Bis ins Jahr 1974 reichen die Wurzeln von Radio Andernach zurück. Vor allem mit Beginn der Auslandseinsätze nahm die Bedeutung des beliebten Soldatensenders zu. Foto: picture alliance/dpa/Thomas Frey

Bis ins Jahr 1974 reichen die Wurzeln von Radio Andernach zurück. Vor allem mit Beginn der Auslandseinsätze nahm die Bedeutung des beliebten Soldatensenders zu. Foto: picture alliance/dpa/Thomas Frey

20.12.2024
Von Yann Bombeke

Bundesvorsitzender: Radio Andernach leistet „großartigen Beitrag“

Seit 1974 auf Sendung für die Bundeswehr: Radio Andernach hat im November den 50. Geburtstag gefeiert. Kurz vor den Weihnachtsfeiertagen stand der Bundesvorsitzende dem Traditionssender im Interview Rede und Antwort.

Berlin. Wie soll man dieses abgelaufene Jahr aus Sicht der Bundeswehr bilanzieren? Und das auch noch in wenigen Worten? Mit dieser Frage wurde Oberst André Wüstner gleich zu Beginn des Interviews mit Radio Andernach konfrontiert. „Wendezeiten ohne Zeitenwende oder Zeitenwende in Zeitlupe“ – so die Antwort des Bundesvorsitzenden. Zwar sei mit der Zeitenwende-Rede des Bundeskanzlers im Bundestag am 27. Februar 2022, nur wenige Tage nach Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine, ein Ruck durch Politik, Bundeswehr und Gesellschaft gegangen. Doch passiert sei im Nachgang gemessen an der Bedrohungslage zu wenig.

Daher müsse der Blick in die Zukunft gerichtet werden. „Ich hoffe, dass sich die Situation, was Dynamik und Geschwindigkeit betrifft, mit dem Start einer neuen Bundesregierung ändert“; sagt Oberst Wüstner. Doch noch ist diese neue Regierung nicht gewählt, und einige für die Bundeswehr relevante Baustellen könnten noch vor dem vorzeitigen Ablauf dieser Legislaturperiode abgeschlossen werden. „Wir haben das Artikelgesetz Zeitenwende seit November 2023 mitbegleitet durch die Ressortabstimmung. Wir hoffen, dass es jetzt noch durchs Parlament kommt – trotz Minderheitsregierung“, sagt der Bundesvorsitzende.

Vieles hängt vom Artikelgesetz Zeitenwende ab

Vom so genannten Artikelgesetz Zeitenwende hängt vieles ab, auch mit Blick auf die personelle Aufstellung der Brigade 45 in Litauen. „Ganz viele Menschen machen jetzt zum Teil davon abhängig, ob sie mit nach Litauen gehen, wie letztendlich das Artikelgesetz aussieht. Deswegen muss dieser Rahmen geschaffen werden. Das ist Kernthema bei uns im Verband“, berichtet Wüstner. So gelte es, im parlamentarischen Schlussspurt noch einige Verbesserungen zu erreichen, etwa im Bereich der Einsatzversorgung.

Auch materiell ist die Bundeswehr noch weit von einer Vollausstattung entfernt. Für die Aufstellung der Brigade 45 müssten andere Verbände Material abgeben – „das führt zu Frustration“, so Wüstner. Dass genügend Material auf dem Hof steht, sei wichtig für die Zufriedenheit am Arbeitsplatz. Der Bundesvorsitzende: „Wer Panzerkommandant werden möchte, der möchte auch einen Panzer sehen, der möchte auch üben können. Da müssen wir stärker werden.“

„Die Menschen in der Bundeswehr erkennen, dass es Zeit ist, zu handeln und deswegen hoffen sie, dass wir eine nächste Regierung haben mit Parteien, die das auch erkennen und entsprechend handeln“, sagt der Bundesvorsitzende. Grundlage sei ein guter Koalitionsvertrag. Der DBwV werde, wie in den Jahren zuvor, beratend mitgestalten. „Entscheidend ist aber, dass die Dinge, die dort beschrieben werden, umgesetzt werden – und zwar schnell“, sagt Wüstner, „dafür braucht es einen politischen Konsens“.

Gute Ideen weitertragen

Das Mitgestalten wünscht sich der Bundesvorsitzende, angesprochen auf die Ziele des Verbandes im kommenden Jahr, auch von den mehr als 205.000 Mitgliedern des Verbandes. Die Gelegenheit dazu gibt es 2025: Vier Antragsversammlungen in den Landesverbänden stehen an und schließlich die 22. Hauptversammlung Ende des Jahres, bei der es darum geht, das Auftragsbuch des BundeswehrVerbandes für die kommenden Jahre zu beschreiben. „Mir wäre es wichtig, dass alle, die gute Ideen haben, diese auch weitertragen in die Kameradschaften und so in die Landesversammlungen tragen. Es geht darum, Verbandspolitik aktiv mitzugestalten“, sagt Oberst Wüstner.

Der Bundesvorsitzende betonte gegenüber Radio Andernach auch den Aspekt der Kommunikation – und zwar auf verschiedenen Ebenen. Verteidigungsminister Boris Pistorius sei sehr klar in der Sprache, aber er sei eben nicht allein und schaffe auch nicht alle Dinge allein. „Es ist wichtig, dass die Menschen der Bundeswehr, die jeden Tag ihren Dienst erfüllen, erkennen, dass ihr Dienst nicht nur anerkannt und von der Politik wertgeschätzt wird, sondern dass man es auch ernst meint mit der Ausstattung der Bundeswehr“, sagt Wüstner. Zudem betonte der Bundesvorsitzende die Bedeutung der Angehörigen der Bundeswehr als Multiplikatoren. „Jeder ist ein wichtiger Multiplikator in der Gesellschaft und jeder muss erklären können, warum das ein völkerrechtswidriger Angriff ist, den Putin in der Ukraine führt und die Dinge nicht so einfach sind, wie einige versuchen, sie darzustellen.“

Wüstner abschließend: „Informationen sind viele im Raum. Die Herausforderung ist, sie einzuordnen und dazu leistet Radio Andernach meiner Auffassung nach einen großartigen Beitrag. Ich kenne das noch aus meinen Einsätzen – auf dem Balkan beginnend – und ich hoffe, dass man das das, was der Sender leistet, auch künftig wertschätzt und weiter ausbaut.“

Klar, dass der Bundesvorsitzende kurz vor den Feiertagen noch einen Weihnachtsgruß für Radio Andernach auf die Reise in die Einsatzgebiete schickte. Wer wissen möchte, mit welchem Musikstück Oberst Wüstner die Grüße in den Einsatz übermittelt, sollte am Vormittag des 24. Dezembers Radio Andernach einschalten.

Seit 50 Jahren auf Sendung: Radio Andernach

So wie der Bundesvorsitzende kennen wohl viele Angehörige der Bundeswehr Radio Andernach aus ihren Einsätzen. Dabei war der Sender schon „on air“, lange bevor die große Phase der Auslandseinsätze der Bundeswehr in 1990er Jahren begann. Bereits mehr als 20 Jahre zuvor waren deutsche Soldaten und ihre Familien im Ausland tätig. Zunächst exklusiv für die Bundeswehrangehörigen in El Paso, Texas, USA, startete die Bundeswehr 1974 mit dem PSV-Senderbataillon 1 ein Programm mit Musik und Information. Das wurde noch in der „Konserve“ produziert – oder besser gesagt: auf Kassette. Ihre erste Live-Sendung produzierten die Hörfunk-Soldaten 1987 auf einer Übung unter dem Namen „Manöverwelle Kecker Spatz“.

Auf Tonträger setzte man bei Radio Andernach trotz zunehmender Live-Produktion auch noch in der Phase der Auslandseinsätze der Bundeswehr. Der banale Grund: Nicht alle Einsatzorte waren über UKW erreichbar. Nach Angaben der Bundeswehr gingen Anfang des Jahres 2000 noch bis zu 2000 Kassetten wöchentlich in die Einsatzgebiete.  

Ein Markenzeichen von Radio Andernach ist jedoch die Produktion direkt im Einsatz. Diese Phase begann im März 1993, als man mit technischer Hilfe der Deutschen Welle ein Jahr lang aus dem Einsatzgebiet in Somalia für die dort eingesetzten deutschen Blauhelm-Soldaten ein Programm produzierte. Diese Vorgehensweise wurde immer weiter ausgebaut. Ab 2003 war die Bundeswehr mit einer dauerhaften Einsatzredaktion in Afghanistan aktiv.

Der Sitz des Senders ist seit 2001 nicht mehr Andernach, sondern Mayen in der Eifel, Standort des Zentrums für Operative Kommunikation. Die Bindung zu Andernach blieb dennoch bestehen: Seit 2003 ist Andernach Patenstadt des Hörfunksenders. Anfang November würdigte Andernach die Zusammenarbeit mit dem Bundeswehr-Sender mit einer Feierstunde zum 50-jährigen Bestehen im historischen Rathaus der rheinland-pfälzischen Stadt. Auch deren Oberbürgermeister Christian Greiner kennt den Sender gut: Er selbst war Berufssoldat, diente unter anderem in Afghanistan. Und aus seinem Einsatz kennt und schätzt er wie tausende andere Menschen ein spezielles Format von Radio Andernach: Die Grüße in den Einsatz, damals eingeführt als „Grunsch“ (Gruß und Wunsch). Und diese Grußbotschaften der Liebsten aus der Heimat bleiben in Erinnerung: Bei der Feierstunde in Andernach spielte Oberbürgermeister Greiner eine Aufnahme mit den damaligen Grüßen seiner Ehefrau in den Einsatz ab.

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