v.l.n.r.: Bundesvorsitzender Oberstleutnant André Wüstner, Bürgermeister Gemeinde Stetten a.k.M. Maik Lehn, Landesvorsitzender Stabsfeldwebel a.D. Gerhard Stärk, Präsidentin des Landtags von Baden-Württemberg Muhterem Aras, Kommandeur Landeskommando Baden

v.l.n.r.: Bundesvorsitzender Oberstleutnant André Wüstner, Bürgermeister Gemeinde Stetten a.k.M. Maik Lehn, Landesvorsitzender Stabsfeldwebel a.D. Gerhard Stärk, Präsidentin des Landtags von Baden-Württemberg Muhterem Aras, Kommandeur Landeskommando Baden-Württemberg Oberst Christian Walkling. (Foto: DBwV/ik)

02.11.2017
ik

Bundeswehr am Limit!

Beim Jahresempfang des Landesverbands Süddeutschland in Baden-Württemberg fordert der Bundesvorsitzende ein Umdenken der Politik – Landtagspräsidentin Aras plädiert für vernetzte Sicherheitspolitik

Stetten a.k.M. Die Bundeswehr im Spannungsfeld unterschiedlicher gesellschaftlicher und politischer Interessen war das Thema, das sich wie ein roter Faden durch Grußworte und Ansprachen zum Jahresempfang des Landesverbands Süddeutschland zog. 120 Gäste aus Politik, Militär sowie von befreundeten Verbänden und Institutionen des DBwV folgten der Einladung des Landesvorsitzenden Stabsfeldwebel a.D. Gerhard Stärk in das Soldatenfreizeitheim Haus Heuberg. Besondere Gäste waren der Bundesvorsitzende André Wüstner und die baden-württembergischen Landtagspräsidentin Muhterem Aras, aus deren Landtag erstmalig Abgeordnete aller Fraktionen am Jahresempfang teilnahmen.

Maik Lehn, der Bürgermeister der Gemeinde Stetten a.k.M., machte in seinem Grußwort keinen Hehl daraus, dass die Bürger nach Jahren der Reduzierung der Bundeswehr in der Region den hiesigen Ausbau zu einem der größten Bundeswehrstandorte in Süddeutschland begrüßen. Mit den zusätzlichen Investitionen werde die lokale Finanz- und Wirtschaftskraft gestärkt, aber auch das Leben in der Gemeinde durch die Integration der Soldaten und ihrer Familien bereichert.

Der Kommandeur Landeskommando Baden-Württemberg, Oberst Christian Walkling, machte deutlich, dass die Bundeswehr im „Ländle“ lediglich in 20 Standortbereichen vertreten ist. Auf 75 Prozent der Fläche Baden-Württembergs gibt es keine Bundeswehrstandorte, was sich auf die zivil-militärische Zusammenarbeit nachteilig auswirke. Walkling hält eine Stärkung der zivilen-militärischen Zusammenarbeit für erforderlich.

Landtagspräsidentin Muhterem Aras bekannte sich zu Beginn ihres Grußworts klar zur Bundeswehr in ihrer heutigen Form: Die Bundeswehr als Parlamentsarmee, deren inneres Leitbild der Staatsbürger in Uniform ist, sei keine Parallelgesellschaft versteckt hinter Kasernenmauern. Vor diesem Hintergrund forderte die Landtagspräsidentin von der Bundeswehr ein Höchstmaß an Transparenz bei der Aufklärung der jüngsten Vorkommnisse, damit die Öffentlichkeit Einzelfälle auch als solche erkennen kann. Zögern führe zu Pauschalurteilen. Ursachen für die Unzufriedenheit der Soldaten sehe Aras einerseits im starken Veränderungsdruck in der Bundeswehr, andererseits aber auch in der fehlenden Diskussion in der Gesellschaft zur strategischen Ausrichtung in der Sicherheits- und Außenpolitik. Sie plädiere für eine Zusammenarbeit von Soldaten, Diplomaten und Entwicklungshelfern – weg von reiner Verteidigungspolitik hin zu umfassender Sicherheitspolitik. Die bündnisgrüne Politikerin lobte zudem die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in die Bundeswehr. Sie wertete diese innere Vielfalt als Stärke und wichtige Voraussetzung für den Erfolg in Auslandseinsätzen.

Der Bundesvorsitzendes des DBwV, Oberstleutnant André Wüstner, stellte zu Beginn klar: „Auf die Bundeswehr kann man sich verlassen!“ - und dies unabhängig von den veränderten Rahmenbedingungen, trotz hohem Auftragsdrucks und Einsätzen außerhalb von Kernkompetenzbereichen wie bei der Flüchtlingskrise. Dafür fahre die Bundeswehr jedoch im „roten Bereich“. Es werde kaum kommuniziert, dass Deutschland gegenwärtig der Truppensteller Nr. 1 in Europa ist. Die Bundeswehr sei die kleinste deutsche Armee mit den größten Aufgaben. Ihr fehlen jedoch die Mittel, um dauerhaft und ohne Schaden die geforderten Aufgaben erfüllen zu können. Hier sei ein Umdenken der Politik, aber auch in der Gesellschaft gefordert.

Die Ursache für Unterfinanzierung und unzureichende Aufstellung sei zu finden im sicherheitspolitisch begründeten Wechsel der Ausrichtung der Bundeswehr: Nach dem Ende des Kalten Kriegs auf Krisen- und Konfliktmanagement getrimmt, wurden die Ressourcen der Bundeswehr zunehmend abgebaut. Heute liege der Schwerpunkt wieder bei Landes- und Bündnisverteidigung, zugleich aber sollen Krisen- und Konfliktbewältigung und Ausbildungsunterstützung anderer Armeen geleistet werden. Der notwendige Neuaufbau erforderlicher Strukturen und Ressourcen brauche jedoch mit bis zu zehn Jahren deutlich länger und erfordere einen erhöhten Finanzbedarf.

Zudem wirken sich die eingeleiteten Trendwenden Personal und Material noch nicht in der Truppe wie gewünscht aus, so Wüstner. Beispielhaft machte dies der Bundesvorsitzende am Einsatz von Hubschraubern der Typen Tiger und NH-90 in Mali sowie CH-53 in Afghanistan deutlich. Es sei zu befürchten, dass ab 2019 für Einsätze keine Hubschrauber mehr zur Verfügung stehen könnten. Die Bundeswehr brauche ein Umdenken in der Politik, um angemessen aufgestellt und ausgerüstet die geforderten Aufgaben gemäß Weißbuch der Bundesregierung erfüllen zu können.

Der Gastgeber des Jahresempfangs, Landesvorsitzender Stabsfeldwebel a.D. Gerhard Stärk, dankte für die Wertschätzung und Anerkennung der Arbeit des DBwV, die namentlich der Landesverband Süddeutschland sowohl in Grußworten und Ansprachen als auch durch die für Baden-Württemberg rekordverdächtige Teilnahme der Gäste erfahren habe. Stärk gab den Anwesenden Einblicke in die aktuelle Verbandsarbeit der Mandatsträger und in das Engagement der Mitglieder im Landesverbands. Der Landesvorsitzende sieht in den Gesprächen zu sicherheitspolitischen Themen mit Abgeordneten aller Fraktionen in Arbeitskreisen und Ausschüssen des Landtages eine gute Möglichkeit, Positionen zu diskutieren und bittet um Fortsetzung dieser Zusammenarbeit.

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