Optimismus in schwieriger Zeit
Die letzten Landtagswahlen haben es wieder gezeigt: Die Wähler verändern die Parteienlandschaft in unserem Land. Den Grund spürt jeder von uns in den vielen Debatten, die wir in der Familie, unter Freunden, im Verband, in Vereinen oder im Dienst führen.
Verunsicherung und Zweifel an staatlicher Problemlösungsfähigkeit breiten sich aus. Nachdenklich machen dabei Umfragebefunde. Einerseits empfindet die überwältigende Mehrheit der Bürger im Land ihre persönliche Lebensqualität als gut und sieht deutliche Verbesserungen in ihrer persönlichen wirtschaftlichen Lage. Gleichzeitig steigt die Sorge um das Land, auch aufgrund einer zunehmenden Kriminalität, vom Wohnungseinbruch bis zur Körperverletzung. An eine erfolgreiche Integration der nach Deutschland geflüchteten Menschen glauben die meisten nicht und eine Mehrheit sieht den Zusammenhalt unserer Gesellschaft am Schwinden.
In vielen Gesprächen auch in unserem Verband höre ich oft das Eingeständnis, die schnelllebigen wie komplexen politischen, wirtschaftlichen, rechtlichen und gesellschaftlichen Zusammenhänge nicht mehr überblicken zu können. Die Nachfrage nach Deutung und Erklärung wächst – besonders dann, wenn es um die Frage geht, wie Sicherheit nach innen und außen als Kernaufgabe staatlichen Handelns weiterhin gewährleistet oder in manchen Räumen überhaupt erst wieder hergestellt werden soll. Und so sehr Bundesregierung und Landesregierungen Maßnahmenpakete schnüren und Entscheidungen treffen – bisher tragen sie kaum zur Beruhigung bei. Politik steht also vor einer riesigen Aufgabe. Sie muss nicht nur Herausforderungen bewältigen, sondern diese und ihre Herangehensweise überzeugend und verständlich erklären, um Vertrauen zurückzugewinnen.
Ich verliere nicht den Optimismus, dass das gelingen kann. Meine Zuversicht schöpfe ich auch aus dem Erleben unseres Verbands auf allen Ebenen: miteinander reden und streiten, Bodenhaftung bewahren, Probleme klar ansprechen, sachlich bleiben, Lösungen suchen und finden – egal wie unüberwindbar das Problem auch erscheinen mag. Das funktioniert.
In diesem Lichte wird der DBwV den bereits ein Jahr vor der Wahl anschwellenden Bundestagswahlkampf 2017 begleiten. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie sich die Parteien mit sicherheitspolitischen Themen auseinandersetzen, wie sie den Weißbuchprozess fortsetzen wollen, welche konkreten Ableitungen sie für die Bundeswehr vornehmen werden. Ein besonderes Augenmerk werden wir auf die Trendwenden legen. Denn allen muss klar sein: Wirkung werden sie erst dann entfalten, wenn sie nicht nur geplant, sondern auch fort- und umgesetzt werden. Heute werden die Trendwenden weitgehend als Ankündigungen empfunden. Ein starkes Vertrauen in deren Gelingen muss man in der Truppe suchen. Das ist nicht gut – so sehr Verteidigungsministerin von der Leyen auch darauf hinweist, dass die Kehrtwende von Abbau zu Aufbau noch etwas Zeit braucht, um ihre Wirkung spürbar zu entfalten.
Bis zur Bundestagswahl haben Regierung und Parlament also noch einige wichtige Aufgaben für die Bundeswehr zu erledigen. Dazu gehört auch die SAZV, für die noch Weichen zu stellen sind, um sie endlich auf einen Erfolgskurs zu bringen. Und dann ist da noch eine unerfüllte Ankündigung der Koalitionsparteien: das uneingeschränkte Wahlrecht zwischen TG und UKV. In diesen Tagen wird politisch um eine Lösung gerungen. Natürlich ist der DBwV überall mit Nachdruck dran. Wir geben niemals Ruhe, wenn es um die Menschen der Bundeswehr geht.
Unruhe herrscht derzeit – wieder einmal – bei den Beihilfebearbeitungszeiten. Unzumutbare Wartezeiten sorgen für Ärger und teils für dramatische finanzielle Probleme mancher Betroffener. Grund ist ein administratives Versagen, das es noch so motivierten Kollegen in der Beihilfebearbeitung nicht erlaubt, den Stau an Anträgen ordentlich und zügig abzuarbeiten. Ich kann jeden verstehen, der angesichts dieses vergleichsweise kleinen Problems am staatlichen Problemlösungsvermögen zweifelt. Und genau das darf sich unser Staat angesichts der oben geschilderten Lage keinesfalls erlauben. Der DBwV verdeutlicht den beteiligten Ministerien die Dimension dieser Problemlage, damit endlich etwas passiert. Ein Lamentieren der Verantwortlichen werden wir nicht hinnehmen, wahrnehmbares Handeln ist gefragt!