Allenfalls ein Etappensieg
Laut einer Studie ist die Bundeswehr attraktiver geworden. Gut ist die Lage aber noch lange nicht.
Attraktiv ist das Amt des Verteidigungsministers derzeit wohl nur bedingt: Die Vollendung der diversen Trendwenden der Bundeswehr ist eine Mammutaufgabe; Ursula von der Leyen muss korrigieren, was ihre Vorgänger parteiübergreifend angerichtet haben. Doch wie steht es um die Attraktivität in der Truppe? Wie bewerten die Zivilbeschäftigten ihre Situation? Hat die Agenda Attraktivität einen spürbaren Mehrwert? Befindet sich die Bundeswehr auf dem richtigen Weg?
Diesen Fragen ging eine Umfrage des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw) in Potsdam nach. Die Ergebnisse wurden Ende November 2016 der Öffentlichkeit präsentiert und sind seitdem in aller Munde. Mehrfach berief sich die Ministerin darauf, dass die Studie die Richtigkeit der Attraktivitätsmaßnahmen belege. Aber stimmt das denn?
Die Ergebnisse im Überblick: Fast die Hälfte der Befragten glaubt, die Agenda könne die Bundeswehr attraktiver machen. Motivierter sind die meisten Soldaten aber nicht. Das könnte daran liegen, dass nur eine Minderheit bislang von den Maßnahmen „am eigenen Leib“ profitiert: Im Falle der untergesetzlichen Maßnahmen der Attraktivitätsagenda sieht eine relative Mehrheit die Schwerpunkte – Vereinbarkeit von Familie und Dienst, moderne Unterkünfte, Karrieremöglichkeiten – gesetzt, aber bestenfalls elf Prozent spüren eine Verbesserung der persönlichen Situation. Gleiches gilt für das Artikelgesetz: Dessen Maßnahmen werden zwar grundsätzlich als attraktivitätssteigernd bewertet, einen positiven Effekt empfinden jedoch nur die wenigsten.
Die Studie konstatiert: Die Bundeswehrangehörigen messen dem Arbeitgeber Bundeswehr eine „signifikant höhere“ Attraktivität zu als 2013. Das ist richtig, jedoch punktet die Bundeswehr nach wie vor insbesondere im ideellen Bereich und mit gewissermaßen „militärtypischen“ Attributen: sicherer Arbeitsplatz, Umgang mit Menschen, Kameradschaft und spannende Tätigkeit. Dies ist nicht unbedingt der Verdienst der Attraktivitätsagenda. Bei der Kinderbetreuung und den Karrierechancen schneidet die Bundeswehr – trotz Verbesserungen – weiterhin sehr schlecht ab. Die Bewertung von Diensträumen und Unterkünften hat sich sogar verschlechtert. Hierin erkennen die Soldaten und Zivilbeschäftigten dann auch folgerichtig die größten Schwächen der Bundeswehr in punkto Attraktivität.
Dass dem Einfluss der Ausrüstungs- und Materiallage auf die Attraktivität überhaupt nicht nachgegangen wird, ist mehr als schade. Bei den vielen Gesprächen von DBwV-Mandatsträgern in der Truppe wird nämlich immer wieder deutlich, wie sehr Attraktivität mit der Ausrüstung verbunden wird.
Ist mit dieser Studie also bewiesen, dass die Bundeswehr attraktiver geworden ist? Relativ gesehen, ja. Befriedigend oder gut ist die Lage aber noch lange nicht. Wie auch schon aus der Bundeswehrführung deutlich gemacht wird: Die Studie zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind, die Ergebnisse ermutigen, beherzt und stringent weiter an Attraktivitätssteigerungsmaßnahmen zu arbeiten. Die richtige Perspektive macht die neue Personalstrategie auf. Dann wird es auch gelingen, dass mehr als nur 36 Prozent der Befragten Freunden und Bekannten empfehlen werden, bei der Bundeswehr einzutreten. Der DBwV wird dieses Ziel mit aller Kraft weiter verfolgen.
Für den Deutschen BundeswehrVerband steht fest: Es bedarf, erstens, einer Beschleunigung der guten Aspekte der laufenden Attraktivitätsagenda, die zu einer spürbaren Verbesserung in der Truppe führen. Zweitens, braucht es in der nächsten Legislaturperiode eine Agenda 2.0 in Verbindung mit den guten Ansätzen der Personalstrategie. Ohne diese Maßnahmen wird das, was der DBwV fordert und Frau von der Leyen bis 2020 erreichen will, nicht Realität: eine voll einsatzbereite, schlagkräftige Bundeswehr. Die Studie finden Sie im internen Bereich der DBwV-Homepage.
- Wie attraktiv ist die Bundeswehr als Arbeitgeber? Ergebnisse der Personalbefragung 2016 (PDF)