Deutsche Soldaten neben einem Veteran des Zweiten Weltkriegs bei den Gedenkfeiern zum 70. Jahrestag der Invasion in der Normandie (D-Day). Unterschiedliche Kulturen prägen den Umgang mit Veteranen. Foto: getty images

Deutsche Soldaten neben einem Veteran des Zweiten Weltkriegs bei den Gedenkfeiern zum 70. Jahrestag der Invasion in der Normandie (D-Day). Unterschiedliche Kulturen prägen den Umgang mit Veteranen. Foto: getty images

21.10.2015

Wertschätzung darf keine leere Worthülse sein

Das lateinische Wort „vetus“ heißt übersetzt alt oder erfahren. Ganz so einfach übersetzen lässt sich der Begriff „Veteran“ für die tatsächlich Betroffenen in der Bundeswehr indes nicht, zu sehr schwankten in der Vergangenheit die Tendenzen zwischen Exklusion und Inklusion bei der Zugehörigkeit zur Anspruchsgruppe. Wir im Deutschen BundeswehrVerband setzen uns dafür ein, dass möglichst keiner von einer möglichen Veteranendefinition ausgeschlossen wird. Das entspricht auch der Richtlinie, die in der 19. Hauptversammlung im November 2013 vorgegeben wurde. Deshalb heißt es dort auch recht allgemein: „Der Deutsche BundeswehrVerband spricht sich für eine Verbesserung der gesellschaftlichen Anerkennung aller aktiven und ehemaligen Soldaten der Bundeswehr aus. Grundlage für eine gesellschaftliche Anerkennung ist der Eid, den Soldaten leisten beziehungsweise geleistet haben.“ Allerdings kann der ganz eigene Zweck der Debatte durchaus positiv gesehen werden. Vermutlich wird dem Thema dadurch mehr Aufmerksamkeit zuteil, als es ein einmaliges Ergebnis möglich gemacht hätte.

Was natürlich über allen Begrifflichkeiten steht, ist die tatsächliche Versorgung der Soldatinnen und Soldaten, die im Einsatz ihr Leben riskiert und für ihr Land alles gegeben haben, inklusive ihrer Gesundheit. Deshalb bin ich froh, dass sich die Wertschätzung für dieses Engagement nicht nur in warmen Worten wiederfindet. Nein, die Einsatzversorgung in Deutschland ist, gemessen an unseren Bündnispartnern, durchaus vorbildlich. Dass es damals der Deutsche BundeswehrVerband war, der nach jahrelanger Überzeugungsarbeit zu diesem Erfolg maßgeblich beigetragen hat, erfüllt mich mit einem besonderen Gefühl der Freude. Doch wir dürfen den immateriellen Teil der Wertschätzung nicht unterschätzen, das zeigen die Besuche an den Standorten und in den Einsätzen ein ums andere Mal. Anerkennung ist zwar eine subjektive Empfindung, nichtsdestotrotz spielt sie für alle Menschen eine entscheidende Rolle. Das hat nichts mit Gier, dafür aber sehr viel mit einem ausgeprägten Sozialverhalten zu tun. Eben genau jenes soldatische Selbstverständnis, von dem die Innere Führung ausgeht.

Wann, wenn nicht in diesen Tagen, ist der richtige Zeitpunkt, um der Erfolgsgeschichte Bundeswehr und vor allem ihren Menschen den Respekt zu zollen, den sie verdient haben? Am 12. November vor 60 Jahren wurden die ersten Freiwilligen vereidigt, um „der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen“. Der Erfolg der Bundeswehr in den letzten 60 Jahren bemisst sich aber auch an der ihr in die Wiege gelegten Konzeption der Inneren Führung. Sie ist heute so aktuell wie damals. Und gerade ihr Leitbild des Staatsbürgers in Uniform hat dazu beigetragen, das soldatische Verständnis mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der damals noch jungen Bundesrepublik zu synchronisieren. Nur ein Baustein fehlte damals noch, er sollte nicht lange auf sich warten lassen: Mit der Gründung des Deutschen BundeswehrVerbands am 14. Juli 1956 als unabhängiger Verband zur Wahrung der Interessen aller Soldatinnen und Soldaten gegenüber dem Dienstherrn und der politischen Führung gab es dann auch einen „institutionalisierten Staatsbürger in Uniform“. Dieser Aufgabe stellen wir uns heute noch, wenn auch in einem über die Jahrzehnte immer breiteren und tieferen Spektrum.

Wie sehr die Bedeutung dieser Aufgabe angewachsen ist, zeigen die aktuellen sicherheitspolitischen und gesellschaftlichen Entwicklungen, die für uns alle – gesamtgesellschaftlich – den vielleicht größten Einschnitt in der Geschichte der Bundesrepublik nach der Wiedervereinigung bedeuten werden. Eine noch größere Relevanz, wenn es überhaupt eine Steigerung geben kann, hat sie gleichwohl für diejenigen, die unserem Staat dienen und dafür sorgen, dass unsere Sicherheit und Ordnung gewährleistet wird. Den Menschen der Bundeswehr, die nicht nur in der Flüchtlingshilfe einen außergewöhnlichen Beitrag leisten, sondern auch in den vielen Einsätzen routiniert und klaglos ihren Dienst verrichten, ist es die Politik und die Gesellschaft schuldig, alles für die Durchhaltefähigkeit der Streitkräfte zu tun. Dazu zählt neben einer adäquaten Ausstattung auch ein passender Personalkörper.

Der aktuelle Weißbuchprozess, der mit seinem letzten Workshop-Termin zum Thema „Perspektiven der Bundeswehr“ unter Beteiligung des Bundesvorsitzenden kürzlich in seiner diskursiven Phase beendet wurde, stellt den hierfür wohl bestmöglichen Anlass dar. Die Veröffentlichung des neuen Weißbuchs ist für den Sommer 2016 geplant. Bleibt zu hoffen, dass es mehr wird als ein gelungenes Geburtstagsgeschenk für den DBwV – nämlich ein mit konkreten Umsetzungen unterlegter Ausdruck gelebter Wertschätzung für die Leistungen der Menschen der Bundeswehr!

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