Keine Ausgrenzung
Hauptmann Uwe Köpsel, Landesvorsitzender Ost und im Bundesvorstand zuständig für Veteranenangelegenheiten, über den schwierigen Umgang mit der Veteranenfrage und die Verbandsarbeit
Als Mitglied des DBwV-Bundesvorstandes zeichne ich für das Thema „Veteranen“ verantwortlich – und das ist keine leichte, vielleicht sogar eine unerfüllbare Aufgabe. Denn wer ein Themenfeld sucht, das nicht nur innerhalb der Bundeswehr mit Leidenschaft kontrovers debattiert wird, der wird hier schnell fündig. Hinter dem auf den ersten Blick schlüssigen Begriff verbergen sich Fragestellungen, die mit der Definition des Veteranen der Bundeswehr beginnt, sich erweitert auf die Eigenwahrnehmung soldatischer Identität sowie Leistung und in die Diskussion mündet, welche konkrete Verantwortung eine Gesellschaft für diesen Personenkreis zu übernehmen hat. Dabei geht es zum einen um die schlichte gesellschaftliche Anerkennung soldatischen Dienens, zum anderen um konkrete Fürsorgeverpflichtungen gegenüber den Angehörigen der Bundeswehr.
Um es gleich klarzustellen: Die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr kommen heute in den Genuss einer Einsatzversorgung, die in vielen anderen Staaten der Nato ihresgleichen sucht – auch in denen, die mit Veteranenministerien ausgestattet sind. Dass das so ist, verdanken sie im Wesentlichen dem BundeswehrVerband. Denn seit dem ersten ernsten Einsatz der Bundeswehr vor mehr als zwei Jahrzehnten kämpft der DBwV um eine Absicherung der Menschen, die unser Staat weltweit in den Einsatz schickt und die dabei selbstverständlich ihr Leben riskieren. Es hat leider zu lange gedauert, bis wir den Gesetzgeber davon überzeugen konnten, dass sich der Einsatz eines Soldaten von dem Dienstgang eines Kollegen der Finanzverwaltung unterscheidet. Und es bedurfte des bitteren Verlustes der Leben einiger Kameraden im Einsatz, teurer gerichtlicher Auseinandersetzungen des DBwV gegen den Dienstherrn und vor allem einer konsequenten, langfristig angelegten und facettenreichen Lobbyarbeit des Verbandes, um da anzukommen, wo wir heute sind: Einsatzversorgungsgesetz, Einsatzweiterverwendungsgesetz, Einsatzversorgungverbesserungsgesetz.
So weit, so gut. Aber um welchen Personenkreis geht es bei dieser Gesetzgebung? Es geht formal um Kameradinnen und Kameraden, die mit einem Mandat des Bundestages oder vergleichbar in einer Mission eingesetzt waren. Sind das nun die „Veteranen“? Und: Wollen die sich so nennen lassen? Aber heißt das nicht, dass alle anderen keine Veteranen sind, obwohl auch sie sich um die Sicherheit unseres Landes verdient gemacht haben? Was ist mit den Kameraden, die zu Zeiten des Kalten Krieges ihren Dienst genauso motiviert und aufopferungsbereit geleistet haben, aber eben das Glück hatten, nicht in einen scharfen Einsatz zu müssen? Reden wir auch über aktive Soldaten oder nur über ehemalige Soldaten? Geht es nur um verwundete Kameraden? Wie gehen wir mit dem durchaus nachvollziehbarem Argument von Kameraden um, nach dem nur diejenigen, die wirklich unmittelbar im Gefecht standen, Veteranen sein können? Wir merken: Egal, wie wir zu definieren versuchen – immer werden Kameraden ausgeschlossen. Und das erzeugt Unfrieden. Und der ist etwas, was der soldatischen Seele und Kameradschaft zutiefst zuwider läuft.
Deshalb hat die Hauptversammlung des DBwV klipp und klar jede ausgrenzende Definition abgelehnt und diese nur dann als hinnehmbar bewertet, wenn mit dem Status „Veteran“ eine konkrete, materiell spürbare Fürsorgemaßnahme verbunden wird. Und das ist nicht der Fall.
Seite an Seite mit unseren Freunden vom Bund Deutscher Veteranen mischen wir uns in die nach wie vor laufende Debatte um die Definition des Veteranenbegriffs ein, versuchen Brücken zu schlagen und Foren zu bieten. Dazu haben wir beispielsweise ein Kolloquium durchgeführt, bei dem erstmals ein umfängliches „Lagebild“ erstellt werden konnte. Im Fokus steht immer die Frage, ob durch eine Definition der ausdrücklichen gesellschaftlichen Anerkennung des Soldatenberufs Vorschub geleistet werden kann.
Der DBwV wird sich auch weiterhin mit voller Kraft einbringen. Dafür stehe auch ich als Mitglied des Bundesvorstandes ein. Ob wir jemals zu einem „Ergebnis“ kommen werden, vermag ich nicht einzuschätzen. Aber wie bei so vielen anderen Dingen auch geht es manchmal mehr um den Weg und nicht um ein Ziel. Denn die Debatte hält das Bewusstsein für uns Soldaten wichtige Fragen wach. Und das schenkt den Menschen der Bundeswehr wahrscheinlich mehr Aufmerksamkeit als ein am Ende wahrscheinlich windelweicher Konsens, in dem sich zu wenige wiederfinden.