Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer wird heute (1. Juli) noch eine Bundespressekonferenz zum Umgang mit dem KSK geben. Foto: Bundeswehr/Sebastian Wilke

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer wird heute (1. Juli) noch eine Bundespressekonferenz zum Umgang mit dem KSK geben. Foto: Bundeswehr/Sebastian Wilke

01.07.2020
DBwV/Amina Vieth

Kramp-Karrenbauer erlässt Tagesbefehl zu rechtsextremistischen Tendenzen im KSK

Berlin. Das Kommando Spezialkräfte wird umgekrempelt – wie gestern bekannt wurde, wird die 2. Kommandokompanie aufgelöst. Zudem soll eine ganze Fülle weiterer Maßnahmen sicherstellen, dass rechtsextremistische Tendenzen in der Spezialtruppe im Keim erstickt werden. Jetzt hat Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer in einem Tagesbefehl an die Angehörigen der Bundeswehr die einzelnen Maßnahmen vorgestellt. In der Bundespressekonferenz erläuterte sie die Maßnahmen gemeinsam mit Generalinspekteur Eberhard Zorn.

Von einem „toxic leadership“ innerhalb des Kommandos Spezialkräfte, von Teilbereichen, die sich in den vergangenen Jahren verselbstständig haben, „abgeleitet aus einem ungesunden Eliteverständnis einzelner Führungskräfte“ spricht Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer mit Blick auf die gehäuften Extremismusverdachtsfälle in der Spezialeinheit. Gemeinsam mit Generalinspekteur Eberhard Zorn stellte sie am Mittwoch (1. Juli) in einer Bundespressekonferenz die Ergebnisse der Arbeitsgruppe zur Struktur- und Defizitanalyse zu rechtsextremistischen Tendenzen innerhalb des KSK vor und erläuterte einige der 60 Maßnahmen, zu der auch die Auflösung der 2. Kompanie gehört. Bis zum 31. Oktober will die Ministerin die Veränderungen durch die umgesetzten Maßnahmen bewerten und gegebenenfalls über weitere Konsequenzen entscheiden. Für sie ist klar: Wer weiter Teil des Problems und nicht der Bundeswehr sein will, müsse die Bundeswehr verlassen.

Generalinventur

Das KSK habe in allen Einsätzen seit 1998 Spitzenleistungen gezeigt, betonte die Ministerin. Die Einheit brauche sich hinter keiner anderen Spezialkraft einer anderen Armee dieser Welt zu verstecken, lobte Kramp-Karrenbauer. Die aktuellen Untersuchungen hätten aber auch deutliche Verfehlungen und Missstände in dem Verband aufgezeigt, wie „extremistische Tendenzen und ein laxer Umgang mit Material und Munition“. Nach jetzigem Stand der Ermittlungen haben Verschuss, Nutzung oder Verbleib von 37.000 Schuss Munition Überbestand sowie 48.000 Schuss und 62 Kilogramm Sprengstoff Unterbestand noch nicht geklärt werden können, berichtete die Ministerin in der Konferenz. Es soll eine Generalinventur durchgeführt werden, die den gesamten Bestand von Munition bis Fahrzeuge umfasst.

„Die Mutigen ermutigen“

Unter anderem die gravierenden Disziplinmängel und Verfahrensprobleme im Umgang mit Munition stünden in keiner Weise mit den geltenden Vorschriften der Bundeswehr in Einklang. Deswegen sollen nun Maßnahmen ergriffen werden, um die Spezialeinheit von innen heraus zu verändern und wieder besser in die Bundeswehr zu integrieren. „Die Abschottung und in Teilen fehlgeleitetes Selbstverständnis müssen aufgebrochen werden“, betonte die Ministerin bereits in ihrem Tagesbefehl. Im Fokus stünden hierbei vor allem diejenigen, „die dazu beigetragen haben und weiter beitragen, die Mauer des Schweigens zu brechen und aus dem KSK selbst heraus eine Reinigung und Erneuerung von innen voranzutreiben. Wir wollen die Mutigen ermutigen.“

Da die 2. Kompanie Kommandokräfte sowie bestimmte Namen immer wieder aufgetaucht seien, werde diese nun aufgelöst. Das Verhalten in dieser Kompanie sei im Vergleich zu anderen Kompanien anders. Es herrsche eine „Mauer des Schweigens“, zum Teil aus Angst und zum Teil aus Loyalität, erläuterte die Ministerin. „Mit der Auflösung wird ein klares Signal gesetzt.“

Rotation und begrenzte Verwendungsdauer

Das KSK erhalte Zeit und das notwendige Vertrauen, „um den Reset-Knopf zu drücken und sich neu aufzustellen“. Deswegen werden die Übungen und internationalen Kooperationen bis auf Weiteres eingestellt. Die Soldaten litten zudem unter starker Belastung durch Training und Einsätze, berichtete die Ministerin. In den Kommando- und Unterstützungskräften des KSK sollen neue Funktionen für stellvertretende Bataillonskommandeure und Führungsfeldwebel geschaffen werden. „Deren Stabsstrukturen werden in den Bereichen Personal, Militärische Sicherheit und Logistik gestärkt“. Zudem sollen Teams innerhalb der Kommandokräfte künftig im Zuge einer Rotation zwischen den Kompanien wechseln. Schlüsselpositionen für Kommandooffiziere und Kommandofeldwebel sollen demnächst in der Verwendungsdauer begrenzt sein.

Auch der MAD ist von dem Maßnahmenpaket betroffen. Der Informationsfluss vom MAD hin zu den Angehörigen des KSK zeige „nicht akzeptable Mängel an Professionalität“, betonte Kramp-Karrenbauer. „Organisation und Arbeitsweisen der Extremismusabwehr des MAD müssen weiter deutlich verstärkt und weiter professionalisiert werden.“ Der Präsident des MAD sei angewiesen, bis Ende August ein Maßnahmenpaket zu erarbeiten, mit dem Ministerium abzustimmen und zusammen mit einem verbindlichen Implementierungsplan vorzulegen, so die Ministerin.

Neue Sicherheitsüberprüfung

Zudem sei man im Kontakt mit dem Innenministerium für die Einführung einer neuen Sicherheitsüberprüfung der Stufe 4, „die die intensivere Überprüfung eines breiteren Umfelds und häufigere Wiederholungsüberprüfungen für besonders sensible Dienstposten u.a. im KSK ermöglichen kann“.

Auch unter Reservisten sei zunehmend eine rechtsextreme Tendenz wahrgenommen worden. Deswegen werde das BMVg in eigener Zuständigkeit eine Beorderungssicherheitsüberprüfung für Reservisten einführen und zusammen mit dem Innenministerium prüfen, „wie die Verzahnung mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz und den Verbandsstrukturen zum gemeinsamen Vorgehen gegen mögliche rechtsextreme Tendenzen u.a. auch bei den Reservisten verlässlich weiter ausgebaut werden kann“.

Generalinspekteur Zorn erläuterte zudem, dass es nun in allen Bereichen Inspizienten geben werde, „die vorher nicht die Möglichkeit hatten, ins KSK zu gehen“. Auch der psychologische Dienst werde verstärkt. Therapeuten würden so auch über die sechs Jahre andauernde Ausbildung hinaus die Kräfte begleiten. Sein Ziel sei es, die Masse der Maßnahmen bis Mitte 2021 so umzusetzen, dass es im KSK spürbar ist.

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