Das wird sich ändern beim KSK – die 2. Kommandokompanie wird aufgelöst
+++60 Einzelmaßnahmen, mehr Disziplinaraufsicht und genauere Prüfung bei der Werbung von Soldaten. +++Obleute im Ausschuss heute informiert.+++
Berlin. Das Kommando Spezialkräfte steht vor einem tiefgreifenden Umbruch: Die Spezialeinheit soll grundlegend reformiert, zudem eine der Einsatzkompanien aufgelöst werden. Die 2. Kommandokompanie, aus der einige Soldaten vor Jahren mit einer skandalösen Feier zum Abschied eines Offiziers auch mit rechtsradikalen Entgleisungen aufgefallen sind, ist Geschichte.
Am morgigen Mittwoch (1. Juli) will Verteidigungsministerin das neue Konzept auf einer Pressekonferenz vorstellen. Es ist von umfassenden Reformen des KSK die Rede – mit 60 Einzelmaßnahmen soll der Verband wieder auf den richtigen Kurs gebracht werden. Das geht aus dem Bericht der Arbeitsgruppe KSK im BMVg hervor, der dem DBwV vorliegt. Wir haben dieses Dokument für unsere Mitglieder in der Community, unserem geschützten Bereich, zur Verfügung gestellt.
Der DBwV-Bundesvorsitzende, Oberstleutnant André Wüstner, begrüßte das Vorgehen des BMVg: „Unser erster Eindruck: Der Umgang von Annegret Kramp-Karrenbauer mit der ‚Problemlage KSK‘ ist ein guter: Sie vermeidet Populismus und Aktionismus und setzt stattdessen auf sachgerechte Entscheidungen. Jetzt kommt es darauf an, den Maßnahmenkatalog nachhaltig umzusetzen. Davon wird abhängen, ob der zweite Eindruck auch ein guter ist.“
Rund 20 Personen stehen beim Kommando Spezialkräfte in Calw im Fokus des Militärischen Abschirmdienstes (MAD). Nun greift das BMVg durch: In einem Schreiben von Staatssekretär Peter Tauber an die Obleute des Verteidigungsausschusses – das Ergebnis der Arbeitsgruppe KSK im BMVg – heißt es, dass eine der vier Einsatzkompanien aufgelöst wird.
Zuletzt hatten sich die Verdachtsfälle beim KSK gehäuft, im Dokument des BMVg ist von einer „toxischen Führungskultur“, „extremistischen Tendenzen“ und einem „laxen Umgang mit Material und Munition“ die Rede. In dem Schreiben wird auch auf die Durchsuchung eines Grundstücks eines KSK-Soldaten in Sachsen hingewiesen. Dort waren vor wenigen Wochen Waffen, Munition, Sprengstoff sowie verfassungsfeindliche Schriften gefunden worden. Damit gebe es seit Mai 2020 „eine neue Dimension“.
„Die Arbeitsgruppe KSK legt mit diesem Bericht ein umfassendes Maßnahmenpaket vor, das dazu beitragen wird, Rechtsextremismus in der Bundeswehr zu unterbinden bzw. gar nicht erst aufkommen zu lassen. Vor dem Hintergrund, dass auch in der gesamten Gesellschaft antidemokratische Tendenzen zunehmen, ist dies umso wichtiger für einen Verband wie das KSK. Der Bericht enthält 60 konkrete Empfehlungen für strukturelle, organisatorische und auch gesetzgeberische Änderungen. Um die Prävention und Resilienz jedes Einzelnen im KSK gegenüber extremistischem und elitärem Gedankengut nachhaltig zu stärken, wurde ein breiter Ansatz erarbeitet. Die Maßnahmen reichen von der Rückführung des KSK ‚in die Linie‘ über verstärkte Dienstaufsicht und Inspizierungen bis hin zu Änderungen in den Werdegängen. Über allem steht die Erkenntnis, dass dieses Kommando ein einzigartiger, aber kein ‚freischwebender‘ Teil der Bundeswehr ist“, heißt es in dem Bericht an die Obleute im Verteidigungsausschuss.
Besonders im Blick steht die 2. Kommandokompanie des KSK, die nun aufgelöst werden soll. Diese Einsatzkompanie sei bereits 2017 mit einer Feier negativ aufgefallen, bei der rechtsextremistisches Verhalten offensichtlich wurde. Betroffen von dieser Entscheidung sind rund 70 Soldaten.
Chance auf einen Neuanfang
Der seit 1996 bestehende Verband soll aber die Chance auf einen Neuanfang bekommen. So sollen das Auswahlverfahren der Soldaten und die Ausbildung reformiert werden. Der Bereich Ausbildung wird künftig truppendienstlich der Infanterieschule des Heeres und damit fachlich dem Ausbildungskommando im Heer unterstellt. Zudem würden Übungstätigkeit und internationale Kooperationen bis auf Weiteres eingestellt. Einsatzverpflichtungen würden, so weit möglich, von anderen Einheiten übernommen.
Im Bericht wird aber auch hervorgehoben, dass eine überwiegende Mehrheit der Soldatinnen und Soldaten im KSK fest auf dem Boden des Grundgesetzes stehe und „hervorragende Leistungen“ erbringe. Um diese Mehrheit zu unterstützen, komme es darauf an, „Rechtsextremisten und rechtsextremistisches Gedankengut schnell und mit aller Konsequenz aus der Truppe zu entfernen“.
Ähnlich sieht das Oberstleutnant Wüstner: „Wir haben mit Genugtuung zur Kenntnis genommen, dass sich viele Parlamentarier, die Ministerin und auch die neue Wehrbeauftragte grundsätzlich dagegen gewandt haben, das KSK oder die Bundeswehr in Gänze unter Generalverdacht zu stellen. Man kann es nicht oft genug sagen: Jeder Fall von Radikalismus oder Extremismus ein Fall ist einer zu viel. Dennoch bleibt Tatsache, dass die bestätigten Fälle im Verhältnis zur Größe der Bundeswehr nach wie vor im Promillebereich liegen.“
Die Verteidigungsministerin will zum Stichtag 31. Oktober 2020 eine Bewertung der eingeleiteten Maßnahmen vornehmen. Weiter heißt es im Bericht: „Sollten insbesondere die Selbstreinigungskräfte des KSK nicht hinreichend Wirkung zeigen, wird sich unausweichlich die Frage stellen, ob das KSK in seiner jetzigen Form am bisherigen Standort erhalten bleiben kann.“
Der Arbeitsgruppe, welche die Missstände im Kommando untersucht hat, gehörten neben den Staatssekretären Peter Tauber und Gerd Hoofe auch der Generalinspekteur und der Inspekteur des Heeres sowie der Kommandeur des KSK an. Begleitet wurde die Untersuchung von der Wehrbeauftragten Eva Högl.