Bislang wurden Defekte an den ukrainischen Panzerhaubitzen 2000 in Litauen beseitigt. Anfang Dezember meldete das litauische Verteidigungsministerium, dass sich zwei instandgesetzte Haubitzen auf dem Rückweg in die Ukraine befinden. Der nun in der Slowakei eingerichtete "Hub" verkürzt die Wege erheblich. Foto: Twitter/Lithuanian MoD

13.12.2022
Von Carsten Hoffmann, dpa

Zurück von der Front: Die komplizierte Reparatur der deutschen Waffen

Die schweren Kämpfe der Ukraine gegen russische Angreifer haben Spuren an den aus Deutschland übergebenen Waffensystemen hinterlassen. Reparatur und Wartung sind für die Durchhaltefähigkeit zentral. Ein Zentrum in der Slowakei soll helfen.

Michalovce. An die Ukraine gelieferte deutsche Waffen werden künftig in einem Werkstattzentrum in der Slowakei repariert und gewartet. Militärvertreter der beteiligten Staaten und der deutsche Panzerbauer Krauss-Maffei Wegmann (KMW) nahmen den Stützpunkt („Hub“) am Montag in Michalovce unweit der ukrainischen Grenze in Betrieb. „Für uns ist das ein ganz wichtiger Beitrag zur Unterstützung der ukrainischen Streitkräfte. Wir können damit dazu beitragen, dass die von uns übergebenen und so erfolgreich eingesetzten Waffensysteme auch dauerhaft einsatzbereit sind“, sagte Brigadegeneral Christian Freuding, Leiter des Sonderstabes Ukraine im Verteidigungsministerium.

Die erste Panzerhaubitze war am Montag noch auf einem Tieflader über Polen unterwegs. Sie kommt aus Litauen und muss den Weg über derzeit teils verschneite Überlandstraßen nehmen. Von nun an sollen die beim Fronteinsatz verschlissenen Waffensysteme aber direkt aus der Ukraine in die Slowakei gebracht werden. Das dauere nur drei bis vier Tage, sagt ein Vertreter des ukrainischen Militärs, der sich für die „ganz entscheidende Hilfe“ bedankt. Dass ukrainische Techniker künftig gleich mitausgebildet werden könnten, ist eine Hoffnung.

Deutschland hat der Ukraine bisher 14 Stück der Panzerhaubitze 2000, 5 Mehrfachraketenwerfer Mars und 30 Flugabwehrkanonenpanzer Gepard übergeben. Es sollen noch 7 weitere Gepard geliefert werden. Zudem wurden 50 gepanzerte Mannschaftransporter vom Typ Dingo überlassen. Zunächst konzentrieren sich die Reparaturarbeiten auf dieses Militärgerät, wobei aus Deutschland auch Waffen anderer Hersteller an die Ukraine übergeben wurden. Denkbar ist, dass sich auch andere deutsche Unternehmen der Infrastruktur bedienen. Andere Nationen haben Interesse erkennen lassen, sich zu beteiligen. Die Niederlande haben acht Panzerhaubitzen, die Italiener drei überlassen.

Der Reparaturstützpunkt liegt innerhalb eines Kasernengeländes am Rande der Stadt Michalovce. Die Leichtbauhalle ist 40 mal 20 Meter groß, bietet sechs Werkstattplätze unter einer Krananlage und wurde binnen zwei Wochen aus dem Boden gestampft – mit erheblicher Vorleistung des Rüstungsunternehmens.

Von Michalovce dort sind es noch knapp 40 Kilometer bis in die Ukraine. KMW-Chef Ralf Ketzel betont die kurzen Wege. „Wir haben das in den Auslandseinsätzen der Bundeswehr auch immer praktiziert: Man muss vor Ort sein. Und das ist der nächste Ort, den wir hier haben, um der Ukraine die Unterstützung zu liefern, die sie braucht.“ Zunächst stehen Reparaturen wegen Verschleiß, im Falle von Angriffen auf die Fahrzeuge kann im Notfall aus beschädigtem Material ein funktionierendes Waffensystem gebaut werden.

Hoher Verschleiß im Kampfeinsatz

Beim Kampfeinsatz ist die Belastung des Materials wegen der hohen Schussfolge erheblich, wie Experten am Beispiel der Panzerhaubitze 2000 festgestellt haben. Bislang wurde – nach allem was man in Deutschland wissen kann – noch keine Panzerhaubitze 2000 durch das russische Militär zerstört. Doch die Waffensysteme werden an der Grenze der Belastungsfähigkeit eingesetzt – „und darüber hinaus“, hieß es. Ein technischer Wartungsdienst wie in Friedenszeiten könne unter der Intensität des Gefechts nicht eingehalten werden.

Die Panzerhaubitze habe sich aber auch unter diesen Umständen als robust erwiesen – robuster als gedacht, wie es weiter hieß. Sie gilt als eines der modernsten Artilleriegeschütze weltweit, ist allerdings als System auch schon 25 Jahre alt. Einige Bauteile sind inzwischen schwer zu beschaffen. Wegen der Engpässe könnte es dazu kommen, dass entschieden werden muss, ob Ersatzteile für den Kampf in der Ukraine genutzt oder für die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr-Waffen verwendet werden.

Die Panzerhaubitze ist ein schweres Artilleriesystem mit einem Geschütz auf einem gepanzerten Kettenfahrzeug. Mit Standardmunition erreicht sie Schussentfernungen von 30 Kilometern, mit reichweitengesteigerter Munition sind 40 Kilometer möglich, wie die Bundeswehr schreibt. Deutschland wird der Ukraine auch neue, präzisionsgelenkte Vulcano-Artilleriemunition überlassen, die die Flugbahn verändern kann und die Treffgenauigkeit erhöht. In den kommenden Monaten sollen mehrere Hundert der Geschosse übergeben werden.

Für den Betrieb des Reparaturstützpunktes in Michalovce ist ein Regierungsabkommen mit der Slowakei die Grundlage. Militärhilfe für die Ukraine ist in großen Teilen der slowakischen Bevölkerung umstritten. Verschiedene Umfragen belegen starke Vorbehalte. Vor allem in der Stadt Sliac, an deren Flughafen die deutschen Patriots stationiert sind, fürchtet man, bei einer weiteren Eskalation zum Ziel russischer Angriffe zu werden. Die Regierung präsentiert deshalb nicht alle ihre Schritte offen. Verteidigungsminister Jaroslav Nad bekannte vor wenigen Tagen auf Facebook, nur etwa fünf Prozent der tatsächlichen Aktivitäten gebe man offiziell bekannt.

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