Bundeswehr rettet mehr als 500 Menschen - Einsatz im Sudan wird fortgesetzt
Die Luftbrücke in den Sudan soll so lange wie möglich aufrechterhalten werden. Schon jetzt hat die Bundeswehr 500 Menschen mit den A400M der Luftwaffe in Sicherheit gebracht. Am Montagabend endete jedoch die vereinbarte Feuerpause – dennoch landete am Dienstagmorgen ein fünfter Evakuierungsflug in Jordanien.
Berlin/Khartum. Es ist ein Wettlauf mit der Zeit: Wie lange bleibt der enge Korridor in den krisengeschüttelten Sudan offen, um möglichst viele Menschen vor den anhaltenden Kämpfen in Sicherheit zu bringen? Am Sonntag hatte die Bundeswehr in enger Abstimmung mit dem Auswärtigen Amt das risikoreiche Unternehmen gestartet. Und es ist noch im Gange. Verteidigungsminister Boris Pistorius bestätigte am Montagabend, dass mit vier Evakuierungsflügen mit den Airbus A400M der Luftwaffe mehr als 400 Menschen nach Jordanien in Sicherheit gebracht wurden. Ein fünftes Flugzeug landete am frühen Dienstagmorgen auf der Airbase Al Azraq in Jordanien.
Außenministerin Annalena Baerbock zeigte sich am Montag bei einem gemeinsamen Statement mit Pistorius erleichtert, dass die Rettungsmission bislang ohne Zwischenfälle verlaufen sei, warnte jedoch: „Es ist bei aller Dankbarkeit noch nicht der Moment des Aufatmens.“ Es seien immer noch deutsche Staatsbürger im Krisengebiet. „Wir versuchen, sie zu erreichen“, sagte die Außenministerin.
Ungewissheit vor dem Ende der Feuerpause
Zudem müsse man davon ausgehen, „dass wir uns heute Abend in einer anderen Lage befinden“, sagte Baerbock. Hintergrund: Die am Samstag für drei Tage vereinbarte Feuerpause zwischen den Konfliktparteien endete am Montagabend. Wie es dann weitergeht, ob noch weitere Flüge möglich sein würden, war unklar. „Es ist eine außerordentlich komplexe militärische Lage“, sagte Verteidigungsminister Pistorius.
Unter den mehr als 500 geretteten Menschen sind nicht nur deutsche Staatsbürger. Unter anderem wurden auch Niederländer, Belgier und Österreicher in Sicherheit gebracht. Viele wurden von der Luftwaffe von Jordanien aus nach Deutchland geflogen.
Dank vom Kanzler
Bundeskanzler Olaf Scholz dankte der Bundeswehr für ihren Einsatz. „Es ist ein gefährlicher Einsatz, aber er ist wichtig, um Bürgerinnen und Bürger unseres Landes und anderer Länder in Sicherheit zu bringen“, sagte der SPD-Politiker am Montag am Rande eines Nordsee-Gipfels zur Windkraft im belgischen Ostende. „Ich danke der Bundeswehr für diesen Einsatz.“ Die Operation sei gut vorbereitet gewesen, betonte Scholz.
Lob auch von der Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Die FDP-Politikerin zeigte sich erleichtert über den bisherigen Verlauf der Evakuierungsmission. Gut finde sie, dass Generalinspekteur Carsten Breuer mit den Bürgerkriegsparteien verhandelt habe, um Zeitfenster abzusprechen, in denen man in das Land fliegen könne, sagte sie im Frühstart von RTL/ntv. Sie begrüßte, dass sich die Nationen gegenseitig helfen: „Da bleibt keiner stehen, weil er einen anderen Pass hat.“ Auch andere Staaten fliegen weiter Menschen aus, insgesamt sind so schon mehr als 1000 Menschen in Sicherheit gebracht worden.
Drehscheibe in Jordanien
Die Bundeswehr hat den Luftstützpunkt Al Azraq in Jordanien zu ihrer Drehscheibe für die militärische Evakuierungsoperation gemacht. Dort sind Bundeswehr-Kräfte im Rahmen des Antiterroreinsatzes gegen den „Islamischen Staat“ stationiert. In die aktuelle Rettungsmission sind insgesamt mehr als 1000 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr involviert, darunter Fallschirmjäger und Spezialisten des KSK. Auch die GSG9, Elitetruppe der Bundespolizei, ist im Einsatz.
Im Sudan ist ein militärisch gesicherter Flugplatz nahe der Hauptstadt Khartum Sammelpunkt des Einsatzes. Dort hat Deutschland von Frankreich die Abstimmung von Evakuierungsflügen übernommen. Die Bundeswehr sei nun zuständig für die Koordination der Flugbewegungen zum Aufnahmefluplatz, sagte ein Sprecher des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr in der Nacht zum Dienstag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Dabei geht es darum, Flugzeiten und den praktischen Betrieb auf dem Militärflugplatz bei Khartum zu regeln, der von westlichen Staaten genutzt wird. Frankreich hat seine Evakuierung inzwischen praktisch abgeschlossen.
Blutiger Machtkampf
Hintergrund des nun notwendig gewordenen Rettungseinsatzes sind die schweren Kämpfe, die vor gut einer Woche im Sudan zwischen den zwei mächtigsten Generälen des Landes und ihren Einheiten ausgebrochen waren. Beide hatten das Land mit rund 46 Millionen Einwohner seit einem gemeinsamen Militärcoup im Jahr 2021 geführt. Nun kämpft De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan, der auch Oberbefehlshaber der Armee ist, mit dem Militär gegen seinen Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo, den Anführer der mächtigen paramilitärischen Gruppe Rapid Support Forces (RSF). Eigentlich hätte Daglos Gruppe der Armee unterstellt und die Macht im Land wieder an eine zivile Regierung übertragen werden sollen.
Aktualisiert am 25.04.2023, 08:40 Uhr