Auf dem Weg zur Vorstellung des Koalitionsvertrages – und zu einer neuen Regierung (v.l.n.r.): Norbert Walter-Borjans, SPD-Bundesvorsitzender, die Grünen-Bundesvorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck, SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz, FDP-Parteivorsitzender Christian Lindner, FDP-Generalsekretär Volker Wissing und die SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken. Foto: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Auf dem Weg zur Vorstellung des Koalitionsvertrages – und zu einer neuen Regierung (v.l.n.r.): Norbert Walter-Borjans, SPD-Bundesvorsitzender, die Grünen-Bundesvorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck, SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz, FDP-Parteivorsitzender Christian Lindner, FDP-Generalsekretär Volker Wissing und die SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken. Foto: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

24.11.2021
Fritz von Korff/yb/dpa

„Die Ampel steht“ – was der Koalitionsvertrag für die Bundeswehr zu bieten hat

Die Verhandlungspartner von SPD, Grünen und FDP haben es bis zum Schluss spannend gehalten – aber nun ist er da, der Entwurf des Koalitionsvertrages, der Grundlage der Arbeit der nächsten Bundesregierung unter Führung von Olaf Scholz sein soll.

Berlin. „Die Ampel steht“, sagte ein gut gelaunter SPD-Kanzlerkandidat Scholz bei der Vorstellung des Koalitionsvertrages. Und versprach eine „Politik der großen Wirkung“. Der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck sprach von einem „Dokument des Mutes und der Zuversicht“. FDP-Chef Christian Lindner betonte: „Was jetzt gebildet wird, ist eine Regierung der Mitte, die das Land nach vorn führt.“

Wie erwartet ist das am Mittwoch in Berlin vorgestellte Papier im Feld der Verteidigungspolitik knapp gehalten, soll sich auf Grundlinien beschränken. Dennoch gelingt es den Verhandlungspartnern, viele für die Bundeswehr wesentliche Herausforderungen und Maßnahmen zu benennen und mit entsprechenden Absichtserklärungen zu versehen.
 
Sichtbar werden viele Aspekte, die der DBwV im Vorfeld der Koalitionsgespräche mit den Verhandlungspartnern intensiv erörtert hatte und die auch vorher schon Gegenstand des regelmäßigen Austauschs zwischen den Mitgliedern des Bundesvorstandes mit André Wüstner an der Spitze und den nun gemeinsam die nächste Regierung stellenden Parteien waren. Auch hatte der DBwV mit Blick auf die angespannte Haushaltslage oder demografische Entwicklung ausdrücklich und intensiv vor Schnellschüssen gewarnt. Keinesfalls dürfe beispielsweise leichtfertig der Weg einer Verkleinerung der Bundeswehr eingeschlagen werden, vielmehr müsse mit innovativen Instrumenten sichergestellt werden, auch zukünftig ausreichend und gutes Personal zu gewinnen. Denn nur so könne Deutschland seinen Verpflichtungen im Bündnis zukünftig gerecht werden. Diese Warnung hat offensichtlich ihre Wirkung erzielt.

Bestmögliche personelle, materielle und finanzielle Ausstattung

Grundsätzlich wollen die Ampelparteien sicherstellen, dass die Bundeswehr den Herausforderungen und den Aufgaben der Bündnis- und Landesverteidigung sowie der Einsätze gleichzeitig gerecht werden kann. Dazu will man die Bundeswehr bestmöglich personell, materiell und finanziell ausstatten und dafür sorgen, dass die Strukturen effektiver und effizienter zugunsten einer höheren Einsatzbereitschaft gestaltet werden. Dem soll eine kritische Bestandsaufnahme von Personal, Material und Finanzen vorausgehen.

Für den DBwV als Interessenvertretung der Menschen der Bundeswehr stets im Mittelpunkt: das Personal. Die Verhandlungspartner wollen sicherstellen, dass die Bundeswehr langfristig demografiefest ausbalanciert ist, stets auch mit Blick auf ihre Altersstruktur. Ausdrücklich will man die Attraktivität des Dienstes in der Bundeswehr weiter steigern. Bemerkenswert ist die Absicht, ausscheidenden Soldaten auf Zeit die Übergänge in die Wehrverwaltung oder auch in die Wirtschaft zu erleichtern.

Die Ampel will das Beschaffungswesen modernisieren, die Modernisierung der Infrastruktur beschleunigen und bei Ersatzbeschaffungen marktverfügbare Systeme priorisieren, um Fähigkeitslücken zu vermeiden. Festgelegt wird die Beschaffung eines Nachfolgesystems für den Tornado und die Bereitschaft, zum Schutze von eingesetzten Soldaten Drohnen zu bewaffnen – das allerdings nur unter Auflagen. Die Betreuung und Fürsorge von Soldaten und ihren Familien wollen die Koalitionäre weiter ausbauen. Ein Augenmerk wird auch auf die Stärkung der Inneren Führung und den Ausbau der Politischen Bildung gelegt.

Afghanistan: Untersuchungsausschuss und Enquete-Kommission

Nicht überraschend, aber dennoch gut: Die Evakuierungsmission in Afghanistan wird durch einen Untersuchungsausschuss aufgearbeitet, der Gesamteinsatz durch eine Enquete-Kommission evaluiert werden, deren Erkenntnisse in zukünftige Einsätze einfließen sollen. Grundsätzlich soll jeder Einsatz der Bundeswehr einer stetigen kritisch-inhaltlichen Auseinandersetzung auch mit Blick auf eine Exit-Strategie unterliegen.

Aus Sicht des DBwV bietet der vorliegende Entwurf des Koalitionsvertrages viele Chancen, um die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr zu erhöhen. Die kurzen Ankersätze in den Feldern Personal, Material, Infrastruktur oder auch Innere Führung kommen einer guten Perspektive auch für sozialen Fortschritt in der Bundeswehr gleich.

Der Erste Stellvertreter des Bundesvorsitzenden, Oberstabsfeldwebel a.D. Jürgen Görlich, sagte: „Entscheidend ist nun, dass die vielen hinter den Absichtserklärungen stehenden, komplexen und anspruchsvollen Zielsetzungen mit Kraft und Beharrlichkeit, vor allem schnell angegangen werden.“ Wesentlich für den Erfolg sei zudem ein starkes Führungsteam im Bundesministerium der Verteidigung, so Görlich. Wer dieses anführen wird, ist noch offen. Klar ist nur, dass das Ministerium durch die SPD übernommen werden wird. Weitere Grundlage ist eine ausreichende, langfristige Finanzausstattung der Bundeswehr. Eine verbindliche Angabe dazu – Stichwort zwei Prozent – findet sich im Vertragstext übrigens nicht. Man legt sich lediglich fest, zukünftig drei Prozent des Bruttoinlandproduktes für das gesamte internationale Handeln zu investieren – also für Entwicklungszusammenarbeit, Diplomatie und Streitkräfte zusammen.

Der DBwV wird sich – wie immer – mit seiner Kompetenz und seinen klaren Standpunkten in die anstehende, anspruchsvolle Phase der Weiterentwicklung der Bundeswehr einbringen. Es geht um das Wohl der Menschen der Bundeswehr, aber auch um die Sicherheit Deutschlands und Europas.

Wie geht es nun weiter: Innerhalb der nächsten zehn Tage werden SPD, Grüne und FDP die Zustimmung ihrer Basis einholen, direkt oder über Parteitage. Sobald diese vorliegt, liegt der Vereidigung einer neuen Bundesregierung nichts im Wege.

Den vollständigen Koalitionsvertrag finden Sie HIER.

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