Jahresempfang Landesverband Süddeutschland in Baden-Württemberg
Deutscher BundeswehrVerband ist stets auf Augenhöhe
Ulm. Ein letztes Mal vor der endgültigen Schließung stellt die Offizierheimgesellschaft Ulm e.V. in ihrem traditionsreichen, altehrwürdigen Gebäude den Rahmen für den Jahresempfang des Landesverbands Süddeutschland in Baden-Württemberg. Gefolgt waren der Einladung von Landesvorsitzendem Stabsfeldwebel a.D. Gerhard Stärk nahezu 100 Gäste aus Politik, militärischen Dienststellen, der Wirtschaft und Industrie sowie befreundeten Verbänden und Institutionen.
Der Oberbürgermeister der Stadt Ulm, Gunter Czisch, stellte in seinem Grußwort die Prägung der Stadt Ulm auch durch die Soldaten von Bundeswehrkrankenhaus und Multinationalen Kommando Operative Führung (MN KdoOpFü) fest. Gerade in unruhigen Zeiten erfährt der Wunsch der Menschen nach mehr Sicherheit und Ordnung eine Renaissance. Soldaten ebenso wie Polizisten u.a., die sich dafür einsetzen, verdienen deshalb die volle Rückendeckung und den Dank von Politik und Bevölkerung.
Generalleutnant Richard Roßmanith, Befehlshaber MN KdoOpFü in Ulm, nahm den Faden auf und berichtete von der Übungsserie „Multilayer 2016“, die sich über strategische und operative Führungsebenen hinweg unter Einbindung auch der Vereinten Nationen mit der Bewältigung von Krisen befasste. Auf Grundlage der aktuellen sicherheitspolitischen Lage in einem fiktiven Rahmen wurden dabei in einem Ressort-übergreifenden Ansatz die Bündelung von militärischen, politischen, wirtschaftlichen und humanitären Kräften zur Lösung von Konflikten zur Herstellung von Ordnung und Sicherheit geplant und geübt.
Im Weiteren ging Roßmanith auf die notwendige Schließung der OHG Ulm e.V. ein. Bei allen strukturellen und wirtschaftlichen Gründen, die zur Schließung führten, hält Roßmanith diese Form der Betreuung in einer sich personell verändernden Bundeswehr nicht mehr für zweckmäßig. Roßmanith sieht seinen DBwV gefordert, um die Attraktivität der Bundeswehr bei Betreuung und Fürsorge zu verbessern.
MdB Agnieszka Brugger, Bündnis 90/Die Grünen, bedankte sich für die Einladung zum Jahresempfang mit der Feststellung, dass ihre Kontakte und intensiven Gespräche mit Vertretern des DBwV für ihre Arbeit im Verteidigungsausschuss äußerst wertvoll seien. Sie nimmt wahr: Die Stimme des DBwV wird gehört, im Bundesministerium der Verteidigung, in der Politik und in den Medien. Absichten des BMVg, durch Erlass die Arbeit des DBwV im Dialog mit Parlamentariern einzuschränken, kann Brugger nicht akzeptieren. Sie sieht den ungefilterten Zugang zu Informationen direkt aus der Truppe behindert.
Der DBwV sei über aktuelle Sachverhalte und Stimmungen der Truppe durch seine Mitglieder bestens im Bilde und vermittelt den Parlamentariern damit ergänzend zu Vorlagen aus dem BMVg ein umfassenderes Bild der Bundeswehr. Brugger dankte dem DBwV für seine klare Haltung und stets deutliche Worte, seine proaktive Arbeit und dem Bekenntnis zur Parlamentsarmee.
In seiner Ansprache stellte der stellvertretende Bundesvorsitzende, Hauptmann Andreas Steinmetz, seine Sicht zu aktuellen Herausforderungen in der Bundeswehr dar. Er dankte den Mitgliedern sowie haupt- und ehrenamtlichen Mandatsträgern im Landesverband Süddeutschland, ohne deren Wirken vor Ort der DBwV eine solche Schlagkraft und Mitsprachefähigkeit niemals erreichen kann. Es sei wichtig, ein ungeschminktes, ehrliches Stimmungsbild aufzunehmen, welches mit Fakten hinterlegt die Verantwortlichen im Bundesvorstand befähigen, im politischen Berlin effektiv und glaubhaft wirken zu können. Absichten - woher auch immer, diese Arbeit des DBwV einschränken zu wollen, werden keinen Erfolg haben.
Die aktuelle sicherheitspolitische Lage fordere eine Stärkung der Bundeswehr, so Steinmetz. Die Bundeswehr sei aber trotz der gestarteten Trendwenden Personal und Material immer noch nicht in der Phase des Aufwuchses. Das mag auch daran liegen, dass politische Entscheidungen Zeit benötigen bis zu ihrer Wirkung in der Truppe. Hinzu komme, dass die Fehlerkultur im BMVg noch nicht dort ist, wo sie sein sollte.
Eine glaubhafte Abschreckung ist nur mit einer personell und materiell gestärkten Bundeswehr zu machen. Allein die Bereitstellung erforderlicher Haushaltsmittel reiche jedoch nicht, wenn Lieferungen z.B. von großkalibriger Munition durch die Industrie nicht geleistet werden kann. Zudem müsse sich die Bundeswehr wegen ihres Fachkräftemangels zunehmend auf die Einstellung von Fachkräften im gehobenen Lebensalter einstellen. Attraktivität definiere sich für diese Menschen nicht durch Flachbildschirme und Kühlschränke in Unterkünften kasernenpflichtiger Soldaten. Steinmetz erachtet hier eine andere Art der Betreuung und Fürsorge für notwendig, z.B. durch bezahlbare Pendlerwohnungen. Der DBwV unterstütze, entbinde aber nicht den Dienstherrn von seinen Verpflichtungen.
Der Kommandeur Landeskommando Stuttgart bedankte sich in seinem Grußwort für die Zusammenarbeit mit dem DBwV, die er auch bis in seinen neuerlich zu Ende gegangen Einsatz in Afghanistan erfahren hat. Wiederholt als Advisor im Afghanistan eingesetzt, ist seine Erkenntnis, dass dieses Land einen langen Atem braucht, um eine stabile Ordnung und Sicherheit herstellen zu können und geflohenen Bürgern die Rückkehr in ihr Heimatland zu ermöglichen.
Mit Bedauern und Unverständnis stellte der Landesvorsitzende zu Beginn seines Schlussworts fest, dass eingeladene Abgeordnete des Landtages ebenso wie der Fachminister für die Angelegenheiten der Streitkräfte, Innenminister Strobel, die Teilnahme am Jahresempfang abgesagt haben. Umso herzlicher begrüßte er die Mitglieder des Bundestages Agnieszka Brugger (Bündnis 90/Die Grünen), Dr. Karl-Heinz Brunner (SPD), Hilde Mattheis (SPD) und Josef Rief (CDU).
In seinem Schlusswort stellte der Landesvorsitzende Stärk die Haltung des DBwV zum „Einsatz der Bundeswehr im Innern“ klar. Ein bewaffneter Einsatz der Bundeswehr im Innern sei wegen fehlender gesetzlicher Grundlage abzulehnen. Stärk fordert: „Wer mehr Sicherheit in Deutschland will, muss die Polizeikräfte verstärken“. Bei Katastrophen auf regionaler Ebene wird die Amtshilfe der Bundeswehr gebraucht. Die Zusammenarbeit mit Polizei, THW, Feuerwehr und Rotem Kreuz funktioniert.
Ungeachtet dessen seien jedoch angedachte gemeinsamen Übungen von Polizei und Bundeswehr erforderlich, um angesichts der terroristischen Gefahr auf „worst – case –Szenarien“ mit komplexen Großlagen vorbereitet zu sein. Erst nach diesen Übungen kann man Handlungsbedarf erkennen, Fähigkeitslücken schließen und Einsatzzentralen auf Länder-/Bundesebene optimieren.
Für die beispielhafte und langjährige Unterstützung der Verbandsarbeit, wurde GenLt Roßmanith mit der Verdienstnadel in Silber ausgezeichnet.
Mit Blick auf die Bundestagswahl 2017, in deren Vorfeld der DBwV das Gespräch mit allen aktuell im Bundestag vertretenen Parteien suchen wird, beendete der Landesvorsitzende den Jahresempfang und lud zu weiteren Gesprächen beim anschließenden kleinen Imbiss ein.