Mutterschutz: Elternzeit muss ausdrücklich unterbrochen werden!
Berlin. Für Oberleutnant Sonja B. (*Name von der Redaktion geändert) schien alles perfekt organisiert: Als sie zum dritten Mal schwanger wurde, meldete sie das voraussichtliche Geburtsdatum des Kindes ihrer Dienststelle. Anschließend versuchte sie erfolglos, an die notwendigen Formulare für die Unterbrechung der Elternzeit zu gelangen. Diese waren notwendig – wie sie während ihrer zweiten Schwangerschaft gelernt hatte –, um den Mutterschutzurlaub wahrzunehmen und in dieser Zeit Dienstbezüge erhalten zu können.
Dennoch bekam sie pünktlich vor Beginn des Mutterschutzes die ersten Dienstbezüge ausgezahlt. Ihre telefonische Nachfrage bei ihrer Einheit ergab, dass alles korrekt sei, Elternzeitunterbrechung und Mutterschutz seien in SAP eingetragen. Als sie zu einem späteren Zeitpunkt während des Mutterschaftsurlaubs Informationen über den weiteren Verlauf der Elternzeit in Erfahrung bringen wollte, wurde ihr dann allerdings mitgeteilt, dass der Eintrag in SAP gar nicht hätte erfolgen dürfen und dass ein formaler Antrag auf Unterbrechung nach wie vor nötig sei. Denn erst ab Eingang des Antrags sei sie berechtigt, Dienstbezüge zu erhalten. Eine rückwirkende Genehmigung sei nicht möglich.
Die dreifache Mutter stellte den Antrag umgehend, woraufhin die Unterbrechung genehmigt wurde – ab dem Zeitpunkt der Einreichung. Für den rund anderthalb Monate vergüteten, aber nicht offiziell genehmigten Mutterschutz wurde sie mit einer Rückforderung der Bruttobezüge in Höhe von knapp 6?000 Euro konfrontiert.
„Das ist kein Einzelfall“, sagt Hauptmann Petra Böhm. „Die Betroffenen glauben, die Zahlungen rechtmäßig zu erhalten, und fallen dann aus allen Wolken, wenn Rückforderungen auf sie zukommen. Das führt völlig unnötig zu sozialen Härten.“ Es sei dringend erforderlich, dass Schwangere und Soldatinnen und Soldaten in Elternzeit besser informiert werden. So müsse es zum Beispiel möglich sein, auch von zu Hause aus auf das Intranet und die erforderlichen Vordrucke der Bundeswehr zugreifen zu können.
Auch die Fürsorgepflicht kennt Grenzen
Für Oberleutnant B. kämen solche Verbesserungen durch den Dienstherrn zu spät. Ihr Antrag im Wehrbeschwerdeverfahren, mit dem sie die rückwirkende vorzeitige Beendigung der Elternzeit erwirken wollte, wurde in diesem Jahr vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG 1 WB 1.16) abgeschmettert: Die vorzeitige Beendigung sei allein mit Wirkung für die Zukunft möglich. Sie hätte also vor dem Mutterschutzurlaub einen ausdrücklichen Antrag stellen müssen.
Weder die Eintragung in das SAP-System noch die Auszahlung der Dienstbezüge stellten einen Verwaltungsakt dar, der die Elternzeit hätte beenden können, befand das Gericht. Für juristische Laien dürfte das keineswegs selbstverständlich sein.
Auch eine weitere Klarstellung dürfte bei Betroffenen für Unmut sorgen: Die Fürsorgepflicht, so die Richter, fordere grundsätzlich nicht, Soldatinnen und Soldaten auf alle für sie etwa in Betracht kommenden Möglichkeiten einer Antragstellung aufmerksam zu machen. Zumal die Soldatin in diesem Fall bereits bei ihrer zweiten Schwangerschaft einen entsprechenden Antrag gestellt hatte. „Mir hätte es ja schon gereicht“, so die Berufssoldatin B., „wenn ich bei meinen Recherchen irgendwo auf einen entsprechenden Hinweis gestoßen wäre oder wenn mir jemand die Auskunft in dieser Deutlichkeit gegeben hätte.“ Die Vorschriftenlage ändere sich schnell in der Bundeswehr – und wenn man erst mal ein paar Jahre außen vor war, sei man von Informationen abgehängt.