Erleichterung, nachdem die Einsatzkräfte der Bundeswehr wieder wohlbehalten in Deutschland gelandet sind: Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer umarmt Brigadegeneral Jens Arlt, der den Einsatz vor Ort geführt hat. Foto: Bundeswehr/Twitter

28.08.2021
Yann Bombeke

Die militärische Evakuierungsoperation ist beendet – was sagt nun die Politik?

Am Freitagabend sind die an der Evakuierungsoperation in Afghanistan beteiligten Soldatinnen und Soldaten wieder wohlbehalten in Deutschland angekommen. Die Bundeswehr hat damit den größten Einsatz dieser Art, an dem sie jemals beteiligt war, erfolgreich abgeschlossen. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer sagte bei der Ankunft in Wunstorf, dass Vertrauen und Erwartungen in die Einsatzkräfte „mehr als erfüllt“ worden seien. Wir haben weitere Reaktionen aus der Politik gesammelt.

Henning Otte, verteidigungspolitischer Sprecher der CDU, sagte: „Unsere bei der Evakuierungsmission in Afghanistan eingesetzten Soldatinnen und Soldaten haben gezeigt, wozu sie in der Lage sind. Auf sie können wir uns verlassen. Ihnen gelten unser Dank, unsere Anerkennung und unser Respekt. Es ist gut, dass dieser Dank nun mit einer militärischen Zeremonie zum Ausdruck gebracht wird. Bei der Evakuierungsoperation in Kabul handelte es sich um die größte Mission dieser Art in der Geschichte der Bundeswehr. Gleichwohl konnte der Einsatz nur durchgeführt werden, weil amerikanische Streitkräfte den Flughafen Kabul dafür gesichert haben. Ohne sie wäre der Einsatz unserer Soldatinnen und Soldaten nicht möglich gewesen. Vor allem muss die NATO wieder mehr Relevanz haben, sie muss wieder zum Ort gegenseitiger Abstimmung im transatlantischen Verhältnis werden. Für die Europäische Union gilt es, die gemeinsame Außen- und Verteidigungspolitik ganz oben auf die Agenda zu setzen. Wir müssen die europäische Säule in der NATO stärken. Und für Deutschland muss klar sein: Wenn unsere Werte wie Freiheit und Gerechtigkeit nicht leere Worte sein sollen, müssen wir auch erheblich mehr militärische Fähigkeiten für die europäische Sicherheit bereitstellen."

Auch Tobias Lindner (Bündnis 90/Die Grünen) würdigte die Leistungen der Streitkräfte: „Mein großer Dank gilt den Soldatinnen und Soldaten. Die Bombenanschläge am Flughafen in Kabul haben auf dramatische Weise gezeigt, unter welch hohem Risiko die Soldatinnen und Soldaten ihren Dienst zur Rettung Schutzbedürftiger in den letzten Tagen verrichtet haben. Meine Gedanken sind bei den Opfern und ihren Familien, bei den Verletzten und den Menschen vor Ort. Der gefährliche Bundeswehreinsatz ist erst durch das viel zu lange Zögern der Bundesregierung notwendig geworden. Das Ende der längsten Evakuierungsoperation der Bundeswehr darf nicht das Ende der Bemühungen sein, deutsche Staatsbürger sowie Ortskräfte und gefährdete Personen aus Afghanistan in Sicherheit zu bringen. Angesichts der dramatischen Entwicklung ist es eine gründliche Evaluation des Engagements der letzten 20 Jahre unabdingbar. Die Bundeswehr kann immer nur die Aufträge der Politik umsetzten, daher gilt es daher auch für laufende und künftige Einsätze unabhängig, ehrlich und schonungslos aufzuklären.“

Tobias Pflüger (Die Linke) übte Kritik am Vorgehen des Auswärtigen Amts: „Durch bürokratische und undurchsichtige Verfahren hat das Auswärtige Amt bis zuletzt die Evakuierung von Ortskräften verschleppt. So mussten Afghanen erst nach Kabul fahren und dort ihre biometrischen Daten aufgeben. Das war und ist realitätsfern angesichts der vielen Ortskräfte, die in anderen Regionen wie Mazar-e Sharif oder Kunduz waren. Die völlig wahnsinnigen bürokratischen Vorgaben haben und werden Ortskräften das Leben kosten. Ich weiß von der verzweifelten Lage, in der viele der Ortskräfte stecken. Nicht wenige haben sich auch direkt an mich gewandt, ich habe sie so gut es geht und ging unterstützt. Nicht wenige haben sich auf die Zusagen der Bundesregierung verlassen und sind im Stich gelassen worden. Nun braucht es endlich großzügige Zusagen für die Aufnahme von Ortskräften und anderen gefährdeten Afghan:innen. Die Bundesregierung muss die Ausreise in Nachbarstaaten explizit unterstützen und sowohl die Registrierung als auch die weitere Reise nach Deutschland ermöglichen. Dafür muss die Bundesregierung auch mit den Taliban verhandeln über Zusagen zur sicheren Ausreise der Ortskräfte.“

Siemtje Möller (SPD) grüßte die Einsatzkräfte via Twitter. „Danke für den treuen, unermüdlichen Dienst“, schriebt die verteidigungspolitische Sprecherin der Sozialdemokraten. Und weiter: „Die Bundesrepublik kann wahrhaft stolz auf Sie sein – ich bin es!"

Im „heute jounal“ des ZDF übte Roderich Kiesewetter, Obmann der CDU im Außenausschuss, Kritik am Bündnispartner USA: „Die Amerikaner haben uns zu spät über ihren Abzug informiert. Das muss auch aufgearbeitet werden, unabhängig von innenpolitischen Fragen“, sagte Kiesewetter. Der Unionspolitiker fügte hinzu, dass er sehr froh sei, dass die Bundeswehr 20 Jahre lang den parlamentarischen Auftrag voll erfüllt habe. „Dennoch: das Ende hätte anders sein können.“

Im ganzen Verlauf des Einsatzes habe die Generalität immer wieder Änderungen am Mandat und an der Ausstattung angemahnt, die Politik habe jedoch an ihrem Narrativ vom friedlichen Wiederaufbau festhalten wollen. „Man hätte die Soldatinnen und Soldaten mit dem ausstatten sollen, was sie brauchen. Dazu gehören bewaffnete Drohnen oder Flugzeuge, die ihre Waffen auch einsetzen dürfen“, sagte Kiesewetter. „Wir müssen und als Land und Parlament vorwerfen lassen, nicht auf die Stimmen der Soldaten gehört zu haben.“ Kiesewetter weiter: „Die nüchterne Realität, die auch der BundeswehrVerband immer wieder ansprach, wurde schlichtweg verdrängt.“

Abschließend forderte der Außenpolitiker Union mehr Dank und Anerkennung für die Leistungen der Streitkräfte durch Politik und Gesellschaft – und das nicht nur bei Anlässen wie Hochwasser- oder Pandemieamtshilfe.

Mit Rat und Hilfe stets an Ihrer Seite!

Nehmen Sie Kontakt zu uns auf.

Alle Ansprechpartner im Überblick