28.10.2016

Agieren statt Lamentieren

Es gehört zu den Aufgaben eines Bundesvorsitzenden und vieler anderer DBwV-Mandatsträger, von Zeit zu Zeit auch vor einem fachfremden Publikum Vorträge zu halten – über den Verband, über die Bundeswehr und auch über Sicherheitspolitik. Gerade in Zeiten des Umbruchs der internationalen Ordnung ist dies wichtiger denn je. Zahlreiche Bürger im Land sind leider nicht up to date, wenn es um die Bundeswehr als zentrales Instrument deutscher Sicherheitspolitik geht. Entsprechend groß ist das Erschrecken ob der Erkenntnis, dass die Bundeswehr von heute kaum noch in der Lage ist, angesichts der laufenden Einsatzverpflichtungen auch nur kleinste Pakete für die Bündnisverteidigung zusätzlich bereitzustellen. Von dem seit 1990 laufenden Schrumpfkurs der Bundeswehr haben einige gehört, aber dessen Folgen sind den meisten bis heute verborgen geblieben. Deswegen ist die wachsende Verunsicherung vieler Bürger gerade vor dem Hintergrund der vielen weltweiten Krisen und Konflikte verständlich: Kann oder will unser im Bündnis eingebetteter Staat seiner Kernverantwortung „Äußere Sicherheit“ noch – oder künftig wieder besser – gerecht werden?

Das Weißbuch 2016 ist Teil einer Antwort auf diese Frage. Ja, die heutige Bundesregierung will sich ihrer gestiegenen Verantwortung stellen und ihren Beitrag – auch den militärischen – wieder substanziell unterfüttern. Dafür sind über die nächsten zehn Jahre hinaus steigende Investitionen unausweichlich. Die heutige, von großen materiellen und personellen Lücken geprägte Bundeswehr ist nur bedingt befähigt, dem im Weißbuch formulierten Anspruch gerecht zu werden. Wir alle kennen viele Beispiele für die tägliche Mangelverwaltung, von der Bekleidung über die Verfügbarkeit von Waffensystemen bis hin zur äußerst schlechten Lage bei der Munitionsbevorratung.

Jetzt kommt es darauf an, dass die von der heutigen Bundesregierung angestrebte Stärkung der Bundeswehr über die laufende Legislaturperiode hinaus Bestand hat. Damit das gelingt, ist jeder einzelne von uns gefragt. Schon jetzt, ein knappes Jahr vor der Bundestagswahl, lohnt es sich, beispielsweise Wahlkreisabgeordnete konkret darauf anzusprechen, wie sie oder ihre Parteien die Umsetzung des Weißbuchs zukünftig begleiten werden. Dabei ist es völlig unerheblich, ob sie Verteidigungspolitiker sind oder nicht. Spannend ist die Frage, ob etwa die Auffassung geteilt wird, dass Deutschland seinen gestiegenen Anteil an der Lastenteilung in der Nato auch mit einer weiteren Erhöhung des Verteidigungshaushalts in den nächsten Jahren belegen wird. Es muss gelingen, auch außerhalb der Fachkreise in der ganzen Politik die notwendige Betroffenheit auszulösen. Und wer ist dafür besser geeignet als die Menschen, die als Wähler über die Zukunft eines Bundestagskandidaten abstimmen werden?

Die aktuellen Auseinandersetzungen um die Themen Wahlfreiheit UKV/TG, Beihilfe, SAZV, Einweisungs- und Beförderungslage oder Infrastruktur stehen bei uns weiterhin ganz oben auf der Agenda. Die anstehende Bundestagswahl drängt sich gleichzeitig weiter in den Vordergrund. Angesichts der dramatischen Lage der Bundeswehr, den leider weiterhin zunehmenden Bedrohungen und den damit einhergehenden Herausforderungen für die Streitkräfte ermutigen wir jeden Bürger, sich einzumischen und den Parteien, ihren Generalsekretären oder gar Parteivorsitzenden kritische Fragen zu stellen. Lamentieren ist nicht unsere Sache. Wir agieren. Und jeder kann das!