Im Paul-Löbe-Haus trafen sich Einsatzveteranen, Verwundete, Soldaten und Abgeordnete zu einer Tagung. Foto: DBwV/Eva Krämer

Im Paul-Löbe-Haus trafen sich Einsatzveteranen, Verwundete, Soldaten und Abgeordnete zu einer Tagung. Foto: DBwV/Eva Krämer

10.12.2024
Eva Krämer

Tagung mit Einsatzveteranen und Verwundeten

Berlin. Einsatzveteranen, Verwundete, Soldaten und Abgeordnete trafen sich Anfang Dezember zu einer Tagung im Paul-Löbe-Haus, um über Veteranenpolitik und weitere Themen zu diskutieren. Geleitet wurde die Tagung von Oberstleutnant i.G. Marcel Bohnert, stellvertretender Bundesvorsitzender des DBwV.

Zu Beginn der Tagung hielt Hauptmann a.D. Uwe Köpsel, Vorsitzender der Soldaten und Veteranen Stiftung (SVS) ein kurzes Grußwort: „Es ist schön, dass alte Kameraden, Veteranen und auch Teilnehmer der Invictus Games zusammengekommen sind, um die Themen der Veteranen weiter voranzutreiben“, sagte Köpsel. „Hin zu einer Veteranenkultur ist es immer noch ein schwieriger Weg.“

Hauptmann Marc Hinzmann berichtete eindrucksvoll von seinen Erfahrungen von der Evakuierungsmission in Afghanistan. „Ich habe alles aufgeschrieben, was damals passiert ist. Das ist das erste Mal, dass ich daraus vorlese“, sagte Hinzmann zu Beginn. Fast ohne Vorbereitung ging es für Hauptmann Hinzmann am 18. August 2021 nach Kabul. „Am Flughafen erstreckte sich ein Meer von Menschen. Ein Ende der Menschenmassen war nicht zu sehen“, erzählte er. Zu Hinzmanns Aufgaben gehörte es, zu entscheiden, welche Menschen evakuiert werden sollten. Menschen schrien, weinten und flehten um Hilfe.

Afghanische Soldaten schossen mit ihren Gewehren nur knapp über die Menschenmenge. „Die Verwundeten, wenn sie es denn überlebt hatten, kamen häufig zur Behandlung in die Schleuse, wo unsere Sanitäter waren“, erzählte Hinzmann. Besonders der brutale Umgang mit den Kindern, auf die keine Rücksicht genommen wurde, ist Hinzmann im Gedächtnis geblieben. „Dem, was ich dort mitansehen musste, widersprach all meinen moralischen Vorstellungen“, sagte er. „Es waren unfassbare Szenen, die sich dort direkt vor meinen Augen abspielten und ich fühlte mich machtlos“, so Hinzmann.

Evakuierung aus Afghanistan: „Jede Entscheidung war ein Balanceakt.“

„Die Entscheidung darüber, wer einen Platz in den Evakuierungsfliegern bekommt, war nicht einfach und auch nicht immer eindeutig“, erzählte Hinzmann. Die Entscheidung wollte er seinen Männern und Frauen nicht allein überlassen. „In unklaren und schwierigen Fällen bestand ich darauf, die Entscheidung selbst zu treffen“, sagte Hinzmann. Mit allen Mitteln habe man versucht herauszufinden, ob die einzelnen Personen eine Berechtigung zum Ausfliegen hatten oder nicht. „Jede Entscheidung war ein Balanceakt.“

„Die Geschichten der Menschen gingen mir unter die Haut“, erzählte Hinzmann. „Viele Menschen gaben an, dass die Taliban sie töten würden, wenn wir sie nicht evakuieren könnten. Diese Worte hallen bis heute in den tiefsten Winkeln meines Geistes wider.“ Die Bedrohung durch die Taliban habe allein als Grund zur Evakuierung  nicht ausgereicht. „Sonst hätten wir fast jeden Menschen in diesen Tagen ausfliegen müssen“, sagte Hinzmann.

Oberstleutnant i.G. Marcel Bohnert gab einen Überblick über die Veteranenkultur in Deutschland. „Es gibt immer noch Einsätze und Missionen im In- und Ausland, auch wenn der Fokus mehr auf der Landes- und Bündnisverteidigung, sowie dem nationalen Krisen- und Reaktionsmanagement liegt“, so Bohnert. Im Veteranenflyer hat der DBwV gemeinsam mit fast 30 Mitstreitern 14 Forderungen in Bezug auf die Veteranenpolitik festgehalten – darunter auch der nationale Veteranentag. „An vieles können wir schon einen Haken machen“, sagte Bohnert.

„Für den Veteranentag haben wir verschiedene Kriterien aufgestellt“, so Bohnert. Es soll ein Anreiz für gesellschaftliche Aktivitäten geschaffen werden. Bund, Länder und Kommunen sollen mit einbezogen werden. „Die Idee ist, dass sich das ganze sukzessiv in der Fläche ausweitet“, sagte Bohnert. „Es braucht vor allem persönliches Engagement, um den Tag erfolgreich zu machen. Wir müssen von Anfang an all-in gehen.“

Auch das neue Soldatenentschädigungsrecht war ein Thema. Eine Referentin des Referats R1 der Abteilung Recht des Deutschen BundeswehrVerbandes stellte das neue Soldatenentschädigungsrecht vor, das ab 1. Januar 2025 in Kraft tritt.

Aktion Battlefield Cycling

Von der Aktion Battlefield Cycling berichtete Hauptfeldwebel Naef Adebahr. „Vor dem Veteranentag planen wir eine mehrtägige Radtour durch ganz Deutschland“, sagte Adebahr. „Damit wollen wir Gedenken aktiv leben und Solidarität und Dankbarkeit zeigen.“ Während der Tour sollen auch die Truppenkameradschaften und Standortkameradschaften des DBwV besucht werden.

Zum Ende der Tour wird am 14. Juni, ein Tag vor dem Veteranentag, ein Kranz am Ehrendenkmal der Bundeswehr auf dem Gelände des Verteidigungsministeriums niedergelegt. „Den Veteranentag wollen wir dann in Berlin feiern“, so Adebahr.

Vorbilder für die Radtour sind unter anderem die USA und England, wo seit einigen Jahren ähnliche Events stattfinden. Die SVS (Soldaten und Veteranen Stiftung) ist Sponsor der Aktion.

Countdown zum Veteranentag

Am Nachmittag der Tagung waren die Bundestagsabgeordneten Johannes Arlt (SPD), Kerstin Vieregge (CDU) und Nils Gründer (FDP) eingeladen.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer diskutieren mit den Abgeordneten über verschiedene Themen, unter anderem auch über den Veteranentag, der im kommenden Jahr zum ersten Mal stattfindet. Gemeinsam drückten die Abgeordneten und Teilnehmer den Startknopf zum Veteranentag-Countdown.

„Das wird ein tolles Event“, sagte Kerstin Vieregge. „Wir haben schon viele Grundlagen geschaffen. Der Tag ist ein großer Schritt zur Anerkennung und ein Schritt, um die Angelegenheiten der Veteranen zu verbessern“, sagte Johannes Arlt. Der Veteranentag habe als nationaler Gedenktag einen hohen Stellenwert und solle kein Tag von der Bundeswehr für die Bundeswehr werden“, so der SPD-Politiker. „Der Veteranentag zeigt, was in der parlamentarischen Verteidigungspolitik geht“, so Nils Gründer.

Ziel für den Veteranentag soll ein Event in Berlin sein. „Aber auch deutschlandweit sind die Länder, Kommunen und Städte dazu aufgefordert, sich an dem Event zu beteiligen“, sagte Johannes Arlt.

Auch die vorgezogene Bundestagswahl im Februar war Thema: „Das Tempo muss auf jeden Fall trotzdem beibehalten werden“, so Arlt. „Wichtig ist, dass wir parteiübergreifend arbeiten und dass auch in den Koalitionsverträgen Veteranen auftauchen“, ergänzte Gründer.

Akupunktur und Schmerztherapie

Um alternative Behandlungsmethoden von Schmerzerkrankungen ging es im Vortrag von Oberstabsarzt Dr. Alexandra Dejonckheere. Die Ärztin absolvierte diverse Akupunkturausbildungen in Hongkong, Singapur und den USA und wendet auch traditionelle chinesische Medizin (TCM) an. „In Mali habe ich zum ersten Mal TCM und Akupunktur angewendet. Man merkt besonders schnell eine Verbesserung. So kann die Einsatzfähigkeit schnell wiederhergestellt werden“, sagte Dejonckheere. Mit Akupunktur behandelt sie vor allem Muskelbeschwerden, Muskelfaserrisse oder Beschwerden an Gelenken. Aber auch Narbengewebe lässt sich mit Akupunktur behandeln.

Stabsfeldwebel d.R. Stefan Deuschl, der auch an der Tagung teilnahm, ließ sich bereits mehrmals von Dejonckheere behandeln. 2005 verlor Deuschl im Afghanistan-Einsatz beide Beine. „Nach der Amputation hatte ich jeden Tag Schmerzen“, erzählte Deuschl. Seit der Akupunkturbehandlung haben sich seine Schmerzen deutlich gebessert. „Der Grundschmerz ist weg. Nur noch ein kleines Kribbeln ist geblieben“, so Deuschl. „Meine Lebensqualität hat sich damit deutlich verbessert.“ Seit kurzem betreibt Oberstabsarzt Dr. Alexandra Dejonckheere den Podcast „Schmerz – lass nach!“ in dem sie über ihre Behandlungsmethoden berichtet. 

Weitere Informationen zu Veteranen gibt es hier, sowie bei Social Media unter den Hashtags #Veteranentag #Veteranenkultur und #Veteranenpolitik“

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