Schlagkräftige Bundeswehr 2020plus

 

Im Mai 2014 machte der DBwV den ersten Aufschlag: die "Schlagkräftige Bundeswehr 2020". In vielen Punkten beschrieb der Verband die ideale Bundeswehr im Jahr 2020. Vieles ist danach in Bewegung geraten: Personal, Attraktivitätsoffensive, Agenda Rüstung, ein höherer Verteidigungshaushalt. Aber noch ist nicht alles gut, noch kann der DBwV sich nicht zurücklehnen. Deshalb ist es nun Zeit für eine Fortsetzung: In der "Bundeswehr2020plus" finden Sie nahezu alle Handlungsfelder, bei denen die Bundeswehr noch besser werden muss.

Der DBwV wird hier nicht lockerlassen. Oder wie es der Bundesvorsitzende, Oberstleutnant André Wüstner, in seinem Vorwort formuliert: "Wir gestalten, während andere verwalten!"

Schlagkräftige Bundeswehr 2020

Sehr geehrte Damen und Herren,

die sicherheitspolitischen Herausforderungen für Deutschland und Europa wachsen. Gleichzeitig werden die Folgen des kontinuierlichen Schrumpfens der Ausgaben für die Verteidigung in Europa immer spürbarer: Die europäische Handlungsfähigkeit leidet. Deutschland bekennt sich in dieser Situation zu einem verstärkten Engagement bei der Krisenbewältigung in aller Welt. Dass diese Verpfl ichtung eine schlagkräftige Bundeswehr erfordert, haben Bundesregierung und Bundestag erkannt.

Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Attraktivitätsoffensive für die mitten in der Neuausrichtung stehende Bundeswehr ist deswegen richtig und notwendig. Durch dieses Vorhaben kann zuletzt verloren gegangenes Vertrauen der Menschen in der Bundeswehr zurückgewonnen und hervorragendes Personal auch in Zeiten des demografischen Wandels verpflichtet werden. Allein so kann die von Ministerin von der Leyen angekündigte „Zukunftsfähigkeit“ der Bundeswehr Realität werden.

Doch was ist eine zukunftsfähige Bundeswehr? Welche Bedingungen müssen erfüllt werden, damit sie tatsächlich zu einem der attraktivsten Arbeitgeber des Landes wird und damit ihre Schlagkräftigkeit erhält und weiter steigert?

Die Bundeswehr braucht ein festes Fundament, tragende Säulen und ein dichtes Dach. Der BundeswehrVerband definiert in dieser Broschüre die Elemente einer stabilen und attraktiven Zukunft der Bundeswehr - und das in einer verständlichen Form auch für Leserinnen und Leser, die nicht mit dem System Bundeswehr vertraut sind.

Erst wenn hinter jedem der aufgeführten Punkte ein grüner Haken erscheinen kann, ist die Zukunftsfähigkeit der Bundeswehr erreicht – und damit auch ein Höchstmaß an Einsatzbereitschaft. Bis 2020 gibt es also noch viel zu tun!


Oberstleutnant André Wüstner, Bundesvorsitzender, im Mai 2014

Finanzierung

Ein tragfähiges Fundament „Verankerung“ und stabile Säulen „Rahmenbedingungen“, „Perspektiven“ und „Ausstattung“ brauchen ein dichtes Dach. Jede Anstrengung, die Bundeswehr zukunftsfähig zu machen, scheitert ohne eine zuverlässige finanzielle Abdeckung.

Haushalt für die Freiwilligenarmee Bundeswehr

Die Freiwilligenarmee Bundeswehr ist nicht günstiger als die Wehrpflichtarmee. Attraktivität und weltweite Einsätze bei steigenden Betriebskosten haben ihren Preis. Auch Kooperationen im Bündnis führen erst langfristig zu Einsparungen. Kurzfristig erfordern sie weitere Investitionen.

Der Verteidigungsetat darf nicht sinken, sondern muss stattdessen auf mindestens 35 Milliarden Euro steigen.

Zur Erinnerung: Nach einer internen Vorgabe der Nato soll der Verteidigungshaushalt eines jeden Mitgliedsstaates zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes entsprechen. Für Deutschland würde das einen Haushalt der Freiwilligenarmee Bundeswehr von 54,7 Milliarden Euro bedeuten.

Vom Verteidigungshaushalt hängt alles ab. Er bestimmt die Möglichkeiten der Auftragserfüllung, die Breite der militärischen Fähigkeiten, den Standard der Ausrüstung und nicht zuletzt die Attraktivität des Dienstes. In Deutschland ist das Verteidigungsbudget – der Einzelplan 14 des Bundeshaushalts – fast schon traditionell das Sorgenkind. Einerseits steigen die Anforderungen durch den Wandel zur Einsatzarmee, die Neuausrichtung, wachsende Betriebskosten und dringend notwendige Investitionen in moderne Waffensysteme und in einen attraktiveren Dienst. Andererseits sieht die Bundesregierung im zweitgrößten Einzelplan des Bundeshaushalts noch eine Menge Einsparpotenzial, offenbar ohne die finanziellen Anforderungen an die Freiwilligenarmee im 21. Jahrhundert genügend anzuerkennen.

Die finanziellen Anforderungen der Einsatzarmee steigen schon durch die Kosten der Auslandseinsätze in Milliardenhöhe. Allein der Beitrag der Bundeswehr zur International Security Assistance Force (ISAF) in Afghanistan ist auf rund 1,1 Milliarde Euro pro Jahr angewachsen. Auch wenn dieser Einsatz Anfang 2015 in die kleinere Mission „Resolute Support“ überführt wird, bleibt doch eine Gesamtsumme von über acht Milliarden Euro nur für diesen Einsatz. Und die weiteren Missionen laufen weiter. Sie gehen fast alle auf Kosten des Verteidigungshaushalts, obwohl schon die schwarz-gelbe Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag von 2009 festgelegt hatte, „zusätzliche einsatzbedingte Aufwendungen für kurzfristige und unvorhersehbare Verpflichtungen der Sicherheitskräfte im Zusammenhang mit internationalen Einsätzen künftig aus dem Einzelplan 60 (Allgemeine Finanzverwaltung) [zu] finanzieren“. Allerdings blieb es in den meisten Fällen bei dieser Absichtserklärung, da dieser Passus nur für Einsätze mit einer Dauer von unter einem Jahr angewendet wurde. Letztlich wurden nahezu alle Einsätze der Bundeswehr aus dem Verteidigungshaushalt bestritten. Das ist eine zusätzliche finanzielle Belastung, die mit der Zeit immer größer wurde und den Einsparungen durch eine verkleinerte Bundeswehr seit 1990 gegenübersteht.

Das Einsparpotenzial, das die Bundesregierung immer wieder im Verteidigungshaushalt sieht, bewegt sich ebenso in Milliardenhöhe. Allein als Auslöser der Neuausrichtung der Bundeswehr nannte der damalige Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg im Mai 2010 ein Einsparvolumen von 8,3 Milliarden bis zum Jahr 2014 für den Einzelplan 14. Diese Summer relativierte sich mit den Haushaltsjahren, dennoch blieb es bei dem Grundsatz: Die Bundeswehr hätte für die Neuausrichtung zu Beginn mehr Geld statt weniger gebraucht, denn als gestalterische Maßnahme hat auch diese Reform mit ihren Umstrukturierungen einen hohen Investitionsbedarf. Erst nach Einnahme der neuen schlankeren Strukturen und durch die Standortschließungen werden sich weniger Ausgaben einstellen.

Das sieht die Bundesregierung offensichtlich nicht so. Allein im Eckwertebeschluss der Bundesregierung von März 2013 ist der Anteil des Verteidigungsbudgets an der „Globalen Minderausgabe Betreuungsgeld“ in Höhe von 1,05 Milliarden Euro bis 2017 festgelegt.

Steigende Betriebskosten betreffen vor allem die so genannten „Life Cycle Costs“ der jüngeren oder noch anstehenden großen Beschaffungsvorhaben. Außer den Anschaffungskosten, die in der Wehrindustrie ohnehin immer höher ausfallen als einmal geplant, sind zunehmend die Betriebskosten zu betrachten. Schulung und Training des Personals, Wartung und Instandhaltung verursachen wegen der weiteren Spezialisierung und Technisierung bei allen Waffensystemen immer höhere Kosten. Die Finanzmittel dafür sind bei den jüngeren Beschaffungsvorhaben – z. B. den 15 Großprojekten des im Februar 2014 eingerichteten „Rüstungsboards“ im Bundesverteidigungsministerium - nicht ausreichend im Haushalt vorgesehen.

Und wer auf die Kooperationen im Bündnis – „Smart Defence“ in der NATO und „Pooling & Sharing“ in der Europäischen Union – als Einsparpotenzial setzt, muss auch hier erkennen: Gemeinsame militärische Verbände und gemeinsam nutzbare Fähigkeiten müssen erst geschaffen und aufgebaut werden. Auch das kostet zunächst Geld, bevor es langfristig einen Spareffekt für den einzelnen Mitgliedsstaat haben kann.

Letztlich hat auch ein Plus an Attraktivität seinen Preis. Nicht alle dringend notwendigen Attraktivitätssteigerungen werden mehr Geld kosten, aber eben doch einige. Ein Beispiel für eine Kostensenkung ist der regionalisierte Verwendungsaufbau (siehe „Auslaufmodell Pendlerarmee“): Sollte es der Personalführung der Bundeswehr gelingen, Verwendungsflüsse mehr und mehr in einer Region statt bundesweit zu organisieren, spart dies sogar Geld durch weniger Umzugskostenvergütung oder Trennungsgeld. Ein Gegenbeispiel ist die lange überfällige Anhebung der Zulagen (siehe „Mehr Wertschätzung für hervorragende Arbeit“), die zusätzliche ca. 50 Millionen Euro im Jahr für das Verteidigungsressort kosten wird.

All dem wird der Verteidigungshaushalt nicht gerecht. Der Entwurf des Bundeshaushalts sieht 32,8 Milliarden Euro dafür vor. Laut Eckwertebeschluss der Bundesregierung zum Finanzplan 2014 bis 2018 wird sich der Einzelplan 14 nach unten entwickeln: 32,3 Milliarden im Jahr 2015 und 32,6 Milliarden Euro in 2018. Gleichzeitig steigt aber der gesamte Bundeshaushalt voraussichtlich um ca. 30 Milliarden Euro. Und trotz der fallenden Perspektive für den Verteidigungshaushalt sind zum Beispiel keine Personalverstärkungsmittel für die regelmäßige Anpassung der Besoldungs- und Versorgungsbezüge nach der Einkommensrunde 2014 der Tarifpartner im öffentlichen Dienst eingestellt. Der Bedarf wird auf 420 Millionen Euro mehr geschätzt. Und dabei ist dies keine Attraktivitätsmaßnahme, sondern eine Anpassung an die Lebenshaltungskosten in Deutschland. Für echte Attraktivitätssteigerungen und die weiteren genannten Kostensteigerungen ist bisher kein (finanzieller) Raum.

Deshalb muss der Verteidigungshaushalt steigen. Eine Höhe von 35 Milliarden Euro im Jahr wäre ein erster Schritt, um all diese Kostensteigerungen aufzufangen.

Ganz Deutschland muss dabei im Hinterkopf haben, dass die NATO für funktionsfähige Streitkräfte im Verteidigungsbündnis einen Haushalt in Höhe von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts festgelegt hat. Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen erinnerte die Mitgliedsländer in seinem Jahresbericht 2013 erneut an diese interne Vorgabe. Für die Bundesrepublik Deutschland wäre das gemessen an einem Bruttoinlandsprodukt für 2013 in Höhe von 2.735,8 Milliarden Euro ein Verteidigungshaushalt von 54,7 Milliarden Euro.

Sogar der Deutsche BundeswehrVerband weiß, dass diese Zahl wenn nicht utopisch, dann doch höchstens auf einer sehr, sehr langen Zeitachse zu erreichen ist. Und dennoch sollte dies die finanzielle Benchmark für die Freiwilligenarmee Bundeswehr im 21. Jahrhundert sein.

Ausstattung

Eine gute Infrastruktur, aber vor allem moderne Ausrüstung und Ausstattung sind notwendig für die Auftragserfüllung und wesentlicher Bestandteil für die Berufszufriedenheit. Im Einsatz entscheiden sie über Leben und Tod.

Beschafft wird, was gebraucht wird

Das Verteidigungsministerium hat für eine moderne Ausrüstung der Truppe zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sorgen. Im Einsatz muss sie optimale Wirkung und maximalen Schutz gewährleisten. Dafür analysiert das Verteidigungsministerium schon jetzt den Bedarf an Ausrüstung für künftige Einsätze und leitet frühzeitig deren Beschaffung ein.

Den DBwV, wie auch den Wehrbeauftragen, erreichen mit steter Regelmäßigkeit Beschwerden hinsichtlich der Ausrüstung und Infrastruktur im Einsatzland.

Dies erstreckt sich von der dienstlich gelieferten persönlichen Ausrüstung (Sollorganisation bzw. STAN), über die Fahrzeuge bis hin zur Unterbringung im Einsatzland. Auffallend häufig wird dem DBwV mitgeteilt, dass die Ausbildung an Waffen, Gerät und den Fahrzeugen erst im Einsatzland stattfindet, da diese nicht in ausreichender Zahl beschafft wurden.

In der Regel ändert sich der Ausrüstungs- und Ausstattungsbedarf der Bundeswehr für jeden Einsatz und muss dementsprechend in Art und Umfang angepasst werden. Gründe hierfür sind die unterschiedlichen geografischen, topografischen und klimatischen Bedingungen in den jeweiligen Einsatzgebieten. Darüber hinaus sind die Konfliktparteien teilweise unterschiedlich ausgerüstet. Eine weiteres Problem sind die im Laufe der Einsatzzeit sich stetig ändernden Techniken und Taktiken der Konfliktparteien. Für den Beschaffungsprozess bedeutet dies eine große Herausforderung, auf diese schnellen Veränderungen einsatzgerecht reagieren zu können. Nicht immer kann das gelingen.

In der Vergangenheit fehlte es im Einsatz neben persönlichen Ausrüstungsgegenständen zunächst insbesondere an ausreichend gepanzerten Fahrzeugen, der Nachtkampffähigkeit und einer adäquaten Luftnahunterstützung.

Im Jahr 2011 hatte das Verteidigungsministerium auf dieses Problem mit der Einrichtung einer Arbeitsgruppe reagiert, die durch Entscheidungskompetenz und pragmatischer Vorgehensweise das Ausrüstungsdefizit erheblich verringern konnte.

Inzwischen ist die Bundeswehr beispielsweise bei den geschützten Fahrzeugen im internationalen Vergleich sehr gut aufgestellt.

Häufiger Anknüpfungspunkt von Beschwerden sind auch die Unterkünfte. Diese sind von großer Bedeutung, weil der Soldat hier ruhen kann, um im nächsten Moment wieder seinen Auftrag zu erfüllen. Der DBwV setzt sich daher mit Hilfe seiner Ansprechpartner im Auslandseinsatz für alle Angehörigen der Bundeswehr ein, wenn Missstände bekannt werden.

Es ist nachvollziehbar, dass die Bundeswehr Ausrüstung, Waffen, Gerät, Fahrzeuge und Infrastruktur nicht für jedes denkbare Einsatzszenario bereithalten kann.

Besteht jedoch der politische Wille, die Bundeswehr in einen konkreten Einsatz zu entsenden, muss das hierfür erforderliche Material und hierzu zählt insbesondere die persönliche Ausrüstung, in ausreichender Anzahl und geeignetem Umfang zur Verfügung gestellt werden. Fehlt es hieran, so müssen entsprechende Teile bzw. Fähigkeiten notfalls kurzfristig z. B. bei verbündeten Partnern erworben und unseren Soldaten vor Einsatzbeginn zur Verfügung gestellt werden.

Nicht überzeugen kann, dass auch nach über 10jähriger Einsatzdauer in einem Land wie Afghanistan, noch immer nicht die erforderlichen Ausrüstungsgegenstände wie geeignete Schutzbrillen oder geeignete Sommerbekleidung bereitgestellt worden sind.

Die Fürsorgepflicht nach § 31 Soldatengesetz gebietet der Bundesrepublik Deutschland gegenüber ihren Soldaten ein Optimum an Ausrüstung bereitzustellen, damit diese ihren Auftrag ausführen können und hierbei bestmöglich geschützt sind.

Die Beschaffungsprozesse sind so zu gestalten, dass auf kurzfristig entstehende, einsatzrelevante Ausrüstungslücken und Ausstattungsbedarfe schnell und flexibel reagiert werden kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Bedarf durch marktverfügbares Material gedeckt werden kann.

Dass dieser Fürsorgepflicht nicht in allen Fällen vollumfänglich nachgekommen worden ist, offenbart Probleme bei der Planung und Beschaffung. Die Gründe hierzu sind vielfältig. Hier ist eine ständige Kontrolle bei allen Beteiligten des Beschaffungsprozesses wie dem Bedarfsträger, Bedarfsdecker und der Industrie erforderlich. Dort wo Verbesserungen notwendig sind, muss reagiert werden, damit die Soldatinnen und Soldaten nicht die Leidtragenden sind. Der DBwV nimmt diese Anzeichen sehr ernst und wird weiterhin den Finger in die Wunde legen.

Deshalb sollte das bewährte Instrument erhalten und weiterentwickelt werden.

Die Möglichkeit kurzfristiger Beschaffungen über den „einsatzbedingten Sofortbedarf“, um auf Missstände unmittelbar reagieren zu können, kann immer nur notdürftig Lücken schließen. Ein Ersatz für eine strukturierte, umfassende und den bestehenden Notwendigkeiten Rechnung tragende Planung und Beschaffung kann und darf dieses Instrument nicht sein.

Vielmehr ist auf der Grundlage der gemachten Erfahrungen zukünftig sicherzustellen, dass den Soldatinnen und Soldaten vor Entsendung in einen Einsatz die hierfür erforderliche optimale Ausrüstung zur Verfügung steht und sie hieran entsprechend ausgebildet werden. Soweit erforderlich, sind die Beschaffungsprozesse zur Gewährleistung dieser unverzichtbaren Rahmenbedingungen zu überarbeiten, neu auszugestalten und entsprechend anzupassen. Dreh- und Angelpunkt aller rüstungspolitischen und wirtschaftlichen Überlegungen muss zukünftig wieder die Überlegung sein, dass es um den bei Bedarf auch tatsächlich verfügbaren Schutz von Menschenleben geht.

Gute Ausbildung ist die beste Lebensversicherung

„Übe, wie du kämpfst“ muss wieder gelebter Grundsatz in den Streitkräften werden. Das Verteidigungsministerium muss für moderne Ausbildungs- und Übungseinrichtungen sowie ausreichend verfügbare Ausstattung für die Ausbildung in der Heimat wie für den Einsatz sorgen.

Auch im nunmehr 13. Jahr des größten und mit Abstand gefährlichsten Auslandseinsatzes der Bundeswehr in Afghanistan wiederholen sich Berichte Betroffener, bestätigt durch Eingaben an den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, wonach Soldatinnen und Soldaten bedeutende Ausbildungsteile erst nach Verlegung ins Einsatzland absolvieren konnten. Dabei handelt es sich keineswegs um solche Teile der Ausbildung, die aufgrund der besonderen Gegebenheiten vor Ort zwingend dort erfolgen müssen; der Grund für die Verlagerung ins Einsatzland und einer Durchführung unter ungleich belastenderen Bedingungen liegt vielmehr darin, dass häufig das benötigte Material/die erforderliche Ausrüstung im Heimatland nicht mehr verfügbar ist. Mangelwirtschaft, verspätete Nachforderungen, Lieferverzögerungen oder auch eine unzureichende Rüstungsplanung/-umsetzung haben in den zurückliegenden Jahren wiederholt dazu geführt, dass das Schießtraining erst im Einsatz absolviert werden konnte oder Soldatinnen und Soldaten bestimmte Fahrzeugmuster erstmals im Einsatz kennen lernten. Eine Situation, die mit Blick auf die ohnehin schon enorm belastenden Rahmenbedingungen vor Ort für die Betroffenen höchst problematisch und risikobehaftet ist.

Eine solide Ausbildung ist Grundvoraussetzung damit der Soldat seinen Auftrag erfüllen kann und stellt für diesen im Einsatz die beste Lebensversicherung dar.

Das Fundament hierfür ist die Ausbildung an der Standard-Waffe. Ferner hat eine umfassende Ausbildung an den sonstigen Waffen, Gerät und Fahrzeugen besondere Bedeutung, insbesondere derer, die im Einsatzland bedient werden müssen.

Dynamische Prozesse und asymmetrische Bedrohungslagen verlangen von den Soldaten außergewöhnliche Leistungen. Diese zu erbringen, wird nur derjenige im Stande sein, der eine außergewöhnlich gute Ausbildung genossen hat.

Die Ausbildung gewährleistet neben der Überlebensfähigkeit der Soldaten mithin die Erfüllung des Auftrags. Sie vermittelt den Soldaten das nötige Selbstvertrauen für Ihren Auftrag und für den kräftezehrenden Auslandseinsatz.

Daneben stärkt eine gute Ausbildung das Vertrauen der Soldaten in den Dienstherrn.

Der DBwV setzt sich für eine frühestmögliche und bestmögliche Ausbildung der Soldaten ein.

Eine verzögerte Ausbildung, eine unzureichende Ausbildung oder eine solche Ausbildung, die erst im Einsatz selbst erfolgt gefährdet den Soldaten selbst aber auch seine Kameraden. Der Dienstherr sollte sich stets bewusst sein, dass auch seine eigene Reputation unter einer mangelhaften Ausbildung leiden wird.

Aus diesem Grund muss zukünftig sichergestellt sein, dass keine Soldatin und kein Soldat in den Einsatz entsendet wird, ohne zuvor vollständig in allen ihm obliegenden Aufgabenbereichen/Tätigkeiten mit der entsprechenden Ausrüstung ausgebildet worden zu sein. Der Dienstherr hat zwingend das hierfür erforderliche, mit der im Einsatzland verwendeten Ausrüstung identische, Material vorzuhalten.

Moderne Infrastruktur

In der Bundeswehr muss die Infrastruktur auf dem Stand der Zeit sein. Das gilt für die Unterkünfte ebenso wie für die Büroausstattung, einen breiten Zugang zu den modernen Medien oder die Betreuungseinrichtungen. Jeder Standort muss Betreuungseinrichtungen haben. Diese sind unverzichtbar für den inneren Zusammenhalt der Bundeswehr, für Kameradschaft und Korpsgeist.

In den zurückliegenden zweieinhalb Jahrzehnten hat sich die sicherheitspolitische Lage Deutschlands grundlegend geändert. Vormals nahezu ausschließlich auf die territoriale Landesverteidigung im Verbund mit den Bündnispartnern ausgerichtet, spielt dieser Aspekt heute faktisch eher eine Nebenrolle. So sind insbesondere die letzten zehn Jahre mit der Beteiligung Deutschlands an zahlreichen Auslandseinsätzen Beleg dafür, dass die Bundeswehr sich zu einer modernen und international auch gefragten Armee im Einsatz gewandelt hat.

Dieser aufgabenorientierten Entwicklung hat die Bundeswehr infrastrukturell bis heute nicht ansatzweise standhalten können. Im Zuge der zurückliegenden Reformen und der damit verbundenen Standortentscheidungen hätte die Möglichkeit zu dringend notwendigen infrastrukturellen Verbesserungen bestanden. Das dem bis heute nicht bzw. nur unzureichend nachgekommen wurde, ist regelmäßig anderweitigen Priorisierungen geschuldet mit der Folge, dass die verbleibenden finanziellen Mittel Maßnahmen nur dort zuließen, wo dies absolut unvermeidbar war. Das Sofort-Programm „Kaserne-West“, mit dem im Jahre kurzfristig 600 Mio. € für Sanierungsmaßnahmen bereitgestellt wurden, zeigte als - Tropfen auf den heißen Stein - deutlich, wie groß der Investitionsstau der letzten Jahrzehnte tatsächlich ist. Zum anderen haben in einer Vielzahl von Fällen die beiden letzten zeitlich dicht aufeinanderfolgenden Reformen dazu geführt, dass getroffene und bereits zum Teil umgesetzte Maßnahmen durch die neuere Entwicklung überholt und nicht mehr beendet werden konnten.

Die sich hieraus ergebende Mängelliste ist ebenso umfangreich wie vielfältig, die Folgen für die Attraktivität des Arbeitgebers Bundeswehr gravierend. Defizitäre Büroausstattung, Unterkünfte, die heutigen Standards nicht einmal mehr im Ansatz genügen, mangelnde Zugriffsmöglichkeiten auf zeitgemäße Informationsquellen sowie unzureichende Betreuungseinrichtungen werden von den Betroffenen immer wieder als abschreckend bzw. demotivierend aufgezählt.

Wie für die Arbeitnehmer anderer Unternehmen auch ist ein optimales Arbeitsumfeld von herausragender Bedeutung. Ein junger Mensch, der sich heute beruflich orientieren möchte, wird - zu Recht - an eine mögliche berufliche Tätigkeit bei der Bundeswehr ähnliche Ansprüche hinsichtlich des Arbeitsumfeldes stellen, wie er dies bei Unternehmen aus der Wirtschaft tut. Dessen muss sich die Bundeswehr als Freiwilligen Armee in demographisch schwierigen Zeiten bewusst werden und sich entsprechend aufstellen.

Hierzu bedarf es zum Einen der Einplanung und Zuweisung ausreichender Haushaltsmittel sowie zum Anderen der Entwicklung und Umsetzung innovativer Lösungsansätze. Denn die Liste von potentiellen Optimierungsmöglichkeiten ist lang. Von Büro- und Dienstgebäuden, über Ausbildungsstätten und Unterkünfte, Gebäuden für Betreuung und Verpflegung bis hin zu Sportstätten bietet sich ein weites Gestaltungsfeld. Den Bundeswehrangehörigen muss für alle zu bewältigenden Aufgaben, eine funktionale Infrastruktur orientiert an zeitgemäßen Standards zur Verfügung stehen. Selbstverständlich gilt dies auch für die vielfältige Betreuungslandschaft, die eine hohe Identifikation mit dem Dienstherrn gewährleistet und für das Selbstverständnis der Truppe grundlegend ist.

Für alle Liegenschaften müssen langfristige Nutzungskonzepte erarbeitet werden. Neben einem funktionalen und auf die Bedürfnisse der jeweiligen Dienststelle abgestimmten Arbeitsumfeld ist eine Verbesserung der Lebens- und Unterkunftsbedingungen in den Liegenschaften für die Attraktivität des Dienstes von herausragender Bedeutung. Dafür wäre zuvorderst eine Überarbeitung und Anpassung der gültigen Vorschriften und Regelungen durchzuführen. Die Infrastruktur entspricht nicht selbstgesetzten Standards, ebendiese hinken der zeitgenössischen Entwicklung hinterher. Neben dem militärischen Bedarf müssen dabei auch gesellschaftliche und soziale Faktoren eine Rolle spielen. Lediglich eine Betrachtung des baulichen Zustandes wäre verkürzt. Ein funktionales Inventar in einem angenehmen Arbeitsumfeld wirkt sich positiv auf die Motivation und folglich auch auf die Arbeitsergebnisse aller Mitarbeiter aus.

Gerade weil eine Umsetzung in diesem Bereich nur langfristig möglich sein wird, ist es um so wichtiger die Weichen dafür schon heute gestellt werden. Nicht nur für die Attraktivität des Arbeitgebers Bundeswehr sondern auch für den inneren Zusammenhalt und die Kameradschaft in den Streitkräften ist eine moderne Infrastruktur ein nicht zu unterschätzender Wert.

Rahmenbedingungen

Bei den Rahmenbedingungen des Dienstes muss die Bundeswehr neue Wege gehen. Diese werden die Einsatzfähigkeit der Freiwilligenarmee Bundeswehr sichern und nicht in Frage stellen.

Familienfreundliche Bundeswehr

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist nach der Einsatzbereitschaft ein entscheidendes Kriterium für eine zukunftsfähige Bundeswehr. Hierbei geht es nicht nur um die Betreuung von Kindern, sondern zunehmend auch um die Pflege von Angehörigen im Alter.

Bundeswehrangehörige sind außergewöhnlichen Belastungen ausgesetzt. Regelmäßige Versetzungen und Auslandseinsätze führen zu weitreichenden Entbehrungen mit einem nachhaltigen Einfluss auf ihre Familien. Die dienstlichen Rahmenbedingungen sind zu einem Höchstmaß familienunfreundlich. Nicht umsonst wird mittlerweile der Vereinbarkeit von Familie und Beruf/Dienst vom Dienstherrn ein solch hohes Maß an Aufmerksamkeit eingeräumt.

Hinzu kommt die Tatsache, dass die Bundeswehr reformbedingt seit geraumer Zeit einem tiefgreifenden Wandel unterliegt. Der hohe Reformdruck und eine permanente Änderung der Strukturen haben ihren Preis. Mangelnde Beständigkeit und geringe Planbarkeit wirken sich gravierend auf das familiäre Umfeld der Bundeswehrangehörigen aus. Es gestaltet sich zunehmend als Herausforderung, die hohen Anforderungen des Dienstes mit den persönlichen Bedürfnissen in Einklang zu bringen. Ein häufiger Grund für eine Dienstzeitverkürzung oder das Verwerfen einer Weiterverpflichtung ist die Rücksichtnahme auf die Familie.

Als Keimzelle des gesellschaftlichen Lebens kommt der Familie eine besondere Bedeutung zu. Autorität, Gemeinschaft und Beständigkeit bilden die Grundlage von Freiheit, Sicherheit und dem Wohlergehen einer Gesellschaft insgesamt. Nicht umsonst gewährt das Grundgesetz den beiden Institutionen der Ehe und der Familie einen besonderen Schutz. Für die Gesellschaft erwächst hieraus die Verpflichtung im Bedarfsfalle die Familie durch geeignete soziale Maßnahmen zu unterstützen. Auf die Bundeswehr übertragen behält diese wechselseitige Verpflichtung ihre Gültigkeit. Als gesellschaftliche Körperschaft und staatliche Institution ist es eine fundamentale Aufgabe der Bundeswehr auch für die Familien ihrer Angehörigen zu sorgen. Diesem Umstand trägt die Innere Führung Rechnung. Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn tangiert auch die familiären Belange der Bundeswehrangehörigen. Im Kern dieser Verpflichtung stehen die Fragen: „Wurde das bestmögliche für eine familienfreundliche Ausgestaltung des Dienstes getan?“ und „wie kann ein Ausgleich für die besonderen Belastungen erreicht werden?“.

Zentrale Herausforderung bildet die Ausgestaltung der dienstlichen Rahmenbedingungen. Die berufsspezifischen Belastungen werden sich nicht vermeiden, aber mildern lassen. Dabei müssen persönliche Vorstellungen und Interessen sowie familiäre Belange angemessen berücksichtigt werden. Für eine familienfreundliche Bundeswehr ist eine bessere Abstimmung der Dienst- und Familienzeiten grundlegend. Eine weitere Flexibilisierung der Arbeitszeiten, etwa durch den Ausbau von Gleitzeit, Teilzeit- und Telearbeit sowie mobilem Arbeiten ist anzustreben. Ebenso erhöhen ein transparentes Personalmanagement, eine verlässliche Karriereplanung und Standortsicherheit die langfristige Planungssicherheit und eröffnen damit Perspektiven für die Menschen in der Bundeswehr.

Eine umfangreiche und den Besonderheiten des Dienstes gerecht werdende Kinderbetreuung, in unmittelbarer Nähe zur Dienststelle (vgl. flexible Kinderbetreuung) geht mit einer heimat- und familiennahen Verwendung einher. Dennoch sollte ein familienfreundlicher Dienst nicht allein auf Kinderbetreuung beschränkt werden. Vielmehr ist ein breiter Ansatz gefragt, der diversen Konstellationen, beispielsweise auch der Betreuung von Angehörigen und Verwandten bei Krankheit oder im Alter Rechnung trägt. So müssen die für Beamte geltenden Regelungen zur Familienpflegezeit und zum flexiblen Ruhestand für alle Bundeswehrangehörigen gelten. Ebenfalls muss die Möglichkeit zur Inanspruchnahme der Leistungen der Familienbetreuungsorganisation auf alle Bundeswehrangehörigen ausgeweitet werden. Zudem ist eine Ausweitung der personellen Ressourcen des Sozialdienstes der Bundeswehr dringend notwendig.

Familiäre Verpflichtungen dürfen den Bundeswehrangehörigen nicht zum Nachteil gereichen. Die Rahmenbedingungen müssen so gestaltet sein, dass sich aus der Inanspruchnahme von Maßnahmen zur Vereinbarkeit keine Hindernisse in der beruflichen Entwicklung ergeben. Entsprechend ist das Beurteilungssystem anzupassen. Zur Kompensation der familienbedingten Abwesenheiten ist eine ausreichende Anzahl an Vertretungskräften bereitzustellen. Neben einer umfassenden Analyse aller Grundsatzpapiere ist eine kontinuierliche Evaluation der Rahmenbedingungen unerlässlich. Nur über auf Dauer angelegte Untersuchungen durch entsprechende Einrichtungen kann eine umfangreiche Sachstandsanalyse erstellt und Fortschritte bei den vielfältigen Maßnahmen zu mehr Familienfreundlichkeit gemessen werden.

Vor allem aber steht die Etablierung einer familienfreundlichen Organisationskultur. Im Rahmen der dienstlichen Erfordernisse muss es Bundeswehrangehörigen ermöglicht werden, ihren familiären Erfordernissen gerecht zu werden. Führungskräfte und Vorgesetzte müssen die Bedeutung der Thematik verinnerlichen. Ebenso ist das Werben für die besonderen Belange der Familie unter den Kameraden und Kollegen unerlässlich. Kurz gesagt: Ein Umdenken muss auf allen Ebenen stattfinden und in gewissen Situationen ist mehr Empathie gefragt.

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf/Dienst ist ein entscheidendes Kriterium für die Bundeswehr. Zur Etablierung echter Familienfreundlichkeit sind Flexibilität, Verlässlichkeit und Planungssicherheit grundlegend. Die familiären Verpflichtungen der Bundeswehrangehörigen müssen ernst genommen werden, ihre familiären Belange mehr Berücksichtigung finden. Ohne eine moderne Gestaltung des Personalmanagements, Standort- und Planungssicherheit sowie einer ausreichenden finanziellen Unterlegung jeglicher Vorhaben, wird die familienfreundliche Bundeswehr eine Vision bleiben. Insbesondere bei der Bereitstellung von adäquaten Haushaltsmitteln sind mehr Ehrlichkeit und ein deutliches Signal der Parlamentarier für ihre Parlamentsarmee gefordert.

Planbarer Dienst

Eine moderne Dienstzeitregelung muss flexibel sein. Einsatzspezifische Ausnahmen sind selbstverständlich, im Grundbetrieb aber muss es eine regelmäßige und verbindliche Arbeitszeit geben. Die verlässliche Festlegung von militärischen Vorhaben, Zeiten im Einsatz und Urlaub muss für mehr Planbarkeit sorgen.

Als einzige Berufsgruppe im öffentlichen Dienst haben Soldaten der Bundeswehr keine gesetzlich geregelte Arbeitszeit. Der Ausgleich für mehr geleisteten Dienst erfolgt auf der Basis des Dienstzeitausgleichserlasses und einer Verordnung über dessen finanzielle Vergütung. Die Regelungen bleiben auch finanziell weit hinter den gesetzlichen Regelungen für Beamte zurück und haben dazu geführt, dass der Umgang von Vorgesetzten mit der „Ressource Zeit“ in der Bundeswehr nicht mehr zeitgemäß ist und den Erwartungen an einen „modernen Arbeitgeber“ Bundeswehr nicht zu entsprechen vermag. Eine vor diesem Hintergrund vom Bundesverteidigungsministerium in Auftrag gegebene KPMG-Studie „Abschlusspräsentation zur Studie zur Entwicklung von attraktiven und konkurrenzfähigen Dienstzeit- und Dienstzeitausgleichsmodellen für Soldatinnen und Soldaten (Juni 2013) kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass es dringend einer grundlegenden Reform von Dienstzeit- und Dienstzeitausgleichsmodellen bedarf.

Verstärkt wird die Notwendigkeit zur Umsetzung der EU-Arbeitszeitrichtlinie durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des von Bundesministerin von der Leyen ausgegebenen Ziels einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Dienst. Um den Dienst in den Streitkräften künftig für Soldaten insgesamt attraktiver auszugestalten, bedarf es einer gesetzlichen Regelung der Arbeitszeit für Soldaten.

Diese Entwicklung entspricht einer bereits seit August 1980 kontinuierlich vorgetragenen Forderung des Verbandes nach einer „gesetzlichen Dienstzeitregelung“ (formal korrekt Arbeitszeitregelung) für Soldatinnen und Soldaten, die letztmals mit Beschluss der 19. Hauptversammlung im November 2013 erneuert wurde.

Im 3. Quartal 2013 befasste sich eine Arbeitsgruppe im DBwV intensiv mit dem Thema „Übertragung der EU-Arbeitszeitrichtlinie auf die Streitkräfte“ und erarbeitete, in Anlehnung an das Beamtenrecht, die notwendigen Gesetzentwürfe zum Soldatengesetz und Bundesbesoldungsgesetz, einschließlich der notwendigen Verordnungsermächtigungen. Ferner erarbeitete man die Entwürfe einer „Arbeits-zeitverordnung für Soldatinnen und Soldaten“ sowie einer „Verordnung über die Mehr¬arbeitsvergütung für Soldatinnen und Soldaten“. Noch nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob eventuell noch zu¬sätzliche Ausnahmen zur „Arbeitszeitzeitverordnung für Soldatinnen und Soldaten“ für bestimmte TSK/Org-Bereiche aufgenommen werden müssten. Die Entwürfe stellen die konsequente Umsetzung einer gesetzlichen Arbeitszeitregelung für Soldaten nach dem Vorbild der Regelungen für die Beamten dar. Sie schaffen somit die Voraussetzungen für eine attraktive und mit anderen Beschäftigten vergleichbare Dienstgestaltung. Aufgrund der Eigenheiten des Soldatenberufs muss es zwangsnotwendig einsatzbedingte Ausnahmeregelungen geben, deren konkrete Inhalte noch einer abschließenden Ausarbeitung bedürfen.

Auslaufmodell Pendlerarmee

Ständige Versetzungen trennen Familien oder entwurzeln sie immer wieder. Das Verteidigungsministerium hat deshalb einen grundsätzlichen Verwendungsaufbau in einer Region einzuführen. Das wird weniger Versetzungen und mehr soziale Verankerung zur Folge haben.

Der Soldat von heute befindet sich häufig weder zu Hause noch im Auslandseinsatz, sondern auf der Autobahn. Damit fehlt es bereits an einer Grundvoraussetzung der Vereinbarkeit von Familie und Dienst.

Die Berliner Zeitung berichtet unter dem 12.01.2014, dass der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages als einen Grund für den Frust der Truppe die häufigen Versetzungen nennt. So gibt es nach Angaben des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages bei der Bundeswehr weit mehr als 50 % Pendler, 16 % Fernpendler, 38 % Wochenendpendler und viele Nahpendler. Demnach fühlten sich viele Soldaten von ihrem Dienstherrn allein gelassen, die Anlässe für Versetzungen müssten reduziert werden.

Aus nachvollziehbaren betriebswirtschaftlichen Gründen werden die Standorte der Bundeswehr immer größer. Diesen Umstand muss sich die Personalführung zu Nutze machen und das Prinzip eines regionalen Verwendungsaufbaus einführen. Insbesondere für Unteroffiziere sollte angesichts der weiten Dienstpostenbündelung Pendeln vermieden werden können.

Mannschaften und Unteroffiziere sollten überhaupt nicht pendeln müssen, für Offiziere sollte Pendeln wenigstens weitgehend vermieden werden.

Bei jeder Versetzung ist der betroffenen Soldatin / dem Soldaten bereits die nächste Verwendung mitzuteilen. So können die Betroffenen frühzeitig erkennen und entscheiden, ob ein Umzug an den neuen Standort zweckmäßig ist. Die Personalführung muss den Orts- und Verwendungswünschen der Betroffenen aus Feld 7.1 (Vorstellung zum weiteren Werdegang) der Beurteilung mehr Beachtung schenken.

Die Grundsätze eines modernen Personalmanagements müssen einem regionalen Verwendungsaufbau folgen. Dabei ist die Region in der Regel nicht auf einen Standort zu beschränken. Die Region kann durchaus, in Abhängigkeit von den regionalen Gegebenheiten, mehrere Standorte umfassen.
Die Personalführung muss die gesellschaftlichen Realitäten (z. B. berufliche Tätigkeit des Lebenspartners) zur Kenntnis nehmen und entsprechend reagieren.

Soweit Pendeln jedoch unvermeidbar ist, darf es sich nicht negativ auf Lebensqualität und Lebensstandard auswirken – finanzielle Härten sind abzumildern.

Flexible Kinderbetreuung

Das Verteidigungsministerium muss Kinderbetreuung nach den jeweiligen Bedürfnissen am Standort schaffen. Möglichkeiten sind eigene Kindertagesstätten oder Belegplätze in örtlichen Tagesstätten und in der Großtagespflege. Auch für Lehrgänge und kurzfristige Vorhaben ist eine Kinderbetreuung anzubieten.

Aus den Besonderheiten des Dienstes in den Streitkräften resultieren außergewöhnliche Belastungen für die Bundeswehrangehörigen und ihre Familien. Regelmäßige Versetzungen und Auslandseinsätze zeugen von einem sehr hohen Mobilitätsanspruch. Zudem erhöhen zahlreiche Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen im Grundbetrieb die Abwesenheitszeiten vom Standort und folglich auch von der Familie. Für Eltern und Kinder zugleich bedeutet dies große Entbehrungen hinnehmen zu müssen.

Auch wenn sich solche berufsspezifischen Belastungen vom Grundsatz her nicht vermeiden lassen, ist besondere Rücksichtnahme für die kleinsten Mitglieder der Gesellschaft gefordert. Viele sinnvolle Projekte wurden bereits angestoßen, dennoch muss der Dienstherr seine Bemühungen im Bereich der Kinderbetreuung verstärken. Kinderbetreuungsmöglichkeiten müssen orientiert an den jeweiligen regionalen Gegebenheiten flexibel gestaltet werden. Leider scheitern viele gute Vorhaben an bürokratischen Hürden, zu langen Abstimmungsprozessen und Kompetenzgerangel zwischen den Beteiligten.

Mit der Einrichtung von betriebseigenen Kindertagesstätten wurde der richtige Weg eingeschlagen. Von einer flächendeckenden und den Erfordernissen der Streitkräfte gerecht werdenden Kinderbetreuung kann aber bei weitem keine Rede sein. Gerade an Standorten, welche sich in infrastrukturell ungünstigen Regionen befinden, müssen die Möglichkeiten zur Kinderbetreuung konsequent ausgebaut werden. Dazu zählt auch die Nutzung von Tagesmüttern und Tagesvätern. Den Ausbildungseinrichtungen kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Nicht zu unterschätzen ist außerdem der Dienst zu ungünstigen Zeiten. Auch die Frage, was mit dem Kind eines Alleinerziehenden passiert, wenn dieser in den Einsatz geht, bleibt ungeklärt. All dies bedarf der flexiblen Reaktion auf eine unübersichtliche und sich ständige ändernde Bedarfslage.

Durch einige wenige Prestigeprojekte werden solche Herausforderungen nicht abschließend beantwortet. Selbst wenn es zu einer kompletten Umsetzung aller Vorhaben zur Einrichtung von Betriebskitas kommen sollte, wird bis zur tatsächlichen Inbetriebnahme noch viel Zeit vergehen. Eine kurzfristig realisierbare Alternative wäre die Bereitstellung einer ausreichenden Anzahl an Belegerechten in kommunalen Einrichtungen. Der Erwerb solcher Nutzungsrechte sollte jedoch kein Ersatz für die flächendeckende Etablierung eigener Einrichtungen sein.

In Punkto Flexibilität und Umsetzbarkeit stellen Großtagespflegen einen gangbaren Weg dar. Für solche Einrichtungen müssten lediglich angemessene Räumlichkeiten bereitgestellt werden. Eine Einbindung bestehender Betreuungseinrichtungen, wie der eigenbewirtschafteten Heime wäre möglich. Aufwendige Abstimmungsprozesse und behördliche Restriktion konterkarieren die Bedarfsanerkennung vieler sinnvoller Vorhaben und Projekte. Gegenüber allen Beteiligten wären klare Worte von oberster Stelle notwendig.

Die vielen, in jüngster Vergangenheit eingerichteten, Eltern-Kind-Zimmer sind mit einer adäquaten Ausstattung zu versehen. Nur mit einer den Anforderungen an modernes Arbeiten gerecht werdenden Infrastruktur kann die Arbeitsfähigkeit sichergestellt und zufriedenstellende Arbeitsergebnisse erbracht werden. Weiterhin ist die Einführung eines Familienservices notwendig. Dieser muss für alle Bundeswehrangehörigen im Notfall umfangreiche Beratungs- und Unterstützungsleistungen bereithalten. Solche Dienstleistungen des Arbeitgebers sind in der Fläche angemessen zu kommunizieren und bei den potentiell Betroffenen publik zu machen.

Aber die Verantwortung der Bundeswehr endet nicht bei der direkten Betreuung der Klein-Kinder. Regelmäßige Versetzungen bedingen viele Umzüge quer durch die Bundesrepublik. Den Familien mit schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen wird dadurch eine nicht zu unterschätzende Last aufgebürdet. Diese müssen an Schulen genügend freie Plätze vorfinden und nach möglichst einheitlichen Schulplänen unterrichtet werden. Um den schulischen Anschluss nicht zu verlieren wären unterstützende Maßnahmen, wie die Kostenübernahme von Nachhilfeunterricht sinnvoll.

Flexible Kinderbetreuung ist eine dringende Notwendigkeit für die Attraktivität des Dienstes und die Zukunft des Arbeitgebers Bundeswehr. Alle Maßnahmen der Kinderbetreuung müssen sich an den jeweiligen Gegebenheiten vor Ort und den besonderen Bedürfnissen der Streitkräfte orientieren. Dabei ist auf eine zügige Umsetzung der geplanten Vorhaben zu achten. Die Einrichtungen der Kinderbetreuung müssen sich in Dienststellennähe befinden und die Betreuungszeiten müssen möglichst weit ausgelegt sein. Alle laufenden Vorhaben sind regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls zu optimieren. Ein flächendeckender Ausbau der Kinderbetreuung ist erforderlich und pädagogisch wertvoll.

Elternzeit ohne Verlierer

Elternzeit und andere Auszeiten für die Familie dürfen nicht zu Lasten der verbleibenden Kameradinnen und Kameraden in der Einheit gehen. Die Bundeswehr muss genügend Personal in Reserve als Vertretung bereithalten. Erst dann können sich Eltern guten Gewissens um ihre Kinder kümmern.

Seit 2005 besteht die Möglichkeit für Soldatinnen und Soldaten, Teilzeitdienst zur Kinderbetreuung zu leisten. Allerdings machen Soldatinnen, aber auch Soldaten, immer wieder die Erfahrung, dass sich ihre individuellen Karriereperspektiven durch die Inanspruchnahme von Elternzeit verschlechtern. Dazu gehört beispielsweise nach der Elternzeit oftmals ein schlechteres Abschneiden im Rahmen der nächsten planmäßigen Beurteilung. Daneben finden sich aber auch handfeste Benachteiligungen von Soldatinnen und Soldaten gegenüber anderen Statusgruppen im Bundesdienst. So können Soldaten und Soldatinnen weder Teilzeitdienst im Umfang von weniger als der Hälfte der Rahmendienstzeit leisten noch besteht die Möglichkeit, Teilzeitdienst im Rahmen der Elternzeit zu leisten. Auch besteht kein Anspruch auf Rückkehr auf einen bestimmten Dienstposten nach der Elternzeit. Bei Mindestbeförderungszeiten wird der Zeitraum der tatsächlichen Verzögerung bis zu einem Jahr berücksichtigt, bei mehreren Elternzeiten bis zu zwei Jahren. Auch hier entstehen daher unmittelbare Nachteile aus der Elternzeit. Wurde die Elternzeit nach Fachausbildung oder einem Studium von mindestens sechs Monaten genommen, verlängert sich die Dienstzeit um die Dauer der Elternzeit. Allerdings kann in Ausnahmefällen durch den Dienstherrn einseitig bestimmt werden, dass sich die Dienstzeit nicht verlängert. Von diesen Ausnahmen wurde zuletzt immer häufiger Gebrauch gemacht. Auch in diesem Fällen werden die berechtigten Interessen der Soldatinnen und Soldaten in Elternzeit nicht im gebotenen Umfang berücksichtigt.

Vor diesem Hintergrund sind alle Schlechterstellungen der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr bei Regelung der Dienstbedingungen im Verhältnis zu anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Bundesdienst umgehend und vollständig zu beseitigen. Schlechterstellungen sind nur zuzulassen, soweit dies durch zwingende Erfordernisse des militärischen Dienstes unausweichlich ist. Folgerichtig müsste Teilzeitdienst auch im Umfang von weniger als 50% der Rahmendienstzeit ermöglicht werden. Teilzeitdienst muss künftig auch während einer Elternzeit möglich sein. Ferner ist ein Wahlrecht für Soldatinnen und Soldaten zu schaffen, ob Elternzeiten nach einer Fachausbildung nachzudienen sind oder nicht. Auch wenn eine Rückkehr auf den alten Dienstposten nicht umzusetzen ist, muss vorrangig eine regionale Verwendungsmöglichkeit geschaffen werden. Der lapidare Hinweis, dass die Interessen der Soldaten bei der Rückkehr in den aktiven Dienst zu berücksichtigen seien, ist zu unverbindlich und reicht daher nicht aus. Wenn Soldatinnen und Soldaten von ihrem Recht auf Elternzeit Gebrauch machen, dürfen sie später nicht als Verlierer dastehen. Es sind daher alle heutigen mit der Inanspruchnahme von Elternzeit verbundenen Nachteile auszugleichen.

Regeneration nach dem Einsatz

Alle Soldatinnen und Soldaten dürfen grundsätzlich maximal vier Monate im Einsatz stehen. Nach einer Einsatzdauer von vier Monaten ist eine einsatzfreie Zeit von 20 Monaten für Nachbereitung und Ausbildung vorzusehen. Ausnahmen müssen Ausnahmen bleiben und werden nicht zum Regelfall.

Durch das Aufwachsen der Bundeswehr zu einer Einsatzarmee ist die Regeneration nach dem Einsatz ein wesentlicher Faktor im Bereich der attraktiven Rahmenbedingungen geworden. Als Soll-Orientierung gibt der Dienstherr selbst einen Einsatzrhythmus von 20/4 vor. Das bedeutet, dass nach 4 Monaten Einsatz eine 20-monatige Regenerationsphase folgen soll.

In der Realität dauerte in einem Viertel der Fälle der Einsatz länger als vier Monate. Bei den Soldaten, die nach einem ersten Einsatz von mindestens vier Monaten nochmals in den Einsatz gingen, wurde dazwischen nur in der Hälfte der Fälle (50,7 Prozent) die Regenerationszeit von 20 Monaten eingehalten.

Ausgenommen von diesen Betrachtungen sind die Soldaten, die in multinationalen Stäben eingesetzt sind, Spezialisten sowie die Transitzeiten der Marine in das Einsatzgebiet.

Die Regeneration nach dem Einsatz folgt zweierlei Notwendigkeiten. Sie dient zum Einen der Wiederherstellung/Sicherstellung einer erneuten Einsatzbereitschaft und ist ferner unverzichtbare Maßnahme im Rahmen der erweiterten Fürsorgepflicht des Dienstherrn gem. § 31 Soldatengesetz. Dieser Verpflichtung, welche mittelbar auch gegenüber der Familie und den Angehörigen wirkt, hat er Genüge zu leisten, und ihre Umsetzung bzw. Einhaltung sicherzustellen.

Natürlich sind auch anderweitige Regenerationsmöglichkeiten wie Einsatznachbereitungsseminare, die der Dienstherr den Teilnehmern von Auslandseinsätzen nunmehr anbietet, grundsätzlich hilfreich und deshalb uneingeschränkt zu begrüßen.

Allerdings müssen den bundeswehreigenen Forderungen zur Steigerung der Attraktivität, gerade für den Bereich der allgemeinen Regeneration, priorisiert Taten folgen, die das Prinzip 20/4 berücksichtigen.

Ferner sollten bei einer Regenerationsbetrachtung auch diejenigen Kräfte erfasst werden, bei denen es sich aus rechtlicher Sicht nicht um einen mandatierten Auslandseinsatz handelt, die aber dennoch de facto einer vergleichbaren, andauernden Hochbelastung unterliegen. Hierzu zählen insbesondere: Personal des fliegerischen Dienstes, Fluglotsen, Soldatinnen und Soldaten während eines besonderen Dienstgeschäftes.

Bei der Regenrationsphase ist die Zeit des Soldaten bei seiner Familie respektive dem gewohnten sozialen Umfeld überaus wichtig, denn sie dient der Stärkung der Resilienz. Diese beschreibt die Widerstandsfähigkeit in Bezug auf psychische Erkrankungen, wie PTBS, Burn-Out o.a.

Der DBwV begrüßt zudem das individuelle Lernprogramm Charly, in dem der Einsatzteilnehmer individuelle Fähigkeiten zum Stressabbau erlernen kann.

Zu den äußeren Bedingungen zählen Umstände, die der Dienstherr maßgeblich beeinflussen kann. Neben dem zunächst beschriebenen Einsatzrhythmus sollte der Dienstherr ausreichend Personal vorhalten, damit gerade besondere stark beanspruchte Einsatzkräfte nicht dauerhaft überbeansprucht werden.

Darüber hinaus sollte die Teilnahme an Nachbereitungsseminaren oder Kuren für Einsatzteilnehmer obligatorisch sein, da andernfalls die Gefahr besteht, dass Soldaten sich aus Karrieregründen, der Wahrnehmung im Kameradenkreis bzw. der Eigenwahrnehmung nicht freiwillig hierzu melden.

Dies liegt weder im Interesse des Dienstherrn noch im Interesse des Soldaten, dessen Gesundheit zu schützen bzw. wiederherzustellen ist.

Ferner müssen dringend die rechtlichen Rahmenbedingung für familientherapeutische Maßnahmen und alternativen Therapiemöglichkeiten gefunden werden (Therapie unter Zurhilfenahme von Tieren).

Gesunde Menschen in einer gesunden Bundeswehr

Die Bundeswehr muss sich mehr um die Gesundheit ihrer Menschen kümmern. Sie hat eine systematische Prävention und Früherkennung von Erkrankungen, die beste Behandlung und regelmäßige Regenerationsphasen zu gewährleisten. Die truppenärztliche Versorgung, der Sanitätsdienst und das Beihilfesystem sind wesentliche Bestandteile eines modernen Gesundheitsmanagements.

Seit geraumer Zeit ist eine Steigerung der krankheitsbedingten Fehlzeiten in der Bundeswehr zu beobachten. Neuausrichtung, Umstrukturierungsmaßnahmen und Auslandseinsätze beeinflussen die Bundeswehrangehörigen immens. Künftig ist mit einem Rückgang der vielseitigen Belastungen nicht zu rechnen. Dieser Umstand übt einen nachhaltigen Effekt auf die Dienst- und Arbeitsbedingungen in den Streitkräften aus.

Bedingt durch Strukturveränderungen bestehen im Zentralen Sanitätsdienst erhebliche Verwerfungen. Insbesondere die Sicherstellung einer zufriedenstellenden medizinischen Versorgung im Inland gestaltet sich als zunehmend schwierig.

Bisherige Maßnahmen zur Gesundheitsförderung sind dezentral organisiert und werden uneinheitlich umgesetzt. Hieraus entsteht die Notwendigkeit einer differenzierten Ursachenanalyse und der Entwicklung spezifischer Lösungsansätze. Die Implementierung eines systematisch und umfassend angelegten Betrieblichen Gesundheitsmanagement ist hierfür notwendig. Nur durch ein solches Vorgehen kann die Bundeswehr den spezifischen Erfordernissen der jeweiligen Dienststelle gerecht werden und höchste Qualitätsstandards erreichen.

Im besonderen Fokus muss daher die Vorsorge stehen mit dem Ziel, die Gesundheit der Bundeswehrangehörigen auf Dauer zu erhalten. Dazu ist es notwendig die Dienst- und Arbeitsbedingungen gesundheitsförderlich sowie motivierend zu gestalten. Die Standards am Arbeitsplatz müssen kontinuierlich weiterentwickelt werden und im Interesse einer attraktiven Arbeitsplatzgestaltung, weit über den geltenden Arbeits- und Gesundheitsschutz hinausgehen.

Als präventivmedizinisch orientierter Arbeitgeber, sind für eine umfangreiche Informationsgewinnung fundierte und aussagekräftige Analysen über fördernde und belastende Faktoren unerlässlich. Die sich hieraus abzuleitenden Folgerungen bilden für Vorgesetzte und Führungskräfte die Rahmenparameter für die Etablierung eines gesundheitsförderlichen Dienstes. Durch einen ganzheitlichen Ansatz müssen die Bundeswehrangehörigen in jeder Lebensphase unterstützt werden.

Die Gewährleistung eines leistungsfähigen Sanitätsdienstes ist ebenfalls von fundamentaler Bedeutung. Ein stringenter Erhalt der sanitätsdienstlichen Einrichtungen sowie die kontinuierliche Optimierung ihrer Fähigkeiten sind anzustreben. Konkret bedeutet dies die flächendeckende Ausbringung von Sanitätseinrichtungen sowie die Sicherstellung von ausreichendem und qualifiziertem medizinischem Fachpersonal. Dabei geht eine Erhöhung des Ausbildungsumfanges mit einer Erhöhung der Dienstposten einher. Zur Kompensation der hohen Abwesenheitszahlen wäre über di e Etablierung eines zielführenden Vakanzenmanagements nachzudenken.

Das Konzept der unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung ist zu erhalten und orientiert an zeitgemäßen Standards weiterzuentwickeln. Von der Forcierung modernster Vorsorge- und Behandlungsmethoden, etwa dem Einsatz telemedizinischer Verfahren, ganz zu schweigen. Aus präventivmedizinischen Aspekten sowie den Anforderungen an eine Berufs- und Einsatzarmee ergibt sich notwendigerweise auch die Anpassung der wehrmedizinischen Begutachtungssystematik. Eine stringente Umsetzung würde nicht nur den höchsten Ansprüchen des Dienstherrn an die Bundeswehrangehörigen, sondern auch deren Anspruch auf eine bestmögliche Gesundheitsversorgung reflektieren.

Nur mit einem, sämtliche der dargelegten Einzelfaktoren berücksichtigenden Gesamtansatz kann eine größtmögliche Verfügbarkeit an dienst-, verwendungs- und einsatzfähigem Personal sichergestellt, negative Folgen für die Streitkräfte abgewendet und der Dienst in der Bundeswehr attraktiv gestaltet werden.

Moderne Soldatenbeteiligung

Die Mitbestimmung ist keine Schwäche, sondern eine Stärke. Sie ist wichtiger Teil der „Inneren Führung“ als Führungsphilosophie. Durch sie erleben die Soldatinnen und Soldaten einen Bestandteil der Demokratie, die sie selbst schützen. Alle Bundeswehrangehörigen müssen sich im Sinne eines Bundeswehrgemeinsamen Selbstverständnisses gleichberechtigt in Vertretungsgremien mit einheitlichen Beteiligungsverfahren wiederfinden. „Einsatzklauseln“ erlauben die Mitbestimmung im Einsatz, ohne den Auftrag in Frage zu stellen.

Attraktivität heißt Menschen ernst nehmen. Es gehört daher zu den wesentlichen Überzeugungen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik, die personellen, innerdienstlichen und sozialen Belange der Belegschaften in allen Lebensbereichen durch die Einrichtung von Betriebs- und Personalräten und entsprechenden Mitarbeitervertretungen zu schützen.

Dazu gehört auch seit Aufstellung der Bundeswehr 1956 die Entscheidung, selbst in allen Bereichen der Streitkräfte Personalräte zu bilden. Mit Rücksicht auf den hohen Wehrpflichtigenanteil in der Bundeswehr hatte allerdings stets nur ein Teil der Soldaten Zugang und Wahlrecht zu den Personalräten, während die übrigen Soldaten auf Vertrauenspersonen mit vergleichsweise schwächeren Rechten verwiesen wurden.

2011 wurde die Bundeswehr umgestaltet zu einer reinen Freiwilligenarmee. In diesem Rahmen ist in keiner Weise mehr begründbar, dass die personellen, innerdienstlichen und sozialen Belange dieser freiwilligen Soldaten grundsätzliche weniger schutzwürdig wären als die Belange der Beamten und Arbeitnehmer, die in der gleichen Dienststelle Dienst leisten. Auch und gerade in diesem Zusammenhang muss in den Beteiligungsrechten Wertschätzung, nicht Geringschätzung für die Soldaten zum Ausdruck kommen, wenn es gelingen soll, qualifizierte Bewerber in ausreichender Zahl zu bewegen, die besonderen Verpflichtungen des Soldatenberufs auf sich zu nehmen.

Es hat sich Reformbedarf angestaut, sowohl im allgemeinen Recht des Bundespersonalvertretungsgesetzes (BPersVG) als auch im speziellen Soldatenrecht des Soldatenbeteiligungsgesetzes (SBG). Bereits 1995 hat das Bundesverfassungsgericht Vorgaben für das Personalvertretungsrecht gemacht, denen auch das BPersVG nicht genügt. Die Gerichte behelfen sich seit 2002 mit einer „verfassungskonformen Auslegung“, und fordern immer wieder – bisher vergeblich – den Gesetzgeber auf, seinen Pflichten nachzukommen. Daher ist eine umfassende Überarbeitung des BPersVG überfällig, welche Leistung und Zuverlässigkeit des öffentlichen Dienstes würdigt, und zugleich die zahlreichen Regelungslücken beseitigt, die sich seit 1974 durch Änderungen in der Arbeitswelt ergeben haben (z.B. bei Beteiligungstatbeständen oder ressortübergreifenden Maßnahmen).

Ebenso bildet das zuletzt 1997 novellierte SBG die Bundeswehr der Jahre 1994/ 1996 ab, nicht die heutige Freiwilligenarmee im Einsatz.

Hieraus folgen vielfache Notwendigkeiten einer umfassenden Modernisierung:

Besonderheiten der Statusgruppen respektieren: Dem Statusgruppenprinzip des öffentlichen Dienstes folgend, muss es Kennzeichen jeder sinnvollen Regelung sein, dass für die Soldaten ebenso wie für die Beamten und Arbeitnehmer der Bundeswehr in den Angelegenheiten, die allein Angehörige einer Gruppe betreffen, auf die jeweilige Gruppe zugeschnittene Beteiligungsrechte zu schaffen. Dieses seit Jahrzehnten bewährte Prinzip spielt auch weiterhin bei der Beteiligung in Disziplinar- und Beschwerdesachen sowie im Bereich der Betreuung und Fürsorge für die Soldaten eine besondere Rolle.

Keine Schlechterstellung ohne sachlichen Grund: Hingegen muss in Angelegenheiten, die sowohl Soldaten als auch Beamte oder Arbeitnehmer einer Dienststelle betreffen, die bisher praktizierte Diskriminierung der Soldaten in den Dienststellen nach § 2 SBG beendet werden. Wenn also für eine Maßnahme ein Mitbestimmungsverfahren nach dem Bundespersonalvertretungsrecht durchgeführt wird, und wenn von dieser Maßnahme auch Soldaten betroffen sind, dann müssen in diesem Verfahren die Belange der betroffenen Soldaten abgebildet werden, und zwar mit dem Stimmgewicht, der ihrem Anteil an den Betroffenen entspricht. Es ist nicht mehr hinnehmbar, dass dann, wenn von einer Maßnahme mehrheitlich Soldaten betroffen sind, aus ihnen eine Minderheit bei der Abstimmung gemacht wird, indem nur einem Teil davon das Wahlrecht zu den Personalräten eingeräumt wird.

Soldaten in zivilen Bereichen: Nach diesem Maßstab sind den Soldaten, die nicht in den Streitkräften tätig sind, die unverkürzten Rechte der Beschäftigten nach dem Personalvertretungsrecht einzuräumen. Dienstbetrieb und Dienstabläufe in den „zivilen“ Bundesämtern, Dienstleistungszentren, Karrierecentern, Schulen sind nicht durch militärische Erfordernisse geprägt, die irgendeine Einschränkung der Rechte der Soldaten rechtfertigen könnten. Dies gilt in gleicher Weise für Soldaten außerhalb der Bundeswehr (z.B. im Auswärtigen Dienst, in den Sicherheitsdiensten oder in den obersten Bundesbehörden).

Doppelverfahren abschaffen: Das heutige Recht eines unkoordinierten Nebeneinanders der Gesetze führt dazu, dass für ein und dieselbe innerdienstliche oder organisatorische Maßnahme in aller Regel getrennte Verfahren nach dem BPersVG und dem SBG durchgeführt werden müssen. Kennzeichen dieses Systems ist, dass sich bei der Berücksichtigung der Belange des Personals Minderheiten strukturell immer durchsetzen, sobald und solange ihnen ein stärkeres Beteiligungsrecht eingeräumt wird.

Zusätzlich binden diese Mehrfachverfahren Zeit und Personal in erheblichem Umfang, und sind auch in besonderem Maße anfällig für Verfahrensfehler. Daher müssen BPersVG und SBG so miteinander verknüpft werden, dass für eine Maßnahme grundsätzlich nur ein Beteiligungsverfahren stattfindet. Hierzu müssen alle Beteiligungstatbestände und alle Beteiligungsgremien sinnvoll in einem integrierten Beteiligungsverfahren zusammen geführt werden.

Mündige Selbstbestimmung zulassen: Bisher entscheiden letztlich die Gerichte darüber, ob die Soldaten einer Dienststelle Vertrauenspersonen oder Personalvertretungen wählen. Dadurch werden immer wieder Belegschaften vor Ort in gerichtliche Verfahren gezogen, was die Zusammenarbeit vor Ort beeinträchtigt. Auch Soldaten wissen als erwachsene Menschen selbst am besten, welche Beteiligungsform für ihre Dienststelle „passt“. Daher sollte diese Entscheidung in die Hände der betroffenen Menschen in der jeweiligen Dienststelle gelegt werden, und ihrer Mehrheitsentscheidung vertraut werden. Dazu ist es erforderlich, das Wahlrecht vor Ort und auf den höheren Führungsebenen zu entflechten.

Örtliche Angelegenheiten vor Ort regeln: Eine Besonderheit der Bundeswehr liegt darin, dass sämtliche „Behörden der Mittelstufe“ nicht regionale, sondern bundesweite sich überlappende Geschäftsbereiche haben. Im Rahmen des § 82 Abs. 5 BPersVG führt dies dazu, dass viele lokale Beteiligungsvorgänge kopflastig und ortsfern in die Zuständigkeit des Hauptpersonalrats fallen. Beteiligung kann aber nur dann als wirksam erlebt werden, wenn sie ortsnah stattfindet. Daher sind die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, um für örtliche Maßnahmen auf Kasernen- und Standortebene örtliche Ausschüsse einzurichten, so dass die Ausschüsse in einem Verfahren der „Beteiligung aus einer Hand“ sämtliche Beteiligungstatbestände nach beiden Gesetzen wahrnehmen können. Die Rechte der Stufenvertretungen bei Nichteinigung bleiben davon unberührt.

Einsatztaugliche Einsatzregeln schaffen: Für das SBG besteht seit 1994 eine „Einsatzklausel“ (§ 24 Abs. 3 SBG), welche die Erfahrungen der ersten Auslandseinsätze verarbeitet. Für die Personalvertretungen besteht bis heute keine Einsatzregelung, während dies etwa für die Bundespolizei und die Geheimdienste seit Jahrzehnten geübte und bewährte Praxis ist. Die Praxis behilft sich mit einer „freiwilligen Nichtausübung“ der Beteiligungsrechte durch die Personalvertretungen. Eine solche Schönwetterregelung reicht nicht. Es muss eine ausgewogene Einsatzregelung mit Wirkung auch für das BPersVG geschaffen werden, die dann allerdings auch durch das BMVg vollumfänglich in der Praxis umgesetzt und vor Ort durchgesetzt wird. Was die Bundespolizei in Gorleben und für die GSG 9 sicherstellen kann, das kann auch für die Bundeswehr nicht unmöglich sein.

Benachteiligung der Vertrauenspersonen abstellen: Auch und gerade für den Bereich der persönlichen Rechtsstellung gilt der Grundsatz, dass der Dienstherr Bundeswehr „Wertschätzung“ für seine Soldaten nicht länger dadurch zum Ausdruck bringen darf, dass er sie in der eigenen Dienststelle tagtäglich gegenüber anderen Angehörigen der Dienststelle ohne triftigen Grund diskriminiert.

Die Vertreter der Soldaten müssen daher umgehend gleichwertige Schutzrechte erhalten wie die Vertreter der Beamten und Arbeitnehmer. Es gibt keine „militärischen Gründe“, warum etwa Vertrauenspersonen grundsätzlicher schlechter ausgebildet werden oder nicht den gleichen Zugang zu Infrastruktur und Arbeitsmitteln (Intranet, Internet, Vorschriftentexte, Rechtskommentare, Schulungs- und Bildungsveranstaltungen) wie Personalräte haben dürfen. Die derzeit geltenden Schlechterstellungen sind Ausdruck der Geringschätzung und können daher nicht Teil eines attraktiven Berufsbildes sein.

Zur notwendigen Wertschätzung qualifizierter junger Soldaten gehört schließlich auch, dass ihren personellen, innerdienstlichen und sozialen Belangen mindestens die gleiche Beachtung geschenkt wird, wie dies bei den Arbeitnehmern und Beamten der Dienststellen seit jeher der Fall ist. Dies erfordert insbesondere eine wirksamere Ausgestaltung der Beteiligung bei Personalmaßnahmen. Ebenso ist die Mitbestimmung im Bereich der Betreuung und Fürsorge, aber auch in Kernfragen des Dienstbetriebes zu stärken. Die Wahrung von Arbeitsschutz und Unfallverhütungsvorschriften, der Vereinbarkeit von Familie und Dienst, sowie der Schutz vor unzulässigen Benachteiligungen im Dienst sind als Aufgaben und als durchsetzungsfähige Beteiligungsrechte der Soldaten gesetzlich zu beschreiben.

Mehr Wertschätzung für hervorragende Arbeit

Alle Menschen der Bundeswehr haben Anspruch auf ein gutes Einkommen. Dafür müssen alle Stellenzulagen um 40 Prozent steigen, denn sie sind seit Jahrzehnten eingefroren. Für freiwillig Wehrdienstleistende sind die Leistungen nach dem Wehrsoldgesetz und dem Unterhaltssicherungsgesetz um bis zu 40 Prozent anzuheben und regelmäßig an den Lebensstandard anzupassen. Die Leistungen für die Angehörigen der Reserve müssen an das Niveau der Soldaten auf Zeit und der Berufssoldaten angeglichen werden.

Um dauerhaft ein attraktives und konkurrenzfähiges Besoldungsgefüge in der Bundeswehr zu etablieren bedarf es, über bereits realisierte Verbesserungen hinaus, einer Weiterentwicklung der Besoldung, unter Berücksichtigung soldatenspezifischer Besonderheiten. Gleiches gilt für die freiwillig Wehrdienstleistenden (FWDL) und Reservistendienst Leistende (RDL). Hier muss es Änderungen hinsichtlich der Leistungselemente des Unterhaltssicherungsgesetzes (USG) und des Wehrsoldgesetzes (WSG) geben. Aufgrund der Existenz vieler ungeordneter Zulagen bedarf es einer grundlegenden Überarbeitung und Zusammenfassung der für die Bundeswehr relevanten Stellen- und Erschwerniszulagen sowie einer Anpassung der zum Teil seit Jahrzehnten nicht erhöhten Beträge. Zur Eröffnung von Beförderungsperspektiven und einer Angleichung der Besoldung an die Beamten muss z.B. die Besoldung der Oberfeldwebel/Oberbootsmänner aus der Besoldungsgruppe A8 und die Anhebung der prozentualen Obergrenzen für Spitzendienstgrade in den Fußnoten der Besoldungsordnung erfolgen. Für die FWDL und Reservistinnen und Reservisten ist seit längerer Zeit eine Novellierung des Unterhaltssicherungsgesetzes (USG) und Wehrsoldgesetzes (WSG) überfällig, weil die Leistungen teilweise seit 1990 nicht mehr angepasst worden sind. Durch die Besteuerung der Leistungen der FWDL seit jüngster Zeit ist es zu Einkommensverlusten gekommen.

Darüber hinaus sind zur Verbesserung und Sicherstellung eines guten und angemessenen Einkommens aller Soldatinnen und Soldaten weitere Maßnahmen erforderlich. Stellen- und Erschwerniszulagen mit gleichen Voraussetzungen (z.B. Vorbemerkung Nr.4 Außendienstzulage) können zusammengefasst werden, Zulagen die seit 1990 gleich geblieben sind müssen um mindestens 40 Prozent erhöht und künftig dynamisiert werden (z.B. Vbm. Nr.4a KpFw-Zulage; Vbm. Nr.5 Personal in flugzeugtechnischer Verwendung, Vbm. Nr.6a Zulage für Nachprüfer/ § 23h EZulVO Fallschirmspringerzulage usw.). Für neue spezialisierte Tätigkeiten sind ferner neue Zulagen einzuführen oder vorhandene Zulagen umzustrukturieren (z.B. IT-Zulage, EGB-Zulage). Letztlich muss die Ruhegehaltfähigkeit aller Stellenzulagen wieder eingeführt werden. Die Besoldungsordnungen für Soldatinnen und Soldaten müssen ergänzt und geändert werden; konkret sind die Oberfeldwebel/Oberbootsmänner der höheren Besoldungsgruppe A8 zuzuordnen und die Anhebung der Prozentangaben in der Fußnote 4 zur Besoldungsgruppe A9 von 40 Prozent auf 50 Prozent und der Fußnote 15 zur Besoldungsgruppe A13 von 3 Prozent auf 6 Prozent anzuheben.

Des Weiteren sind die Leistungen für FWDL und Reservisten des USG und WSG um bis zu 40 Prozent zu erhöhen sowie künftig an steigende Lebenshaltungskosten mittels Rechtsverordnung anzupassen. Die Mindestleistungen des USG für die RDL sind an die (Netto-) Besoldung der aktiven Soldatinnen und Soldaten mit gleichem Dienstgrad anzugleichen. Für die FWDL und RDL ist derzeit eine Novelle des WSG und USG anhängig, in der die entsprechenden Forderungen eingebracht werden.

Vor dem Hintergrund, dass eine Überarbeitung des Zulagenwesens bereits Gegenstand des Maßnahmenpakets des BMVg zur Steigerung der Attraktivität des Dienstes in den Streitkräften (2011) war, jedoch bislang nicht zur Umsetzung gelangt ist, besteht diesbezüglich nach wie vor akuter Handlungsbedarf. Ebenso bedarf es dringend der Verlängerung bzw. Entfristung der sogenannten Kommandanten- bzw. Rettungsmediziner- und Gebietsärztezulagen, die andernfalls Ende des Jahres auslaufen werden.

Perspektiven

Ein attraktiver Arbeitgeber bietet den Menschen gute Aussichten im Berufsleben und eine gute Absicherung danach. Nur wer nach der Dienstzeit gute Perspektiven hat, wird den Weg in die Bundeswehr finden.

Bildung für ein ganzes Leben

Alle Soldatinnen und Soldaten müssen für die Zeit nach dem Ausscheiden aus der Bundeswehr individuelle und zielgerichtete berufliche Qualifikationen erhalten. Dazu gehört auch eine Zertifizierung von Ausbildungsabschnitten.

Die Bildungslandschaft in Deutschland und Europa hat sich besonders in den letzten zehn Jahren dramatisch verändert. Die Bundesrepublik Deutschland ist Mitbegründer dieser europäischen Bildungsentwicklung mit u.a. dem Bologna-Prozess sowie dem Kopenhagen-Prozess. Das Konzept des „Lebenslangen Lernens“ hat in den letzten Jahrzehnten an Bedeutung gewonnen und Einzug in die bildungspolitischen Gestaltungsräume gefunden. „Lebenslanges Lernen hilft, den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu stärken und Ausgrenzung so weit wie möglich zu vermeiden. Im Rahmen einer Gesamtstrategie soll das Ziel verfolgt werden, die Bildungsteilhabe zu erhöhen, allen Menschen mehr Chancen zur persönlichen, ihren Begabungen entsprechenden gesellschaftlichen und beruflichen Entwicklung zu ermöglichen und den Standort Europa mitzugestalten“, so das Bundesministerium für Bildung und Forschung bereits im Jahr 2004.

Diese bildungspolitischen Forderungen waren u.a. ein fester Bestandteil der Ergebnisse der bisher durchgeführten Demografiegipfel der Bundesregierung. Der DBwV war in der Vorbereitung des zweiten Demografiegipfels der Bundesregierung, der am 14. Mai 2013 in Berlin stattfand, seit Oktober 2012 in mehreren Unterarbeitsgruppen der Arbeitsgruppe "Der öffentliche Dienst als attraktiver und moderner Arbeitgeber" vertreten. In einer Unterarbeitsgruppe konnten die Forderungen zur Qualifizierungsoffensive im Rahmen eines Bildungskonzeptes für das ganze Leben bereits eingebracht und verfolgt werden.

Die Bundeswehr, einer der größten deutschen Arbeitgeber, hat bereits in der Vergangenheit sehr viel Wert auf einen steten und dauerhaft angelegten Qualifizierungsprozess ihrer Angehörigen gelegt. So werden besonders die Soldatinnen und Soldaten aller Laufbahngruppen ständig aus- und weitergebildet, so dass sie ihre sehr vielfältigen Aufträge und Aufgaben wahrnehmen können. Die Bildungslandschaft der Bundeswehr – zivil und militärisch – ist bisher sehr differenziert und unübersichtlich, so dass hier im Rahmen der Neuausrichtung eine – wo möglich – Zusammenführung erfolgen muss. Es ist daher notwendig, die zahlreichen Bildungseinrichtungen der Bundeswehr in eine Fachaufsicht zu stellen, damit eine bessere Koordinierung möglich ist. Erste Schritte wurden z.B. durch die Aufstellung des Bildungszentrumszentrums der Bundeswehr eingeleitet.

Es ist sehr wichtig und von hervorgehobener Bedeutung, dass alle Soldatinnen und Soldaten sowie zivile Beschäftigte individuelle und zielgerichtete berufliche Qualifikationen erhalten, die während der Dienstzeit Aufstiegsmöglichkeiten eröffnen und für die Zeit nach der Bundeswehr nutzbar sind (wie derzeit insbesondere das Studium der Offiziere und der Beamten sowie die zivil-anerkannte Aus- und Weiterbildung der Zeitsoldaten). Die zivile Anrechnung der Bundeswehrtätigkeit sowie die generelle zivile Anerkennung der bei der Bundeswehr erworbenen Bildungsabschlüsse sind zwingend erforderlich. Die vielen Qualifizierungen der Angehörigen der Bundeswehr müssen einer Zertifizierung mit der Zielsetzung unterliegen, dass Ausbildungsstandards, aber auch persönliche Fähigkeiten in einheitlichen Standards nachgewiesen werden.

Grundlage für das lebenslange Bildungskonzept ist es, dass die bei der Bundeswehr erworbenen beruflichen Qualifikationen auch im täglichen Dienst Anwendung finden, damit diese Kenntnisse bei weiteren Bildungsmaßnahmen und im späteren Berufsleben nach der Dienstzeit Berücksichtigung finden.

Zur Dokumentation des Prozesses des lebenslangen Lernens muss für die Angehörigen der Bundeswehr ein Bildungs- bzw. Qualifizierungspass geschaffen werden, der alle Qualifikationen und berufspraktischen Tätigkeiten qualifiziert aufführt. Durch diesen Pass wird dokumentiert, welche für weitere Qualifikationen notwendigen Voraussetzungen bereits erfüllt sind („Bildungsbiografie“) und den individuellen Bildungs- bzw. Handlungsbedarf aufzeigt. Für die Angehörigen der Bundeswehr soll die Einführung des Qualifizierungspasses zudem zu einer größeren Transparenz und besseren Durchlässigkeit der Laufbahnen innerhalb der Bundeswehr führen, auch in Verbindung mit Statuswechsel.

Im Rahmen des lebenslangen Lernens müssen alle Angehörigen der Bundeswehr die Möglichkeit eröffnet bekommen, an den Hochschulen und Bildungseinrichtungen der Bundeswehr Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen zu besuchen (ggf. als Dienstzeit begleitende Maßnahmen; Fernstudiengänge). Ferner muss das System des e-learnings optimiert und ausgeweitet werden.

Angehörige der Bundeswehr, die Qualifikationen außerhalb des dienstlichen Rahmens erreichen („Selbstqualifikation“), sind zu unterstützen und dienstlich zu fördern.

Perspektiven über alle Laufbahnen hinweg

Gute Soldatinnen und Soldaten sowie Zivilbeschäftigte in der Bundeswehr müssen eine breite Chance zum Aufstieg haben. Eine Durchlässigkeit der Laufbahnen wird bessere Karrieremöglichkeiten ermöglichen. Die Bundeswehr muss deshalb ein größeres Stellenpaket für den Laufbahnwechsel vorhalten.

Immer wieder führen die Jahresberichte des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages lange Wartezeiten für Beförderung und Einweisung, insbesondere bei der Beförderung zum Stabsfeldwebel, als Kritikpunkt an. Hinzu kommt eine mangelnde Transparenz hinsichtlich der Dienstposten- und Planstellenlage. Auch geraten die Mindestwartenzeiten für Beförderungen immer mehr unter Druck. Viele Soldatinnen und Soldaten führen an, dass der Werdegang nicht verbindlich festgelegt wird oder nicht planungsgemäß umgesetzt wird.

Inzwischen sind bei Soldaten auf Zeit Verpflichtungszeiten bis zu 25 Jahren möglich. Gleichwohl fehlt es an einer Möglichkeit, das Dienstverhältnis vorzeitig auf eigenen Antrag beenden zu können. Ebenfalls wäre zu prüfen, ob gegen Kostenerstattung nicht schon während der Sperrfristen für die „Kündigung“ das Dienstverhältnis beenden kann. Jeder Unzufriedene, der die Bundeswehr – unter Wahrung der berechtigten Interessen des Dienstherrn – verlassen könnte, würde seine Planstelle für die Förderung motivierter Beförderungsanwärter freimachen.

Ein länger verpflichteter Soldat auf Zeit hat keine „Ausstiegsklausel“ und hat gegenüber dem Berufssoldaten, der kündigen kann, in der Gestaltung seiner beruflichen Karriere deutliche Nachteile. Dies ist ein Wertungswiderspruch, der zu Gunsten der Soldatinnen und Soldaten auf Zeit aufzulösen ist; denn schließlich genießen diese – anders als die Kameraden im Status eines Berufssoldaten – gerade keine lebenslange Alimentierung.

Um die seit Jahren bestehenden Beförderungs- und Einweisungsstaus endlich aufzulösen und damit die Versprechungen einzulösen, die bereits vor mehr als einem Jahrzehnt im Rahmen des Attraktivitätsprogramms von 2002 gemacht wurden, muss die Fußnote im Bundesbesoldungsgesetz für die Anteile Haupt- und Stabsfeldwebel (Fußnote 4 Anlage I) auf 50 % angehoben werden. Die Anteile der Planstellen A13 für Stabshauptleute müssen von heute 3 % auf 6 %, gemessen an allen Planstellen der Offiziere des militärfachlichen Dienstes, verdoppelt werden.

Der Dienstherr muss dafür Sorge tragen, dass die Wartezeiten für die Planstelleneinweisungen und Beförderungen 18 Monate nicht überschreiten, andernfalls müssen die Soldatinnen und die Soldaten in vollem Umfang schadlos gestellt werden. Die Schere zwischen Dienstposten und Planstellen soll und muss so klein als möglich gehalten werden.

Die Übernahmechancen zum Berufssoldaten sind insbesondere bei den Unteroffizieren minimal. Dies ist auch eine Folge der Neuausrichtung der Bundeswehr, die einen signifikant kleineren Anteil an Berufssoldaten vorsieht. Das Verhältnis zwischen Antragsstellern und Übernahmemöglichkeiten muss transparenter gestaltet werden, insbesondere hinsichtlich des Bedarfs.

Aber auch für die Soldatinnen und Soldaten, die die Hürde der Übernahme ins das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten genommen haben, müssen weitere Perspektiven eröffnet werden: in Analogie zu den §§ 26 und § 27 Bundeslaufbahnverordnung könnten Möglichkeiten für die Unteroffiziere geschaffen werden, auch später als bisher in die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes aufsteigen zu können.

Im Soldatengesetz fehlt eine dauerhafte Regelung der Möglichkeiten vorzeitiger Zurruhesetzung im Sinne des Streitkräftepersonalstruktur-Anpassungsgesetzes. Nur so kann gewährleistet werden, dass die Überhänge im Personalkörper auch tatsächlich abgebaut werden. Dies ist derzeit nicht möglich, weil nach geltender Rechtslage die Anzahl der Möglichkeiten vorzeitiger Zurruhesetzungen gedeckelt und zudem bis 2017 befristet ist. Dadurch kann weniger als die Hälfte des tatsächlichen Personalüberhangs abgebaut werden. Nur wenn es gelingt, den Personalkörper der planerischen Vorgabe wenigstens ungefähr anzugleichen, können die genannten Maßnahmen zur Verbesserung der Karriereperspektiven auch Wirkung entfalten.

SaZ für den Arbeitsmarkt

Die Bundesregierung hat eine Vereinbarung mit der deutschen Wirtschaft abzuschließen: Diese wird jeder Soldatin und jedem Soldaten auf Zeit die Möglichkeit zur Anschlussbeschäftigung in der Wirtschaft bieten. Arbeitgeber werden dadurch qualifizierte Fachkräfte gewinnen. Eine Alternative muss die Übernahme in die Bundeswehrverwaltung oder in den übrigen öffentlichen Dienst sein. Eine umfassende Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt gehört dazu.

Im Rahmen der Neuausrichtung der Bundeswehr und in Verbindung mit der Entwicklung hin zu einer Freiwilligenarmee, haben die Soldatinnen auf Zeit und Soldaten auf Zeit (SaZ) an Bedeutung gewonnen.

Das Dienstverhältnis der SaZ ist von vorne herein zeitlich befristet. Im Rahmen der Fürsorge für seine SaZ haben der Gesetzgeber sowie der Dienstherr die Pflicht, alle notwendigen Maßnahmen für eine erfolgreiche Eingliederung – also den Wechsel in das Erwerbsleben nach der Dienstzeit als SaZ – zu veranlassen. Neben der zivil-nutzbaren Qualifizierung während der Dienstzeit (Zivil-Anerkannte Aus- und Weiterbildung im Rahmen der fachmilitärischen Ausbildung, Studium der Truppenoffiziere etc.), der Berufsförderung und der Dienstzeitversorgung (Übergangsbeihilfe und Übergangsgebührnisse) bedarf es auch weiterer Anstrengungen in Bezug auf die Vermittlung im Rahmen der Eingliederung.

In den letzten Jahren wurden die Netzwerke zwischen Bundeswehr und Wirtschaft gegründet bzw. ausgebaut, die u.a. auch die erfolgreiche Eingliederung der SaZ zur Zielsetzung haben. In 2012 wurde ferner der Kooperationserlass zwischen Bundesagentur für Arbeit und der Bundeswehr erneuert, so dass eine bessere arbeitsmarktorientierte Eingliederung erfolgen kann. Jedoch besteht bei den Kooperationen mit der Wirtschaft (gemeint sind hier immer einzelne Akteure, weil es die Wirtschaft als Ganzes und einheitlichen Ansprechpartner in diesem Zusammenhang nicht gibt!) jegliches Engagement seitens der Wirtschaft auf freiwilliger Basis. Motiviert wird die Wirtschaft im Regelfall durch den Fachkräftemangel und die „passgenaue Bereitstellung“ ebendieser Fachkräfte durch die Bundeswehr in Form von ausscheidenden SaZ.

Aus den vorgenannten Gründen fordert der Deutsche BundeswehrVerband die weitere Optimierung des Berufsförderungsdienstes (BFD) in quantitativer und qualitativer Hinsicht: Es bedarf für die individuelle Betreuung eines jeden SaZ einer ausreichenden Anzahl an Beratern, die über eine entsprechende fundierte Ausbildung als Förderungs-, Berufsberater und Vermittler (z.B. im Rahmen des in 2013 eingeführten Jobservices) verfügen. Der Beratungsservice des BFD muss einem hohen qualitativen Niveau entsprechen. Zu den Aufgaben des BFD gehören eine den Vorstellungen der Soldaten gerecht werdende Förderung, die wegbereitende und qualifizierte Betreuung sowie die reibungslose finanzielle Abwicklung. Durch die enge Kooperation mit der Wirtschaft sollte das Personal des BFD durch ein besonderes Assessment-Verfahren ausgewählt werden. Nach der intensiven Aus- und Fortbildung muss das Personal des BFD langfristige Karrieremöglichkeiten aufgezeigt bekommen, damit die notwendige Routine und die Netzwerkbildung mit der Wirtschaft nicht durch hohe personelle Fluktuation auf der Strecke bleibt.

Um gut qualifiziert für eine Erwerbstätigkeit nach der Dienstzeit gewappnet zu sein, müssen militärfachliche Ausbildungen zu zivilberuflichen Abschlüssen führen. Die militärische Tätigkeit muss zur Folge haben, dass spätere Bildungsabschlüsse einfacher erreicht werden können. Das setzt auch voraus, dass die Soldatinnen und Soldaten aufgaben- und qualifikationsgerecht in der Bundeswehr eingesetzt und verwendet werden. Der Nachweis dessen soll durch einen Bildungs- bzw. Qualifizierungspass erfolgen. Dadurch wird auch den potentiellen zukünftigen Arbeitgebern der Wirtschaft dokumentiert, welche Qualifikationen und Berufserfahrungen bereits vorhanden sind. Zwingend ist dafür die Übersetzung der bundeswehrspezifischen Fachsprache in „Wirtschaftsdeutsch“. Kernstück dieses Qualifizierungspasses sind der Deutsche sowie der Europäische Qualifikationsrahmen, weil diese durch eine transparente Zuordnung von Qualifikationen zu gültigen Niveaustufen die wichtige Scharnierfunktion zwischen den verschiedenen Qualifikations- und Bildungssystemen wahrnehmen sollen. Ziel ist es, die Verbesserung der Durchlässigkeit der Bildungssysteme sowie eine bildungsbereichsübergreifende Anerkennung von auf unterschiedlichen Wegen erworbenen, aber trotzdem als gleichwertig eingestuften Kompetenzen, zu erreichen.

Voraussetzungen von jeglichen Forderungen in Bezug auf die Eingliederung der SaZ gegenüber der Wirtschaft ist die Vorreiterrolle des öffentlichen Arbeitgebers. Hier müssen zumindest die bereits gesetzlich geregelten Eingliederungshilfen des Soldatenversorgungsgesetzes eingehalten werden. Die durch Gesetz festgelegten Vorbehaltstellen für Inhaber von Eingliederungs- und Zulassungsscheinen müssen uneingeschränkt durch die Einstellungsbehörden gemeldet werden, so dass Scheininhaber in den öffentlichen Dienst eingegliedert werden können. Bei der Übernahme in den öffentlichen Dienst des Bundes und der Länder sind mindestens die ursprüngliche Besoldung aus dem letzten Dienstgrad und die Anrechnung der Vordienstzeit zu berücksichtigen, ferner muss im Tarifrecht die Dienstzeit bei der Stufenzuordnung als „einschlägige Berufserfahrung“ anerkannt werden. Optimal wäre neben den vorgenannten eingeschränkten Möglichkeiten des Soldatenversorgungsgesetzes die generelle Übernahme in die Bundeswehrverwaltung oder in den übrigen öffentlichen Dienst. Das Projekt „Binnenarbeitsmarkt“ innerhalb der Bundeswehr kann als Vorbild dieser Forderung betrachtet werden.

Neben der Ausschöpfung eigener Eingliederungsmöglichkeiten im öffentlichen Dienst sollte aber auch die gesamtgesellschaftliche Verantwortung für unsere SaZ seitens der Bundesregierung bei der deutschen Wirtschaft eingefordert werden: Es sollen Vereinbarungen mit der deutschen Wirtschaft getroffen werden, so dass jedem SaZ vor dem Dienstzeitende die Möglichkeit zur Anschlussbeschäftigung in der Wirtschaft angeboten werden kann.

Wichtiges ziviles Know-How

Die Zahl der zivilen Beschäftigten darf nicht weiter sinken. Eine weitere Auslagerung von Personal und Kompetenz an andere Bundesressorts oder externe Gesellschaften ist abzulehnen. Die Streitkräfte sind auf die Kompetenz und Unterstützung der zivilen Beschäftigten nach wie vor angewiesen.

Es gibt keine funktionsfähige Einsatzarmee ohne qualifiziertes Zivilpersonal. Bei Aufstellung der Bundeswehr wurde aus einer Mehrzahl politischer Erwägungen entschieden, dass - abweichend von der „Intendantur“ früherer deutscher Armeen und ebenso abweichend von den Gewohnheiten der meisten NATO-Partner - für etliche Dienstbereiche und Tätigkeiten Personal in einem zivilen Status als Arbeitnehmer oder Beamter eingesetzt werden sollte. Im Rahmen der Neuausrichtung hat sich die Bundeswehr 2012 zum Ziel gesetzt, aus den verschiedenen Statusgruppen einen gemeinsamen Personalkörper mit bundeswehrgemeinsamem Denken zu formen.

Dies bedeutet zwangsläufig, dass auch im Bereich des Zivilpersonals die langjährig praktizierten „Haushaltslösungen“ nicht mehr greifen dürfen. Vielmehr muss ein nicht nur umfangsmäßig, sondern auch strukturell gesunder Personalkörper auch bei Arbeitnehmern und Beamten geschaffen werden. Das erfordert sowohl bewusstes und nachhaltiges Handeln für die Zukunft im Bereich der Personalgewinnung und Personalbindung. Hinzukommen muss auch ein entschlossenes Eingreifen zur Beseitigung oder wenigstens Milderung der dramatischen Folgen der kurzsichtigen Personalpolitik der letzten Jahrzehnte.

Unverändert fehlt eine realistische Aufgabenkritik. Auch die Neuausrichtung 2011 arbeitete mit politisch gegriffenen Umfangszahlen (185.000 Soldaten und 55.000 zivile Mitarbeiter), in deren Rahmen eine Verteilung des Mangels an Haushaltsstellen erfolgt. Eine Aufgabenkritik, welche aus den vorhandenen Aufträgen („level of ambition“) der Bundeswehr die notwendigen Personalumfänge ableiten würde, damit diese Aufträge durchhaltefähig erfüllt werden können, ist nicht erfolgt. Die Bundeswehr behilft sich weiter mit vermeintlichen Zweit- und Drittfunktionen, die in den Stellenplänen nicht abgebildet werden, die große Umfänge an Arbeitszeit binden.

Dies lässt im Endergebnis nur zwei Optionen, damit junge Mitarbeiter die Bundeswehr als zukunftsfähiges Unternehmen erfahren und bereit sind, sich langfristig an dies zu binden: Entweder die Aufgabenkritik wird auf Basis der bestehenden Aufträge nachgeholt, gegebenenfalls auch mit der Folge, dass derzeitigen Personalumfänge angehoben werden (sei es beim Zivilpersonal oder auch bei Soldaten). Oder aber die Bundeswehr verabschiedet sich von Potemkinschen Dörfern der Planung und reduziert den „level of ambition“ in dem Umfang, dass anschließend die verbleibenden Aufträge durchhaltefähig erfüllt werden können.

Wir müssen unsere Verfassung ernst nehmen. Aus gutem Grund beschreibt Artikel 87b des Grundgesetzes verschiedenen Dienstbereiche als Aufgabe der Bundeswehrverwaltung. Auch wenn das Bemühen um autarke Dienstleistungsstrukturen heute andere Schwerpunkte haben muss als in der Zeit des „kalten Krieges“ an der innerdeutschen Grenze, schreibt die Verfassung aus guten Gründen vor, dass in bestimmten Bereichen das BMVg selbst in der Ergebnisverantwortung steht und diese von Verfassungs wegen nicht an andere Stellen abschieben darf. Dies ist keine Frage von Zweckmäßigkeit oder „modernen“ Verwaltungskonzepten, sondern Ausdruck der Fürsorgeverantwortung des Dienstherrn für Leib und Leben der Angehörigen der Bundeswehr.

Vor allem bei Beschaffung und Instandsetzung muss die Bundeswehr zwingend ihre Fähigkeit erhalten, mit der Industrie „auf Augenhöhe“ zu verhandeln. Dazu muss die Systemkompetenz zur Beurteilung, ob gelieferte Ausrüstung oder Dienstleistung ordnungsgemäß ist, ebenso ob Vertragsentwürfe und Angebote aus Sicht der Bundeswehr bedarfs- und sachgerecht sind, erhalten bleiben. Lieferungen, bei denen die gelieferten Geräte oder Dienstleistungen für die Bundeswehr eine „black box“ bilden, gefährden ebenfalls Leib und Leben der Truppe im Einsatz.

Der 1992 bis 2013 praktizierte Einstellungsstopp hat auch zur Folge, dass das aktuell strukturgerechte Soll von 1.300 Arbeitnehmern und Beamten je Geburtsjahrgang in allen Geburtsjahrgängen 1972 und jünger verfehlt wird. In den Jahrgängen 1974 bis 1989 liegt die Jahrgangsstärke sogar unter 1.000 Personen. In den Jahrgängen 1983 bis 1987 liegt sie sogar unter 500 Kollegen, was einem Personalfehl von über 60 % entspricht. Die Bundeswehr geht damit auf einen dramatischen Verwendungsstau für fast 20 ununterbrochene Jahre zu.

Überalterung gefährdet Einsatzbereitschaft. In zahlreichen Bereichen ist der zivile Personalkörper hoffnungslos überaltert. In etlichen Verwendungen liegt das Durchschnittsalter der Beschäftigten bei 52 Jahren und höher. Es muss daher sofort dafür Sorge getragen werden, dass zumindest für künftige Einstellungsjahrgänge (1994 und jünger) das auf der Grundlage der jetzigen Umfangszahl von 55.000 Zivilbeschäftigten festgelegte strukturelle Soll je Geburtsjahrgang vollständig – und einschließlich des notwendigen „Schwunds“ für ungeplante Personalabgänge - aufgefüllt wird. Hierbei muss der Schwerpunkt auf einsatzrelevante Verwendungen, insbesondere technische Verwendungen, gelegt werden.

Es müssen daher umgehend „quotenfreie“ Einstellungskorridore geschaffen werden, die eine Einstellung von Bewerbern dieser „verlorenen Jahrgänge“ auch über das jeweilige Jahres-Soll hinaus gewährleisten. Dafür kommt insbesondere ein Statuswechsel ausscheidender Zeitsoldaten, die Qualifizierung von Bestandspersonal für höhere Laufbahnen, und die Gewinnung lebensälterer Berufsrückkehrer in Betracht – dies jeweils bis zur Grenze des beschriebenen strukturellen Jahrgangssolls.

Die Systemkompetenz der Bundeswehr muss auch personell gesichert werden. Derzeit versetzt die Bundeswehr jährlich über 4.000 zivile Mitarbeiter in den Ruhestand (bzw. in den Rentenbezug). Das in Jahrzehnten erworbene Erfahrungswissen dieser Generation muss zwingend für die Organisation Bundeswehr erhalten bleiben. Daher muss sofort dieser Wissenstransfer auf die nächste Generation Mitarbeiter organisiert werden, bevor diese Generation die Bundeswehr verlassen hat. Dies betrifft vor allem den Rüstungsbereich, aber auch die Logistik.

Einsätze ohne funktionierende Basis Inland sind nicht durchzuhalten. Die Bundeswehr hat sich entschieden, ihre Einsätze zu hohen Anteilen im „Reachback-Verfahren“ auf die logistische und medizinische Basis Inland abzustützen. Es reicht daher nicht, Einsatzverbände aufzufüllen, auszurüsten und auszustatten. Die funktionierende Basis Inland ist vielmehr zwingende Voraussetzung für durchhaltefähige Einsätze und für verantwortbare Überlebenschancen der Truppe im Einsatzgebiet. Vorzeige-Logistik und Vorzeige-Feldlazarette im Einsatzgebiet reichen nicht. Auch Personal, Ausrüstung und Ausstattung der Basiseinrichtungen im Inland müssen so ausgelegt und zur Verfügung gestellt werden, dass sie die Truppe im Einsatz jederzeit optimal unterstützen können. Auch sachlich nicht angezeigte Personalkürzungen in Depots und Krankenhäusern im Inland gefährden Leib und Leben der Kameraden im Einsatzgebiet. Dies muss enden.

Privatisierung ist nur dann gut, wenn es im Sinn der Bundeswehr ist. Insbesondere die vorletzte Strukturreform huldigte einer Privatisierungsideologie, um so papiermäßig Personalumfänge zu reduzieren. Inzwischen mussten etliche „Kooperationsmodelle“ beendet werden, so dass die Bundeswehr diese Aufgaben wieder in eigener Regie aber in kostentreibenden Strukturen (z.B. HIL GmbH) wahrnimmt. Die umfassende Privatisierung von Bewachung und Absicherung auf der Basis des „billigsten Angebots“ gefährdet inzwischen die militärische Sicherheit (siehe Brandanschlag auf Fahrzeuge in Havelberg).

Für die Projekte, die in der Realität keine messbaren Wirtschaftlichkeitsvorteile erbracht haben, ist konsequent die Wiedereingliederung in die Bundeswehr zu prüfen. Vergabeverfahren, die sich zum Nachteil der Qualität der Dienstleistung vorrangig als Lohndrückerei bei den Anbietern auswirken, müssen abgestellt werden.

Gute Azubis für die Bundeswehr

Die zivilen Beschäftigten müssen im Altersdurchschnitt jünger werden. Guten und leistungsstarken Azubis ist eine Perspektive durch Übernahme zu geben. Die Ausbildungswerkstätten der Bundeswehr sind als weitere Möglichkeit der Nachwuchsgewinnung zu erhalten.

Der Personalabbau in der Bundeswehr wurde von 1992 bis 2013 vorrangig mittels eines Einstellungsstopps umgesetzt (so genannte „Haushaltslösung“). Als direkte Folge sind im Bereich der Arbeitnehmer und Beamten sämtliche Geburtsjahrgänge von 1972 bis 1995 aus personalwirtschaftlicher Sicht unterbesetzt. In den Geburtsjahrgängen rund um 1985 ist das Personalfehl dramatisch und liegt sogar über 60 % des jeweiligen Jahrgangs (siehe „Know-how und Kompetenz des Zivilpersonals sichern“).

Diese kurzsichtige Personalpolitik kann für die zurückliegenden Jahrgänge allenfalls noch teilweise gemildert werden. Umso wichtiger ist es, dass die Bundeswehr sofort damit beginnt, zumindest für die Zukunft ihren Personalbedarf altersgerecht und verwendungsgerecht vollständig zu decken.

Dabei muss die Bundeswehr auch in den Blick nehmen, dass sich der Arbeitsmarkt aus demografischen Gründen zunehmend zugunsten der Beschäftigten verändert. Es ist daher zwingend geboten, dass die Bundeswehr nicht auf Zufallsfunde wartet, sondern qualifizierte junge Frauen und Männer in ausreichender Zahl und Qualität für sich gewinnt, und sodann mit überzeugendem Arbeitgeber-Verhalten an sich bindet.

Die Bundeswehr hat einen guten fachlichen Ruf als Ausbildungsbetrieb. Aber sie bietet den eigenen Auszubildenden derzeit keine wirkliche Perspektive. Mit Blick auf die knappen Haushaltsmittel kann es sich die Bundeswehr nicht mehr leisten, am eigenen Bedarf vorbei regionale Wirtschaftsförderung für den allgemeinen Arbeitsmarkt zu betreiben. Hinzu kommt, dass die echte Perspektive einer sinnvollen Dauerbeschäftigung ein überragend wichtiges Merkmal ist für die Entscheidung qualifizierter Bewerber, ihre Ausbildung bei der Bundeswehr durchlaufen zu wollen.

Für die Entscheidung qualifizierter Nachwuchskräfte, der Bundeswehr treu zu bleiben, und nicht zu anderen Arbeitgebern abzuwandern, spielt eine wesentliche Rolle, ob sie die Bundeswehr – schon in der Ausbildung am Beispiel lebensälterer Kolleginnen und Kollegen – als einen Arbeitgeber erfahren, der seine Beschäftigten als Menschen mit möglichst intaktem sozialen Umfeld annimmt und behandelt.

Als Folge des Einstellungsstopps hat die Bundeswehr lange Jahre allenfalls befristete Arbeitsverträge angeboten. Selbst bei Azubis, die sich in der Jugend- und Auszubildendenvertretung engagiert hatten, trat die Bundeswehr vor allem als Arbeitgeber in Erscheinung, der regelmäßig die Gerichte bemühte, um einer Weiterbeschäftigung von Azubis nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung zu entgehen.

Ein Arbeitgeber, der seinen Nachwuchskräften in dieser Weise grundsätzlich ablehnend gegenüber tritt, kann nicht ernsthaft erwarten, dass er die qualifizierten Azubis, die mit ihren Fähigkeiten und Leistungen auch über Beschäftigungsalternativen am Arbeitsmarkt verfügen, an sich binden kann. Vielmehr entfremdet er sich ihnen, lange bevor sie ihre Prüfung bestehen. Diese Abwehrhaltung muss korrigiert werden. Die Bindung qualifizierten Personals – trotz der besonderen Belastungen einer Tätigkeit in der Armee – ist ohne eine positive Haltung der Bundeswehr zum eigenen Nachwuchs nicht möglich.

Die Ausbildungsangebote müssen daher so überarbeitet werden, dass die Auszubildenden im Fall eines erfolgreichen Abschlusses in der Regel durch die Bundeswehr selbst übernommen werden, damit sich die Investition in ihre Ausbildung auch für die Bundeswehr selbst rechnet.

Dabei ist sicherzustellen, dass die Bundeswehr sowohl Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten als Arbeitnehmer oder Beamter wie auch im Dienst als Soldat vorhält. Im Regelfall muss es für alle Auszubildenden, die ihre Ausbildung mit einem ordentlichen Abschluss erfolgreich durchlaufen haben, eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in der B undeswehr selbst geben.

Soweit es dafür sinnvoll ist, sollten die Ausbildungsangebote stärker als bisher auf den eigenen Bedarf der Bundeswehr ausgerichtet werden.

Die Qualifizierung des vorhandenen Personals kann sich ferner nicht auf die erstmalige Laufbahnausbildung beschränken. Vielmehr müssen als Teil des „Binnenarbeitsmarktes Bundeswehr“ vielfache Möglichkeiten der Personalentwicklung geschaffen werden. Die Ausbildungsangebote für höhere Laufbahnen/ Verwendungen müssen immer auch offen stehen für leistungswillige Kolleginnen und Kollegen, die die Befähigung für den Aufstieg in eine höhere Laufbahn erwerben wollen und dafür geeignet sind.

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterliegt bei der Bundeswehr als einem bundesweit tätigen Arbeitgeber mit weltweiten und gefährlichen Einsatzverpflichtungen zwangsläufig besonderen Belastungen. Umso wichtiger ist, dass dieser Arbeitgeber damit glaubwürdig umgeht. Die Bundeswehr muss sich an der Bewältigung dieser familiären Belastungen beteiligen und sich um ihre Mitarbeiter, die in gefährliche Einsätze gehen, sich in anderer Weise aber mit gleichem Engagement sorgen, wie dies weltweit in Risikoländern tätige Unternehmen tun.

Daher ist auch die Art und Weise, wie die Bundeswehr mit Vakanzen infolge Elternzeit umgeht, und wie sie sich auf Berufsrückkehrer nach längerer Familienphase einlässt, ein wesentlicher Faktor für den Entschluss junger Nachwuchskräfte, sich länger an diesen Arbeitgeber zu binden. Die Bundeswehr kann insoweit von ihren Mitarbeitern nicht mehr Rücksichtnahme auf dienstliche Belange erwarten, als sie selbst umgekehrt den persönlichen Belangen ihrer Mitarbeiter entgegen bringt.

Gute Alterssicherung der Soldaten auf Zeit

Alle Soldatinnen und Soldaten auf Zeit müssen eine Versorgungsanwartschaft nach dem Altersgeldgesetz aus der Dienstzeit mitnehmen. Diese Anwartschaft ersetzt die unzureichende Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Soldaten auf Zeit (SaZ), die aufgrund ihres Status während ihrer Dienstzeit in der Sozialversicherung versicherungsfrei sind, werden grundsätzlich in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert. Bei einem Ausscheiden wegen Tod erfolgt eine Nachversicherung nur in den Fällen, in denen von Hinterbliebenen ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente geltend gemacht werden kann.

Der Nachversicherungszeitraum umfasst ausschließlich den Zeitraum, in dem Versicherungsfreiheit bestanden hat, beim SaZ also die aktive Dienstzeit. Liegen innerhalb dieses Zeitraumes Zeiten vor, in denen die Versicherungsfreiheit „suspendiert“ gewesen ist, so sind sie nicht zu berücksichtigen. Auch für die Zeiträume, in denen der SaZ Übergangsgebührnisse nach der Dienstzeit erhält, erfolgt keine Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Für den Nachversicherungszeitraum werden Beiträge, das heißt sowohl Arbeitgeber- wie Arbeitnehmeranteile, auf der Grundlage des summarischen Einkommens aus der Dienstzeit ohne Sozialversicherungsbeiträge, vom Dienstherr gezahlt. Die Beiträge werden fällig, sobald die Voraussetzungen der Nachversicherung eingetreten sind und kein Aufschubgrund vorliegt. Ein solcher Grund liegt z. B. immer dann vor, wenn innerhalb von zwei Jahren nach Ausscheiden aus der versicherungsfreien Beschäftigung voraussichtlich erneut eine andere versicherungsfreie Beschäftigung aufgenommen wird (z.B. als Beamter).

Die Berechnung der Nachversicherungsbeiträge erfolgt nach den für versicherungspflichtige Beschäftigte geltenden Vorschriften mit dem Beitragssatz, der im Zeitpunkt des Eintritts der Voraussetzungen für die Nachversicherung gilt. Der Berechnung der Beiträge und damit auch der späteren Rente werden die Einnahmen aus der Beschäftigung im Nachversicherungszeitraum bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze zugrunde gelegt.

Zusätzlich zu den aufgrund der Dienstzeit erworbenen Rentenansprüchen wird dem Rentenkonto für jeden Monat einer besonderen Auslandsverwendung nach dem Inkrafttreten des Einsatzversorgungs-Verbesserungsgesetz ein Zuschlag in Höhe von 0,18 Entgeltpunkten gutgeschrieben. Der einzelne Einsatz muss ununterbrochen mindestens 30 Tage gedauert haben, insgesamt müssen aber mindestens 180 Tage an Auslandseinsätzen vorliegen. Für die Ermittlung des Zeitraums von 180 Tagen werden Zeiten einer Teilnahme an einer besonderen Auslandsverwendung ab dem 01.12.2002 mitgezählt. Die Zuschläge an Entgeltpunkten kommen aber erst ab Einsatzzeiten ab dem 13.12.2011 in Betracht (siehe § 76e Sozialgesetzbuch VI).

SaZ ist die Möglichkeit einer betrieblichen Altersversorgung verwehrt, so dass neben der vorgenannten Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung lediglich die Möglichkeiten der privaten Altersversorgung zum Tragen kommen. Ob im Säulen- oder Schichtenmodell der Altersvorsorge: die Möglichkeit der betrieblichen Altersvorsorge existiert für SaZ nicht!

Die Bemessungsgrundlage der Nachversicherung sind die Bruttoeinkünfte des SaZ. Die Schlechterstellung der SaZ aufgrund der Nachversicherung resultiert im Wesentlichen aus der Tatsache, dass sie ein geringeres Bruttoeinkommen haben als z. B. ein vergleichbarer Angestellter, der sozialversicherungspflichtig ist. Diese Tatsache ergibt sich aus der fehlenden Beitragszahlung in die gesetzliche Renten-, Arbeitslosen-, Pflege- und Krankenversicherung. Vergleicht man nun die summengleichen Nettoeinkünfte eines Soldaten mit einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer, so muss der sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer dafür über 20 Prozent höhere Bruttoeinkünfte haben, die wiederum die Bemessungsgrundlage für die Sozialversicherungsbeiträge sind. Das Jahresbruttoeinkommen ist ausschlaggebend für die erworbenen Entgeltpunkte.

Durch die Novellierung des Berufsförderungs- und Dienstzeitversorgungsrechts mit dem Bundeswehrreform-Begleitgesetz ergibt sich eine weitere Verschlechterung: Bislang haben die meisten SaZ am Ende ihrer Dienstzeit bis zu zwei Jahren eine Freistellung unter Fortzahlung der Dienstbezüge für Bildungsmaßnahmen erhalten. Dieser Zeitraum wurde bei der Nachversicherung in die Rentenversicherung berücksichtigt. Nach neuem Recht entfällt dieser Anspruch auf eine Freistellung am Ende der Dienstzeit, die für die Eingliederung notwendigen Bildungsmaßnahmen werden dann nach dem Dienstzeitende erfolgen. In diesem Zeitraum erhält der SaZ zwar Übergangsgebührnisse, dieser Zeitraum wird aber nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert. Bei schulischen Bildungsmaßnahmen erfolgt dann im Regelfall keine Beitragszahlung in die Rentenversicherung, bei beruflichen Bildungsmaßnahmen ggf. mit der Bemessungsgrundlage einer Ausbildungsvergütung.

Die vorgenannte Nachversicherung stellt aus Sicht des Deutschen BundeswehrVerbandes daher nur eine „Mindestversorgung“ dar. Besonders die fehlende Säule „betriebliche Altersversorgung“ sowie die Verschiebung des Berufsförderungsanspruches nach Dienstzeitende führen zu einer Benachteiligung.

Im Koalitionsvertrag wird eine Verbesserung der Nachversicherung gefordert. Aus Sicht des Deutschen BundeswehrVerbandes sollten SaZ aufgrund der vorgenannten Defizite in der Altersversorgung eine Versorgungsanwartschaft anstatt der Nachversicherung erhalten. In der letzten Legislaturperiode wurde für Beamte, Richter und Berufssoldaten mit dem Altersgeldgesetz eine entsprechende Regelung geschaffen. Nun ist es an der Zeit, auch die SaZ in dieses Gesetz aufzunehmen. Grundlage sollte hier die Erweiterung des Geltungsbereiches des Altersgeldgesetzes mit der Maßgabe sein, dass SaZ keinen 15%igen Abschlag auf die Versorgungsansprüche erhalten. Auch in Bezug auf die Sieben-Jahres-Frist bedarf es einer Änderung, diese muss an die geltenden SaZ-Modelle angepasst bzw. verkürzt werden (z.B. Fünf-Jahres-Frist).

Ferner müssen die durch den Berufsförderungsdienst geförderten Bildungszeiten nach der Dienstzeit in der Alterssicherung berücksichtigt werden: entweder als weitere zu berücksichtigende Zeiten im Altersgeldgesetz, zumindest aber in der Nachversicherung (Bemessungsgrundlage z.B. Höhe der Übergangsgebührnisse).

Bei Einführung der vorgenannten Bestimmungen darf es zu keinen Kürzungen bei den Berufsförderungsansprüchen sowie der Dienstzeitversorgung (Ausgleichsbezüge, Übergangsgebührnisse und Übergangsbeihilfe) kommen. Diese Leistungen sind dringend notwendig für die erfolgreiche Eingliederung der SaZ in das weitere Berufsleben nach der Dienstzeit bei der Bundeswehr. Eine erfolgreiche Eingliederung ist zum einen die Bundesrepublik Deutschland seinen SaZ schuldig, zum anderen sind zufriedene und erfolgreich eingegliederte SaZ wichtige Positivmultiplikatoren für die Bundeswehr, besonders im Bereich der Personalgewinnung der Bundeswehr!

Gute Alterssicherung der Berufssoldaten und Berufsbeamten

Die Berufssoldaten und Berufsbeamten im Ruhestand dürfen keinen Hinzuverdienstgrenzen mehr unterliegen und werden somit auch attraktive Anschlussbeschäftigungen aufnehmen können. Für geschiedene Berufssoldaten muss beim Versorgungsausgleich die allgemeine Altersgrenze von 62 Jahren als Grundlage für Abzug und Berechnung gelten.

Die Versorgung der Beamten des Bundes, und damit inbegriffen die Versorgung der Berufssoldaten, ist ein eigenständiges System der sozialen Sicherung. Es handelt sich um ein gegenüber der gesetzlichen Rentenversicherung und anderen Alterssicherungssystemen in sich geschlossenes Regelwerk. Mit ihren Leistungen ist die Beamten- und Berufssoldatenversorgung ein zentraler Baustein für die Attraktivität des öffentlichen Dienstes und insbesondere des Dienstes in den Streitkräften.

Zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gehört das sogenannte Alimentationsprinzip. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verpflichtet es den Dienstherrn, den Beamten und seine Familie lebenslang angemessen zu alimentieren und ihm nach seinem Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach Maßgabe der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Der Beamte muss dabei über ein Nettoeinkommen verfügen, das seine wirtschaftliche Sicherheit und Unabhängigkeit gewährleistet.

Nach Kenntnisnahme des 5. Versorgungsberichts der Bundesregierung vom Mai 2013 ist besonders hervorzuheben, dass die Versorgungsempfänger des Bundes durch die seit Beginn der 1990er Jahre praktizierte systemgerechte und wirkungsgleiche Übertragung von Reformmaßnahmen in der gesetzlichen Rentenversicherung auf das Versorgungsrecht mit einem Gesamtvolumen von ca. 4,2 Milliarden Euro einen entscheidenden Beitrag zur Konsolidierung des Bundeshaushaltes geleistet haben. Dadurch ist letztlich erreicht worden, dass die Versorgung der Berufssoldaten, Beamten und Richter des Bundes unter Beachtung der zukünftigen Entwicklung der Zahl der Versorgungsempfänger, des Bruttoinlandproduktes und der Steuereinnahmen nachhaltig und zukunftsfähig ausgestaltet ist. Aus Sicht des Deutschen Bundeswehrverbandes ergibt sich nach derzeitiger Bewertung keine Notwendigkeit, weitere Maßnahmen zur Reduzierung des Versorgungsniveaus vorzusehen. Dies gilt umso mehr, als die in Teilen durch die Rentenreform 2001 bewirkten Einschnitte in das Rentenniveau noch nicht in Gänze umgesetzt sind, während die hiermit korrespondierende Absenkung des Versorgungsniveaus (Höchstversorgung von 75% auf 71,75%) bereits seit dem Januar 2011 vollzogen ist.

Wegen der Besonderheiten, die sich vor allem aus den für Berufssoldaten nach dem Gesetz über die Rechtsstellung der Soldaten (Soldatengesetz) geltenden besonderen Altersgrenzen ergeben, ist jedoch eine gesonderte Betrachtung innerhalb der öffentlich-rechtlichen Versorgungssysteme zwingend erforderlich.

So wirken sich die mit der früheren Zurruhesetzung von Berufssoldaten verbundenen Umstände besonders nachteilig dort aus, wo durch die Zurruhesetzung Einkommenseinbußen nicht mehr hinreichend ausgeglichen werden können oder Einbehalte aufgrund eines gerichtlichen Versorgungsausgleichs wesentlich früher zum Tragen kommen als bei zivilen Beamten bzw. Altersrentnern.

Durch den Wegfall der Zuverdienstgrenzen, zumindest für Einkommen aus der Privatwirtschaft oder als Selbstständiger, würde die Möglichkeit geschaffen, die Absenkung des Nettoeinkommens, bedingt durch die zwangsweise frühere Zurruhesetzung, im Rahmen eines unbegrenzten Zuverdienstes ausgleichen und darüber hinaus attraktive Anschlussbeschäftigungen aufnehmen zu können. Es gilt diesen bereits im Koalitionsvertrag zwischen den Unionsparteien und der SPD (Paket Verteidigungs- und Sicherheitspolitik/Neuausrichtung der Bundeswehr/Attraktivität) verankerten Schritt zügig umzusetzen. In diesem Zusammenhang müssen auch die weitergehenden Hinzuverdienstbeschränkungen für Berufssoldaten mit NVA-Vordienstzeiten bzw. Seiteneinsteiger aufgehoben werden.

Durch den Versorgungsausgleich werden während der Ehezeit erworbene Ansprüche und Anwartschaften auf Versorgung oder Rente im Falle der Scheidung den Ehegatten zu gleichen Teilen wirtschaftlich zugesprochen. Auch nach der mit Wirkung zum 1. September 2009 in Kraft getretenen Strukturreform des Versorgungsausgleichs sind damit insbesondere für ausgleichspflichtige Berufssoldaten überproportionale Belastungen verbunden, für die es keine nachvollziehbaren sachlichen Gründe gibt. Die gleiche Problematik stellt sich – wenn auch regelmäßig in abgeschwächter Form – bei anderen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen mit vorgezogenen Altersgrenzen (z.B. Polizeivollzugsbeamte und Beamte im Feuerwehrdienst der Bundeswehr).

O.a. Benachteiligungen wirken sich in zweifacher Hinsicht aus:

  • Die Bestimmung des auf die Ehezeit entfallenden Versorgungsanteils, der zur Hälfte dem anderen Ehegatten zugesprochen wird, erfolgt nach einer sog. zeitratierlichen Berechnungsmethode. Dabei wird eine am Ehezeitende erreichte (fiktive) Versorgung ins Verhältnis von Ehezeit und Gesamtdienstzeit gesetzt. Der abzugebende Versorgungsanteil wird daher umso höher, je kürzer die Gesamtdienstzeit ist. Die Ehezeit ist im Falle besonderer Altersgrenzen somit „versorgungsintensiver“.
  • Die Kürzung der Versorgungsbezüge um den Versorgungsausgleich beginnt immer bereits ab dem Zeitpunkt der Zurruhesetzung und erfolgt somit über eine deutlich längere Zeitspanne. Der Gesamtkürzungsbetrag wird ungleich höher als bei einem Beamten gleichen Dienstrangs.

Als Lösungsansatz kommt neben einer veränderten Berechnung des Ehezeitanteils der Versorgung unter Zugrundelegung einer fiktiven Altersgrenze (z.B. allgemeine Altersgrenze der Berufssoldaten) insbesondere das Hinausschieben des frühestmöglichen Kürzungszeitpunktes in Betracht. Denkbar wäre hier die Regelaltersgrenze der Berufsbeamten bzw. hilfsweise die allgemeine Altersgrenze der Berufssoldaten.

Einheitlicher Ansprechpartner

Das Verteidigungsministerium hat sich um alle Menschen der Bundeswehr zu sorgen. Es muss Ansprechpartner für all ihre Aktiven und Ehemaligen bleiben: Egal, ob es sich um die Beihilfe, eine Wehrdienstbeschädigung oder den Status als „Veteran“ handelt. Fürsorge gilt ein Leben lang.

Die Bundeswehr gehört mit ihren derzeit rund 184.000 Soldaten sowie den nach wie vor annähernd 85.000 zivilen Beschäftigten nicht nur zahlenmäßig zu den größten Arbeitgebern der Republik; unter dem Aspekt der Komplexität der Gesamtorganisation und hierbei insbesondere der sich aus ihrem verfassungsmäßigen Auftrag ergebenden Anforderungen an die Personalstruktur ist die Bundeswehr einzigartig.

Bereits das Vorhandensein einer neben Beamten und Tarifbeschäftigten dritten Statusgruppen der Soldaten, wiederum untergliedert in FWDL, Soldaten auf Zeit, Berufssoldaten sowie Reservisten, belegt die Sonderrolle der Bundeswehr. Kein anderer Arbeitgeber beschäftigt, bezahlt, führt, betreut und versorgt derart viele Beschäftigte auf der Grundlage unterschiedlichster Rechts- bzw. Dienstverhältnisse. Nirgends sonst gibt es eine vergleichbar große Anzahl befristet Beschäftigter (rd. 124.500 Soldaten auf Zeit) sowie einen jährlichen Regenerationsbedarf von derzeit fast 10 %.

Hinzu kommen zahlreiche weitere bundeswehreigene Besonderheiten: So sind häufige Kommandierungen und Versetzungen, sei es zu Ausbildungszwecken, aus Strukturgründen oder einsatzbedingt systemimmanent. Sie werfen ebenso Probleme und Fragen auf, wie die sich an die aktive Dienstzeit anschließenden Themen der Berufsförderung, der Versorgung oder der Reservedienstleistungen.

Diesem, nicht zuletzt auch durch die Reformen in den zurückliegenden Jahren stetig gestiegenen Beratungs- und Betreuungsbedarf steht eine kontinuierliche Arbeitsverdichtung auf Seiten der für die Betreuung des Personals zuständigen Vorgesetzten gegenüber. Die Privatisierung bestimmter Teilbereiche bzw. ressortfremde Auslagerung vormals eigener Zuständigkeiten erschwert die Situation für die Betroffenen zusätzlich.

Ein Paradebeispiel für diese problematische Entwicklung stellt die Auslagerung der Beihilfebearbeitungsstellen aus den früheren Wehrbereichsverwaltungen zum Bundesverwaltungsamt beim Bundesinnenministerium sowie dem Bundesamt für zentrale Dienst und offene Vermögensfragen beim Bundesfinanzministerium dar. Mit Bekanntgabe dieser Maßnahmen Ende 2012 entstand aus verschiedenen Gründen ein Bearbeitungsstau von bis zu drei Monaten, der spürbar erst Ende 2013 zurückgeführt werden konnte. Eine Situation, die nicht nur für die unmittelbar von der Verzögerung betroffenen Antragsteller je nach Höhe des ausstehenden Betrages teilweise katastrophal war, sondern vor allem die organisatorischen Konsequenzen der Auslagerung deutlich werden ließ. Das Bundesverteidigungsministerium war formal nicht mehr zuständig, mithin also auch nicht in der Lage, eigenverantwortlich Maßnahmen zur Abhilfe zu veranlassen. Letztlich bedurfte es eines stetig zunehmenden öffentlichen Drucks sowie mehrerer ressortübergreifender Absprachen um des Problems endlich - deutlich verspätet - Herr zu werden.

Eine derartige Situation ist gänzlichst inakzeptabel und darf sich zukünftig unter keinen Umständen wiederholen. Ebenso wie der Auftrag der Bundeswehr ein besonderer ist, und das Treueverhältnis zwischen Dienstherr und zumindest den Beamten und Soldaten der Bundeswehr diese in besonderer Weise verpflichtet, muss die Bundeswehr ihre Verpflichtungen insbesondere im Bereich der Fürsorge gegenüber ihrem Personal erfüllen.

Ein Beispiel, wie es sein sollte, ist das Thema: „Versorgung aus einer Hand“. Hier hat der Gesetzgeber Mitte 2013 eine teilweise zum 01.01.2015 sowie ferner zum 01.01.2016 in Kraft tretende Gesetzesregelung geschaffen, mit der die Regelung von Wehrdienstbeschädigungen, der Beschädigtenversorgung sowie die Hinterbliebenenversorgung zukünftig von der Landesebene einheitlich in die Bundeszuständigkeit überführt wird. Mit Abschluss dieser Änderung existiert dann für die betroffenen Soldatinnen und Soldaten, gleichgestellte Zivilpersonen sowie Hinterbliebenen mit dem Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr ein ganzheitlicher, in allen entsprechenden Fragen zuständiger Ansprechpartner im unterstellten Bereich des Verteidigungsressorts.

Sowohl die Dienst- als auch der überwiegende Teil der Arbeitsverhältnisse innerhalb der Bundeswehr sind durch die Besonderheiten des Systems und des speziellen Aufgabenspektrums Bundeswehr geprägt.

Der Verpflichtung zur Leistungserbringung auch unter widrigen und widrigsten Bedingungen, z.B. im Rahmen von Auslandseinsätzen, stehen Begriffe wie Betreuung und Fürsorge gegenüber. Diesem Alleinstellungsmerkmal muss die Bundeswehr - will man sich in Zukunft auf dem Arbeitsmarkt behaupten - gerecht werden und sicherstellen, dass sie in allen Fragen, die ihr Personal unmittelbar betrifft, erster und verantwortlicher Ansprechpartner bleibt.

Keiner wird zurückgelassen!

Die Bundeswehr hat sich noch mehr um die an Leib oder Seele Verletzten zu kümmern und darf in der Fürsorge nicht nachlassen, wenn sie am meisten gebraucht wird. Gerade in der optimalen Versorgung von Einsatzversehrten liegt der Nachweis für das besondere Treueverhältnis zwischen Staat und den Menschen der Bundeswehr. Der Handlungsbedarf ist signifikant. Am Beispiel der posttraumatischen Belastungsstörung: Früherkennung und mehr Akzeptanz müssen alle Einsatzteilnehmer erreichen, um die Dunkelziffer von 50 Prozent zu verkleinern. Für alle Einsatzversehrten muss des Weiteren die gleiche Stichtagsregelung für die Leistungen der Einsatzversorgung gelten.

Das solidarische Prinzip prägt nach wie vor die Bundeswehr.
Es zeigt die besondere Verbindung, sowohl auf horizontaler Ebene, d.h. bei den Kameraden untereinander, als auch vertikal mit dem Dienstherrn.
Besonderen Ausdruck hat es auch im Soldatengesetz gefunden:
§ 1 Soldatengesetz
„Staat und Soldaten sind durch gegenseitige Treue miteinander verbunden.“
Dieses unsichtbare Band der Treue verbindet den Staat mit seinen Soldaten. Die Kodifikation in einem Gesetz symbolisiert ein Verhältnis, welches über den moralischen Anspruch hinaus wächst. Die Treue steht im gegenseitigen Verhältnis zwischen Soldat und Staat bzw. Staat und Soldat. Braucht der Soldat Hilfe, so ist er kein Bittsteller sondern Anspruchsinhaber. Besonderer Ausfluss der gegenseitigen Treue ist die Fürsorgepflicht des Bundes, § 31 Soldatengesetz.

Der Umfang dieser Fürsorgepflicht endet mitnichten beim Soldaten selbst sondern erstreckt sich auch auf deren Familien. Gemeint sind damit der Ehepartner, der eingetragene Lebenspartner und die Kinder. Die erforderliche Fürsorgeverantwortung des Dienstherrn gegenüber den Soldaten kommt sowohl auf verwaltungsrechtlicher Ebene, als auch auf medizinischer Ebene zum Ausdruck.

Besondere Aufmerksamkeit verdient in diesem Zusammenhang die sogenannte „Versorgung aus einer Hand“. Hierbei handelt es sich um ein Gesetz zur Überleitung der Zuständigkeiten der Länder im Bereich der Beschädigten- und Hinterbliebenenversorgung nach dem Dritten Teil des Soldatenversorgungsgesetzes auf den Bund.

Der Deutsche BundeswehrVerband setzt große Erwartungen in dieses Vorhaben, welches in den Jahren 2015 und 2016 umgesetzt werden soll. Aus Sicht des DBwV ist es ein Ausdruck besonderer Fürsorgeverantwortung, der sich die Bundeswehr mit der Übernahme von den Landesversorgungsämtern annehmen will. Der aus der Bundeswehr ausgeschiedene Soldat ist nicht mehr auf die zivilen Landesversorgungsämter angewiesen, sondern kann seine Ansprüche direkt gegenüber der Bundeswehr geltend machen bzw. sich artikulieren.

Ebenfalls zu begrüßen ist die Einrichtung eines besonderen Beauftragten des Verteidigungsministeriums für einsatzbedingte posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) und Einsatzgeschädigte als auch Errichtung eines Psychotraumazentrum am Bundeswehrkrankenhaus Berlin. Eine Maßnahme, die angesichts der in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegenen Betroffenenzahlen dringend erforderlich war.

Es gilt die Mauern einzureißen, die eine Therapie psychisch einsatzgeschädigter Soldaten erschweren respektive unmöglich machen. Gerade die neueste Wittchen-Studie aus dem Jahr 2013 hat gezeigt, dass die Bundeswehr mit einer Dunkelziffer von 50 % psychisch einsatzgeschädigter Soldaten zu rechnen hat. Die Selbstreflexion, Hilfe zu benötigen, die Überwindung Hilfe anzunehmen und der Umgang mit der Erkrankung im Kameradenkreis sowie Familienumfeld dürfen kein Tabuthema mehr sein. Die Kameradinnen und Kameraden müssen in der Mitte der Truppe und der Gesellschaft als ganz normale Einsatzgeschädigte wahrgenommen werden. Hierbei darf es keinen Unterschied zwischen physischer und psychischer Verwundung geben. Beide sind gleichwertig. Entsprechend der tatsächlichen Auslastung und der neuen Wittchen-Studie sind die Kapazitäten der Bundeswehrkrankenhäuser (Personal, stationäre Betten und tagesklinische Plätze) zu erweitern. Hinsichtlich der Screeningverfahren bei Einstellung, vor dem Einsatz und nach dem Einsatz muss durch die Bundeswehr Rechtssicherheit hinsichtlich des Umgangs mit den gewonnenen Ergebnissen erzielt werden.

Verankerung

Gerade nach der Aussetzung der Wehrpflicht muss die Verankerung der Bundeswehr in der Gesellschaft erhalten und vertieft werden. Die Staatsbürger in Uniform erfüllen die Aufträge des Parlaments unter Einsatz von Leib und Leben. Dafür verdienen sie die Wertschätzung und Anerkennung der Gesellschaft und keine Ausgrenzung.

Staatsvertrag „Keine Angst vor Uniformen!“

Die Bundesregierung, die Bundesländer und alle Teile der deutschen Gesellschaft sollten einen Staatsvertrag abschließen, um die Soldatinnen und Soldaten im öffentlichen Leben präsent zu halten. Ziel ist, die Streitkräfte in der Demokratie, ihre sicherheitspolitischen Grundlagen und ihre Rolle in der Mitte der Gesellschaft zu erklären. Die Wertschätzung und Unterstützung von Veteranen und Reservisten hat dabei einen besonderen Stellenwert.

In Zeiten der Freiwilligenarmee führen weniger gewordene Berührungspunkte zwischen Bundeswehr und Gesellschaft vermehrt zu Unverständnis und Unkenntnis über die Soldatinnen und Soldaten als „Staatsbürger in Uniform“. Die Bundeswehr läuft Gefahr, als „Armee aus der Mitte der Gesellschaft“ genau dort nicht mehr stattzufinden und am Rande des gesellschaftlichen Interesses abgehandelt zu werden. Es scheint eine breite gesellschaftliche Koalition für die Solidarität mit den Menschen der Bundeswehr zu fehlen. Anders ist es nicht zu erklären, dass große Teile der Bevölkerung das vielzitierte „freundliche Desinteresse“ gegenüber der Bundeswehr empfinden und einige Teile der Gesellschaft sie sogar ablehnen. Beispiele dafür sind Auszeichnungen für Schulen, die Jugendoffizieren den Zugang für sicherheitspolitische Unterrichtsanteile verbieten wollen, oder Initiativen, denen gefallene Soldaten im Einsatz ein Grund zum Feiern sind.

Außerdem fehlt ein fortwährender Diskurs über das Für und Wider aller einzelnen Bestandteile sicherheitspolitischer Einflussnahme. Dass hierfür durchaus Interesse in der breiten Teilen der Bevölkerung besteht, belegen aktuelle Zahlen. Beispielsweise waren Ende Februar 2014 beim ARD-Deutschlandtrend 74 Prozent der Befragten der Meinung, Deutschland müsse eine größere Verantwortung bei internationalen Krisen einnehmen. Dabei darf der „Faktor Mensch“ nicht zu kurz kommen. Das sind vor allem die Menschen der Bundeswehr, denn sie erbringen den Hauptbeitrag zur Wahrung deutscher sicherheitspolitischer Interessen. Zugleich ist nur mit einer gegenseitigen Integration die Zukunftsfähigkeit der Bundeswehr gesichert. Ohne Akzeptanz und gegenseitige Integration wird es zum Beispiel immer weniger Bewerberinnen und Bewerber für den Soldatenberuf geben. Mit Imagekampagnen allein lässt sich diese inhaltliche Lücke nicht füllen.

Ein Staatsvertrag „Keine Angst vor Uniformen!“ füllt diese Lücke, denn er soll als Anker für die gesellschaftlichen Belange der Menschen der Bundeswehr dienen. Mehr noch als bei anderen Uniform-Berufen, ist eine Initiative der Bundesregierung, der Bundesländer und aller Teile der Gesellschaft notwendig, um beidseitige Berührungspunkte zu schaffen. Die Form des „Staatsvertrages“ als gegenseitige, bindende Vereinbarung ist notwendig, um es nicht bei Absichtserklärungen und einseitigen Kampagnen zu belassen. Der Titel „Keine Angst vor Uniformen“ soll gerade diejenigen ansprechen, die nicht nur Desinteresse gegenüber der Bundeswehr hegen, sondern Streitkräfte und alles Militärische rundheraus ablehnen. Den Vertragspartnern muss zweierlei gelingen: die Scheu vor den Menschen in Soldatenuniform zu nehmen und dabei das „freundliche Desinteresse“ in Anteilnahme umzuwandeln.

Kernbotschaft an die ablehnenden Teile unserer Gesellschaft muss sein: In dieser Uniform steckt ein Mensch, der sich bereit erklärt hat, für andere im schlimmsten Fall sein Leben zu geben – sogar für diejenigen, die ihn ablehnen. Besonders deutlich wird dieses Bild bei den engagierten Reservistinnen und Reservisten, die als „Staatsbürger mit Uniform“ im alltäglichen Berufsleben sich äußerlich nicht von anderen Arbeitnehmern unterscheiden, jedoch durch ihr Engagement mitten in der Gesellschaft Repräsentanten für die Bundeswehr sind – zeitweise als Reservistendienst Leistende auch in Uniform! Dieses Engagement sollte besonders durch die Partner des Staatsvertrages gewürdigt und unterstützt werden (z. B. durch die Freistellung für Dienstleistungen als Reservistin oder Reservist).

Der Staatsvertrag kann viele Ausprägungen und Inhalte haben. Zum Beispiel kann er Grundlage für den Besuch von Jugendoffizieren an allen deutschen Schulen sein, ähnlich den Kooperationsvereinbarungen, wie sie derzeit lediglich in acht Bundesländern gelten. Eine staatliche Institution darf die andere staatliche Institution, die einen Auftrag aus der Verfassung hat, nicht ausschließen.

Weitere öffentlichkeitswirksame Initiativen, wie die Einrichtung eines „Tages der Bundeswehr“ sollen den Austausch und Kontakt institutionalisieren. Er kann mehrere, auch bereits vorhandene Vorhaben wie die Tage der offenen Tür bündeln, um das Bewusstsein für den besonderen Beruf Soldat und die Freiwilligenarmee Bundeswehr zu schärfen. An diesem „Tag der Bundeswehr“ sollten alle Reservistinnen und Reservisten aufgefordert werden, sich bewusst in Uniform zu präsentieren um somit in der Öffentlichkeit die Verbundenheit zur Bundeswehr zu zeigen. Die Teilnahme von Soldatinnen und Soldaten in Uniform – dazu zählen auch die Reservistinnen und Reservisten - an öffentlichen Veranstaltungen als Zeichen für die Verbundenheit mit den Menschen der Bundeswehr ist eine Selbstverständlichkeit.

Dazu gehört natürlich auch die besondere Würdigung der Leistungen aller Veteranen der Bundeswehr. Diese Würdigung muss über die ideelle Form der Anerkennung hinausgehen und ebenso die praktische Betreuung und Unterstützung beinhalten. Der Veteranenbegriff darf nicht dazu führen, dass zwischen den Soldatinnen und Soldaten mit und ohne Einsatzbezug unterschieden wird. Vielmehr muss die Bereitschaft aller aktiven und ehemaligen Angehörigen der Bundeswehr, Leib und Leben für unser Land zu geben, gesellschaftlich anerkannt werden.

Hierzu bedarf es eines verbindlichen, alle Beteiligten in die Pflicht nehmenden Staatsvertrages zwischen der Bundesregierung, den Bundesländern und allen gesellschaftlich bedeutenden Akteuren.

Infokampagne „Bundeswehr einfach erklärt.“

Die Bundesregierung muss der Öffentlichkeit die wesentlichen Aspekte der Bundeswehr und des Soldatenberufes in einer ständigen Kampagne verdeutlichen. Der Auftrag, die Vielfalt der Berufsbilder, die Innere Führung und der „Staatsbürger in Uniform“ fließen darin ebenso ein wie die Gegenseitigkeit des Treueverhältnisses zwischen Staat und Menschen der Bundeswehr.

In den zurückliegenden Jahren hat sich die Schnittstelle zwischen der Bundeswehr und der Gesellschaft in Deutschland spürbar verkleinert. Einer vergleichsweise geringen Gruppe bundeswehr- oder sicherheitspolitisch interessierter Bürger steht der ganz überwiegende Anteil der Bevölkerung gegenüber, bei dem bestenfalls ein „freundliches Desinteresse“, häufiger jedoch schlichte Unkenntnis über die Bundeswehr, ihren Auftrag und ihre Möglichkeiten vorherrscht. Der Grund für diese bedenkliche Entwicklung liegt vornehmlich in dem unübersehbaren Rückgang der bisherigen räumlichen, personenbezogenen und politischen Berührungspunkte. So haben allein die beiden letzten Reformen der Bundeswehr zu einer Reduzierung der Standorte in den letzten zehn Jahren von ursprünglich rund 600 auf inzwischen nur noch annähernd 300 Standorte geführt. Entsprechend drastisch war - aller gegenteiligen Beteuerungen des Ministeriums zum Trotz - der Rückgang der Präsenz in der Fläche und damit auch das Nachlassen der öffentlichen Sichtbarkeit. Hinzu kommt, dass mit der Aussetzung der Wehrpflicht, eine bis dato über alle gesellschaftlichen Schichten und politischen Ansichten hinweg bestehende Verschränkung entfallen ist. Das Thema Bundeswehr, zuvor freiwillig oder zwangsweise Gesprächsthema in jährlich rund 400.000 Haushalten, hat in ganz erheblichem Umfang an Multiplikatoren eingebüßt. Und schließlich führen auch die deutlich komplexeren sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Zusammenhänge aktueller Einsatzszenarien gegenüber der vergleichbar eindimensionalen Sicherheitslage aus Zeiten des Kalten Krieges zu einer zurückhaltenderen Befassung mit dem Thema. Die Herleitung des Auftrages der Bundeswehr in Afghanistan oder am Horn von Afrika erscheint großen Teilen der Gesellschaft - so man sich überhaupt damit befasst - als keineswegs überzeugend.

Das Zusammenspiel all dieser Faktoren hat massive Auswirkungen auf die Bundeswehr. Zwar belegen wissenschaftliche Studien, dass die Deutschen „ihrer Bundeswehr“ vertrauen, ein wirkliches Interesse, Stolz oder Dankbarkeit für die erbrachten Leistungen ist hiermit indes kaum verbunden. Die Folge ist eine stetig abnehmende Bereitschaft, sich mit den aktuellen sicherheitspolitischen Fragen und ihren Konsequenzen sowohl für die Gesellschaft als auch für die Bundeswehr selbst auseinanderzusetzen. Am Ende dessen steht immer häufiger Unkenntnis und nicht selten letztlich auch Ablehnung.

Die Bundeswehr muss - will sie sich als moderner, zukunftsorientierter Arbeitgeber am Markt profilieren - dieser Entwicklung entgegentreten und ihre Bedeutung für alle Teile der Gesellschaft prominent darlegen. Dies gilt zum einem für die sicherheitspolitischen Eckpfeiler, mithin also diejenigen Rahmenparameter, die heute und in Zukunft den Auftrag der Bundeswehr definieren. Die Entscheidung, ob und inwieweit sich die Gesellschaft im Allgemeinen und die einzelnen Bürger im Besonderen mit der Bundeswehr identifizieren, hängt zunächst ganz wesentlich davon ab, dass die Zusammenhänge zwischen dem Auftrag, z. B. einem eventuellen Einsatzszenario und dem deutschen Gemeinwohl nachvollziehbar werden. Erst wenn deutlich wird, dass die Sicherung internationaler Handelswege von nationalem deutschem Interesse und damit für alle Bürger relevant ist, werden die Akzeptanz und die Anerkennung der Leistung steigen. Hier ist umfangreiche dauerhafte Informationsarbeit gefragt.

Gleiches gilt mit Blick auf die Bundeswehr in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeber. Der Verlust tausender Multiplikatoren durch den Wegfall der Wehrpflicht kann - so überhaupt möglich - nur durch ein breit gefächertes Aufklärungs- und Informationsangebot kompensiert werden. Angefangen bei dem verfassungsmäßigen Auftrag über die wesentlichen Grundprinzipien der „Inneren Führung“ und des „Staatsbürgers in Uniform“ bis hin zu den zahlreichen Einzelaspekten des Berufsbildes Soldat, namentlich den Ausbildungsmöglichkeiten, Perspektiven, Besoldung und Versorgung bedarf es einer vollumfänglichen entsprechenden und leicht verständlichen Darstellung.

Das Ziel muss in der Einrichtung einer dauerhaften Kampagne bestehen, mit deren Hilfe es gelingt, Informationsdefizite zu beseitigen, Vorbehalte abzubauen, Interesse zu wecken und somit die gesellschaftliche Akzeptanz und die Wahrnehmung als attraktiver Arbeitgeber deutlich und nachhaltig zu steigern.

Aktion „Einsätze von heute und morgen.“

Sicherheitspolitik geht alle an. Die Bundesregierung und der Bundestag müssen deshalb die aktuellen und möglichen weiteren Einsätze der Bundeswehr sowie deren sicherheitspolitische Grundlagen erklären. Diese Aktion findet dauerhaft in den Medien, im Straßenbild, im Internet und durch Material für alle Ausbildungseinrichtungen statt.

Die Bundesregierung informiert ihre Bürger regelmäßig über die Auslandseinsätze der Bundeswehr. In Bezug auf Afghanistan nutzt die Bundesregierung hierzu ihren Internetauftritt. Eine Berichterstattung, Aufklärung oder Übersicht zu den weiteren Auslandseinsätzen der Bundeswehr findet sich nicht. Auf der Homepage der Bundesregierung weist diese selbst auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1977 hin, nach dem die Bundesregierung eine originäre Informationspflicht trifft:

„Am 2. März 1977 unterstrich das Bundesverfassungsgericht die Bedeutung staatlicher Öffentlichkeitsarbeit: Sie muss die Bürgerinnen und Bürger über entscheidende Sachfragen umfassend informieren. Nur so kann jede Einzelne und jeder Einzelne die getroffenen Entscheidungen, Maßnahmen und Lösungsvorschläge richtig beurteilen, sie billigen oder verwerfen (Bundesverfassungsgerichtsentscheidung 44, 125 (164)).“

Werden jedoch die Bürger in Deutschland gefragt, weshalb die Bundeswehr an einem Auslandseinsatz teilnimmt bzw. wieso ein deutsches Engagement aus Sicht der Bundesregierung evident ist, so sind sie regelmäßig nicht in der Lage eine Begründung zu liefern. Auch rund 2 Jahrzehnte nach den ersten Auslandseinsätzen der Bundeswehr ist es der Bundesregierung nicht oder nur sehr unzureichend gelungen, einen Zugang zu den Bürgern zu finden, sie sicherheitspolitisch „mitzunehmen“.

Die Einsätze von heute und morgen geprägt sein von den begrenzten militärischen Ressourcen als unmittelbare Folge des politischen Willens. Die Budgetkürzung und voranschreitende Europäisierung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik wird zukünftig ein umso größeres Engagement der Bundesregierung verlangen, der Gesellschaft die Auslandseinsätze der Bundeswehr begreiflich und nachvollziehbar zu machen bzw. die politischen Ziele zu vermitteln. Zuvörderste Aufgabe der Bundesregierung wird es daher sein, der Öffentlichkeit die Auslandseinsätze der Bundeswehr nahe zu bringen. Hierzu gehört selbstverständlich die Förderung der Debatte im Vorfeld, die Verdeutlichung von Absicht und Zielen, bei Bedarf die Aktualisierung von Information aber auch die wertende Betrachtung nach dem Abschluss eines Auslandseinsatzes.

In diesem Zusammenhang nimmt der DBwV zur Kenntnis, dass eine Berichterstattung der Bundesregierung zu den Auslandseinsätzen der Bundeswehr sich ausschließlich dem umfangreichsten Auslandseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan widmet, den übrigen Auslandseinsätzen leider gar nicht. Auch ist es bis heute nicht gelungen, der Mehrheit der deutschen Staatsbürger die Gründe, den Sinn und die Ziele der Bundeswehr in Afghanistan begreiflich zu machen. Dies ist indes geboten, um eine nachhaltige Verankerung der Bundeswehr in der Gesellschaft zu fördern und den Angehörigen der Bundeswehr, den Soldaten und zivilen Angehörigen, eine Form der Wertschätzung für ihren Kraftakt entgegenzubringen. Nicht selten ist durch den Auslandseinsatz auch in einem nicht unerheblichen Maß die Familie des/ der Soldat/in betroffen. Auch sie leistet ihren eigenen kleinen Beitrag der Entbehrung während des Auslandseinsatzes. Es scheint geboten, dass die Bundesregierung bei der Information der Gesellschaft über die Auslandseinsätze der Bundeswehr dies nicht verschweigt.

Der durch die Bundesministerin der Verteidigung gewählte Ansatz ein neues Afrika-Konzept zu erstellen, stellt eine gute Möglichkeit dar, der Gesellschaft die Begründung und Sinnhaftigkeit von Auslandseinsätzen zu vermitteln.

Darüber hinaus bedarf es einer grundlegenden Revision der Informationspolitik der Bundesregierung im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik. Es gehört zu den wesentlichen Pflichten der Bundesregierung, den Staatsbürger über die Entstehung, Hintergründe, Umsetzung und Abwicklung ihres Handels zu informieren. Diese Verpflichtung sollte umso sorgfältiger erfüllt werden, je bedeutsamer das jeweilige Staatshandeln ist. Mit Blick auf die Tragweite militärischen Handelns ergibt sich somit eine umfassende Informationspflicht für alle Einsätze und Szenarien.

Sicherheitspolitische Checkliste

Die Gesellschaft muss sicherheitspolitisches Handeln einordnen können, um hinter den Einsätzen zu stehen. Die Interessen Deutschlands und Europas müssen deshalb klar definiert sein. Bundesregierung und Bundestag beschließen künftige Einsätze nur, wenn alle Punkte einer Checkliste abgehakt sind: Zieldefinition, ziviler Anteil und vernetzter Ansatz, Leistbarkeit durch die Bundeswehr, Zeithorizont, Exit-Strategie sowie Rettungskette, Evakuierung und Finanzierung.

Zur Verankerung der Bundeswehr gehört auch eine sicherheitspolitische Grundlage. Während es bei den übrigen Punkten der Verankerung um die Vermittlung in die Gesellschaft hinein geht, richtet sich die „Sicherheitspolitische Checkliste“ vornehmlich an die politischen Entscheidungsträger. Das außen- und sicherheitspolitische Handeln Deutschlands muss transparent, verständlich und anhand objektiver Kriterien nachvollziehbar sein. Es muss sich an klar definierten sicherheitspolitischen Interessen orientieren, auf rechtlichen Grundlagen fußen und die wesentlichen Rahmenparameter für die jeweilige Entscheidung erkennen lassen. Hieran fehlte es in der Vergangenheit immer wieder.

Entscheidendes politisches Dokument für die sicherheitspolitischen Interessen Deutschlands ist das „Weißbuch 2006 zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr“ vom Oktober 2006. Es ist veraltet: Weder die sicherheitspolitische Begründung für den Wandel zur Freiwilligenarmee noch die strukturellen Folgen der Neuausrichtung finden sich im Weißbuch 2006 wieder. Die Verteidigungspolitischen Richtlinien (VPR) vom Mai 2011 sind aktueller, aber auch sie lassen einige wesentliche Fragen offen. Ein Beispiel: Die VPR definieren „freien und ungehinderten Welthandel sowie den freien Zugang zur Hohen See“ als deutsche Sicherheitsinteressen. Bei den nachfolgenden Aufgaben der Bundeswehr sucht man die Bekämpfung von Piraterie aber vergeblich. Die deutsche Politik muss hier dringend Klarheit schaffen.

Bei den rechtlichen Grundlagen ist die Lage ähnlich. Die vermeintliche Hauptaufgabe der „Einsatzarmee“ Bundeswehr findet ausdrücklich sich gar nicht im Grundgesetz wieder. Die Begriffe „Einsatz“ oder „besondere Auslandsverwendung“ kommen nicht vor. Stattdessen verweist das Grundgesetz auf die Landesverteidigung: „Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zulässt“ (Art. 87a Abs. 2 GG). Demgemäß musste das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsmäßigkeit bewaffneter Einsätze außerhalb des Bündnisgebiets mit viel Aufwand herleiten. Weitere Handlungsfelder sind etwa die Zuständigkeit für die Piraterie-Bekämpfung – Bundeswehr oder Bundespolizei – oder der Einsatz im Innern. Der (Grund-) Gesetzgeber muss also zunächst klare rechtliche Grundlagen schaffen.

Die Entscheidungspraxis von Bundesregierung und Parlament zu den Auslandseinsätzen der Bundeswehr sind zu selten nachvollziehbar. Warum zum Beispiel die Bundesregierung eine militärische Unterstützung 2011 in Libyen ablehnte, dafür aber seit Frühjahr 2013 Unterstützung in Mali leistet, mag mit vielen Argumenten begründbar sein. Eine nachvollziehbare Grundhaltung und objektive Kriterien, die von der Bevölkerung verstanden werden, sind jedoch nur schwer erkennbar.

Ebenso bleiben einige Grundvoraussetzungen für eine Beteiligung der Bundeswehr an internationalen Nationen zu oft im Verborgenen. Eine Definition des Zieles eines Einsatzes und wann dieses Ziel erreicht werden soll, gibt es kaum in ausreichend konkreter Form. Auch ein gesamtpolitisches Konzept für die verschiedenen Anteile einer internationalen Mission muss offen gelegt werden. Denn Soldaten werden in den wenigsten Fällen isoliert entsandt. Vom Aufbau von Verwaltung, Justiz und Wirtschaft eines Landes bis hin zur Ausbildung von Polizeikräften und Bekämpfung von Korruption oder Vermittlung zwischen den Konfliktgegnern hat fast jede Mission vielfältige zivile Anteile. Soldatinnen und Soldaten können dabei nur durch die militärische Absicherung Zeit erkaufen. All diese Anteile müssen auf nationaler und internationaler Ebene besser vernetzt werden.

Außerdem fehlen zu oft klare Aussagen, die für die Betroffenen wichtig sind.

Die Soldatinnen und Soldaten wollen beispielsweise wissen, welche Exit-Strategie es gibt, ob eine Rettungskette existiert und woher die Mittel für die jeweilige Mission stammen. Sie haben ein berechtigtes Interesse daran, die Hintergründe und Rahmenbedingungen zu kennen.

Zur Abhilfe sind Bundestag und Bundesregierung nach ihren Zuständigkeiten als Legislative und Exekutive gefordert.

Für die Definition der sicherheitspolitischen Interessen Deutschlands muss die Bundesregierung ein gemeinsames Dokument beschließen; mit welchem sie diese Interessen anhand der aktuellen und erkennbaren künftigen Entwicklungen in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik so konkret wie möglich beschreibt. Auch muss eine klare Aufgabenzuweisung für die Bundeswehr im Zusammenspiel mit den anderen deutschen Sicherheitskräften enthalten. Für die Rolle in den Bündnissen von NATO und EU, aber auch in der UNO enthält das Dokument den Anteil, den Deutschland dort übernehmen kann und soll. Für die NATO und EU muss die Bundesregierung vergleichbare Dokumente auf Ebene des Bündnisses initiieren. Eine zustimmende Kenntnisnahme des Bundestages beider Dokumente ist für einen breiten politischen Konsens sehr empfehlenswert.

Für die notwendige rechtliche Klarstellung ist zunächst das Grundgesetz um die Aufgabe der Auslandseinsätze zu ergänzen. Weitere Klarstellungen beispielsweise für den Einsatz im Innern oder die Piraterie-Bekämpfung sind im Grundgesetz oder auf einfachgesetzlicher Ebene möglich. Für eine einfachgesetzliche Lösung ist ein „Bundeswehr-Aufgabengesetz“ denkbar, dass die Aufgabenzuweisung im Grundgesetz aufnimmt und ausführt.

Bei bewaffneten Einsätzen der Bundeswehr liegen das alleinige Initiativrecht bei der Bundesregierung und die letztendliche Entscheidungsbefugnis beim Bundestag. Schon der Antrag der Bundesregierung an den Bundestag muss also die so genannte sicherheitspolitische Checkliste enthalten. Nur wenn klare und nachvollziehbare Aussagen zu den folgenden Punkten vorliegen, darf der Bundestag diesen Einsatz beschließen:

  • Ziel des Einsatzes und Zeitpunkt, zu dem dieses Ziel erreicht sein soll bzw. wann eine Überprüfung dazu stattfindet
  • Beschreibung der zivilen Anteile und die Einbindung von militärischen und zivilen Parts im Rahmen des vernetzten Ansatzes
  • Leistbarkeit des Einsatzes durch die Bundeswehr, gemessen an ihrer Belastung durch andere Missionen, ihre weiteren Aufgaben und Umstrukturierungen
  • Exit-Strategie für das geplante und ungeplante vorzeitige Ende der Mission
  • Rettungskette für verwundete Soldatinnen und Soldaten aus allen Teilen des Einsatzgebietes und Evakuierungsmöglichkeiten, sollte die Lage einmal aussichtslos sein
  • Finanzierung des Einsatzes und Zuordnung zu einem Einzelplan des Bundes.

Vor diesem Hintergrund sind zukünftige Einsätze davon abhängig zu machen, dass jede einzelne dieser Voraussetzungen erfüllt ist, die rechtlichen Grundlagen zur Aufgabenwahrnehmung gegeben sind und die beabsichtigte Maßnahme sich in eine klar definierte sicherheitspolitische Interessenlage einfügt.