Kasernennamen unter der Lupe (6): Erich Boldt – ein Vorbild für die Soldaten
Wer waren die Persönlichkeiten, deren Namen groß an den Kasernen prangen? In der Serie „Kasernennamen unter der Lupe“ werden einige dieser bedeutenden Menschen beleuchtet. Den Auftakt machte der Widerstandskämpfer Julius Leber, es folgten der Physiker Heinrich Hertz, der in Afghanistan gefallene Hauptfeldwebel Tobias Lagenstein und Generalfeldmarschall Erwin Rommel, der Hitler-Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Im sechsten Teil widmen wir uns dem unvergessenen Feldwebel Erich Boldt.
Selbstlos gab er sein Leben, um das anderer zu retten: Feldwebel Erich Boldt warf sich auf eine bereits gezündete Sprengladung, er opferte sich zum Wohle seiner zwei untergebenen Soldaten. Der Panzerpionier bleibt unvergessen. Seine Selbstlosigkeit zeichnet ihn als Mensch, als Soldat und als Vorgesetzten aus. Damit ist er ein Beispiel für jeden Soldaten. Nach ihm ist die Unteroffizierschule des Heeres in Delitzsch benannt. Es war das erste Mal, dass eine Kaserne nach einem verstorbenen Vorbild benannt worden ist.
Boldt (geb. am 1. September 1933 in Damshagen) wurde 1954 in den Bundesgrenzschutz einberufen. 1956 erfolgte der Wechsel zur Bundeswehr. Eingesetzt war er in der Panzerpionierkompanie 70 in Stade.
Feldwebel Erich Boldt leitete am 16. November 1961 beim Panzergrenadierbataillon 71 auf dem Truppenübungsplatz Putlos ein Gewöhnungssprengen. Der Feldwebel galt als erfahrener Sprengausbilder. Zwei Soldaten waren bei ihm. Dann ereignete sich ein folgenreiches Unglück: Eine offensichtlich bereits gezündete Sprengladung rollte in den für die Soldaten vorgesehenen Deckungsgraben zurück.
Strauß schrieb an die Witwe
Feldwebel Boldt konnte noch in letzter Sekunde reagieren und zögerte nicht, sich auf die explodierende Sprengladung zu werfen. Er verlor durch diese mutige Tat sein Leben. Das der zwei Soldaten schützte er. Sie erlitten zwar leichte Verbrennungen, blieben sonst aber nahezu unverletzt. Boldt hinterließ eine Frau und einen damals acht Monate alten Sohn.
Der damalige Verteidigungsminister Franz Josef Strauß schrieb der Witwe: „Ihr Mann gab sein Leben in vorbildlicher Pflichterfüllung als Soldat und Vorgesetzter, um das Leben seiner Kameraden zu schützen. Aufgrund dieses Verhaltens wird er für die Soldaten der Bundeswehr als Vorbild weiterleben und in steter Erinnerung bleiben.“
Die ganze Nation nahm Anteil. Respekt und Anerkennung werden Boldt bis heute gezollt. 1992 wurde die Kaserne in Delitzsch nach Boldt benannt. Es war das erste Mal, dass ein verstorbenes Vorbild Namensgeber für einen Standort wurde.
Ihm zu Ehren wurde nicht nur die Kaserne in Delitzsch nach ihm benannt, die Straße, an der die Kaserne steht, trägt ebenfalls seinen Namen. Es gibt zudem einen Feldwebel-Boldt-Preis. Dieser wurde bereits 1982 gestiftet. Der Verein „Bund Deutscher Pioniere“ verleiht ihn dem Jahrgangsbesten der Feldwebellehrgänge an der Pionierschule/Fachschule des Heeres für Bautechnik.
Wie Kasernen ihre Namen erhalten
„Kasernen und Namen sind Teil des Traditionsverständnisses, dieses Verständnis kann nicht verordnet werden, es muss wachsen“, erläutert ein Sprecher des BMVg auf DBwV-Anfrage. Der Traditionserlass wurde am 28. März 2018 in Hannover gezeichnet. „Er setzt den Rahmen und die Richtlinien für das Traditionsverständnis innerhalb der Bundeswehr“, so der Sprecher weiter. Bei der Namenswahl geht es unter anderem auch darum, dass sich die Angehörigen der Bundeswehr mit ihm identifizieren können, weil er für ihren täglichen Dienst Bedeutung hat.
„Die Initiative für die Benennung einer Kaserne liegt grundsätzlich bei der vor Ort stationierten Truppe“, sagt der Sprecher und schildert das Vorgehen. „Der Kasernenkommandant stimmt den beabsichtigten Namensvorschlag mit den Kommandeuren und Dienststellenleitern der in der Kaserne untergebrachten Truppenteile und Dienststellen ab. Besteht bei der Truppe Einvernehmen zu einem Namensvorschlag, so ist die Zustimmung des Inspekteurs des zuständigen militärischen Organisationsbereiches auf dem Dienstweg einzuholen. Anschließend ist die Stadt oder Gemeinde, bei der sich die Kaserne befindet, zu beteiligen.“ Ist die Benennung nach einer verdienten Persönlichkeit beabsichtigt, wird auch die schriftliche Zustimmung der nächsten Angehörigen oder Nachkommen des zukünftigen Namensgebers benötigt.
Der endgültige Namensvorschlag muss dann dem Verteidigungsministerium zur Genehmigung vorgelegt werden. Ist diese erteilt, wird die Namensgebung der Liegenschaft durch die Dienststellen vor Ort unter feierlicher Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt. „Erst mit diesem feierlichen Akt ist die Namensgebung abgeschlossen. Die Benennung erlischt mit Aufgabe der Liegenschaft durch die Bundeswehr.“
Ist eine Umbenennung der Kaserne angestrebt, verhält es sich ebenso. Der Grundstein dafür sollte von den Soldatinnen und Soldaten vor Ort kommen. Der Vorschlag wird dann im Standort und mit dem kommunalen Umfeld diskutiert, bevor der Antrag auf eine Umbenennung eingereicht wird. Wichtig ist auch hierbei, dass der Name sinnstiftend für das Traditionsverständnis der Bundeswehr ist.