Die unendlich große Herausforderung in der Sahelzone
Südlich der Sahara führt die Bundeswehr ihren derzeit wohl gefährlichsten Einsatz. Sie bildet regionale Streitkräfte aus, die gegen islamistische Terroristen kämpfen sollen.
Bamako. Auf den Straßen von Bamako, der Hauptstadt Malis, pulsiert das Leben. Mit schwer bewaffneter Eskorte pflügt sich der Konvoi von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen am Montag durch den Verkehr in dem westafrikanischen Land, vorbei an Straßenhändlern, Mopedfahrer und bunt gekleideten Frauen. Ist das schon ein beginnender wirtschaftlicher Aufschwung?
Die Ministerin hat für ihre Gesprächspartner eine Botschaft im Gepäck: Sie erwartet mehr Engagement von der Regierung in Bamako. Europäische Soldaten und deutsche Entwicklungshelfer unternehmen erhebliche Anstrengungen, um Mali zu stabilisieren. Seit 2013 wurden 2,3 Milliarden Euro bereitgestellt.
Die Sahelzone ist ein Rückzugsgebiet für islamistische Terroristen, Menschenschmuggler und andere Kriminelle. Aber erst die Flüchtlingskrise 2015 hat das Thema für viele europäische Regierungen richtig aktuell werden lassen. Der Norden Malis war 2012 nach einem Militärputsch vorübergehend in die Hände islamistischer und anderer Rebellengruppen geraten. Nachbarn befürchten ein Überschwappen.
"Der Niger ebenso wie Mali und die anderen Länder der Sahel-Region sind Teil der europäischen Nachbarschaft, einer Nachbarschaft, die vor unendlich großen Herausforderungen steht", sagt von der Leyen am Sonntag auf der ersten Station ihrer Reise in Niamey, der Hauptstadt des Nigers.
Hinter ihr stehen die ersten von insgesamt 53 deutschen Militärlastwagen, die der nigrischen Armee künftig bei Sicherungsaufgaben, aber auch der Rettung von Flüchtlingen aus der Wüste helfen sollen, wenn vor den Soldaten flüchtende Schlepperbanden diese zurücklassen. Der Niger sei ein wertvoller und entschlossener Partner im Kampf gegen Terrorismus, organisierte Kriminalität und illegale Migration, sagt von der Leyen. "Nur mit gemeinsamer Kraft werden wir diese Herausforderung auch gemeinsam meistern."
Die EU und arabische Staaten unterstützen den Aufbau einer gemeinsamen Militärtruppe der G5-Staatengruppe (Mauretanien, Mali, Niger, Burkina Faso, Tschad) für den Kampf gegen Islamisten. "Der islamistische Terrorismus breitet sich aus. Wir können nicht warten, sondern wir müssen möglichst schnell auch beginnen, hier diesen Kampf zu führen", forderte Kanzlerin Angela Merkel schon im vergangenen Jahr. Deutschland übernimmt am Montag - nun zum dritten Mal - das Kommando über die Europäische Trainingsmission (EUTM), die die Armee Malis und die G5-Truppe ausbilden.
Es geht im Stabilität als Voraussetzung für wirtschaftliche Entwicklung: Die Bevölkerung Afrikas soll sich UN-Prognosen zufolge bis 2050 auf rund 2,5 Milliarden Menschen verdoppeln. In den kommenden drei Jahrzehnten werden Hunderte Millionen junge Afrikaner mehr als nur überleben wollen, sie suchen Arbeitsplätze, etwas Wohlstand und Bildung.
Schon jetzt gibt es Spannungen, die einen Vorgeschmack auf Konflikte geben, die Regionen mit stark wachsender Bevölkerung und gleichzeitigem Bevölkerungswachstum erleben werden. In Zentral-Mali kommt es zu heftigen Konflikten zwischen halbnomadisch lebenden Viehhirten und Ackerbauern. Islamisten versuchen, die Viehhirten anzustacheln. Die Ausbreitung des radikalen Islams in der Sahelzone könnte wie ein Brandsatz wirken.
Im Juni wurden die Jäger zu Gejagten. Bei einem von mutmaßlich islamistischen Terroristen verübten Anschlag auf das Hauptquartier der regionalen G5-Eingreiftruppe wurde die Zentrale in Sévaré im Zentrum des Landes zum Großteil zerstört. Es gab vier Tote. Trotzdem sah der UN-Sicherheitsrat im Oktober Grund zu vorsichtiger Hoffnung in dem Land.
Berichte über schwere Menschenrechtsverletzungen durch malische Streitkräfte sieht von der Leyen mit großer Sorge. "Wir erwarten, dass die von uns ausgebildeten Soldaten die Hüter der Menschenrechte sind und sich voll und ganz ihrem Schutz verschreiben", sagt sie. Die Regierung Malis wisse, was auf dem Spiel stehe, wenn sie in diesem Punkt das Vertrauen der internationalen Gemeinschaft verliere.