trug teils in erfrischender Art zu ernsten Sachverhalten vor. Natürlich ging er hierbei auch auf die fortwährend im Jahresbericht des Wehrbeauftragten beschriebenen materiellen, infrastrukturellen und personellen Probleme der Truppe ein. Letztendlich komme es darauf an, welche Bewerber auf dem „Kasernenplatz ankommen“, so der Sozialdemokrat und – „wo die Bilder herkommen, die die Jugend vom Dienst in der Bundeswehr haben“.

Positiv bewertete er in diesem Zusammenhang die zunehmende Präsenz Uniformierter auf den Bahnhöfen, da das „Projekt Bahnfahren“ eine gute Möglichkeit zum gesellschaftlichen Austausch biete. Besondere Bedeutung aber habe für öffentliche Bilder und Meinungen zur Einsatzbereitschaft der Streitkräfte die Frage „Was macht ihr mit dem Geld“, konstatierte der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses weiter.

Bei der sich anschließenden Diskussion kam das gesamte Spektrum der Fragen, die „uns umtreiben“ aufs Tableau. Von großen Themen wie Gedanken einer Europa-Armee, 25 Millionen Euro Beschaffungsvorlagen und Tornado-Nachfolge bis hin zu Fragen der „Beschaffung von der Stange“ und der Anpassung durch die Bundeswehr selbst auferlegter Normen. Schlussendlich liefen die Beiträge alle in eine Richtung: Mehr Verantwortung in die Hände derjenigen geben, die später damit zu tun haben. Eine Feststellung, die auch Hellmich unterstützt.

Bedrohungsperspektiven

Aus dem Kommando Strategische Aufklärung informierte Oberst i.G. Holger Schulte. Den Kommandeuren überbrachte er die Grüße des Kommandeurs, Generalmajor Axel Binder, den er kurzfristig vertreten musste. Schulte skizzierte in seinem Vortrag die Bedrohungsperspektiven aus Sicht des Kommandos Strategische Aufklärung und informierte zu Erkenntnissen des Kommandos und den damit einhergehenden Folgerungen für einsatzbereite deutsche Streitkräfte.

Umfassend und für manchen Teilnehmer sicher im Detail auch neu, beschrieb Schulte die Erkenntnisse zu russischen und chinesischen Zielvorgaben und Rüstungsprojekten für ihre Streitkräfte und ihrem Engagement auf dem afrikanischen Kontinent beispielsweise.

Der Bundesvorsitzende Oberstleutnant André Wüstner - der vormittags noch „Ohr an Masse beim Standorttag in Frankenberg hielt“ und mit frischen Eindrücken aus dem EloKaBtl 932 angereist war - beendete mit einem wahren Parforceritt über den Initiativen-Parcours den ersten Sitzungstag.

Die Frage nach der Lage, in der sich die Bundeswehr aktuell befindet, war der Einstieg zum Referat des Bundesvorsitzenden. Vom eigentlichen Kerngeschäft der Arbeit des DBwV – der Vertretung der sozialen Interessen der Menschen in der Bundeswehr – leitete er über zum Themenfeld Verantwortung von Einsatzbereitschaft und Einsatz.

Wie sein Vorredner diskutierte auch Wüstner die mannigfaltigen Herausforderungen, denen sich die Bundeswehr derzeit ausgesetzt sieht. Vom Problem dysfunktionaler Strukturen, nicht wirklich greifender Trendwenden, Soldatenarbeitszeitverordnung und überbordender Bürokratie bis zu mangelndem Vertrauen, Verantwortung wieder dahin zu geben, wo sie hingehört, kam nhezu alles auf den Tisch. Ein Teilnehmer brachte es auf den Punkt: „Wir haben keine Auftragstaktik mehr, wir haben Befehlstaktik.“

Personalmanagement und Einsatzbereitschaft

Den Kernaufgaben des Personalmanagements widmete sich am zweiten Tagungstag zunächst der Vizepräsident des Bundesamtes für Personalmanagement der Bundeswehr, Generalmajor Gunter Schneider. Er informierte die Kommandeure in seinem umfassenden Vortag über Maßnahmen zur Steigerung der personellen Einsatzbereitschaft der Bundeswehr. Dabei erläuterte er, dass die Einstellungszahlen passen würden – es aber dauere, bis sich das ausgebildete Personal in der Truppe auswirke. Auch auf die Trendwende Personal sowie die Umsetzung der Agenda Attraktivität ging Schneider dabei ein.

Aus dem Zentrum Innere Führung

Den „Schließenden“ bildete Brigadegeneral Robert Karl Sieger. „Gute Führung stärkt die Einsatzbereitschaft“ war nach einer Tour d’Horizone durch das Themenfeld der Inneren Führung mit seinem intensiven Denk- und Diskussionsprozessen schlussendlich das Credo des Beauftragten des Generalinspekteurs der Bundeswehr für Erziehung und Ausbildung.

Landesvorsitzender Oberstleutnant a.D. Thomas Sohst zog bei der Verabschiedung eine positive Bilanz der Tagung. „Der DBwV scheint sich als Anker in stürmischer See zu beweisen. Die Teilnehmer versprechen sich Informationen, vor allem aber Einordnung und Bewertung. Die Erkenntnis ist nicht neu: Die Erwartungen in der Truppe sind höher, als das was der Dienstgeber momentan zur Verfügung stellen kann. Auch die von der Ministerin befohlene „Initiative Einsatzbereitschaft“ hört sich gut an. In vielen Bereichen fehlt der Glaube daran, dass es besser wird. Ich spüre, viele sind bereit, Verantwortung zu übernehmen, so wie es dem Selbstverständnis und der Forderung des Generalinspekteurs entspricht – aber es ist frustrierend, wenn man bereits an der ersten Abzweigung durch nicht erklärbare bürokratische Vorgaben gebremst wird.“

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