Wahrnehmbares Handeln ist gefragt
Die Krisen und die Gewalt auf unserem Planeten – Stück für Stück rücken sie weiter an uns heran. Nun flackert auch in Deutschland der IS-Terror auf, nachdem unsere französischen Freunde bereits Opfer unermesslich brutaler Anschläge geworden sind, wie wir sie in unserem Land hoffentlich niemals erleben werden. Auch die Vorgänge um unseren Bündnispartner Türkei führen zu Spannungen innerhalb Deutschlands. Niemanden darf es wundern, wenn sich die Deutschen heute mehr denn je um ihre eigene, persönliche Sicherheit sorgen, wie eine wissenschaftliche Studie jüngst wieder eindrucksvoll ermittelte. Dieser Angst unserer Bürger hat die Politik behutsam, aber auch entschlossen zu begegnen, das Vertrauen in unseren Staat zu festigen, wenn sie vermeiden will, dass populistische Kräfte diese Angst ausnutzen, ohne dabei selbst irgendeine ernstzunehmende Idee eines Wegs aus dieser komplexen Krise vorweisen zu können. Deshalb ist das Erscheinen des überfälligen Weißbuchs der Bundesregierung zur Sicherheitspolitik in diesen Wochen besonders begrüßenswert. Das neue Grundsatzdokument beschreibt den Umgang mit Bedrohungsszenarien, die bisher eher Gegenstand theoretischer Betrachtung waren. In der Lage von heute ist Handeln gefragt, das für die Menschen in unserem Land wahrnehmbar ist. Eine der zentralen, wesensbestimmenden Aufgaben des Staats ist die Wahrung von Sicherheit. Gelingt ihm dies nicht, kann er sich der Loyalität und des Vertrauens seiner Bürger nicht mehr sicher sein.
Für unsere Soldaten sind Terror, Vertreibung, Elend und Krieg keine Erscheinungen, die sie nur aus der medialen Berichterstattung kennen. Seit vielen Jahren wird die Bundeswehr in die Krisengebiete der Welt entsandt, um im Auftrag des Bundestags die Stabilität zu sichern oder überhaupt erst einmal zu erzwingen. Deutsche Soldaten kennen das Gefecht, sie kämpfen. Tod sowie Verwundung an Körper und Seele sind ihre ständigen Begleiter geworden. Diese – für viele Menschen im Lande nach wie vor unangenehme – Tatsache stand beim BundeswehrVerband von Anfang an ganz oben auf der verbandspolitischen Agenda, nicht zuletzt deswegen, weil viele DBwV-Mandatsträger bis hin zum Bundesvorsitzenden selbst ihre Erfahrungen im Einsatz gemacht haben und nach wie vor machen. Aber es war viel Zeit und Mühe notwendig, um politische Entscheidungsträger, Wissenschaft und Öffentlichkeit, aber auch Teile der Bundeswehr selbst für die Folgen dieser Einsatzerlebnisse unserer Soldaten zu sensibilisieren und den bestehenden, dringenden Handlungsbedarf zu verdeutlichen. Heute sind wir bei dieser Herausforderung ein gutes Stück weitergekommen.
Ein Wort zu unseren Soldaten, die mit den persönlichen Folgen ihres Einsatzes zu kämpfen haben, und zu ihren Kameraden und Familien. Es ist nur schwer in Worte zu fassen, was diese Menschen erleiden, was sie Großartiges leisten und wie nah sie oft am Scheitern stehen.
An dieser Stelle bitte ich alle meine Kameraden eindringlich: Wenn Sie mit den Folgen Ihres Einsatzes nicht zurechtkommen, lassen Sie sich helfen! Das ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Verantwortung gegenüber Ihnen selbst, Ihren Familien, Freunden und Kameraden. Jeder Soldat, der sich dazu bekennt, hilft nicht nur sich selbst, sondern auch allen andern, die noch zögern. Die Streitkräfte brauchen Soldaten, die wissen, was Einsatz ist und wie mit möglichen Folgen umzugehen ist. Lassen Sie sich, Ihre Familie und Ihre Kameraden nicht allein, denn auch ihnen müssen wir die Angst nehmen und Vertrauen geben.