Rund 100 sicherheitspolitisch interessierte Gäste waren der Einladung zum Vortrag des Kommandeur über das AusbZSpezOp ins Casino der Rommelkaserne gefolgt. Foto: Ingo Kaminsky

30.05.2022
Von Ingo Kaminsky

Ausbildung von Spezial- und Spezialisierten Kräften der Bundeswehr am Ausbildungszentrum Spezielle Operationen

Dornstadt. Zur traditionellen sicherheitspolitischen Runde des DBwV, der GSP-Sektion Ulm und der DWT begrüßte DBwV-Bezirksvorsitzender Donau-Neckar-Bodensee, Oberstabsfeldwebel a.D. Harald Lott, rund 100 Gäste im Casino der Rommelkaserne. An diesem Vortragsabend standen nicht im engeren Sinne sicherheitspolitische Aspekte zu aktuellen Krisenherden in der Welt im Zentrum der Betrachtungen, sondern das Ausbildungszentrum Spezielle Operationen der Bundeswehr (AusbZSpezOp) und damit die Frage, wozu Deutschland Soldaten für spezielle Operationen braucht und wie sie ausgebildet werden.

Oberst Albrecht Katz-Kupke, seit 2018 Kommandeur des AusbZSpezOp in Pfullendorf – von Haus aus Panzergrenadier mit vielfältigen Erfahrungen aus nationalen und multinationalen Stabs- und Führungsverwendungen sowie Auslandseinsätzen – vermittelte ein umfassendes und für zivile Zuhörer verständliches Bild über die Ausbildung und den Einsatz von Spezial- und Spezialisierten Kräfte der Bundeswehr.

Deutschland braucht Spezial- und Spezialisierte Kräfte

Ausgehend von den veränderten sicherheitspolitischen Herausforderungen angesichts von Terrorismus, Bedrohungen durch Russland und China oder der Ausdehnung der Konflikte auf den Cyber- und Weltraum mit der Folge einer Renaissance der Landes- und Bündnisverteidigung und der Forderung nach Resilienz von Bundeswehr, Staat und Gesellschaft, erscheine es, als ob „mancher noch nicht verstanden habe, was das für uns bedeutet“, stellte der Oberst zu Beginn seines Vortrags fest. Der gemeinsame Wille zur Verteidigung Deutschlands, unserer Werte und der freiheitlich demokratischen Grundordnung erfordere auch die Unterstützung und das Verständnis der Bevölkerung. Die Bundeswehr wieder verteidigungs- und abschreckungsfähig zu halten, verlange nicht nur mehr Investitionen in Bewaffnung und Ausrüstung, sondern auch eine intensivere Ausbildung und vermehrte Übungstätigkeit (Dreck, Lärm, Schäden). Dass es für bestimmte Aufgaben Spezial- und Spezialisierte Kräfte brauche, sei spätestens bei der Evakuierung von deutschen Staatsbürgern 1994 aus Ruanda deutlich geworden, wo Deutschland sich auf belgische Kommandokräfte verlassen musste. U.a. diese Erfahrung führte 1996 zur Aufstellung des KSK in Calw, auch um den neuen Aufgaben gerecht werden zu können.

Spezialkräfte sind in der Bundeswehr zu finden im Kommando Spezialkräfte des Heeres, der Marine sowie in einer Staffel des Hubschraubergeschwaders 64. Weltweit einsetzbar, agieren sie offen oder verdeckt. Spezialisierte Kräfte haben mit ihrer erweiterten Grundbefähigung ein Fähigkeitsprofil zwischen dem der Fallschirmjäger und dem Kommando Spezialkräfte. Alle Soldaten müssen besondere Voraussetzungen erfüllen, bevor sie für die umfangreiche, geistig und körperlich sehr fordernde Ausbildung zugelassen werden.

Die Ausbildung dieser Soldaten erfolgt am AusbZSpezOp, das aus der bis 2003 bestehenden Fernspähschule am Standort Pfullendorf hervorging. Seitdem werden Soldaten in Pfullendorf auf ihren Einsatz in den Spezialkräften bei Heer, Marine und Luftwaffe und bei den Spezialisierten Kräften u.a. in der Fallschirmjäger- und Gebirgsjägertruppe vorbereitet. Deren Aufträge umfassen u.a. den Schutz deutscher Einrichtungen und Personen in besonderen Lagen, das Retten, Befreien und Evakuieren von Personen (auch Geiselbefreiung), militärische Aufklärung, aber auch eigenständige Operationen. Gefordert sind/waren die Soldaten z.B. bei Schnellen Anfangsoperationen (wie in Afghanistan), militärischen Evakuierungsoperationen (Kabul im August 2021) oder auch bei der taktischen Unterstützung militärischer Einsätze (Kosovo 1998-2000).

Ausbildung am AusbZSpezOp ist breitgefächert, vielfältig, multinational und hochwertig!

Das Ausbildungszentrum in Pfullendorf ist mit seinen fünf spezialisierten Inspektionen und einer Spezialausbildungskompanie sowie seinen hochmodernen, zweckmäßigen Ausbildungseinrichtungen so aufgestellt, dass die Ausbildung der Soldaten den besonderen Herausforderungen für die unterschiedlichen Einsatzzwecke gerecht wird. Die Ausbildung reiche von der persönlichen, enorm fordernden Vorbereitung eines jeden Soldaten unter extremen Bedingungen bis hin zu taktischen Ausbildungen und führe die Soldaten an die Grenzen physischer und psychischer Belastbarkeit. Dazu zählen das Überleben im Felde unter schwierigsten Witterungsbedingungen und unter Isolation, eine intensive Schießausbildung bis hin zum Scharfschützen, spezielle Lehrgänge zur medizinischen Versorgung Verwundeter unter erschwerten Bedingungen mit Abschluss als Combat First Responder (CFR), Nahkampf, urbane Angriffstaktiken, aber auch das Verhalten in Gefangenschaft u.v.m. Die Hochwertlehrgänge enden mit einer Qualifikation, die in regelmäßig Abständen nach dann neuesten Erkenntnissen wiederholt werden müssen. Dies gelte auch für die erfahrenen Ausbilder am Ausbildungszentrum. Auch die internationale Zusammenarbeit werde im International Spezial Training Centre (ISTR) des Ausbildungszentrums nach NATO-Standards unter Beteiligung von neun Nationen gestärkt.

Professionelle Ausbildung bis an Grenzen des Zulässigen

Der Kommandeur betonte: „Wir bieten eine moderne, wertegebundene Ausbildung nach deutscher Führungskultur geleistet von professionellen Ausbildern mit Leidenschaft.“ Wert legte Katz-Kupke auf seine klare Forderung für die Ausbildung: „Wir gehen ran an die Grenzen, aber nicht darüber hinaus.“ Linke und rechte Grenze seien Artikel 1 des Grundgesetzes, Gesetze und Vorschriften. Vermittlung von Werten und moralischen Grundsätzen seien deshalb ebenso Teil der Ausbildung und werde insbesondere in der politischen Bildung gestärkt. Katz-Kupke räumte damit mit den pauschalisierenden Vorwürfen über Skandale und Missstände zu Rechtsextremismus, falschem Traditionsbewusstsein und Ausbildungsexzessen auf, die ein verzerrtes Bild und falsche Vorstellungen über das Ausbildungszentrum vermitteln.

Die Bilder des zum Abschluss gezeigten Films fassten eindrucksvoll zusammen, wie breitgefächert, vielschichtig und dennoch sehr speziell die Ausbildung künftiger Soldaten der Spezial- und Spezialisierten Kräfte am AusbZSpezOp am Standort Pfullendorf ist.

 

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