Parlamentarischer Abend: Zurück zu den Sachfragen!
Berlin. Das politische Berlin mutet in diesen Tagen an wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen. Die Spitzen der Parteien – und hier tun sich insbesondere die Koalitionäre aus CDU/CSU und SPD hervor – reden mehr über- anstatt miteinander. Machtpolitische Fragen stehen über allem, man denke nur an die Causa Hans-Georg Maaßen oder die mit großem medialem Getöse begleitete Wahl von Ralph Brinkhaus zum neuen Unionsfraktionschef. Das, worum es wirklich gehen sollte, nämlich gute Entscheidungen in der Sache zu treffen, ist derzeit ganz offensichtlich nicht „en vogue“.
Vor diesem Hintergrund ist es wichtig und richtig, dass der Deutsche BundeswehrVerband nach einem Jahr Pause wieder einen Parlamentarischen Abend veranstaltet hat, auf dem Menschen aus Politik, militärischer Führung und Gesellschaft miteinander ins Gespräch kommen können. Rund 600 Gäste, darunter viele Entscheidungsträger wie Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, Generalinspekteur Eberhard Zorn, Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz und viele Bundestagsabgeordnete, durfte der Verband begrüßen.
Viele Menschen aus der Bundeswehr aus allen Status- und Laufbahngruppen, Führungskräfte, Einsatzversehrte, Vertreter aus der Wirtschaft und befreundeter Verbände wie beispielsweise Uli Silberbach vom DBB oder Elke Hannack vom DGB waren unter den Gästen. Ein schönes Forum also, um in lockerer Atmosphäre über Politik im Allgemeinen und Verteidigungsthemen im Speziellen zu diskutieren.
Auch der DBwV-Bundesvorsitzende Oberstleutnant André Wüstner spielte in seinem Grußwort auf die politische Großwetterlage an. „Es sind turbulente, spannende Zeiten. Es ist deshalb ein Zeichen der Wertschätzung, dass trotzdem so viele Gäste gekommen sind“, sagte er. Wüstner wünschte sich, dass es endlich wieder um Sachfragen geht, da kein politischer Bereich so abhängig von der Handlungsfähigkeit von Regierung und Parlament ist wie die Bundeswehr.
Der Verbandschef nahm auch den Faden von der Eröffnung der neuen Bundesgeschäftsstelle Anfang September noch einmal auf. Da hatte Verteidigungsministerin von der Leyen sinngemäß gesagt, der DBwV sei das Salz in der Suppe – und manchmal auch in der Wunde. Jetzt sagte Wüstner: „Wir wollen nicht diejenigen sein, die nur Salz in die Wunde streuen, sondern wir wollen die Wunden im Sinne unserer Mitglieder auch heilen.“
Wüstner appellierte direkt an die Parlamentarier, sich nun endlich um die Umsetzung des Koalitionsvertrages zu kümmern. „Es geht um die Glaubwürdigkeit von Politik als Ganzes, aber auch mit Blick auf die Bundeswehr nach innen wie nach außen“, sagte er.
Die Verteidigungsministerin bemühte sich, die langen Linien zu zeichnen. Sie betonte, dass die Bundeswehr stets antizyklisch behandelt worden sei. In den stabilen, fetten Zeiten sei sie so sehr geschrumpft, dass sich Verunsicherung breit gemacht habe. Jetzt aber habe man einen „soliden Plan“ zur Umsetzung der Trendwenden gefasst, der nur noch umgesetzt werden müsse. „Das Konzept steht, es ist alles aus einem Guss. Das hat es in der Bundeswehr so noch nie gegeben. Jetzt muss man sich jedoch schnellsten auf den Weg der Umsetzung machen“, sagte von der Leyen.
Dem DBwV dankte von der Leyen für die gute Zusammenarbeit, auch wenn es in den vergangenen zwei Jahren durchaus mal geknirscht hat. „Ich habe einiges gelernt. Und wir haben alle gelernt, dass wir zusammenarbeiten müssen - für eine bessere Bundeswehr. Wir müssen uns gemeinsam fragen: Was sind die Interessen der Bundeswehr, und was können wir gemeinsam tun, um die Bundeswehr nach vorne zu bringen?“
Bleibt zu hoffen, dass Bundestag und Regierung ihre Ränkespiele endlich beenden und sich um die wirklich wichtigen Fragen kümmern. Sicher war der Parlamentarische Abend, an dem bis spät in die Nacht ausgelassen diskutiert wurde, ein guter Startschuss dafür. Zumindest konnte insbesondere den Regierungsvertretern und über 60 Parlamentariern verdeutlicht werden, weshalb einerseits die Trendwenden Personal, Material und Haushalt keine Worthülsen mehr bleiben und andererseits die unsere Bundeswehr betreffenden gesetzgeberischen Maßnahmen dieser Legislaturperiode im Sinne des DBwV auf den Weg gebracht werden müssen.