Vizeadmiral Jan C. Kaack ist Inspekteur der Marine. Foto: picture alliance/dpa/Jonas Walzberg

10.07.2023
Von Frank Jungbluth

„Wir brauchen viel Kraft und Mut”

Jan C. Kaack ist seit März 2022 Inspekteur der Deutschen Marine. Die erste Bundesflotte, damals unter dem Dach der Reichsmarine, ist von der Frankfurter Nationalversammlung im Juni 1848 beschlossen worden. Das war eine Zeitenwende. Zum 175 Geburtstag der Deutsche Marinen hat unser Chefredakteur Frank Jungbluth mit Vizeadmiral Kaack gesprochen.

175 Jahre Deutsche Marinen. Ein Grund zum Feiern, aber auch ein Moment der Erinnerung. 1848 war eine Zeitenwende. Ist das mit heute vergleichbar?

Jan C. Kaack: Jede Zeitenwende ist einzigartig und jede Generation muss sich ihren Herausforderungen in dieser Zeit stellen. 1848, mit der bürgerlichen Revolution, ist Deutschland auf eine besondere Art und Weise durcheinandergewirbelt worden. Es gab neue Ideen, neue Inhalte wie eine Nationalversammlung, eine nationalstaatliche Idee und schließlich auch eine deutsche Marine. Diese Anforderungen sind in einer atemberaubenden Geschwindigkeit umgesetzt worden. Innerhalb von zwei Jahren hat die Marine unter Führung von Admiral Brommy 12 Schiffe gekauft, bauen lassen und in Dienst gestellt. Das ist heute aus verschiedenen Gründen nicht mehr vorstellbar. Wir berufen uns aber auch deshalb auf die Marine von 1848, weil sie auch eine Parlamentsmarine war, die unter der schwarz-rot-goldenen Flagge fuhr– genauso, wie die Deutsche Marine heute.

Deutschland hat in den vergangenen 175 Jahren sehr verschiedene Marinen erlebt. Die erste, die demokratische, dann die preußische Marine und die des norddeutschen Bundes, schließlich die kaiserliche Marine mit der Flottenhochrüstung und dem großen Scheitern im ersten Weltkrieg. Vor der Bundesmarine von 1955 war es die Kriegsmarine der verbrecherischen nationalsozialistischen Diktatur. Wo ordnen Sie da die Deutsche Marine von 2023 ein?

Nur, wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten. Das ist zwar eine alte Weisheit, aber sie bleibt bis heute sehr zutreffend. Geschichte ist ja wie eine Pflichterbschaft, die man nicht zurückgeben kann. Deutsche Marinen haben diese Brüche erlebt. Seit 67 Jahren – und damit die bei weitem längste Zeit einer Deutschen Marine – dient unsere Marine einem demokratischen Rechtsstaat. Das ist für uns traditionsbildend. Und selbst in dieser Zeit haben wir viele „Zeitenwenden“ und Herausforderungen gemeistert. Jede Generation aufs Neue.

Dafür braucht man Kraft und auch Mut und das ist in diesen Monaten und Jahren der erneuten Zeitwende wieder wichtig, denn jetzt, nicht erst seit dem 24. Februar 2022, stehen wir erneut vor gigantischen Herausforderungen.

Wenn Sie diese Herausforderungen etwas genauer beschreiben würden … ?

Zum einen zwingt uns das unerwartete aggressive Handeln Russlands, die Kriegsführung gegen seinen Nachbarn, in der NATO wieder, den Schwerpunkt auf Landes- und Bündnisverteidigung zu legen. Parallel dazu ändert sich die Welt in rasender Geschwindigkeit. Wir erleben Megatrends wie Künstliche Intelligenz, den demografischen Wandel, wir sehen Waffen, die mit Überschallgeschwindigkeit eingesetzt werden und autonome Plattformen bei den seegehenden Einheiten. Das ist der Takt, der uns vorgegeben wird, und wir müssen diesen Takt mitgehen. Wenn man das in einem Bild beschreiben will, dann ist es wie eine Nebelfahrt ohne Radar. Dem haben wir uns mit der Entwicklung des Zielbilds „Marine 2035“ gestellt. Der mutige Einstieg in unbemannte Systeme und künstliche Intelligenz. Das ist unser Weg. Wir müssen jetzt handeln, wenn wir zukunftsfähig bleiben wollen.

Nach dem Überfall der russischen Armee und ihrer Söldnertruppen auf die Ukraine hat auch die Deutsche Marine schnell reagiert …

„Alles, was schwimmt, geht raus“, war der Befehl in der Folge des 24. Februar 2022, und das hat auch hervorragend funktioniert. Zudem haben wir Verantwortung in Kooperation, Koordination und Führung in der Ostsee übernommen. Wir sind als Deutsche Marine bereit, noch mehr Verantwortung zu übernehmen.

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