Soldatinnen und Soldaten müssen sich gegen SARS-Cov-2 impfen lassen
Der Streit um eine Vorschrift für Corona-Impfungen in der Bundeswehr ist entschieden: Das Verteidigungsministerium hat heute die Duldungspflicht der Covid-19-Impfungen für Soldatinnen und Soldaten beschlossen.
„Für Soldatinnen und Soldaten gilt unverzüglich eine Duldungspflicht für Impfungen gegen Corona“, heißt es in einem Tweet des BMVg. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer habe dies heute gebilligt. Der entsprechende Paragraph aus dem Soldatengesetz ist dem Tweet angehängt. Damit ist klar: De facto müssen sich alle Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr impfen lassen.
Für Soldatinnen und Soldaten gilt unverzüglich eine Duldungspflicht für Impfungen gegen #Corona. Ministerin @akk hat dies heute gebilligt. Bereits mehrfach hatte sie sich im Vorfeld dafür ausgesprochen - erst kürzlich hat auch der Schlichtungsausschuss grünes Licht gegeben. pic.twitter.com/OvXuTDl992
— Verteidigungsministerium (@BMVg_Bundeswehr) November 24, 2021
Ein Schlichtungsausschuss von BMVg und Beteiligungsgremien hatte am Montag nach stundenlangen Verhandlungen die Duldungspflicht beschlossen – wie sie schon für andere Impfungen gilt. Über mehrere Monate hinweg hatte es Streit über die Duldungspflicht gegeben. Laut einem „Spiegel“-Bericht von Anfang November waren zu diesem Zeitpunkt rund 74 Prozent der Bundeswehrangehörigen vollständig geimpft – der Wert liegt zwar immer noch über dem Gesamtdurchschnitt in der deutschen Bevölkerung, ist aber in der Betrachtung des BMVg noch zu niedrig, um eine vollständige Immunisierung der Truppe zu erreichen. Lediglich für Soldatinnen und Soldaten, die in den Auslandseinsatz gehen, galt bislang de facto eine Impflicht – dort liegt die Quote bei 100 Prozent. Nach aktuellen Informationen ist zudem die Zahl der Corona-Infektionen zuletzt deutlich angestiegen – zurzeit sollen mehr als 1000 Soldatinnen und Soldaten infiziert sein.

Der Vorsitzende Sanitätsdienst im DBwV-Bundesvorstand, Oberstabsfeldwebel Stefan Sprengers, begrüßte die Entscheidung: „Wir als Vorstand Sanitätsdienst sagen klar: Ja zur Impfung. Kein anderer Weg ist möglich, um der Pandemie Einhalt zu gebieten und wieder Normalität in Alltag und Dienstleistung zu erlangen. Daher unser Aufruf: Lassen Sie sich impfen und gehen Sie auch zur angebotenen Booster-Impfung.“ Die Verminderung der Kontakte, auch für Geimpfte, so Sprengers, sei nach wie vor die ergänzende Maßnahme, um die nunmehr vierte Welle der Pandemie abzuflachen. Sprengers weiter: „Nutzen Sie, wo immer möglich, das Angebot, im Homeoffice Dienst zu leisten. Seien Sie Vorbild, gemeinsam gegen die Pandemie.“
Stabshauptmann Martin Vogelsang, Vorsitzender des Hauptpersonalrats, sagt, dass der Schlichtungsausschuss vernünftig gehandelt habe. „Neben der Duldungspflicht der Covid-19-Impfung konnten weitere, seit Jahren strittige Punkte beigelegt werden. Insofern ist das ein Erfolg in der Sache und für die Menschen in der Bundeswehr“, sagt Vogelsang. Und betont: „Mit dieser Maßnahme der Fürsorge wird das Verteidigungsministerium seiner Verpflichtung im Gesundheits- und Arbeitsschutz inklusive Fragen der Haftung vollumfänglich gerecht.“

Oberstabsgefreiter Sebastian Dikall ist Vorsitzender des Unterausschusses 7 im Gesamtvertrauens-personenausschuss und damit fachlich zuständig. Auch er betrachtet die aktuelle Entscheidung als notwendigen Schritt nach vorn: „Es ist gut und wichtig, dass die Duldungspflicht für die Corona-Impfung nun da ist. Mehr Impfungen heißt auch ein Zurück zu mehr Normalität in der Ausübung unseres Dienstes.“ So könnten wieder größere Gruppen gemeinsam üben – dies wurde in den vergangenen beiden Jahren durch die Pandemie erschwert. Dikall, der selbst aus der Infanterietruppe kommt, weiß, wovon er spricht: So konnten bei Übungen Gefechtsfahrzeuge wie der GTK Boxer nicht voll besetzt werden, da die Abstände eingehalten werden mussten. Das habe immer wieder zu Defiziten bei den Übungsvorhaben geführt.

Hauptfeldwebel Stefan Kreitz, ein Kamerad von Dikall im Jägerbataillon 292, pflichtet bei: „Die Ansteckungsgefahr durch Covid-19 gefährdet die Einsatzbereitschaft der Truppe in erheblichem Maße. Für uns Soldaten, beziehungsweise für die Bundeswehr, steht diese über dem Wohl des Einzelnen. Die Duldungspflicht ist daher ein notwendiger, nachvollziehbarer und nach fast zwei Jahren Pandemie überfälliger Schritt zur Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft.“
In der Bundeswehr wurde die Duldungspflicht für Impf- und Vorsorgemaßnahmen vor einigen Jahren eingeführt. Soldaten, die diese verweigern, drohen disziplinarrechtliche Konsequenzen. Die Bundeswehr verweist auf das Soldatengesetz und die Einsatzbereitschaft der Truppe.
„Der Soldat muss ärztliche Maßnahmen gegen seinen Willen nur dann dulden, wenn sie 1. der Verhütung oder Bekämpfung übertragbarer Krankheiten dienen oder 2. der Feststellung seiner Dienst- oder Verwendungsfähigkeit dienen“, heißt es im Soldatengesetz, Paragraf 17a. Und: „Lehnt der Soldat eine zumutbare ärztliche Maßnahme ab und wird dadurch seine Dienst- oder Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt, kann ihm die Versorgung insoweit versagt werden. Nicht zumutbar ist eine ärztliche Maßnahme, die mit einer erheblichen Gefahr für Leben oder Gesundheit verbunden ist.“
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist vor allem mit Blick auf mögliche Impfnebenwirkungen zu wahren. Und gibt es schwere Komplikationen, ergeben sich versorgungsrechtliche Ansprüche. Die Wehrbeauftragte Eva Högl und Verteidigungsexperten der Ampel-Parteien – SPD, Grüne und FDP – hatten sich zuletzt dafür ausgesprochen, die Corona-Impfungen in das Basisimpfschema aufzunehmen und damit verpflichtend zu machen.