Blick hinter die Kulissen: Bilanz der sanitätsdienstlichen Versorgung in der Zielstruktur
Diez. Auch im Sanitätsdienst läuft die Neuausrichtung der Bundeswehr auf Hochtouren. Nach Einnahme der neuen Struktur Anfang 2015 war es Zeit, eine Zwischenbilanz zu ziehen. Zum Meinungs- und Erfahrungsausstauch hatte das Kommando Regionale Sanitätsdienstliche Unterstützung geladen. Offen, frank und frei diskutierten Vertreter der Beteiligungsgremien, des Wehrbeauftragten und des Deutschen BundeswehrVerbands über die sanitätsdienstliche Versorgung.
Trotz der vorgegebenen erheblichen Einsparungen muss die Versorgung der weit über 300 Bundeswehrstandorte sichergestellt werden. Bei nur 148 Sanitätseinrichtungen keine einfache Aufgabe. Über enge Vorgaben wird eine adäquate Betreuung der Patienten gewährleistet. Kann die Versorgung in Eigenregie nicht innerhalb einer Fahrtzeit von 30 Minuten oder einer Fahrtstrecke von 30 Kilometern im Umkreis des Standortes sichergestellt werden, besteht die Möglichkeit, beauftragte Ärzte aus dem zivilen Gesundheitswesen heranzuziehen – für die wenigen Fälle ein praktikable Lösung. Eine angemessene Versorgung ist für alle Soldaten sichergestellt.
Dies wird sich auch in der Kundenzufriedenheit widerspiegeln, so eine erste vorsichtige Einschätzung. Um belastbare Aussagen treffen zu können, steht derzeit eine umfangreiche repräsentative Studie unmittelbar vor dem Abschluss. Die Nutzer wurden gezielt nach ihren Wünschen und nach Verbesserungsvorschlägen gefragt. Die Ergebnisse erlauben einen direkten Vergleich mit dem zivilen Gesundheitswesen und werden mit Spannung erwartet.
Nach wie vor bestehen jedoch gravierende Herausforderungen bei der Sicherstellung der sanitätsdienstlichen Versorgung in der Fläche. Die angespannte Personallage und ein steigender Auftragsumfang haben immense Folgen. Auch wenn die Durchhaltefähigkeit im Grundbetrieb vorerst sichergestellt zu sein scheint, werden die kommenden Jahre schwierig bleiben. Wie die geringer werdende Kräfteverfügbarkeit mit dem steigenden Bedarf in Einklang gebracht werden kann, ist offen.
Auf den Fachkräftemangel wird seit Jahren von verschiedenen Seiten hingewiesen. Dieser bekommt angesichts der immensen Kräftebindung für die steigende Zahl an verschiedensten Verpflichtungen und der sich verschärfenden Flüchtlingsproblematik eine ganz neue Dimension. Die Strukturen sind eng geschnitten und die Ressourcen knapp. Wenn nicht pragmatische und durchhaltefähige Lösungen gefunden werden, erreicht die sanitätsdienstliche Versorgung bald ihre Kapazitätsgrenze. Mit Blick auf die Dauerbelastung der Strukturen in den kommenden Jahren ist kein Licht am Ende des Tunnels erkennbar.
Die Stellschrauben sind für die Verantwortlichen im Sanitätsdienst beschränkt, und Gestaltungsmöglichkeiten werden durch verschiedene planerische Momente aufgezehrt. Eine zentrale und in den kommenden Jahren absehbar noch deutlich steigende Herausforderung wird die Besetzung der noch immer vakanten zahlreichen Dienstposten, insbesondere im Bereich der medizinischen Assistenzberufe bei den Unteroffizieren mit und ohne Portepee darstellen. In der Gesamtbetrachtung ist die von allen Beteiligten für gut befundene neue Struktur mit den aktuell zur Verfügung stehenden Mitteln langfristig nicht gangbar. Wortschöpfungen von „alternativlos“ bis „priorisieren“ werden die Durchhaltefähigkeit der ambulanten sanitätsdienstlichen Versorgung im Grundbetrieb nicht sicherstellen können. Hier sind alle Verantwortlichen gefragt, nachhaltige Lösungen zu suchen.