12.05.2020
Carsten Hoffmann, dpa

Generalinspekteur will bewaffnete Drohnen zum Schutz von Soldaten

Soll die Bundeswehr bewaffnete Drohnen bekommen? Verbündete haben solche Waffensysteme längst schon, sollen aber ausdrücklich nicht Vorbild sein. Eine Grundsatzdebatte soll nun den Weg weisen.

Berlin - Deutschlands ranghöchster Soldat hat eine Bewaffnung von Bundeswehr-Drohnen gefordert. «Wir, die Bundeswehr, wollen Drohnen zu unserer eigenen Verteidigung und zu unserem eigenen Schutz einsetzen», sagte Generalinspekteur Eberhard Zorn am Montag (11. Mai 2020) im Verteidigungsministerium. Drei Punkte sprächen dafür: Ein besseres Gesamtlagebild mit der Möglichkeit, überlegt zu handeln; der Zeitgewinn für die Entscheider, die nicht zum Zusehen verurteilt seien sowie eine größere Präzision in der Zielbekämpfung. Drohnen trügen deutlich kleiner dimensionierte Waffen als Kampfflugzeuge, und der Einsatz könne bis zum letzten Moment abgebrochen werden.

Die Frage der Bewaffnung der Drohnen ist seit Jahren politisch strittig. Zorn sprach auf einer Veranstaltung, die den Auftakt einer im Koalitionsvertrag vereinbarten Grundsatzdebatte dazu bilden sollte.

Die Bundeswehr setzt bei Einsätzen in Afghanistan und Mali jeweils drei Aufklärungsdrohnen des Typs Heron 1 ein. Ein Wechsel zur moderneren Heron TP ist von 2021 an vorgesehen. Dieses Modell ist auch «bewaffnungsfähig» und kann zur Beobachtung von Gegnern eingesetzt werden, aber auch zum sofortigen Angriff, um auf der Seite eigener Kräfte einzugreifen. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD ist vorgesehen, dass eine parlamentarische Entscheidung erst nach «ausführlicher völkerrechtlicher, verfassungsrechtlicher und ethischer Würdigung» erfolgen kann.

Dazu hatte der Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Peter Tauber, am Montag Experten, Vertreter der Zivilgesellschaft und Mitglieder der Bundestagsfraktionen geladen. Er rief die Teilnehmer der Debatte «Bewaffnete Drohnen - politische, ethische und rechtliche Aspekte» zu einer offenen Diskussion über eines der «wichtigsten, kontroversesten Themen» der Verteidigungspolitik auf. Es geht dabei auch um die Frage, ob man den Soldaten beim Umgang mit bewaffneten Drohnen vertraue. «Ich meine, dass wir dieses Vertrauen haben sollten», sagte Tauber.

Der entschiedenste Widerspruch kam vom Linken-Politiker Tobias Pflüger. Er verwies auf andere Staaten, die bewaffnete Drohnen für gezielte Tötungen einsetzen. Mit den Drohnen komme die «Schwelle zu einer anderen Form der Kriegsführungen». Die Linke sage dazu: «Wir wollen nicht, dass es bewaffnete Drohnen bei der Bundeswehr gibt.» Auch die Grünen-Politikerin Katja Keul sprach sich dagegen aus. Diese Waffensysteme seien entwickelt worden, um völkerrechtswidrig zu töten. «Ich sehe kein Einsatzszenario im Moment, wo die Bundeswehr auf dieses Waffensystem angewiesen wäre», sagte sie.

Ein Gegenpol war der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Henning Otte (CDU). «Wir führen keinen Angriffskrieg. Wir machen keine Terrorbekämpfung außerhalb der Mandate», sagte er. «Wir schützen die, die uns schützen.» Er bekräftigte Forderungen nach der Bewaffnung und sagte: «Die Sicherheitslage macht keine Corona-Pause.»

Der SPD-Verteidigungspolitiker Fritz Felgentreu (SPD) kritisierte, wie die USA Drohnen zur gezielten Tötung im Anti-Terror-Kampf einsetzen. Dies komme für Deutschland nicht infrage. «Der entscheidende Punkt ist, wofür sollen bewaffnete Drohnen in der Bundeswehr dienen», sagte Folgentreu. Dafür müsse es klare Regelen geben. «Die entscheidende Frage ist nicht, sind Drohnen böse oder nicht», sagte er.

Für die FPD sprach sich Marie-Agnes Strack-Zimmermann klar für die Bewaffnung aus. Ein solches System unbewaffnet einzusetzen, sei ein «Wahnsinn», sagte sie. Die Bundestagsabgeordneten hätten die Verpflichtung, für den größtmöglichen Schutz von Soldaten zu sorgen. «Deswegen kann es nur heißen: Wir brauchen die Drohnen, und zwar bewaffnet», sagte sie. Auch der AfD-Verteidigungspolitiker Rüdiger Lucassen sprach sich dafür aus, künftige Drohnen bewaffnet einzusetzen. Dies habe auch eine Abschreckungswirkung auf mögliche Angreifer.

Wegen der Corona-Krise wurde die Debatte praktisch ohne anwesende Zuschauer geführt, im Internet aber übertragen. Vor dem Verteidigungsministerium gab es einen Protest. Bei einer Kundgebung von Attac wurde dort ein Transparent mit der Aufschrift «Kampfdrohnen ächten» gezeigt.